Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IV 266



115 IV 266

57. Urteil des Kassationshofes vom 22. November 1989
i.S. Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern gegen B. und
Kons. (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 32 Abs. 2 OG.

    Als staatlich anerkannt gelten nur Feiertage, die ihre gesetzliche
Grundlage im kantonalen Recht haben; dies trifft für das Patroziniumsfest
des St. Leodegar in der Stadt Luzern (zur Zeit der Beschwerdeeinreichung)
nicht zu.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Am 19. Oktober 1989 trat das Bundesgericht auf eine
Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft des Kantons Luzern wegen
Verspätung nicht ein, da die 20tägige Frist gemäss Art. 272 Abs. 2 BStP
am 2. Oktober 1989 ablief und die Begründung erst am 3. Oktober 1989
der Post übergeben wurde.

    Mit Eingabe vom 3. November 1989 beantragt die Staatsanwaltschaft,
es sei der Entscheid des Bundesgerichts aufzuheben und auf die
Nichtigkeitsbeschwerde einzutreten. Zur Begründung wird geltend gemacht, am
2. Oktober (letzter Tag der Beschwerdefrist) begehe die Stadt Luzern seit
über einem Jahrtausend das Patroziniumsfest des St. Leodegar, das in der
Bevölkerung tief verwurzelt sei, weshalb denn auch die Schalter der PTT,
die Geschäfte und Betriebe inkl. Banken und Verwaltung geschlossen hätten;
der 2. Oktober sei mithin zu einem "gewohnheitsrechtlichen öffentlichen
Ruhetag des kantonalen Rechts" geworden bzw. "nach kantonalem Recht als
Feiertag anzusehen"; unter diesen Umständen sei die Frist gemäss Art. 32
Abs. 2 OG gewahrt.

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 32 Abs. 2 OG ist entscheidend, ob ein Feiertag vom
zutreffenden kantonalen Recht anerkannt ist. In der Stadt Luzern galt der
2. Oktober aufgrund kantonalen Rechts als staatlich anerkannter Feiertag
(§ 1 lit. b des alten Gesetzes über die öffentlichen Ruhetage vom 8.
Oktober 1940: "Patroziniumsfest der betreffenden Kirchgemeinde"). Mit
der Revision des Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes vom 5. Mai 1987
wurde den Einwohnergemeinden anheimgestellt, das Patroziniumsfest als
staatlichen Feiertag zu erklären (§ 1 Abs. 1 lit. c des Ruhetags-
und Ladenschlussgesetzes vom 23. November 1987). Bis heute ist in
der Stadt Luzern noch kein solcher Beschluss gefasst worden. Wo aber
wie vorliegend eine kantonale Regelung der staatlich anerkannten
Feiertage besteht, können gemäss Art. 32 Abs. 2 OG nur die Feiertage
Berücksichtigung finden, die ihre gesetzliche Grundlage im kantonalen
und nicht bloss im kommunalen Recht haben (vgl. W. BIRCHMEIER, Handbuch
des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege, N. 3
zu Art. 32 OG mit Hinweisen). Da dies für das Fest des Stadtpatrons in
Luzern seit der letzten Gesetzesrevision nicht mehr zutrifft, lief die
Beschwerdefrist am 2. Oktober 1989 unbenützt ab. Im übrigen entspricht
die Nichtberücksichtigung der bloss in den einzelnen Einwohnergemeinden
als staatliche Feiertage erklärten Feste des Kirchenpatrons oder des
Hl. Josef auch der im kantonalen Prozessrecht getroffenen Regelung (vgl. §
20 des revidierten Ruhetags- und Ladenschlussgesetzes; § 47 Abs. 4 i.V.m. §
328 StPO/LU vom 3. Juni 1957).

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Das Revisionsgesuch der Staatsanwaltschaft wird abgewiesen.