Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 III 91



115 III 91

20. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 26. Oktober 1989
i.S. A. gegen B. (Berufung). Regeste

    Art. 56 Ziff. 3, 63 und 83 Abs. 2 SchKG.

    Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein
ordentliches Rechtsmittel vor und fällt das Ende der Rechtsmittelfrist
in die Betreibungsferien, ist Art. 63 SchKG anwendbar (Bestätigung
der Rechtsprechung); Auswirkungen auf die Frist zur Aberkennungsklage
(Art. 83 Abs. 2 SchKG).

Sachverhalt

    A.- Am 5. Januar 1988 eröffnete B. die Betreibung gegen A. im
Betrag von Fr. 14'000.--. Nachdem A. Rechtsvorschlag erhoben hatte,
gab der Einzelrichter für Schuldbetreibung und Konkurs Nidwalden dem
Rechtsöffnungsgesuch des B. mit Entscheid vom 14. März 1988 statt.

    B.- Mit Eingabe vom 25. April 1988 erhob A. beim Kantonsgericht
Nidwalden Aberkennungsklage gegen B. Am 13. Juli 1988 erkannte
die Zivilabteilung I des Kantonsgerichts Nidwalden im Sinne eines
Teilentscheides, dass auf die Aberkennungsklage nicht eingetreten werde,

    C.- Die dagegen von A. erhobene Appellation wies das Obergericht (II.
Zivilabteilung) des Kantons Nidwalden mit Urteil vom 16. März 1989 ab.

    D.- Gegen dieses Urteil hat A. Berufung an das Bundesgericht
erhoben. Er verlangt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die
Rückweisung der Sache zur einlässlichen Beurteilung an das Obergericht
oder vielmehr an das Kantonsgericht des Kantons Nidwalden.

    B. schliesst auf Abweisung der Berufung, während das Obergericht auf
Gegenbemerkungen verzichtet hat.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG kann der Betriebene binnen zehn
Tagen seit Erteilung der Rechtsöffnung auf dem Wege des ordentlichen
Prozesses beim Gericht des Betreibungsortes auf Aberkennung der Forderung
klagen. Sieht das kantonale Recht gegen den Rechtsöffnungsentscheid ein
ordentliches Rechtsmittel vor, so beginnt die Frist für die Einreichung
der Aberkennungsklage erst mit dem Entscheid der oberen Instanz oder aber
mit dem unbenutzten Ablauf der Rechtsmittelfrist zu laufen (BGE 104 II
141 ff.; 100 III 76/77 mit Hinweisen).

    a) Ausgehend von dieser Rechtsprechung ist vom Obergericht des
Kantons Nidwalden verbindlich festgehalten worden, dass der Kläger
den gegen ihn ausgefällten Rechtsöffnungsentscheid am 21. März 1988
zugestellt erhalten hat. Die zehntägige Frist des vom kantonalen Recht als
ordentliches Rechtsmittel vorgesehenen Rekurses ist somit am 22. März 1988
in Gang gesetzt worden, um am 31. März 1988 zu enden. Da dieser Termin
in die Ostergerichtsferien gefallen und der Fristenlauf nach dem damals
anwendbaren kantonalen Recht während der Gerichtsferien nicht gehemmt
worden sei, habe sich die Rekursfrist bis zum ersten Werktag nach den
Gerichtsferien, somit bis zum 11. April 1988, verlängert. Zu diesem
Zeitpunkt sei der Rechtsöffnungsentscheid zufolge unbenutzten Ablaufs
der Rechtsmittelfrist in Rechtskraft erwachsen und habe gemäss Art. 83
Abs. 2 SchKG zugleich die Aberkennungsklagefrist zu laufen begonnen. Die
Klageanhebung hätte demnach bis am 21. April 1988 erfolgen müssen, weshalb
das Kantonsgericht auf die erst am 25. April 1988 erfolgte Eingabe zu
Recht nicht eingetreten sei.

    b) Streitig ist im vorliegenden Verfahren einzig, ob vom Obergericht
Bundesrecht verletzt worden ist, indem es bei der Bestimmung des den
Fristenlauf gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG auslösenden Zeitpunktes die
Art. 56 Ziff. 3 und 63 SchKG ausser acht gelassen hat.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 56 Ziff. 3 SchKG dürfen - abgesehen von vorliegend
nicht interessierenden Ausnahmen - während der Betreibungsferien keine
Betreibungshandlungen vorgenommen werden. Art. 63 SchKG sieht vor, dass
die Betreibungsferien den Fristenlauf nicht hemmen; wenn indessen das
Ende einer Frist in die Zeit der Ferien fällt, so wird die Frist bis zum
dritten Werktage nach dem Ende der Ferienzeit verlängert (Art. 63 SchKG
in Verb. mit BGE 80 III 105/106).

    a) Nach herrschender Lehre und gefestigter Rechtsprechung gilt
die Erteilung der Rechtsöffnung als Betreibungshandlung (BGE 96 III 49
E. 3 mit Hinweisen auf Lehre und Rechtsprechung; vgl. aus dem neueren
Schrifttum etwa AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts,
4. A. 1988, § 11, Rz. 27, S. 96; GILLIERON Poursuite pour dettes,
faillite et concordat, 2. A. 1988, S. 99 unten; FRITZSCHE/WALDER,
Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, Bd. I, § 13
Rz. 21, Anm. 39, S. 129). Während der Betreibungsferien darf deshalb
keine Rechtsöffnungsverhandlung abgehalten und die Rechtsöffnung nicht
ausgesprochen werden. Folgerichtig hat die Rechtsprechung bereits früh
festgehalten, dass für das Rekursverfahren in Rechtsöffnungssachen
gleiches zu gelten hat, sofern nach kantonalem Recht ein solches
Rechtsmittelverfahren vorgesehen ist. Endlich hat sie es als naheliegend
erachtet, Art. 63 SchKG gleichermassen auf die Rekursfrist anzuwenden,
denn diese Bestimmung soll nicht nur die Fristen im Auge haben, innert
denen eine behördliche Handlung im Sinne von Art. 56 SchKG vorzunehmen
ist, sondern auch diejenigen, die dem Schuldner zur Wahrung seiner
Interessen gesetzt Sind (BGE 50 I 226 f. E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch
BGE 50 III 11). Dabei ist nicht übersehen worden, dass die Einführung
der Rekursmöglichkeit in Rechtsöffnungssachen und damit die Ausgestaltung
der Rekursfrist dem kantonalen Recht anheimgestellt bleiben; obwohl aber
die Kantone nach Art. 25 Ziff. 2 SchKG zur Regelung des summarischen
Prozessverfahrens befugt sind, soll eine allgemeine Verfahrensvorschrift
des SchKG dann zur Anwendung gelangen, wenn Sinn und Zweck des Gesetzes
dies erfordern. Dies trifft nach der Rechtsprechung auf Art. 63 SchKG zu,
und zwar in Rechtsöffnungssachen auch gegenüber der kantonalrechtlich
geregelten Rekursfrist (BGE 50 I 227/228). Wird damit dem Schuldner
nicht zugemutet, sich während der Betreibungsferien Klarheit darüber zu
verschaffen, ob er den Rechtsöffnungsentscheid anfechten will, muss dies
notwendigerweise auch Auswirkungen auf die Frist gemäss Art. 83 Abs. 2
SchKG zeitigen. Diese Soll erst zu laufen beginnen, wenn der Entschluss
des Schuldners, den Entscheid des Rechtsöffnungsrichters in Rechtskraft
erwachsen zu lassen, als gesichert feststeht. Letzteres aber ist bei
Rechtsöffnungsentscheiden, bei denen die Rekursfrist wie vorliegend
innerhalb der Betreibungsferien abläuft, gemäss Art. 63 SchKG erst nach
Ablauf der Betreibungsferien sowie weiterer drei Tage der Fall.

    b) Die dargelegte Rechtsprechung, die ihren Niederschlag in kantonalen
Urteilen gefunden hat (etwa ZR 82/1983 Nr. 29, S. 60 ff.; BlSchK 46/1982,
Nr. 13, S. 56 ff.), ist auch von der Lehre gebilligt worden (AMONN, aaO,
§ 11 Rz. 44 sowie GILLIERON, aaO, S. 99; kritisch jedoch FRITZSCHE/WALDER,
aaO, § 13 Rz. 5, Anm. 6, S. 122). Auch im vorliegenden Fall besteht keine
Veranlassung, von dieser langjährigen Praxis abzuweichen. Demgemäss
hätte der Kläger - in Anwendung von § 16 Ziff. 2 der nidwaldischen
Einführungsverordnung zum SchKG in Verbindung mit Art. 63 SchKG -
bis zehn Tage nach Ostern, mithin bis zum 13. April 1988 Zeit gehabt,
den Rechtsöffnungsentscheid mittels Rekurs anzufechten. Die für die
Klagefrist gemäss Art. 83 Abs. 2 SchKG entscheidende Rechtskraft trat
somit erst am 14. April 1988 ein, weshalb die Vorinstanz die am Montag,
den 25. April 1988, nach Art. 31 Abs. 1 und 3 SchKG fristgerecht angehobene
Aberkennungsklage zu Unrecht als verspätet erachtet hat.

    Der angefochtene Entscheid ist daher als bundesrechtswidrig aufzuheben.