Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 II 255



115 II 255

43. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 6. September 1989
i.S. N. gegen X. AG (Berufung) Regeste

    Know-how- und Lizenzvertrag, Haftung aus mangelhafter Anleitung zum
technischen Handeln.

    Verpflichtet sich eine Vertragspartei, der andern ihr technisches
Wissen zur Verfügung zu stellen, so richten sich die Rechte und Pflichten
der Parteien insoweit nach den Regeln des Know-how-Vertrages, welcher -
jedenfalls im Bereich gewerblicher Schutz- und ähnlicher Rechte - als
Lizenzvertrag erscheint (E. 2a). Im Lizenzverhältnis, insbesondere im
entgeltlichen, hat der Lizenzgeber für die technische Ausführbarkeit und
Brauchbarkeit seiner Anweisung zum technischen Handeln einzustehen (E. 2b).

Sachverhalt

    A.- N. ist als selbständiger Ingenieur tätig und befasst sich
mit der Konstruktion von verleimten Fassadenelementen, sogenannten
Sandwich-Platten. Hersteller sind verschiedene Unternehmen, darunter die
X. AG.

    Mit den Abnehmern schloss N. die Verträge in eigenem Namen ab. Er
berechnete die Preise, zeichnete die Konstruktionspläne und besorgte
das Material. Anschliessend übermittelte er die Bestellungen der
X. AG. Diese stellte die Platten nach den technischen Angaben des N. her,
versandte sie unter eigener Rechnungsstellung an die Abnehmer und bezog
den Preis. N. erhielt jeweils eine als Provision bezeichnete Vergütung,
die je nach Produkt in Prozenten der Auftragssumme oder nach Masseinheiten
bemessen wurde.

    B.- Mit Klage vom 10. August 1987 machte N. gegenüber der X. AG unter
anderem einen Provisionsanspruch von Fr. 10'681.35 geltend. Die Beklagte
verlangte widerklageweise einen Betrag von Fr. 58'476.85 zur Hauptsache
als Ersatz für Schäden aus untauglichen Konstruktionsplänen. Mit Urteil
vom 25. Februar 1988 schützte das Bezirksgericht Untertoggenburg Klage
und Widerklage im Umfang von Fr. 4'428.25 bzw. Fr. 9'205.40 und wies sie
weitergehend ab. Auf Berufung der Beklagten hin hiess das Kantonsgericht
St. Gallen am 27. Januar 1989 die Widerklage im Umfang von Fr. 50'421.75
gut.

    C.- Der Kläger hat gegen das kantonsgerichtliche Urteil eidgenössische
Berufung eingelegt.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt,
und bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Streitig ist vor Bundesgericht einzig noch, ob der Kläger für
einen Schaden von Fr. 41'216.35 ersatzpflichtig ist, in welchem Umfang die
Beklagte Gewährleistungsansprüche eines Plattenabnehmers zu befriedigen
hatte. Der Kläger stellt eine Haftung unter Hinweis auf das Recht des
Agenturvertrages in Abrede. Das Kantonsgericht ging demgegenüber von
einem gemischten Vertrag mit Elementen des Geschäftsbesorgungsauftrages,
des Know-how- Vertrages und des Markenlizenzvertrages aus, in welchem der
Kläger die Verantwortung für konstruktive Fehler trage, und bejahte deshalb
dessen Haftung für den Schaden, den die Beklagte infolge Untauglichkeit
der Konstruktionspläne erlitten hatte.

    a) Die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz lassen
die Rechtsnatur der Vertragsbeziehungen der Parteien nicht restlos
erkennen. Fest steht jedoch, dass ein reiner Typenvertrag nicht vorliegt,
insbesondere kein Agenturvertrag im Sinne von Art. 418a ff. OR, was sich
bereits daraus ergibt, dass der Kläger die Verträge in eigenem Namen
abschloss (Art. 418a Abs. 1 OR). Hinzu kommt, dass sich die vom Kläger
vertraglich übernommenen Tätigkeiten nicht etwa in der Vermittlung von
Geschäften erschöpften, sondern insbesondere auch die Erstellung der
Konstruktionspläne und den Einkauf der Werkstoffe umfassten; der Kläger
gab der Beklagten die technische Anweisung zur Herstellung der Platten.
Damit fällt auch die Kommissionsagentur, die zwar von der Voraussetzung
des Handelns in fremdem Namen absieht (HOFSTETTER, SPR VII/2, S. 139),
aber wie die gewöhnliche Agentur das Begriffselement der technischen
Anweisung nicht kennt, ausser Betracht.

    Auszugehen ist deshalb mit der Vorinstanz von einem gemischten
Vertragsverhältnis. Dabei kann offenbleiben, welchen Vertragstypen
die verschiedenen Bestandteile dieses Gesamtverhältnisses im einzelnen
zuzuordnen sind. Für die Beurteilung des Rechtsstreites ist, wie die
Vorinstanz zutreffend darlegt, lediglich entscheidend, dass der Kläger mit
seinen Konstruktionsplänen und mit den von ihm eingekauften Werkstoffen
der Beklagten das Know-how seiner Konstruktion zur Verfügung gestellt und
dafür - im Rahmen der ihm zustehenden Provision - eine Vergütung bezogen
hat. Insoweit beurteilen die Rechte und Pflichten der Vertragsparteien
sich nach den Regeln des sogenannten Know-how-Vertrages, welcher -
jedenfalls im Bereich gewerblicher Schutz- und ähnlicher Rechte -
als Lizenzvertrag erscheint (PEDRAZZINI, SPR VII/1, S. 596 und 616 f.;
TROLLER, Immaterialgüterrecht, 3. Aufl., S. 844 ff.; TROLLER, Der Schutz
des Know-how im schweizerischen Recht, in: Recueil de travaux suisses
présentés au VIIIe Congrès international de droit comparé, S. 221 ff.).

    b) Im Lizenzverhältnis, insbesondere im entgeltlichen, hat der
Lizenzgeber für die technische Ausführbarkeit und Brauchbarkeit seiner
Anweisung zum technischen Handeln einzustehen (PEDRAZZINI, aaO, S. 623;
BENKARD, N. 102 ff. zu § 15 DPatG; STUMPF, Der Know-how-Vertrag, 3. Aufl.,
S. 63 ff.; BGH in

GRUR 81/1979 S. 769). Die Haftung richtet sich nach den allgemeinen
Vorschriften über die Vertragserfüllung (Art. 97 ff. OR), bei gegebenen
Voraussetzungen alternativ dazu nach dem Gewährleistungsrecht der
Veräusserungs- oder der Gebrauchsüberlassungsverträge, eventuell
nach demjenigen des Werkvertrages (vgl. PEDRAZZINI, aaO; KOLLER, Der
Know-how-Vertrag nach schweizerischem Recht, Diss. Zürich 1979, S. 131 f.).

    Daraus folgt, dass der Kläger für den Schaden einzustehen hat,
welcher der Beklagten nach den verbindlichen Feststellungen der
Vorinstanz aus mangelhafter Anweisung zum technischen Handeln in der
Höhe von Fr. 41'216.35 erwachsen ist. Er haftet aus Schlechterfüllung
oder Gewährleistung, wobei die Abgrenzung offenbleiben kann, da er
sich nach den wiederum verbindlichen Feststellungen der Vorinstanz
gewährleistungsrechtlich nicht auf Genehmigung der Beklagten und damit
Anspruchsverwirkung berufen hat und das Mass der Haftung nach beiden
Ansprüchen dasselbe ist. Fehlendes Verschulden, welches der Kläger zu
beweisen hätte (Art. 97 OR), ist nicht geltend gemacht.