Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IA 242



116 Ia 242

40. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung
vom 3. Oktober 1990 i.S. B. und Mitbeteiligte gegen Gemeinde Laax und
Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden (staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Wahl eines Primarlehrers in den Gemeindevorstand,
Gemeinde Laax/GR; Unvereinbarkeits- und Ausstandsregelung.

    1. Das politische Stimmrecht umfasst das aktive und das passive
Wahlrecht, eingeschlossen das Recht des Bürgers, dass ein öffentliches Amt
nur mit Personen besetzt wird, die in sich keine Unvereinbarkeitsgründe
erfüllen (E. 1a).

    2. Unvereinbarkeitsvorschriften unterstehen an sich der freien
Kognition des Bundesgerichts. Dabei ist zwischen den durch die
Unvereinbarkeitsvorschriften verfolgten Zielen, insbesondere die
Unabhängigkeit der Behördenmitglieder zu garantieren, und den Mitteln
zu unterscheiden, mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Das
Bundesgericht hat sich zurückzuhalten, wenn es die Auswahl der Mittel
überprüft, soweit diese von örtlichen Umständen abhängen, die zu würdigen
in erster Linie den Kantonen obliegt (E. 1b).

    3. Da nicht der Gemeindevorstand von Laax, der zwar zusammen mit
dem Schulrat Wahlbehörde der Lehrer dieser Gemeinde ist (Art. 46
der Gemeindeverfassung), sondern der Schulrat allein unmittelbare
Aufsichtsbehörde gegenüber den Lehrern ist (Art. 60/61 Schulgesetz/GR),
kann ein Lehrer dem Gemeindevorstand angehören (Art. 21 Gemeindegesetz/GR),
allerdings nicht als Leiter des Schulwesens. Ob er bei den die Lehrer
betreffenden Geschäften ausstandspflichtig ist, muss im Einzelfall
beurteilt werden; ausstandspflichtig ist er jedenfalls bei seiner eigenen
Wahl als Lehrer sowie bei Geschäften, die ihm nahestehende Personen
betreffen (E. 2-4).

Sachverhalt

    A.- D. wohnt in Laax, wo er seit Herbst 1980 als Primarlehrer tätig
ist. Die Gemeindeversammlung vom 7. April 1990 wählte ihn mit Amtsantritt
am 1. Juni 1990 in den Gemeindevorstand.

    Gegen diese Wahl erhoben B. und Mitbeteiligte beim Verwaltungsgericht
des Kantons Graubünden Beschwerde, mit der sie geltend machten, D. fehle
das passive Wahlrecht; als Primarschullehrer sei er aus Gründen der
Unvereinbarkeit nicht in den Gemeindevorstand wählbar. Die Gemeinde
beantragte, die Beschwerde sei gutzuheissen. Das Verwaltungsgericht wies
diese jedoch am 29. Mai 1990 ab, soweit es darauf eintrat. Zur Begründung
führte es im wesentlichen aus, die Rollenverteilung im Gemeindevorstand
lasse sich derart organisieren, dass der Lehrer nicht in seiner eigenen
Aufsichtsbehörde amte.

    Mit staatsrechtlicher Beschwerde vom 11. Juli 1990 beantragen B. und
Mitbeteiligte, das - ihnen am 11. Juni 1990 mitgeteilte - Urteil des
Verwaltungsgerichts des Kantons Graubünden vom 29. Mai 1990 sei aufzuheben.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit auf sie eingetreten
werden kann.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Das politische Stimmrecht umfasst das aktive und das passive
Wahlrecht (BGE 91 I 192 E. 1a), eingeschlossen das Recht des Bürgers,
dass ein öffentliches Amt nur mit Personen besetzt wird, die in sich keine
Unvereinbarkeitsgründe erfüllen (vgl. BGE 114 Ia 395 ff., 89 I 77). Als
Stimmbürger der Gemeinde Laax sind die Beschwerdeführer legitimiert, dieses
Recht mit Stimmrechtsbeschwerde als verletzt zu rügen (Art. 85 lit. a
OG; BGE 114 Ia 264 E. 1b, 400). Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen
sind erfüllt. Auf die Beschwerde ist daher grundsätzlich einzutreten.

    b) Bei Stimmrechtsbeschwerden prüft das Bundesgericht nicht
nur die Auslegung und Anwendung von Bundesrecht und kantonalem
Verfassungsrecht frei, sondern auch diejenige anderer kantonaler
Vorschriften, die den Inhalt des Stimm- und Wahlrechts regeln oder
mit diesem eng zusammenhängen. Die Auslegung und Anwendung anderer
kantonaler Normen ist dagegen nur auf Willkür hin zu prüfen (BGE
113 Ia 396 E. 3). Unvereinbarkeitsvorschriften unterstehen danach
der freien Kognition (nicht publ. Urteil des Bundesgerichts vom
8. August 1989 i.S. Anthamatten, E. 2). Dabei ist zwischen den durch die
Unvereinbarkeitsklauseln verfolgten Zielen, insbesondere die Unabhängigkeit
der Behördenmitglieder zu garantieren, und den Mitteln zu unterscheiden,
mit denen diese Ziele erreicht werden sollen. Das Bundesgericht hat sich
zurückzuhalten, wenn es die Auswahl der Mittel überprüft, soweit diese
von örtlichen Umständen abhängen, die zu würdigen in erster Linie den
Kantonen obliegt (BGE 114 Ia 404 f. E. 7c).

Erwägung 2

    2.- a) Die Bündner Gemeinden sind befugt, sich Verfassungen zu geben,
welche jedoch "den Bundes- und Kantonsgesetzen ... nicht zuwider sein
dürfen" (Art. 40 Abs. 2 der Verfassung für den Kanton Graubünden vom
2. Oktober 1892 [KV]; vgl. Art. 2 des Gemeindegesetzes des Kantons
Graubünden vom 28. April 1974 [GG]). Sie bestellen u.a. einen
Gemeindevorstand (Art. 6 Abs. 2 GG) als generelle Verwaltungsbehörde
der Gemeinde (Art. 14 GG). Bei Abstimmungen und Wahlen, die vom
Gemeindevorstand vorgenommen werden, ist jedes Mitglied zur Abgabe der
Stimme verpflichtet. Vorbehalten bleiben die Bestimmungen über den Ausstand
(Art. 19 GG). In Ausstand tritt ein Gemeindevorstandsmitglied namentlich
dann, wenn es an der betreffenden Angelegenheit "ein unmittelbares
persönliches Interesse" hat (Art. 23 Abs. 1 GG).

    Die Ausübung einzelner Befugnisse kann besonderen Behörden oder
Kommissionen übertragen werden (Art. 17 GG). So wählt jede Gemeinde einen
Schulrat (Art. 60 Abs. 1 des kantonalen Schulgesetzes vom 19. November 1961
[SchG]), dem Leitung und Beaufsichtigung der Schule obliegen (Art. 61
Abs. 1 Satz 1 SchG). Der Schulrat ist Aufsichtsbehörde gegenüber den
Lehrern. Der Lehrer ist Gemeindeangestellter. Er wird durch die von der
Gemeinde als zuständig erklärte Wahlbehörde gewählt und besoldet (Art. 49
Abs. 1 SchG).

    Unter dem Titel "Unvereinbarkeit von Gemeindeämtern" bestimmt das
kantonale Gemeindegesetz schliesslich:

    "Ein Gemeindebeamter oder ständiger Gemeindeangestellter kann der ihm
   unmittelbar vorgesetzten Behörde nicht angehören (Art. 21 Abs. 1 Satz 1

    GG)."

    b) Im vorstehend aufgezeigten kantonalen Rahmen bestimmt die
Gemeindeverfassung von Laax vom 23. März 1973 (GV), dass jeder
Stimmberechtigte in eine Gemeindebehörde gewählt werden kann, sofern
die Wählbarkeit nicht durch ein Strafgerichtsurteil eingeschränkt ist
(Art. 7 Abs. 1 GV); im übrigen gilt eine Ausstandspflicht, ebenfalls bei
einem "unmittelbaren persönlichen Interesse" (Art. 9 Abs. 1 GV), sowie,
zusätzlich, für ein Mitglied einer Gemeindebehörde, das "Rechtsvertreter
einer Partei oder Mitglied des Vorstandes bzw. Verwaltungsrates einer
juristischen Person des privaten Rechts ist" (Art. 9 Abs. 2 GV). Der
Gemeindevorstand ist oberste Verwaltungsbehörde der Gemeinde (Art. 35
Abs. 1 GV) mit detailliert umschriebenen Kompetenzen (Art. 38 GV).
Jedes Mitglied ist verpflichtet, die ihm zugeteilte Verwaltungsabteilung
zu übernehmen (Art. 35 Abs. 5 Satz 2 GV).

    Die Gemeindeverfassung legt ferner fest, dass dem Schulrat die Leitung
und die Überwachung des gesamten Schulwesens der Gemeinde obliegen und dass
er vom Vorsteher des Schul-, Armen- und Fürsorgewesens im Gemeindevorstand
geleitet wird (Art. 45 Abs. 1 und 3, Art. 46 Abs. 2 Ziff. 2 GV). Auch
die Aufgaben und Kompetenzen des Schulrates sind detailliert aufgezählt
(Art. 46 GV), freilich mit einer Einschränkung:

    "Wahl und Entlassung der Lehrkräfte zusammen mit dem Gemeindevorstand
   (Art. 46 Abs. 2 Ziff. 1 GV)."

    c) Zu entscheiden ist somit, ob ein Lehrer, der Gemeindeangestellter
ist, als Mitglied in einem Gemeindevorstand mitwirken darf, obwohl diese
Behörde an der Wahl und Entlassung der Lehrkräfte beteiligt ist. Diese
Frage stellt sich, weil ein Gemeindeangestellter der ihm unmittelbar
vorgesetzten Behörde nicht angehören darf.

    Das Verwaltungsgericht bejaht die Frage dem Grundsatze nach, weil
der Lehrer praxisgemäss eine besondere Stellung einnehme. Er sei nur in
beschränktem Rahmen Gemeindeangestellter, weil er eigenen Aufsichtsorganen,
namentlich dem Schulrat, unterstehe. Ausserdem werde seine besondere
Stellung durch seine Funktion, die Arbeitszeit und die kantonal geregelte
Mindestbesoldung deutlich. Wohl sei der Schulrat gemeinsam mit dem
Gemeindevorstand Wahlbehörde. Aber die Ausstandsregelung gewährleiste,
dass der Lehrer bei sämtlichen Lehrerwahlen in den Ausstand treten
müsse. Seine Stellung unterscheide sich in dieser Situation in keiner
Weise von jener des Rechtsvertreters einer Partei oder des Mitgliedes des
Verwaltungsrates einer juristischen Person (Art. 9 Abs. 2 GV). Schliesslich
sei zwar der Vorsteher des Schul-, Armen- und Fürsorgewesens ex officio
Präsident des Schulrates. Gemeindevorstand und Schulrat übten jedoch
detailliert aufgezählte und getrennte Kompetenzen aus. So sei die Aufsicht
über die Schule unabhängige Sache des Schulrates, auch wenn sich bisher
möglicherweise der Gemeindevorstand hier gesetzwidrig eingemischt haben
sollte. Es sei möglich, dem in den Gemeindevorstand gewählten Lehrer eine
der sechs anderen Verwaltungsabteilungen anzuvertrauen, allenfalls über
die Ermächtigung zur Abweichung bei besonderen Verhältnissen (Art. 40
Abs. 2 GV). Nötigenfalls habe sich der Lehrer selber zwischen Lehr- und
Schulvorsteheramt zu entscheiden. Das passive Wahlrecht dürfe ihm nicht
generell abgesprochen werden.

    Das Verwaltungsgericht scheint demnach zumindest im Ergebnis davon
auszugehen, es handle sich um eine Vorschrift über die Unwählbarkeit und
nicht bloss um eine solche über die Unvereinbarkeit. Die Gemeinde geht
auf diese Unterscheidung nicht ein, sondern wendet sich grundsätzlich
gegen die Mitgliedschaft des Lehrers im Gemeindevorstand. In der Tat
kann diese Unterscheidung übergangen werden (vgl. BGE 114 Ia 402 E. 6a),
ändert sie doch am Ergebnis nichts.

Erwägung 3

    3.- Dass allein der Schulrat die Lehrer beaufsichtigt (Art.
60/61 SchG), ist unbestritten. Die Beschwerdeführer erachten die
Vorgesetztenrolle des Gemeindevorstandes trotzdem als gegeben. Soweit sie
sich dabei auf das kantonale Unvereinbarkeitsgesetz berufen, überzeugt ihr
Argument von vornherein nicht; dieses Gesetz bezieht sich offensichtlich
nur auf Beamte und Angestellte des Kantons (Art. 3 des Gesetzes über die
Unvereinbarkeit von Ämtern im Kanton Graubünden vom 3. März 1968).

    Das Hauptproblem besteht im Einwand der Beschwerdeführer, der
Gemeindevorstand beeinflusse das Anstellungsverhältnis der Lehrer trotzdem
entscheidend, weil er über die Wahl oder Entlassung der einzelnen Lehrer
befinde.

    a) Das Verwaltungsgericht will diese letztgenannte Rüge damit
entkräften, der in den Gemeindevorstand gewählte Lehrer müsse bei
sämtlichen Lehrerwahlen in den Ausstand treten; seine Stellung gleiche
derjenigen des Rechtsvertreters einer Partei oder des Mitgliedes eines
Verwaltungsrats einer juristischen Person.

    aa) Zum Ausstand ist verpflichtet, wer im betreffenden Einzelfall ein
"unmittelbares persönliches Interesse" hat (Art. 23 Abs. 1 GG). Persönlich
ist ein Interesse namentlich dann, wenn es um einen privaten, materiellen
Vorteil, z.B. ein Rechtsgeschäft zwischen der Gemeinde und einem
Behördenmitglied, oder um die persönliche Glaubwürdigkeit und den guten
Ruf einer Person als Politiker geht (s. Praxis des Verwaltungsgerichts des
Kantons Graubünden [PVG] 1987 Nr. 82 S. 175 f., Rekurspraxis der Regierung
und des Grossen Rates von Graubünden [GRRP] Band VIII/1961-1970 Nr.
6511 S. 22 f. und Band VII/1951-1960 Nr. 5944 S. 22; PETER ANDRI VITAL,
Das Verfahren in der bündnerischen Gemeindeversammlung, Diss. Zürich
1988, S. 90). Allerdings genügt nicht jedes persönliche Interesse. Die
bündnerische Praxis hat die Ausstandsbestimmungen im allgemeinen restriktiv
ausgelegt (s. GRRP Band VII/1951-1960 Nr. 5945 S. 24 und PVG 1979 Nr. 8
S. 22 f.; KURT LANGHARD, Die Organisation der politischen Gemeinden
des Kantons Graubünden im Spiegel der neueren kantonalen und kommunalen
Rechtsetzung, Diss. Zürich 1977, S. 141; VITAL, aaO, S. 90). Das geltende
Recht verpflichtet - wie erwähnt - erst zum Ausstand, wenn das persönliche
Interesse unmittelbar berührt ist (Art. 23 Abs. 1 GG). Unmittelbarkeit ist
nicht einmal dann gegeben, wenn der Sohn eines Gemeinderatsmitgliedes bei
einer der offertstellenden Firmen angestellt ist (GRRP Band VII/1951-1960
Nr. 5946 S. 26) oder wenn eine Konkurrenzsituation vorliegt (PVG 1979
Nr. 10 S. 24 f.; VITAL, aaO, S. 91; vgl. aber PVG 1984 Nr. 87 S. 183 f.).

    Dieses Erfordernis der Unmittelbarkeit führte immer wieder zur Frage,
wie weit ein Behördenmitglied beim Entscheid über Interessen seiner
Körperschaft in den Ausstand zu treten habe, weil sie mit seinen eigenen
Anliegen zusammenfallen; sie trat namentlich bei Aktiengesellschaften
auf, bei denen ein Behördenmitglied Mehrheits- oder Alleinaktionär ist
(LANGHARD, aaO, S. 141, und VITAL, aaO, S. 91). Die Gemeinde Laax hat
deshalb ihre Ausstandsvorschrift ausdrücklich auf juristische Personen
ausgedehnt (Art. 9 Abs. 2 GV). Daraus leitet das Verwaltungsgericht analog
ab, der Lehrer im Gemeindevorstand habe bei sämtlichen Lehrerwahlen in
den Ausstand zu treten.

    bb) Die Ausstandspflicht besteht selbstverständlich für die Wahl
des betreffenden Lehrers selber sowie für die Wahl ihm nahestehender
Personen. Ob sie im Sinne der Erwägungen des Verwaltungsgerichtes
analog auf sämtliche Lehrerwahlen ausgedehnt werden darf, ist nicht
ohne weiteres klar. Die Ausstandsbestimmungen sind eher auf seltene,
konkrete Situationen, auf Einzelfälle zugeschnitten, während für häufige,
generelle Konflikte an sich die Unvereinbarkeitsvorschriften bestimmt
sind (MALEK BUFFAT, Les incompatibilités, Diss. Lausanne 1986, S. 31 f.;
WERNER BEELER, Personelle Gewaltentrennung und Unvereinbarkeit in Bund
und Kantonen, Diss. Zürich 1983, S. 8; KURT EICHENBERGER, Verfassung des
Kantons Aargau vom 25. Juni 1980, Aarau u.a. 1986, N. 11 zu § 69). Es
lässt sich somit einwenden, ein solcher genereller Ausschluss hätte
in der Gemeindeverfassung ausdrücklich angeordnet werden müssen; die
Ausstandsklausel dürfe nicht so extensiv wie durch das Verwaltungsgericht
ausgelegt werden. Wie es sich damit im einzelnen verhält, kann indes
jedenfalls an dieser Stelle offenbleiben; im Verlaufe der weiteren
Erwägungen wird darauf zurückzukommen sein (nachf. lit. c).

    b) Die Mitwirkung des Lehrers scheitert nach Meinung der
Beschwerdeführer jedenfalls generell an der Unvereinbarkeitshürde. Weil der
Gemeindevorstand bei der Wahl und Entlassung der Lehrkräfte mitzuwirken hat
(Art. 46 Abs. 2 Ziff. 1 GV), halten sie dafür, dieser sei eine "unmittelbar
vorgesetzte Behörde" des Lehrers (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG).

    aa) Die Unvereinbarkeit bedeutet eine Beschränkung des passiven
Wahlrechts. Sie ist nur zulässig, wenn sie durch ein überwiegendes
öffentliches Interesse begründet ist (BGE 114 Ia 402 E. 6a, 410
f. E. 8f). Das öffentliche Interesse besteht darin, die personelle
Gewaltenteilung zu verwirklichen. Aus diesem Grundsatz kann das kantonale
Recht ableiten, dass kein Beamter für die Kontrolle über sich selber
zuständig sein soll (PVG 1985 Nr. 2 S. 13, vgl. ferner BGE 114 Ia
411; H.R. THALMANN, Kommentar zum Zürcher Gemeindegesetz, Wädenswil
1988, S. 201). Er soll somit nicht der Behörde angehören, die über ihn
Disziplinargewalt ausübt oder ihm Weisungen erteilen darf (BUFFAT, aaO,
S. 50 und 120). Diese Folgerung hat der Kanton Graubünden an sich gezogen,
wie dargestellt wurde (vorstehende E. 2).

    bb) Im vorliegenden Fall ist indes nicht die Wahl eines allgemeinen
Gemeindebeamten, sondern diejenigen eines Lehrers streitig. Dem Lehrer
billigt das Recht vieler Kantone eine besondere Stellung zu, wie das
Bundesgericht schon anzuerkennen Gelegenheit hatte (nicht publ. Urteil
vom 27. November 1985 i.S. Gex E. 4, s. ferner BGE 89 I 79; vgl. BUFFAT,
aaO, S. 62 und 120 f.). Das trifft auch für den Kanton Graubünden zu,
wie sich aus den Materialien des Gemeindegesetzes (Botschaft der Regierung
an den Grossen Rat Heft Nr. 3/1973-1974, S. 141, und Protokoll über
die Verhandlungen des Grossen Rates 1974/1975, S. 229; LANGHARD, aaO,
S. 131), der Verwaltungsgerichtspraxis (PVG 1979 Nr. 4 S. 16 f.) und
der Literatur (LANGHARD, aaO, S. 130 f.; ROLF RASCHEIN, Bündnerisches
Gemeinderecht, Domat/Ems 1972, S. 103) ergibt. Diese Sonderstellung ist
dadurch begründet, dass der Lehrer durch seine Funktion eine erhebliche
Distanz zur Verwaltungstätigkeit des Gemeindevorstandes besitzt; er
geniesst zumindest faktisch eine gewisse Unabhängigkeit, hat politisch
neutral zu handeln, untersteht einer Aufsicht durch andere Organe sowie
einer kantonalen Regelung hinsichtlich seiner Mindestbesoldung und seiner
Arbeitsleistung (Art. 50 ff. SchG).

    cc) Offenbar im Hinblick auf diese Sonderstellung nimmt die das
kantonale Gemeindegesetz betreffende Botschaft der Regierung an den
Grossen Rat des Kantons Graubünden denn auch im Zusammenhang mit
der die Unvereinbarkeit von Gemeindeämtern regelnden Bestimmung des
Art. 21 GG ausdrücklich Bezug auf die Lehrer. So wird in der Botschaft
zu dieser Bestimmung folgendes festgehalten (Botschaft, aaO, S. 141):
"Diese Beschränkung des passiven Wahlrechtes für Gemeindebeamte
und Gemeindeangestellte (nach Art. 21 GG) bezieht sich nur auf ihre
Zugehörigkeit zu einer unmittelbar vorgesetzten Behörde. Ein Lehrer
kann somit seiner Wahlbehörde angehören, sofern diese nicht zugleich
unmittelbare Aufsichtsbehörde ist." Dabei soll es den Gemeinden laut
Botschaft freistehen, in ihrer Verfassung die Unvereinbarkeitsgründe
zu erweitern, nicht aber sie einzuschränken, doch findet sich in der
Verfassung der Gemeinde Laax keine derartige Erweiterung (s. auch
vorstehende E. 2a und b).

    Somit ist nach dem Wortlaut wie auch nach den Materialien des für die
Gemeinde Laax geltenden Art. 21 GG festzustellen, dass auch ein Lehrer
nur der ihm unmittelbar vorgesetzten Behörde nicht angehören darf. Da
nun aber nicht der Gemeindevorstand selber, der zwar zusammen mit dem
Schulrat die für die Wahl und die Entlassung der Lehrkräfte zuständige
Behörde ist (Art. 46 Abs. 2 Ziff. 1 GV), sondern - wie ausgeführt -
unbestrittenermassen der Schulrat allein unmittelbare Aufsichtsbehörde
gegenüber den Lehrern ist (Art. 60/61 SchG), ist ein Unvereinbarkeitsgrund
im Sinne von Art. 21 GG gar nicht gegeben.

    dd) Dabei wird selbstverständlich vorausgesetzt, dass der Lehrer im
Gemeindevorstand nicht als Leiter des Schul-, Armen- und Fürsorgewesens
und damit nicht als Präsident des Schulrates eingesetzt wird; sonst
müsste er so oft in den Ausstand treten, dass diese Funktion nicht
mehr ordnungsgemäss versehen würde. Gegenüber dieser Randbedingung des
kantonalen Rechts hat die bloss gemeinderechtliche Pflicht, dass jedes
Gemeindevorstandsmitglied jede Verwaltungsabteilung übernehmen muss
(Art. 35 Abs. 5 Satz 2 GV), zu weichen. Ebensowenig kann man diesem
Ausschluss den Vorrang der Anciennität bei der Departementsverteilung
oder andere informelle Gründe entgegenhalten, wie anscheinend auch das
Verwaltungsgericht annimmt; dementsprechend kommt es gar nicht zu einer
Auswahlsituation für den betreffenden Lehrer.

    c) Diese erhebliche Distanz zur Tätigkeit des Gemeindevorstandes
besitzt der zum Gemeindevorstandsmitglied gewählte Lehrer aber nur
dann, wenn er bei sämtlichen Wahl- und Entlassungsentscheiden zum
Ausstand verpflichtet ist. Mit dieser Lösung hat das Verwaltungsgericht
offensichtlich einen Weg gesucht, eine weitgehende Mitarbeit der Lehrer
zu ermöglichen. Sie eröffnet einen gewissen Spielraum und erleichtert
es so auch kleineren (Berg-)Gemeinden, die Bestellung und Funktion ihrer
Behörden zu sichern (RASCHEIN, aaO, S. 103).

    An sich ist im vorliegenden Fall das passive Wahlrecht betroffen,
wie es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts letztlich durch
Bundesverfassungsrecht für das ganze Land einheitlich niedergelegt ist
(BGE 114 Ia 402 E. 6a). Seine Ausgestaltung im einzelnen ist indes durchaus
kantonaler Differenzierung zugänglich; die Rechtsprechungskompetenz des
Bundesgerichts aufgrund der staatsrechtlichen Beschwerde schliesst
Erweiterungen und kantonale (oder lokale) Unterschiede bei der
Konkretisierung der verfassungsmässigen Rechte nicht durchwegs aus (s. BGE
104 Ia 157 f., vgl. auch BGE 114 Ia 404 f. E. 7c). Entsprechend darf dem
Verwaltungsgericht, dem die Verhältnisse in den Bündner Gemeinden besser
bekannt sind als dem Bundesgericht, nicht verwehrt werden, die Anwendung
der Unvereinbarkeits- und Ausstandsbestimmungen zu kombinieren, indem es
einerseits die Unvereinbarkeit verneint und anderseits die Ausstandspflicht
nach strengen Kriterien bejaht.

Erwägung 4

    4.- Schliesslich wendet der Gemeindevorstand ein, eine Zulassung
der angefochtenen Wahl privilegiere die Lehrer. Richtig ist, dass die
Unvereinbarkeit mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar sein muss (BGE
114 Ia 402 E. 6a, 409 f. E. 8e). Dieses Gebot ist auch dann verletzt,
wenn die Unterscheidungen nicht getroffen werden, die sich aufgrund der
Verhältnisse aufdrängen (BGE 114 Ia 3 E. 3, 323 E. 3a, 423 f. E. 4a,
113 Ia 196 E. 2b). Nach den erwähnten Gründen für eine Sonderstellung
der Lehrer darf indes das kantonale Recht den Lehrern auf Gemeindeebene
eine entsprechende Sonderstellung einräumen; jedenfalls verstösst die
konkrete Regelung in Laax nach dem Gesagten nicht gegen die Grenzen des
den Kantonen hier zustehenden Spielraumes.