Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IV 63



115 IV 63

13. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 11. April 1989 i.S. C.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    Art. 23 Abs. 1 ANAG; Nulla Osta-Zusicherung.

    Die Nulla Osta-Zusicherung einer Aufenthaltsbewilligung ist ein
fremdenpolizeiliches Ausweispapier im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ANAG.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Nachdem der Beschwerdeführer für den Portugiesen M. ein Gesuch
um Bewilligung eines ausländischen Arbeitnehmers für die Zeit vom 29.
Dezember 1987 bis 18. April 1988 eingereicht hatte, wurde ihm am
4. November 1987 eine "Nulla Osta-Zusicherung einer Aufenthaltsbewilligung"
für den verlangten Zeitraum ausgestellt.

    Auf diesem Formular korrigierte der Beschwerdeführer - wie er
selber einräumt - das Einreisedatum von 29.12.1987 auf 29.11.1987. Die
so veränderte Zusicherung stellte er dem Arbeitnehmer zu, welcher unter
Vorlage derselben am 3. Dezember 1987 in die Schweiz einreiste, wo er
am 4. oder 5. Dezember die Arbeit im vom Beschwerdeführer geleiteten
Hotel aufnahm.

Erwägung 3

    3.- a) Nach Art. 23 Abs. 1 ANAG (SR 142.20) macht sich unter anderem
strafbar, wer falsche fremdenpolizeiliche Ausweispapiere herstellt oder
echte verfälscht.

    b) Der Beschwerdeführer macht geltend, die in Frage stehende Nulla
Osta-Zusicherung sei kein Ausweispapier im Sinne von Art. 23 ANAG. Dieser
Auffassung kann nicht zugestimmt werden.

    Ausländische Arbeitskräfte, welche von der Visumspflicht befreit sind
(dem visumspflichtigen Ausländer wird diese Zusicherung durch das Visum
erteilt; BBl 1978 II 200), dürfen zum Stellenantritt nur dann in die
Schweiz einreisen, wenn sie eine Zusicherung der Aufenthaltsbewilligung
besitzen; ausländischen Arbeitskräften, die ohne solche Zusicherung
einreisen, darf keine Aufenthaltsbewilligung zum Stellenantritt
erteilt werden (Art. 1 des Bundesratsbeschlusses über die Zusicherung
der Aufenthaltsbewilligung zum Stellenantritt vom 19. Januar 1965; SR
142.261). Die Zusicherung berechtigt den ausländischen Arbeitnehmer -
nach bestandener grenzsanitarischer Untersuchung (Art. 2 der VO über
grenzsanitarische Massnahmen; SR 818.125.11) - zum Grenzübertritt,
d.h. die Organe der Grenzkontrolle lassen ihn in diesem Fall in
die Schweiz einreisen. Gemäss den Weisungen des Bundesamtes für
Ausländerfragen zur Ausländergesetzgebung (A 133 Ziff. 133.3) haben die
kantonalen Fremdenpolizeibehörden bei der Zusicherung für Saisonniers
deren Ein- und Ausreisedaten zu fixieren; damit dient die Zusicherung den
Grenzkontrollorganen auch zur Überprüfung der Ein- und Ausreisedaten. Hinzu
kommt, dass die Zusicherung - wie Pass und Ausländerausweis - zu den
für die Anwesenheitsregelung durch die Gemeinde- und Bezirksbehörden des
Kantons Graubünden erforderlichen "vorgeschriebenen Unterlagen" (Art. 4b
der kantonalen Ausführungsbestimmungen zum ANAG; BR 618.100) gehört.

    Fremdenpolizeiliche Ausweispapiere sind entgegen der Auffassung
des Beschwerdeführers nicht nur jene Ausweispapiere, welche Aufschluss
geben über Identität und Nationalität des Inhabers, sondern alle
Dokumente, die für die fremdenpolizeiliche Behandlung eines Ausländers
erforderliche Angaben enthalten. Nach dem Gesagten kommt der Zusicherung
der Aufenthaltsbewilligung somit eine erhebliche Bedeutung zu bei der
behördlichen Behandlung des Ausländers, weshalb sie ohne weiteres neben
dem Reisepass unter die fremdenpolizeilichen Ausweispapiere fällt. Aus dem
Umstand, dass der Ausländer, welcher keine Stelle in der Schweiz antreten
will, für die Einreise in die Schweiz keiner Nulla Osta-Zusicherung bedarf,
kann der Beschwerdeführer nichts zu seinen Gunsten ableiten; es handelt
sich nicht um vergleichbare Sachverhalte.
   ...

    c) Die Auffassung der Vorinstanz, eine Nulla Osta-Zusicherung sei
ein fremdenpolizeiliches Ausweispapier im Sinne von Art. 23 Abs. 1 ANAG,
verletzt daher kein Bundesrecht.