Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 116 IA 193



116 Ia 193

32. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
27. Juli 1990 i.S. W. gegen Einwohnergemeinde Kappel und Regierungsrat
des Kantons Solothurn (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 und Art. 22ter BV; Zonenplanung (Art. 15 RPG).

    1. Verfahren: Beanstandung der Einzonung fremden Landes (E. 1b).

    2. Gleichbehandlungsgebot bei Planungsmassnahmen (E. 3b). Bedeutung
des Erschliessungsgrads für die Behandlung eines Grundstücks in der
Nutzungsplanung (E. 3d).

Sachverhalt

    A.- Im Zuge der Revision der Ortsplanung hat die Einwohnergemeinde
Kappel ihren revidierten Zonenplan in der Zeit vom 1. August bis
30. August 1986 und vom 20. Juli bis zum 19. August 1987 öffentlich
aufgelegt. W. ist Eigentümer des unüberbauten Grundstücks GB Kappel Nr. 928
mit einer Fläche von 2877 m2. Diese Parzelle lag gemäss dem Zonenplan
aus dem Jahre 1968 in der Wohn- und Gewerbezone 3 (WG 3). W. hat im
Rahmen beider Planauflageverfahren gegen die Pläne Einsprache erhoben
und gegen die hierauf erfolgten Planbeschlüsse des Gemeinderats beim
Regierungsrat Beschwerde eingereicht. In der ersten Beschwerde wehrte
sich W. gegen den Nichteinbezug seines Grundstücks GB Nr. 928 in die
Bauzone und in der zweiten Beschwerde wandte er sich gegen die Einzonung
der nicht ihm gehörenden Grundstücke GB Nrn. 680 und 291. Mit Entscheid
vom 12. Juli 1988 hat der Regierungsrat beide Beschwerden abgewiesen,
soweit er darauf eintrat. Gegen diesen Entscheid des Regierungsrats führt
W. staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht (siehe auch BGE 116 Ia
197 ff., 221 ff., 236 f.).

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) Der Beschwerdeführer stellt zum Teil Anträge betreffend die
zonenrechtliche Behandlung fremder, nicht ihm gehörender Parzellen. Gemäss
der Praxis des Bundesgerichts ist der Eigentümer einer benachbarten
Liegenschaft zur Anfechtung eines Nutzungsplans mit staatsrechtlicher
Beschwerde nur befugt, wenn er geltend macht, die Planfestsetzungen
verletzten ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen,
die auch seinem Schutz dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten
würden oder weil sie die Nutzung seiner Liegenschaft beschränkten.
In beiden Fällen reicht die Anfechtungsbefugnis nur soweit als die
Auswirkungen des umstrittenen Plans auf das eigene Grundstück in Frage
stehen (BGE 114 Ia 379 f. E. 4a, 112 Ia 93).

    Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall für die vom
Beschwerdeführer erwähnten fremden, nicht ihm gehörenden Grundstücke nicht
erfüllt. Insoweit ist deshalb auf seine staatsrechtliche Beschwerde nicht
einzutreten. Was der Beschwerdeführer gegen diese Folgerung einwendet,
vermag nicht zu überzeugen. Er ist der Auffassung, eine Belassung von
Grundstücken in einer Bauzone, welche im Vergleich mit anderen ausserhalb
belassenen Parzellen unzweckmässig und unangemessen sei, verletze die
Eigentümer dieser anderen Grundstücke in ihren verfassungsmässigen Rechten,
wenn dieser Rechtsnachteil nicht dadurch behoben werden könne, dass ihre
Grundstücke auch noch in die Bauzone aufgenommen würden. Würde diese
Konsequenz nicht gezogen, könne eine an sich gerechtfertigte Aufnahme
eines Grundstücks in die Bauzone einfach daran scheitern, dass diese aus
vorwiegend öffentlichem Interesse nicht zu vergrössern wäre. In diesem
Sinne seien in einer Bauzone einer Gemeinde alle Grundstücke miteinander
benachbart. Da aber die Festsetzung der Grösse der Bauzone eine öffentliche
Aufgabe sei und es den zuständigen Behörden überlassen sein müsse, zwischen
mehreren verfügbaren zweckmässigen Lösungen zu wählen, müsse es für ein
Einzonungsbegehren genügen, dass ein betroffener Eigentümer dartun könne,
der Nichteinbezug seines Landes in eine Bauzone sei gegenüber eingezonten
Grundstücken unzweckmässig oder unangemessen.

    Mit dieser Argumentation verlangt der Beschwerdeführer, dass ihm
gegenüber nach den Grundsätzen des Gleichbehandlungsgebots von Art. 4
BV vorgegangen werde. Die Rüge der Verletzung der Rechtsgleichheit
kann der Beschwerdeführer bezogen auf sein eigenes Land im Rahmen einer
Zonenplanrevision vorbringen. Die von ihm behaupteten rechtsungleichen
Privilegierungen anderer Grundeigentümer betreffen ihn jedoch nicht in
seinen verfassungsmässigen Rechten. Durch den angefochtenen Entscheid
werden keine Normen, die auch seinem Schutz dienen, aufgehoben oder
geändert. Auch steht durch eine allenfalls gesetzwidrige Privilegierung
anderer nicht direkt eine Beschränkung der Nutzung seiner Liegenschaft in
Frage. Im vorliegenden Fall ist indessen zu prüfen, ob dem Beschwerdeführer
nicht gestützt auf das Gleichbehandlungsgebot ein Anspruch auf den Einbezug
seines Landes in die Bauzone zusteht. Zu dieser Rüge der Verletzung der
Rechtsgleichheit ist der Beschwerdeführer legitimiert (Art. 88 OG).

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer erwähnt verschiedene Gebiete, die seines
Erachtens zu Unrecht eingezont worden sind. Er ist der Ansicht, dass
sein Land im Vergleich zu diesen Gebieten die besseren Voraussetzungen
zum Einbezug in die Bauzone aufweise. Aus dem Gleichbehandlungsgebot von
Art. 4 BV ergebe sich somit ein Anspruch auf Einzonung seines Grundstücks
GB Kappel Nr. 928.

    b) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts kommt dem
Gleichheitsgebot bei Planungsmassnahmen nur eine abgeschwächte Bedeutung
zu. Ein Grundeigentümer hat keinen aus Art. 4 BV folgenden Anspruch
darauf, im Zusammenhang mit dem Erlass einer Zonenordnung gleich
behandelt zu werden wie alle übrigen Grundeigentümer, die von einer
Raumplanungsmassnahme berührt werden. Es liegt im Wesen der Ortsplanung,
dass Zonen gebildet und irgendwo abgegrenzt werden müssen und dass
Grundstücke ähnlicher Lage und ähnlicher Art bau- und zonenrechtlich völlig
verschieden behandelt werden können. In verfassungsrechtlicher Hinsicht
genügt, dass die Planung sachlich vertretbar, d.h. nicht willkürlich
ist. Das Gebot der Rechtsgleichheit fällt insoweit mit dem Willkürverbot
zusammen (BGE 114 Ia 257 E. 4a mit Hinweisen).

    c) Im angefochtenen Entscheid wird ausgeführt, das Grundstück
des Beschwerdeführers sei teilweise erschlossen. Die Kanalisation
fehle zwar; im Rahmen der Abwasserplanung der Gemeinde sei jedoch
eine Verbindungsleitung vorgesehen, welche an der Grundstückgrenze
des Beschwerdeführers entlang führen solle. Der Erschliessungsgrad
des Grundstücks sei somit relativ hoch. Dem stehe jedoch ein grosses
öffentliches Interesse an der Auszonung gegenüber, da die Gemeinde
grosse Mühe habe, die gesetzlichen Anforderungen an die Begrenzung der
Grösse ihrer Bauzone zu erfüllen. Ferner stelle das von der Gemeinde
ausgeschiedene Reservegebiet, welchem auch die Parzelle GB Nr. 928
angehöre, eine intakte Hofstatt dar, welche Bestandteil des schützenswerten
Ortsbilds sei und direkt an das problematische Gebiet "Unterdorf"
angrenze. Das Bestreben, in diesem Bereich eine störende Bautätigkeit
möglichst lange zu vermeiden, sei durchaus ein berechtigtes Anliegen. Aus
diesen Gründen sei die vorliegende Planung zwar einschneidend für den
Beschwerdeführer, aber nicht offensichtlich unzweckmässig. Der Vorwurf der
Rechtsungleichheit und Willkür sei insofern nicht von der Hand zu weisen,
als einige andere Grundstücke - GB Nrn. 291 und 680 - eingezont belassen
worden seien, obwohl ihr Erschliessungsgrad ähnlich, ihre Lage zum Teil
aber noch peripherer als beim Grundstück des Beschwerdeführers sei. Der
Regierungsrat habe jedoch die beiden Parzellen Nrn. 291 und 680 im Rahmen
der Zweckmässigkeitsprüfung von der Genehmigung ausgenommen in der Meinung,
diese seien dem Landwirtschaftsgebiet zuzuweisen. Dadurch werde der
Vorwurf der Rechtsungleichheit bezüglich dieses Landes gegenstandslos. Die
anderen vom Beschwerdeführer bezeichneten Parzellen müssten alle als voll
erschlossen gelten. Zudem seien dort weder ortsbildschützerische noch
landschaftschützerische Gründe vorhanden, welche für eine Auszonung aus
der Bauzone sprechen würden.

    d) Diese Ausführungen des Regierungsrats sind nicht zu beanstanden. Der
Regierungsrat räumt zwar ein, dass er die Einzonung von gewissen
Grundstücken genehmigt habe, die unter dem Gesichtspunkt der Erschliessung
mit der Parzelle Nr. 928 des Beschwerdeführers vergleichbar sind. Wie schon
im angefochtenen Entscheid weist er aber auch in der Vernehmlassung zur
staatsrechtlichen Beschwerde in zutreffender Weise darauf hin, dass der
Erschliessungsgrad nicht das einzige oder gar wichtigste Kriterium für
die zu entscheidende Frage sei. Der Einzonung des Grundstücks Nr. 928
stehe denn auch vor allem die intakte Hofstatt entgegen, zu der dieses
Grundstück gehöre und die Teil des alten Dorfkerns (nicht des heutigen
Dorfzentrums) bilde. In diesem Bereich erscheine Kappel sehr wohl als
ursprüngliches Bauerndorf. Wenn deshalb die Gemeinde dieses Gebiet
möglichst lange vor einer Überbauung freihalten wolle, so liege das in
ihrem Planungsermessen und trage durchaus den Planungsgrundsätzen des
Raumplanungsgesetzes Rechnung. Der Regierungsrat hat diese Würdigung
des angefochtenen Planfestsetzungsbeschlusses der Gemeinde entgegen der
Auffassung des Beschwerdeführers durchaus mit der vollen, ihm zustehenden
Überprüfungsbefugnis vorgenommen.