Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 V 266



115 V 266

36. Urteil vom 26. Juni 1989 i.S. Schweizerische Unfallversicherungsanstalt
gegen Z. und Versicherungsgericht des Kantons Bern Regeste

    Art. 31 Abs. 4 und 5 UVG, Art. 43 UVV: Berechnung der Komplementärrente
für Hinterlassene.

    - Bei der Berechnung der Komplementärrenten für Hinterlassene gemäss
Art. 31 Abs. 4 UVG sind die Renten der AHV oder der IV grundsätzlich in
vollem Umfang zu berücksichtigen (Erw. 2a).

    - Art. 43 UVV, der diesen Grundsatz für Komplementärrenten an
Hinterlassene gestützt auf die Delegationsnorm des Art. 31 Abs. 5 UVG
ohne entsprechende abweichende Regelungen übernimmt, ist gesetz- und
verfassungsmässig; Bemerkungen de lege ferenda (Erw. 2b).

Sachverhalt

    A.- Ernst Z. (geb. 1919) arbeitete nach seiner Pensionierung 1984 noch
teilweise in einem der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA)
unterstellten Betrieb. Bei dieser Tätigkeit erzielte er in der Zeit vom
30. Dezember 1984 bis 29. Dezember 1985 einen Verdienst von insgesamt Fr.
12'129.55. Am 30. Dezember 1985 erlitt er auf der Heimfahrt von der Arbeit
einen Verkehrsunfall, an dessen Folgen er noch am Unfallort verstarb.

    Die Ausgleichskasse sprach der hinterbliebenen Ehefrau Rosa
Z. (geb. 1918) eine einfache Altersrente der AHV von Fr. 1'238.-- im Monat
bzw. Fr. 14'856.-- im Jahr zu. Dagegen verneinte die SUVA mit Verfügung vom
14. März 1986 den Anspruch auf eine Hinterlassenenrente der obligatorischen
Unfallversicherung, weil die AHV-Rente 90% des versicherten Verdienstes
übersteige und sich somit aus der Differenzberechnung gemäss Art. 31
Abs. 4 UVG keine Komplementärrente ergebe.

    Eine hiegegen erhobene Einsprache wies die SUVA mit Entscheid vom
18. April 1986 ab.

    B.- Rosa Z. beschwerte sich gegen diesen Entscheid, indem sie ihr
Begehren um Zusprechung einer Hinterlassenenrente der obligatorischen
Unfallversicherung erneuerte.

    Das Versicherungsgericht des Kantons Bern stellte fest, nach dem
bei der Frage einer allfälligen Überversicherung zu berücksichtigenden
Grundsatz der sachlichen Übereinstimmung von Leistungen könne die
Auslegung von Art. 31 Abs. 4 UVG nur in der Weise erfolgen, dass
die Komplementärrente der Differenz zwischen 90%, des versicherten
Verdienstes und den Renten der AHV oder der IV entspreche, wobei aber
lediglich diejenigen Elemente der AHV-Rente anzurechnen seien, welche
ihren Rechtsgrund im Unfalltod des Ehemannes hätten. Hingegen müsste
der Anteil der Rente, welche die Ehefrau originär und unabhängig vom
Unfalltod des Mannes beanspruchen könne, ausser Betracht bleiben. Denn
nur der Rentenanteil, der als Ausgleich für den durch den Tod des
Mannes entstandenen Versorgerschaden bestimmt sei, gehe unmittelbar auf
den Unfalltod zurück und decke den sachlich gleichen Schaden wie die
Hinterlassenenrente der obligatorischen Unfallversicherung. Andernfalls
würde ein Ungleichgewicht in der Berechnung der Komplementärrente
entstehen, was nicht Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sei. Da
der Gesetzgeber offenbar nicht an die Möglichkeit gedacht habe,
dass der überlebenden Ehefrau aus eigenem Recht ein Anspruch auf eine
AHV/IV-Rente zustehe, welche in die Berechnung der Komplementärrente
nicht mit einzubeziehen sei, komme nur die erwähnte Auslegung des Art. 31
Abs. 4 UVG in Frage. In diesem Sinne hiess das Versicherungsgericht die
Beschwerde gut, hob die angefochtene Verfügung auf und wies die Akten
zur Neuberechnung der Rente an die SUVA zurück (Entscheid vom 26. Februar
1987).

    C.- Die SUVA führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag,
der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Februar
1987 sei aufzuheben. Zur Begründung wird u.a. ausgeführt, zwar weise
die in der angefochtenen Verfügung vom 14. März 1986 getroffene Lösung
eine gewisse Unbilligkeit auf. Dies sei jedoch eine direkte Folge
der gesetzlichen bzw. verordnungsmässigen Regelung der Berechnung von
Komplementärrenten für Hinterlassene beim Zusammentreffen von Renten der
AHV/IV mit solchen der obligatorischen Unfallversicherung. Da der Gesetz-
bzw. der Verordnungsgeber die sich aus der neuen Lösung ergebenden
Probleme erkannt und sie im Bestreben nach einer einfachen Regelung
bewusst in Kauf genommen habe, könne es nicht Sache der Gerichte sein,
auf dem Wege der Auslegung Lücken zu füllen. Es wäre vielmehr Sache des
Gesetz- oder des Verordnungsgebers, unbefriedigende Ergebnisse durch
Änderung der entsprechenden Erlasse einer Lösung zuzuführen, welche auch
den Gesamtzusammenhängen Rechnung tragen würde. Andernfalls bestehe die
Gefahr, dass Einzelprobleme herausgegriffen und ohne Berücksichtigung
der systematischen Zusammenhänge zu lösen versucht würden, was praktische
Schwierigkeiten und neue Ungleichheiten zur Folge hätte.

    Rosa Z. schliesst auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Das
Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schlägt eine analoge Anwendung der
bei Komplementärrenten für Invalide geltenden Sonderregelung des Art. 32
Abs. 3 UVV auch bei Komplementärrenten für Hinterlassene vor und enthält
sich im übrigen eines Antrages.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Stirbt der Versicherte an den Folgen eines Unfalls, so haben
der überlebende Ehegatte und die Kinder Anspruch auf Hinterlassenenrenten
(Art. 28 UVG). Diese betragen u.a. für Witwen und Witwer 40%, sowie für
mehrere Hinterlassene zusammen höchstens 70% des versicherten Verdienstes
(Art. 31 Abs. 1 UVG). Stehen den Hinterlassenen auch Renten der AHV
oder der IV zu, so wird ihnen gemeinsam eine Komplementärrente gewährt;
diese entspricht "der Differenz zwischen 90 Prozent des versicherten
Verdienstes und den Renten der AHV oder der IV", höchstens aber dem in
Absatz 1 vorgesehenen Betrag (Art. 31 Abs. 4 UVG). Gemäss Abs. 5 desselben
Artikels erlässt der Bundesrat nähere Vorschriften, namentlich über die
Berechnung der Komplementärrenten sowie der Renten für Vollwaisen, wenn
beide Elternteile versichert waren. Von dieser Rechtssetzungskompetenz hat
der Bundesrat Gebrauch gemacht und in Art. 43 UVV zur Komplementärrente
an Hinterlassene folgendes bestimmt:

    "1 Bei der Berechnung der Komplementärrenten für Hinterlassene
   werden die AHV/IV-Renten, einschliesslich der Kinderrenten, voll
   berücksichtigt. Bei der Berechnung der Komplementärrenten an

    Vollwaisen wird die Summe der versicherten Verdienste beider

    Elternteile bis zum Höchstbetrag des versicherten Verdienstes
   berücksichtigt.

    2 Die Artikel 32 Absatz 5 und 33 gelten sinngemäss."

    b) Nach Art. 18 Abs. 1 UVG hat der Versicherte Anspruch auf eine
Invalidenrente, wenn er infolge des Unfalls invalid wird. Hat er auch
Anspruch auf eine Rente der IV oder AHV, so wird ihm gemäss Art. 20
Abs. 2 UVG eine Komplementärrente gewährt; diese entspricht "der Differenz
zwischen 90 Prozent des versicherten Verdienstes und der Rente der IV oder
der AHV", höchstens aber dem für Voll- oder Teilinvalidität vorgesehenen
Betrag. Nach Abs. 3 desselben Artikels erlässt der Bundesrat nähere
Vorschriften, namentlich über die Berechnung der Komplementärrenten in
Sonderfällen. Der Bundesrat hat von dieser an ihn delegierten Befugnis
Gebrauch gemacht und in Art. 32 UVV die Höhe der Komplementärrenten in
Sonderfällen wie folgt geregelt:

    "1 Vor dem Unfall gewährte IV-Renten werden bei der Berechnung der

    Komplementärrenten nur so weit berücksichtigt, als sie wegen des

    Unfalles erhöht werden. In den Fällen von Artikel 24 Absatz 4 wird
   die IV-Rente voll angerechnet.

    2 Hat ein Ehegatte aus einem Unfall bereits Anspruch auf eine Rente
   und wurde bei deren Berechnung eine AHV/IV-Rente schon berücksichtigt,
   so wird dem anderen Ehegatten, der durch Unfall invalid wird, die

    Ehepaarrente nur zu einem Drittel angerechnet.

    3 Wird eine Witwe, die eine AHV-Rente bezieht, wegen eines Unfalles
   invalid, so wird ihr die AHV/IV-Rente nur zu zwei Dritteln angerechnet.

    4 Hat der Rentenberechtigte vor Eintritt der Invalidität neben der
   unselbständigen noch eine selbständige Erwerbstätigkeit ausgeübt,
   so wird für die Festsetzung der Grenze von 90 Prozent nach Artikel 20

    Absatz 2 des Gesetzes neben dem versicherten Verdienst auch das

    Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit bis zum Höchstbetrag
   des versicherten Verdienstes berücksichtigt.

    5 Teuerungszulagen werden bei der Bemessung der Komplementärrenten
   nicht berücksichtigt."

Erwägung 2

    2.- Im vorliegenden Fall ist streitig, wie die der Beschwerdegegnerin
nach dem Tod ihres Ehemannes zustehende einfache AHV-Altersrente bei der
Berechnung der Komplementärrente der obligatorischen Unfallversicherung
zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung der Vorinstanz und des BSV wäre
die AHV-Rente bei der Differenzberechnung gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG nur
teilweise anzurechnen, weil - entsprechend dem bei der Überentschädigung
massgebenden Grundsatz der Kongruenz - bloss gleichartige Leistungen
miteinander verglichen werden dürften und daher infolge der der
AHV-Rente zukommenden Doppelfunktion (Ausgleich der alters- bzw.
invaliditätsbedingten "Erwerbsunfähigkeit" einerseits und des durch
die Verwitwung entstandenen Versorgerschadens anderseits) lediglich
der durch den Unfalltod des Ehemannes auszugleichende Versorgerschaden
zu berücksichtigen sei. Dieser laut Vorinstanz und Bundesamt mit Sinn
und Zweck des Gesetzes zu vereinbarenden - und vom Amt in Anlehnung
an Art. 32 Abs. 3 UVV befürworteten - Lösung hält die SUVA in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde entgegen, dass die Altersrente der AHV bei
der Berechnung der Komplementärrente in vollem Umfang angerechnet werden
müsse; hiefür massgebend seien der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte
der fraglichen Bestimmungen.

    a) Bei der Auslegung des Gesetzes ist von Bedeutung, dass in Art. 31
Abs. 4 UVG generell von "den Renten der AHV oder der IV" die Rede ist, ohne
deren Anrechenbarkeit in irgendeiner Weise zu beschränken. Ebenso spricht
Art. 20 Abs. 2 UVG, der die gleiche Frage bei der Komplementärrente für
Invalide regelt, generell und uneingeschränkt von "der Rente der IV oder
der AHV". Die wörtliche Auslegung dieser Bestimmungen ergibt somit, dass
die Renten der AHV oder der IV grundsätzlich in vollem Umfang anzurechnen
sind. Da der Wortlaut von Art. 31 Abs. 4 (und 20 Abs. 2) UVG klar ist,
besteht aufgrund dieser Vorschriften kein Raum für eine nur teilweise
Berücksichtigung der genannten Renten (BGE 114 V 135 f. Erw. 2b und
3a, 113 V 77 Erw. 3b und c sowie 109 Erw. 4a mit Hinweisen). Zudem
entspricht diese Bedeutung des Wortlautes auch insoweit dem Sinn
und Zweck der Bestimmungen, als der Gesetzgeber die frühere Regelung
(Art. 48 AHVG bzw. Art. 66quater AHVV; Art. 45 IVG resp. Art. 39bis
IVV) mit dem Erfordernis laufender Überprüfungen und Anpassungen
der Kürzungssätze bewusst vereinfachen und durch die Einführung der
Komplementärrenten ersetzen wollte (vgl. Botschaft zum Bundesgesetz
über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl 1976 III 171;
SCHAER, Grundzüge des Zusammenwirkens von Schadenausgleichssystemen,
Basel 1984, S. 359, Rz. 1045 und N. 3; MAURER, Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, Bern 1985, S. 381 und 437 f.; SEILER, Der Entwurf
zu einem neuen Unfallversicherungsgesetz, SZS 1977 S. 25 ff.; siehe auch
KOHLER, Surindemnisation choquante dans la LAA en cas de salaire résiduel,
SZS 1987 S. 289). Dabei wurde mit der neuen Koordinationsregelung eine
einfache und sozial vertretbare Kombination zwischen den Systemen der
AHV/IV und der Unfallversicherung angestrebt, bei der sich nach dem
ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers eine "eigentliche Systemkongruenz"
nicht bewerkstelligen liess (BBl 1976 III 170). Die von Vorinstanz
und Bundesamt anhand des Grundsatzes der Kongruenz von Leistungen
(bzw. der damit zusammenhängenden "Doppelfunktion" der AHV-Rente der
Beschwerdegegnerin) vorgetragene Argumentation ist deshalb nicht zulässig,
weil der Richter den als Ausfluss des Systemwechsels unmittelbar aus
dem Gesetz sich u.a. ergebenden Grundsatz der vollen Anrechenbarkeit
der AHV-Rente hinzunehmen hat (vgl. zum Grundsatz der Kongruenz SCHAER,
aaO, S. 158 f., 361 und 391 ff.; VPB 1987 Nr. 2 S. 19 Ziff. 3; BGE
112 V 128 f., je mit weiteren Hinweisen). Entgegen der Meinung der
Vorinstanz kann ferner auch nicht davon ausgegangen werden, dass der
Gesetzgeber die Möglichkeit einer nur teilweisen Anrechenbarkeit von
Altersrenten nicht bedacht habe. Vielmehr lassen die in der genannten
Botschaft angeführten Berechnungsbeispiele und der Verweis auf die - mit
der Inkraftsetzung des UVG aufgehobenen (AS 1982 1715 und 1717) - Art. 48
AHVG und 45 IVG den Schluss zu, dass die grundsätzlich uneingeschränkte
Anrechnung der AHV/IV-Renten bewusst gewollt war (BBl 1976 III 171 f.; vgl.
auch Protokolle der Kommissionen des Nationalrates vom 18. Januar und 2./3.
November 1977 sowie des Ständerates vom 2. November 1979, 28./29. Januar
und 24. September 1980; Sten.Bull. NR 1979 S. 141, 181 f. und 185, SR
1980 S. 475 f.). Die durch den kantonalen Richter vorgenommene - und vom
Bundesamt im Ergebnis befürwortete - Auslegung des Art. 31 Abs. 4 UVG,
wonach eine nur teilweise Anrechnung der AHV-Rente dem Sinn und Zweck der
gesetzlichen Regelung entspreche, erweist sich demzufolge als unzutreffend.

    b) Nun hat der Gesetzgeber zu den in Art. 31 Abs. 4 (und 20 Abs. 2)
UVG statuierten Grundsätzen über die Berechnung der Komplementärrenten an
Hinterlassene (bzw. Invalide) die Möglichkeit von Abweichungen vorgesehen
(BBl 1976 III 172; vgl. dazu MAURER, aaO, S. 375 f., N. 941a, und S. 436
f.). In diesem Sinne ermächtigte er den Bundesrat in Art. 31 Abs. 5 (und
20 Abs. 3) UVG zum Erlass näherer Vorschriften, von welchen Kompetenzen
dieser in Art. 43 (und 31 ff.) UVV Gebrauch gemacht hat (vgl. Erw. 1a
und b hievor). Es stellt sich vorliegend die Frage, ob die Ordnung
des Art. 43 UVV, die den vom Gesetz vorgegebenen Grundsatz bezüglich
der vollen Anrechenbarkeit von AHV/IV-Renten uneingeschränkt und ohne
abweichende Regelung übernimmt, gesetz- und verfassungsmässig ist.
   aa) (Überprüfung der Verordnungen des Bundesrates)

    bb) Die Delegationsbestimmung des Art. 31 Abs. 5 UVG ermächtigt
den Bundesrat - wie bereits dargelegt - insbesondere zum Erlass näherer
Vorschriften "über die Berechnung der Komplementärrenten". Mit dieser
Delegationsnorm wurde dem Bundesrat ein sehr weiter Spielraum des
Ermessens (vgl. BGE 112 V 42 Erw. 3b in fine) für die Regelung
auf Verordnungsstufe und namentlich die Kompetenz eingeräumt,
die Berechnung der Komplementärrenten unter Beachtung der durch das
Willkürverbot gesetzten Grenzen in einer grundsätzlich abschliessenden
Weise zu ordnen. Aufgrund dieser Befugnis war der Bundesrat frei
zu bestimmen, dass bei der Berechnung der Komplementärrenten für
Hinterlassene die AHV/IV-Renten, einschliesslich der Kinderrenten, voll
zu berücksichtigen sind. Zwar wären nach den zutreffenden Ausführungen
von SUVA und Bundesamt auch mit vertretbaren Gründen andere Lösungen
- etwa mit einer nur teilweisen Anrechnung oder einem gänzlichen
Verzicht auf Berücksichtigung der AHV-Renten bei hinterlassenen
Witwen nach dem 62. Altersjahr - möglich gewesen, was denn auch in
der Kommission zur Vorbereitung der UVV dem Sinne nach erwogen, aber
schliesslich abgelehnt wurde (vgl. z.B. Protokolle vom 13./14. August und
18. Dezember 1980). Zu solchen - de lege ferenda durchaus berechtigten
- Überlegungen hat sich das Eidg. Versicherungsgericht indessen nicht
zu äussern, weil es die Zweckmässigkeit der gestützt auf Art. 31
Abs. 5 UVG vorgenommenen Regelung nicht zu prüfen und sein Ermessen
nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates zu setzen hat. Auch
hat das Gericht infolge der verfassungsrechtlichen Beschränkung seiner
Überprüfungsbefugnis (Art. 113 Abs. 3/Art. 114bis Abs. 3 BV) zur Frage,
ob die erwähnte gesetzliche Delegation den aus rechtsstaatlichen Gründen
an eine Delegationsnorm zu stellenden Anforderungen zu genügen vermag,
ebensowenig Stellung zu nehmen wie zur Angemessenheit des mit der
Einführung der Komplementärrenten vorgenommenen Systemwechsels (vgl. dazu
Erw. 2a hievor; zur neuen Komplementärrentenregelung auch die kritischen
Bemerkungen von SCHAER, aaO, S. 359, Rz. 1044 f. und N. 6). In Anbetracht
des dem Bundesrat zustehenden weiten Auswahlermessens (IMBODEN/RHINOW,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Aufl., Nr. 66, S. 405)
und angesichts der Komplexität der sich im vorliegenden Zusammenhang
ergebenden Probleme hat sich das Gericht bei der Überprüfung von Art. 43
UVV Zurückhaltung aufzuerlegen (vgl. auch BGE 114 V 304 Erw. 4c, 111 V 396
Erw. 4c; ARV 1986 Nr. 10 S. 45 Erw. 2c). Im Lichte dieser Grundsätze lässt
sich die Nichtvornahme einer von der gesetzlichen Vorschrift der vollen
Anrechenbarkeit der AHV/IV-Renten abweichenden Regelung für Fälle wie den
vorliegenden nicht als willkürlich beanstanden. Auch kann nicht gesagt
werden, die Verordnung habe es unterlassen, Unterschiede zu treffen, die
sie richtigerweise hätte berücksichtigen müssen. Bei diesen Gegebenheiten
muss es bei der Feststellung sein Bewenden haben, dass sich Art. 43 UVV -
dessen Abs. 2 in der gemäss BGE 112 V 39 korrigierten Weise (vgl. dazu
auch nachstehende Erw. cc) - als gesetzes- und verfassungskonform erweist.

    cc) Die vom BSV in der Vernehmlassung zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vorgetragenen Ausführungen über eine mögliche Ergänzung des Art. 43 UVV
durch Art. 32 Abs. 3 UVV vermögen zu keiner andern Betrachtungsweise zu
führen. Dem in diesem Zusammenhang angebrachten Vorschlag, in sinngemässer
Fortführung der mit BGE 112 V 39 begonnenen Anwendung von Sonderregeln
(Abs. 4 des Art. 32 UVV) im Rahmen von Art. 43 Abs. 2 UVV sollte hier
auch Abs. 3 des Art. 32 UVV gelten, kann das Eidg. Versicherungsgericht
nicht beipflichten. Nicht nur lag die in jenem Fall erklärte parallele
Anwendung des Abs. 4 von Art. 32 UVV sowohl bei Komplementärrenten für
Invalide als auch bei Komplementärrenten für Hinterlassene praktisch
auf der Hand und wurde bereits auch von der Lehre gefordert (MAURER,
aaO, S. 437, N. 1132b). Vielmehr müsste bei der hier vom Bundesamt
vorgeschlagenen Lösung - im Gegensatz zu der in BGE 112 V 39 behandelten
Frage - nicht bloss ein Einzelproblem (Modalitäten bei der Berechnung
des versicherten Verdienstes) unter im übrigen unveränderter Belassung
der gesetzlichen Grundsätze angegangen, sondern unter Berücksichtigung
verschiedenartigster Problemkreise in die vom Gesetz aufgestellte
Grundregelung (vgl. Erw. 2a hievor) für eine Vielzahl von Fällen direkt
eingegriffen werden. Dies kann umso weniger Sache des Gerichts sein, als
damit nach den zutreffenden Ausführungen der SUVA neue Ungleichheiten
in anderen Fällen geschaffen werden könnten, welche - zufolge der dem
Richter nur für Einzelfälle zustehenden Beurteilungskompetenz - schwer
überschaubar sind. Damit obliegt es nicht dem Richter, sondern in erster
Linie dem Verordnungs- bzw. allenfalls dem Gesetzgeber, aufgrund einer
Analyse der gesamten Problematik befriedigende Lösungen zu erarbeiten
und die festgestellten Mängel der heutigen Regelung zu beseitigen.

    c) Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die SUVA bei der
Berechnung der Komplementärrente gemäss Art. 31 Abs. 4 UVG und Art. 43
Abs. 1 UVV an sich korrekt vorgegangen ist. Insbesondere steht unstreitig
fest, dass die AHV-Rente der Beschwerdegegnerin von jährlich Fr. 14'856.--
90% des versicherten Verdienstes (d.h. Fr. 10'917.--) übersteigt. Damit
ergibt sich aus der Differenzberechnung nach Art. 31 Abs. 4 UVG keine
Komplementärrente. Die Verfügung der SUVA vom 14. März 1986, mit welcher
die Anstalt den streitigen Anspruch der Beschwerdegegnerin verneint hat,
erweist sich daher als rechtmässig.

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird der Entscheid
des Versicherungsgerichts des Kantons Bern vom 26. Februar 1987 aufgehoben.