Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 II 6



115 II 6

3. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 2. März 1989 i.S. X.
gegen X. (Berufung) Regeste

    Art. 151 Abs. 1 ZGB.

    Umschreibung der Voraussetzungen für die Zusprechung einer nur
zeitlich befristeten bzw. dauernden Rente gemäss Art. 151 Abs. 1 ZGB an
den geschiedenen Ehegatten:

    - Zusammenfassung der Rechtsprechung;

    - Bedeutung einer unüberwindbaren wesentlichen Einbusse in der
Lebenshaltung trotz tatsächlich wiedererlangter oder zumutbarer
wirtschaftlicher Selbständigkeit des anspruchsberechtigten Ehegatten;

    - Bedeutung des Scheidungsverschuldens des verpflichteten Ehegatten;

    - Bedeutung der während der Ehe (nach altem Recht) gelebten und
(nach neuem Recht) vereinbarten Aufgabenteilung.

Sachverhalt

    A.- U. X., geboren 1943, und L. Z., geboren 1942, heirateten im Jahre
1967. Aus der Ehe gingen ein Sohn, geboren 1969, und eine Tochter, geboren
1972, hervor. Der Ehemann bekleidet eine mittlere Kaderposition in einem
Berufsverband. Die Ehefrau ist gelernte Krankenschwester. Nach der Geburt
des Sohnes gab sie ihre berufliche Tätigkeit vorerst auf, nahm diese dann
aber ab dem Jahre 1977 teilzeitweise wieder auf. Als die Ehefrau im Jahre
1985 entdeckte, dass der Ehemann eine Fremdbeziehung unterhielt, kam es
zum ehelichen Zerwürfnis, das im Jahre 1986 auch zu einer vorübergehenden
Trennung der Ehegatten führte. Am 6. November 1986 reichten die Ehefrau
Scheidungsklage und der Ehemann Widerklage auf Scheidung der Ehe ein.

    B.- Mit Urteil vom 4. September 1987 hiess das Bezirksgericht die
Scheidungsklage der Ehefrau gestützt auf Art. 137 und Art. 142 ZGB gut
und wies die Widerklage des Ehemannes ab. Das Gericht sprach die beiden
Kinder der Mutter zur Pflege und Erziehung zu und verpflichtete den Vater
zur Leistung von Unterhaltsbeiträgen von je Fr. 650.-- monatlich bis
zum Eintritt der Kinder ins Erwerbsleben, längstens aber bis zu deren
Mündigkeit. Der Klägerin wurde gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB eine
monatliche Rente von Fr. 2'000.-- bis zur Erreichung des AHV-Alters durch
den Beklagten und ab diesem Zeitpunkt noch eine solche von Fr. 1'400.--
zugesprochen. Sämtliche Unterhaltsbeiträge wurden indexiert. Ferner
genehmigte das Bezirksgericht eine güterrechtliche Vereinbarung der
Parteien.

    Dieses Urteil zog der Beklagte an das Obergericht des Kantons
Y. weiter. Mit seiner Berufung beantragte er einerseits die Erhöhung
der Kinderrenten auf je Fr. 700.-- und anderseits die Herabsetzung
des Unterhaltsbeitrages für die Klägerin auf Fr. 1'900.-- im Monat
sowie dessen zeitliche Begrenzung auf sieben Jahre ab Rechtskraft des
Scheidungsurteils. Auch verlangte er, dass von der Indexierung der
Frauenrente abgesehen werde.

    Das Obergericht wies die Berufung mit Urteil vom 15. März 1988 ab.

    C.- Gegen dieses Urteil erhebt der Beklagte Berufung an das
Bundesgericht. Er beantragt, die Ziffern 5, 6 und 9 des Dispositivs
des obergerichtlichen Urteils seien aufzuheben und die der Klägerin
gestützt auf Art. 151 Abs. 1 ZGB zugesprochene Unterhaltsersatzrente
von Fr. 2'000.-- im Monat sei höchstens für die Dauer von sieben Jahren
zu gewähren.

    Die Klägerin und das Obergericht schliessen auf Abweisung der Berufung.

    Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und verpflichtet
den Beklagten, der Klägerin eine Rente im Sinne von Art. 151 Abs. 1
ZGB von monatlich Fr. 2'000.-- während zehn Jahren ab Rechtskraft des
Scheidungsurteils und von diesem Zeitpunkt an noch von Fr. 1'000.--
zu entrichten.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Der Beklagte wendet sich in seiner Berufung hauptsächlich
dagegen, dass das Obergericht der Klägerin eine in zeitlicher Hinsicht
unbegrenzte Unterhaltsersatzrente zugesprochen hat. Er wirft der
Vorinstanz vor, sie habe sich mit der Frage der Rentenbefristung gar
nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Insbesondere habe sie sich nicht
zu den vom Bundesgericht zu dieser Frage entwickelten Grundsätzen
geäussert. Zuzugeben sei zwar, dass die Ehe rund 20 Jahre gedauert habe
und die Klägerin im Zeitpunkt der Rechtskraft des Scheidungsurteils das
Alter von 45 Jahren knapp überschritten habe. Anderseits übe sie nun seit
zehn Jahren wieder ihren erlernten Beruf als Krankenschwester aus, zuletzt
als Teilzeitbeschäftigung im Umfang von 60%. Die 19- und 16 1/2jährigen
Kinder seien infolge ihrer Ausbildung fast den ganzen Tag abwesend, so dass
die Klägerin kaum mehr an das Haus gebunden sei und praktisch über ihre
ganze Arbeitskraft verfügen könne. Wenn sie eine volle Erwerbstätigkeit
aufnehmen werde, könne sie mühelos ein Einkommen von über Fr. 4'000.--
im Monat erzielen. Sie werde dabei nicht schlechter gestellt sein, als
wenn sie die Ehe nicht eingegangen wäre.

    Demgegenüber war das Obergericht der Meinung, dass die Klägerin
frühestens im Alter von 50 Jahren wieder voll erwerbstätig sein könnte. Im
Hinblick auf dieses beachtliche Alter sollte sie nicht bei einer
Erwerbstätigkeit behaftet werden, welche sie nach der Geburt des ersten
Kindes aufgegeben und später nur vorübergehend - nämlich zur Finanzierung
des Eigenheims - wiederaufgenommen habe. Ohne diesen besondern Grund hätte
sie ihre Teilzeitarbeit schon lange wieder aufgeben können. Es könne nicht
angehen, die geschiedene Ehefrau zu einer solchen Erwerbstätigkeit zu
verpflichten, nur um den Ehemann von seiner Unterhaltspflicht zu entlasten.

Erwägung 3

    3.- Art. 151 Abs. 1 ZGB hat den Zweck, grundsätzlich jenen Schaden zu
decken, der bei der Scheidung dadurch entsteht, dass die Versorgung der
Ehegatten und der Kinder nicht mehr durch das einträchtige Zusammenwirken
von Mann und Frau im gemeinsamen Haushalt gesichert ist (BGE 107 II
400). In welchem Masse nach der Scheidung beide Ehegatten für ihren
eigenen Unterhalt sorgen können und müssen, hängt von den konkreten
Umständen des Einzelfalles ab (SCHNYDER, ZBJV 121/1985 S. 83; HAUSHEER,
Das neue Eherecht und seine Auswirkungen auf die Scheidung, Berner Tage
für die juristische Praxis (BTJP) 1987, Bern 1988, S. 211 ff.).

    a) Tritt die Scheidung nach wenigen Ehejahren ein und handelt es sich
um junge und kinderlose Ehegatten, was verhältnismässig häufig vorkommt,
kann regelmässig wieder bei den vorehelichen Verhältnissen angeknüpft
werden. Das hat das Bundesgericht in BGE 109 II 184 mit der Formel zum
Ausdruck gebracht, es gelte zu prüfen, ob die geschiedene Frau in der Lage
sei, sich auf längere Sicht eine wirtschaftliche Situation zu schaffen,
in der sie nicht schlechter gestellt sein werde, als wenn sie die Ehe nicht
eingegangen wäre (dazu u.a. GROSSEN, in Problèmes de droit de la famille,
Festgabe Juristentag 1987, S. 64 f.; vgl. auch HAUSHEER, Neuere Tendenzen
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung im Bereiche der Ehescheidung,
ZBJV 122/1986 S. 57 f. und SCHNYDER, ZBJV 122/1986 S. 83 f.). Diese
Betrachtungsweise entspricht den gegebenen Lebensverhältnissen umso mehr,
als in aller Regel die beiden kinderlosen und jungverheirateten Ehegatten
während der Ehe ihre bisherige Erwerbstätigkeit fortgesetzt haben.

    b) Anders stellt sich die Situation nach langer Ehedauer dar. Hier
ist insbesondere zu beachten, dass das bis zum 1. Januar 1988 geltende
Zivilgesetzbuch von 1907 die Ehefrau grundsätzlich zur Aufgabe ihrer
vorehelichen Erwerbstätigkeit angehalten hat, indem es ihr von Gesetzes
wegen die Haushaltführung auferlegte (Art. 161 Abs. 3 aZGB). Nach langen
Ehejahren drängte sich daher die Frage auf, ob die geschiedene Frau
überhaupt die wirtschaftliche Selbständigkeit wiederum erreichen könne
und ob ihr dies nach den konkreten Verhältnissen zuzumuten sei. Im
Hinblick auf solche Lebensumstände hat das Bundesgericht in BGE 110
II 225 ff. festgehalten, es sei im Einzelfall abzuklären, ob sich die
geschiedene Frau auf längere Sicht eine wirtschaftliche Situation werde
schaffen können, welche die durch die Scheidung erlittenen Nachteile
auszugleichen vermöge (siehe auch BGE 111 II 306, allerdings ohne die
erforderliche Differenzierung).

    c) Schliesslich ist auch auf die Interessen der aus der Ehe
hervorgegangenen Kinder in besonderer Weise Rücksicht zu nehmen. Zwar
darf entgegen der vom Bezirksgericht geäusserten und von der Vorinstanz
offensichtlich gebilligten Meinung der Unterhaltsbeitrag für die Kinder
nicht mit demjenigen eines Ehegatten verknüpft werden. Die beiden Ansprüche
unterscheiden sich nämlich in Bestand und Grundlagen, so dass sie ein
getrenntes Schicksal haben, auch wenn zuzugeben ist, dass innerhalb der
trotz der Scheidung weiterbestehenden Familie eine Gesamtbetrachtung
der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der geschiedenen Ehegatten und
Eltern Platz greifen muss. Indessen ist die Kinderbetreuung, die über die
Scheidung hinaus andauert, nicht ausschliesslich nur als Beitrag an den
Kinderunterhalt im Sinne von Art. 276 Abs. 2 ZGB zu verstehen, vielmehr
bedeutet diese Familienpflicht grundsätzlich auch eine Behinderung
des betroffenen Ehegatten in der Wiedererlangung der wirtschaftlichen
Selbständigkeit nach der Scheidung. Diese Betrachtungsweise hat
bewirkt, dass das Bundesgericht auch in seiner jüngsten Rechtsprechung
daran festgehalten hat, dass der Unterhaltsbeitrag für den die Kinder
betreuenden Elternteil im Rahmen von Art. 151 Abs. 1 ZGB so lange zu
erbringen ist, bis das jüngste aus der Ehe hervorgegangene Kind das 16.
Altersjahr vollendet hat (BGE 109 II 286 ff.). Diese Rechtsprechung wollte
aber nicht zum vornherein weitere Unterscheidungen ausschliessen, die sich
daraus ergeben, dass Kinder schon vor dem 16. Altersjahr einen Elternteil
nicht mehr dauernd beanspruchen. Einem betreuenden Elternteil kann daher
die Aufnahme einer gewissen Teilzeitarbeit an sich schon zugemutet werden,
wenn das jüngste Kind mit zehn Jahren dem Kleinkindalter entwachsen ist
(HAUSHEER, ZBJV 122/1986 S. 61 mit Hinweisen; BGE 114 II 303 E. d).

Erwägung 4

    4.- Bei der Beantwortung der Frage, ob sich die geschiedene Frau
auf längere Sicht wirtschaftlich wieder voll einzugliedern vermag und
entsprechende Anstrengungen unternehmen muss, sind nach der feststehenden
Rechtsprechung des Bundesgerichts aber nicht nur die Dauer der Ehe und
das Alter der Ehegatten sowie allfälliger Kinder in Betracht zu ziehen. Zu
berücksichtigen sind auch der Gesundheitszustand des anspruchsberechtigten
Gatten, seine Ausbildung, seine wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die
allgemeine Wirtschaftslage.

    Im weitern spielt die tatsächlich gelebte Arbeitsteilung unter den
Ehegatten während der Ehe eine Rolle, die von der bisher gesetzlich
vorgeschriebenen Aufgabenteilung abweichen kann. Von Bedeutung ist
somit insbesondere die Frage, ob schon während der Ehe beide Ehegatten
einer Erwerbstätigkeit nachgegangen sind. Trifft dies zu, lassen sich
die Möglichkeiten für die Ehefrau, die wirtschaftliche Selbständigkeit
zu erlangen, leichter beurteilen. Schliesslich hat das Bundesgericht
auch immer wieder betont, es sei auch der Schwere des Verschuldens des
unterhaltsverpflichteten Gatten an der Auflösung der Ehe Rechnung zu tragen
(BGE 111 II 305 ff. und 110 II 226 f.).

Erwägung 5

    5.- Entgegen der Auffassung des Beklagten fällt daher vor
allem für die Frage nach der Zumutbarkeit einer an sich möglichen
Wiedereingliederung der geschiedenen Frau ins Erwerbsleben auch die
Schwere seines Scheidungsverschuldens ins Gewicht. Dies allerdings
nur als Ergänzung zur besonders bedeutsamen Ehedauer und zum Alter des
anspruchsberechtigten Gatten (HAUSHEER, BTJP 1987 S. 216 f.). Gerade
dieser Gesichtspunkt der Zumutbarkeit hat in der jüngeren Rechtsprechung
des Bundesgerichts angesichts der wirtschaftlichen Belastung, welche eine
unbefristete Unterhaltsersatzrente für den Verpflichteten darstellt,
zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Rechtsprechung wurde tatsächlich
im Hinblick auf das Alter des anspruchsberechtigten Gatten und die
Ehedauer vermehrt und nachhaltiger vor die Frage gestellt, wann die
Zusprechung einer Dauerrente und wann nur eine zeitlich befristete Rente
als angezeigt erscheine. Eine zeitliche Befristung führt aber in aller
Regel dazu, dass der anspruchsberechtigte Ehegatte spätestens nach einer
Übergangsperiode eine wirtschaftliche Tätigkeit wiederaufnehmen oder eine
bereits ausgeübte weiter ausdehnen muss. Mit der zeitlichen Begrenzung der
Unterhaltsersatzrente wird somit regelmässig auch über die Zumutbarkeit
der Wiedereingliederung der geschiedenen Frau ins Erwerbsleben befunden.

    a) Gemäss der Rechtsprechung ist bei Scheidung nach langer Ehedauer
dem haushaltführenden Ehegatten, der auf eine Erwerbstätigkeit verzichtet
hat, die Wiederaufnahme einer solchen dann nicht mehr zuzumuten, wenn
er im Zeitpunkt der Scheidung das 45. Altersjahr erreicht hat. Wird er
vor dieser Altersgrenze geschieden, hat er, unter Vorbehalt besonderer
Umstände wie etwa eines schlechten Gesundheitszustandes, nur auf eine
befristete Unterhaltsersatzrente Anspruch (BGE 114 II 9 ff.; HAUSHEER, BTJP
1987 S. 216 ff. mit weiteren Hinweisen). Dabei handelt es sich allerdings
nicht um eine starre Regel, von der im Einzelfall nicht abgewichen werden
könnte. Indessen erfordert das Gebot der Gleichheit in der Rechtsanwendung,
dass das Abweichen von der Regel durch besondere Umstände gerechtfertigt
sein muss.

    b) An dieser Betrachtungsweise hat sich auch mit dem Inkrafttreten des
neuen Eherechts am 1. Januar 1988 nichts geändert. Wie das Bundesgericht
in BGE 114 II 15 E. 3 festgehalten hat, hat zwar der neue Art. 163 ZGB
im Vergleich zum bisherigen Recht eine bedeutsame Änderung herbeigeführt,
indem auf jegliche Aufgabenteilung unter den Ehegatten von Gesetzes wegen
verzichtet wird. Frau und Mann haben sich darüber vielmehr nach eigenem
Gutdünken zu einigen. Eine solche Lösung lässt aber auch zu, dass sich
die Ehegatten weiterhin die Aufgaben in der ehelichen Gemeinschaft in
einer Weise zuordnen, wie sie der bisherigen Gesetzgebung entsprochen
hat. In einem solchen Fall ist im Rahmen von Art. 151 Abs. 1 ZGB auch
weiterhin dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Ehegatte zugunsten
der ehelichen Gemeinschaft auf eine wirtschaftliche Selbständigkeit
und eine allfällige Karriere verzichtet hat. Es kann daher nach der
Eherechtsreform nicht einfach darauf verwiesen werden, unter neuem Recht
stehe dem haushaltführenden Ehegatten von Gesetzes wegen kein Anspruch
mehr zu, seinen Beitrag an den ehelichen Unterhalt ausschliesslich und
für immer durch innerhäusliche Arbeit zu erbringen. Die Ehefrau habe
dementsprechend auch nicht mehr die Möglichkeit, sich darauf zu berufen,
dass sie an sich jederzeit auf eine freiwillig ausgeübte Erwerbstätigkeit
während der Ehe wieder hätte verzichten können. Vielmehr steht die Ehe -
wie sie auch immer gelebt wird - unter neuem Recht nach wie vor unter dem
Schutz des Grundsatzes von Treu und Glauben (BGE 114 II 15 f. E. 3). Sonst
müsste das neue Eherecht sein Ziel verfehlen, den Ehegatten die innere
Ausgestaltung ihrer Ehe zu überlassen (HEGNAUER, Grundriss des Eherechts,
2. Aufl., S. 158 Rz. 16.25; HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum
Eherecht, N. 46 zu Art. 163 und N. 11 ff. zu Art. 173 ZGB).

    Dieser Gesichtspunkt ist dann aber auch bei der Anwendung von Art. 151
Abs. 1 ZGB zu berücksichtigen (HAUSHEER, ZBJV 122/1986 S. 68 ff., und BTJP
1987 S. 219 ff.; vgl. auch BRÄM, Auswirkungen von Art. 163-165 nZGB auf
Renten bei Scheidung und Getrenntleben, SJZ 84/1988 S. 59; KEHL-ZELLER,
Die Bemessung von Entschädigungs- und Bedürftigkeitsrenten gemäss
Art. 151 und 152 ZGB, 2. Aufl., Zürich 1986, S. 37 f., allerdings zu sehr
verallgemeinernd). Der von den Ehegatten zu vereinbarenden Aufgabenteilung
hat der Richter schon während bestehender Ehe im Rahmen von Art. 173 ZGB
Rechnung zu tragen, wenn er den beidseitigen Unterhaltsbeitrag mangels
Einigung der Ehegatten zu bestimmen hat. In diesem Fall trifft zwar die
Feststellung des Obergerichts zu, dass nach neuem Recht auf seiten der
Ehefrau neu alle Einkünfte aufzurechnen sind; indessen kann dies nicht
heissen, wie das das Obergericht anzudeuten scheint, dass die Geldbeiträge
unter den Ehegatten stets proportional aufgeteilt werden müssten, auch
wenn ein Ehegatte im Vergleich zum andern im innerhäuslichen Bereich
nur in beschränktem Masse tätig ist (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 9
zu Art. 173 ZGB; dies im Unterschied zur Festsetzung der pfändbaren
Quote, die einerseits auf dem Existenzminimum von Mann und Frau und
anderseits nur auf dem Einkommen beider Ehegatten beruht: BGE 114 III
15 f. E. 3). Massgebend für die Anwendung von Art. 151 Abs. 1 ZGB bleibt
dann allerdings nur mehr die Nachwirkung dieser Verhältnisse während der
Ehe auf die wirtschaftliche Stellung der Ehegatten nach der Scheidung.

Erwägung 6

    6.- Werden die dargelegten Grundsätze auf den vorliegenden Fall
zur Anwendung gebracht, so zeigt sich, dass die lange Ehedauer von
rund 20 Jahren und das Alter der Klägerin von 45 Jahren bei Eintritt
der Rechtskraft des Scheidungsurteils grundsätzlich für eine zeitlich
unbefristete Unterhaltsersatzrente sprechen. Allerdings ist die
Wiedereingliederung der Klägerin ins Erwerbsleben schon weitgehend
erfolgt, indem sie heute bereits eine Teilzeitbeschäftigung von 60%
in ihrem erlernten Beruf als Krankenschwester ausübt. Dazu kommt, dass
die Klägerin aller Voraussicht nach nur noch während kurzer Zeit das
jüngere der beiden Kinder zu betreuen haben wird, so dass ihrem vollen
Eintritt ins Erwerbsleben in absehbarer Zeit grundsätzlich nichts im Wege
stehen sollte. So besehen verlangt der zu nachehelichem Unterhaltsersatz
verpflichtete Beklagte zu Recht die zeitliche Befristung der entsprechenden
Rente. Dem ist jedoch im vorliegenden Fall entgegenzuhalten, dass die
Klägerin dannzumal gegen 50 Jahre alt und infolge der Scheidung sowohl
am überdurchschnittlich guten Einkommen ihres Ehemannes als auch an
seiner entsprechenden Altersvorsorge nicht mehr beteiligt sein wird. Sie
erleidet dadurch ganz wesentliche Nachteile. Um sich in diesem Alter noch
eine selbständige Altersvorsorge aufzubauen, wird die Klägerin erhebliche
Mittel benötigen.

    Ferner ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanz, dass die
Ehefrau ihre Teilzeitarbeit vor zehn Jahren nur zur Finanzierung des
Eigenheims der Parteien aufgenommen hatte und diese in vorgerückterem
Alter angesichts des hohen Einkommens des Ehemannes wieder hätte ganz
aufgeben können, anstatt sie zu einer Vollbeschäftigung ausbauen zu
müssen. Gerade das Gefälle zwischen dem erzielbaren Einkommen der Klägerin
von Fr. 4'000.-- im Monat und dem Verdienst des Beklagten, der sich auf das
Doppelte beläuft, zeigt, dass die Ehefrau bei Fortdauer der langen Ehe in
der Lage gewesen wäre, ihre berufliche Tätigkeit zu reduzieren oder ganz
aufzugeben. Dieses Gefälle wird sich auch auf die künftige Lebenshaltung
der geschiedenen Gatten auswirken. Es rechtfertigt sich umso mehr, diesem
Unterschied in den wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen,
als das ehebrecherische Verhalten des Beklagten fast ausschliesslich zum
Scheitern der Ehe geführt hat. Eine dauernde Teilnahme der Klägerin an den
überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen des Beklagten
drängt sich unter diesen Umständen geradezu auf, weshalb eine Befristung
der Unterhaltsersatzrente der Klägerin Bundesrecht verletzen würde.

Erwägung 7

    7.- Die Vorinstanz hat der Klägerin eine Rente von Fr.  2'000.--
im Monat bis zur Erreichung des AHV-Alters durch den Beklagten und
anschliessend noch eine solche von Fr. 1'400.-- zugesprochen. Auch wenn
der Klägerin nach dem Ausgeführten eine zeitlich unbefristete Rente
zukommen soll, so heisst dies nicht, dass diese Dauerrente sich stets auf
Fr. 2'000.-- im Monat belaufen muss. Der Beklagte beantragt in seiner
Berufung, es sei der Klägerin während sieben Jahren eine monatliche
Rente von Fr. 2'000.-- zu gewähren. Er kritisiert somit die Höhe des
von der Vorinstanz festgesetzten Unterhaltsbeitrages nicht, sondern nur
dessen Dauer. Dass die Klägerin während einiger Zeit über eine monatliche
Rente in der Höhe von Fr. 2'000.-- verfügen soll, erscheint denn auch im
Hinblick auf ihren grossen Nachholbedarf als angemessen. Es ist dabei zu
berücksichtigen, dass man von der Klägerin, welche noch einige Zeit ihr
jüngeres Kind zu betreuen haben wird, auch im Hinblick auf ihr Alter nicht
eine volle Erwerbstätigkeit verlangen kann. Dazu kommt, dass sie eben ihre
eigene Altersvorsorge finanzieren muss. Für diesen Zweck wird sie noch
längere Zeit auf einen Unterhaltsbeitrag des Beklagten von Fr. 2'000.--
im Monat angewiesen sein. Es kann unter den gegebenen Verhältnissen davon
ausgegangen werden, dass dieser Nachholbedarf nach etwa zehn Jahren gedeckt
sein wird, so dass es sich rechtfertigt, den Beklagten zu verpflichten,
der Klägerin eine Unterhaltsersatzrente von monatlich Fr. 2'000.-- für
die Dauer von zehn Jahren ab Rechtskraft des Scheidungsurteils zu bezahlen.

    Nach Ablauf dieser Zeitspanne von zehn Jahren wird es somit nur noch
darum gehen, der zur Hauptsache unschuldigen Klägerin einen gewissen
Anteil an den überdurchschnittlich guten wirtschaftlichen Verhältnissen
des Beklagten zu sichern. Dieser verdient - wie dargelegt - etwas mehr als
Fr. 8'000.-- im Monat, während die Klägerin bei voller Erwerbstätigkeit
als Krankenschwester ein monatliches Einkommen von rund Fr. 4'000.--
erzielen kann. Sodann ist einerseits in Betracht zu ziehen, dass der
Beklagte in zehn Jahren keinerlei Leistungen für seine Kinder mehr zu
erbringen haben wird, anderseits aber auch, dass bei besonders guten
finanziellen Verhältnissen selbst bei Weiterbestehen der Ehe nicht das
ganze Einkommen für den ehelichen Unterhalt hätte eingesetzt werden müssen
(vgl. BGE 114 II 31 f. E. 8). Den weiteren Anteil der Klägerin am Einkommen
des Beklagten dannzumal auf die Hälfte, nämlich auf Fr. 1'000.-- im Monat
herabzusetzen, muss aufgrund dieser Überlegungen als mit dem Bundesrecht
vereinbar betrachtet werden. Eine solche Reduktion ist möglich, auch wenn
kein entsprechender Eventualantrag des Beklagten vorliegt. In BGE 111
II 307 hat das Bundesgericht festgehalten, dass im Antrag auf Aufhebung
einer Rente nach Art. 151 Abs. 1 ZGB implicite auch das Begehren auf
deren zeitliche Begrenzung enthalten sei. Dies gilt auch hier, wo der
Beklagte die zeitliche Begrenzung der Rente verlangt hat, so dass das
Begehren um deren eventuelle spätere Herabsetzung darin eingeschlossen ist.