Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 III 76



115 III 76

17. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 23. Januar 1989 i.S. Ernst Gaus (Rekurs) Regeste

    Art. 260 SchKG.

    Sind Forderungen nach Massgabe von Art. 260 SchKG abgetreten worden, so
darf die Konkursverwaltung nicht weitere Forderungen (gestützt auf Art. 164
OR) zedieren, ohne dass hiefür die Zustimmung der Abtretungsgläubiger
vorliegt.

Sachverhalt

    A.- Über die Gaus Bordgeräte AG, Feldbrunnen, wurde am 7.  April 1987
der Konkurs eröffnet. Am 30. April 1987 wurde das Verfahren mangels
Aktiven eingestellt. Nachdem jedoch ein Gläubiger den Kostenvorschuss
geleistet hatte, bewilligte das Richteramt Solothurn-Lebern am 14. Mai
1987 die Durchführung des Konkurses im summarischen Verfahren.

    In dem am 29. September 1987 erstellten Konkursinventar werden
bestrittene Forderungen der Konkursmasse gegen Ernst Gaus persönlich
aufgeführt, die verschiedene Rechtsgründe (Verantwortlichkeit
usw.) haben. Das Konkursamt Lebern verfügte am 29. September 1987 die
Abtretung dieser Ansprüche an die Gläubiger nach Massgabe von Art. 260
SchKG, worauf - nach der Darstellung des Sachverhalts im angefochtenen
Entscheid - mehrere Gläubiger das Begehren um Abtretung stellten.

    Anderseits hatte Ernst Gaus im Konkurs der Gaus Bordgeräte AG eine
Forderung von Fr. 351'708.35 eingegeben, die von der Konkursverwaltung
vollumfänglich abgewiesen wurde. Diesbezüglich ist eine Kollokationsklage
hängig.

    B.- Am 3. November 1987 liess die Innpart AG durch ihren Vertreter das
Konkursamt Lebern wissen, dass sie bereit sei, für den Kauf sämtlicher
Forderungen, welche der in Konkurs gefallenen Gaus Bordgeräte AG
gegenüber Ernst Gaus und der DC-Aggregate Engineering AG zuständen,
den Betrag von Fr. 10'000.-- zu bezahlen. Das Konkursamt nahm dieses
Angebot an und trat der Innpart AG die Forderungen der Masse gegen Ernst
Gaus und die DC-Aggregate Engineering AG ab. Der Betrag wurde am 9.
Dezember 1987 bezahlt.

    Ernst Gaus beschwerte sich hierüber am 12. Juli 1988 bei der
Aufsichtsbehörde für Schuldbetreibung und Konkurs des Kantons Solothurn. Er
machte geltend, die Konkursmasse sei durch die "unentgeltliche Abtretung"
der Forderungen an die Innpart AG geschmälert und er - Ernst Gaus -
dadurch in seinen Rechten als Konkursgläubiger verletzt worden. Die
Abtretung sei deshalb aufzuheben.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde wies die Beschwerde am 18. Oktober
1988 ab, soweit darauf eingetreten werden konnte.

    Auch die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts
wies den Rekurs ab, soweit darauf einzutreten war. Sie hob jedoch den
Entscheid der kantonalen Aufsichtsbehörde von Amtes wegen auf und wies ihn
zur Aktenergänzung und zur neuen Entscheidung zurück im Sinne der folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) Im kantonalen Verfahren hat der Rekurrent behauptet,
dass der Abtretung der Forderungen keine Gegenleistung der Innpart
AG entgegenstehe. Das trifft nicht zu, hat die Innpart AG dafür doch
Fr. 10'000.-- bezahlt.

    Vor Bundesgericht macht der Rekurrent nun geltend, es sei
nicht allen Gläubigern Gelegenheit gegeben worden, die Abtretung der
Prozessführungsbefugnis zu beanspruchen. Obwohl auch andere Gläubiger
Abtretungsbegehren gestellt hätten, seien diese nicht davon unterrichtet
worden, dass das Konkursamt einen Freihandverkauf an die Innpart AG
beabsichtige. Abgesehen davon, dass der Rekurrent zum Beweis seiner
Behauptung nur einen einzigen Gläubiger anführt, ist sein Vorbringen
neu; es hätte entgegen der Behauptung des Rekurrenten durchaus schon im
kantonalen Verfahren angebracht werden können (Art. 79 Abs. 1 OG). Der
Rekurrent hat es sich selber zuzuschreiben, dass er nicht rechtzeitig
die Abtretung als solche angefochten, sondern sich auf die unzutreffende
Behauptung beschränkt hat, die Abtretung sei unentgeltlich erfolgt. Dass
allfällige Nichtigkeit von Amtes wegen zu beachten ist, ändert daran
nichts, weil der Rekurrent im kantonalen Verfahren nicht in einer Art
und Weise mitgewirkt hat, welche den Aufsichtsbehörden die Feststellung
eines Fehlers erlaubt hätte (BGE 112 III 80).

    Kann somit, gestützt auf die Rügen des Rekurrenten, nicht mehr auf die
Abtretung zurückgekommen werden, so lässt sich der Freihandverkauf durch
das Konkursamt nicht beanstanden. Der Freihandverkauf lag im Ermessen
des Konkursamtes; und dieses war nicht verpflichtet, den Gläubigern
von der Absicht, einen Freihandverkauf durchzuführen, durch ein zweites
Rundschreiben Kenntnis zu geben.

    c) Diese Erwägungen führen zur Abweisung des Rekurses, soweit darauf
einzutreten war.

Erwägung 2

    2.- Der angefochtene Entscheid ist indessen aus einem andern Grund
von Amtes wegen aufzuheben:

    Aus den Akten der Aufsichtsbehörde über Schuldbetreibung und Konkurs
des Kantons Solothurn (act. 23-34) geht hervor, dass die Konkursverwaltung
an die Innpart AG und andere Gläubiger eine Reihe von Forderungen nach
Massgabe von Art. 260 SchKG abgetreten hat. Nun geht aber der angefochtene
Entscheid davon aus, dass kein anderer Gläubiger "die Abtretung dieser
Prozessführungsrechte" verlangt habe. Das führt zur Frage, ob damit nur
Bezug auf die der Innpart AG abgetretenen Forderungen genommen wird, neben
welchen noch andere Forderungen abgetreten wurden, oder ob am Ende doch
keine weiteren Forderungen abgetreten wurden. Die Ausführungen in der dem
Bundesgericht vom Konkursamt Lebern am 16. Dezember 1988 eingereichten
Vernehmlassung schaffen in diesem Punkt keine Klarheit.

    Sollten Rechtsansprüche der Masse gemäss Art. 260 SchKG abgetreten
worden sein, so wäre eine Zession nach Art. 164 OR - eine solche liegt
offenbar dem Rechtsgeschäft zugrunde, welches die Konkursverwaltung
zum Betrag von Fr. 10'000.-- mit der Innpart AG geschlossen hat - ohne
Zustimmung der Abtretungsgläubiger nicht möglich gewesen. In den Akten
finden sich keine solchen Zustimmungen; doch sind die vorinstanzlichen
Akten dem Bundesgericht nur unvollständig eingereicht worden. In dem
an das Konkursamt Lebern gerichteten Schreiben vom 3. November 1987 des
Vertreters der Innpart AG findet sich zwar der Satz:

    "Ihren Mitteilungen betreffend konkursrechtlichen Abtretungsbegehren
   kann entnommen werden, dass die andern Gläubiger offensichtlich nicht
   daran interessiert sind, Herrn Gaus persönlich und die DC-Aggregate
   Engineering AG ins Recht zu fassen."
Ob dies den Tatsachen entspricht, lässt sich aber den dem Bundesgericht
zur Verfügung stehenden Akten nicht entnehmen.

    Die Sache ist daher (nach Massgabe von Art. 64 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 81 OG) an die kantonale Aufsichtsbehörde zurückzuweisen, damit
sie feststelle, ob wirklich keine Forderungen gemäss Art. 260 SchKG
an andere Gläubiger abgetreten worden sind. Sollte dies der Fall sein,
so wäre weiter festzustellen, ob die übrigen Abtretungsgläubiger ihre
Zustimmung zur freihändigen Abtretung der Forderungen an die Innpart AG
erteilt haben. Nur wenn keine Abtretungen nach Art. 260 SchKG erfolgt sind
oder die Abtretungsgläubiger ihre Zustimmung zur Abtretung der Forderungen
an die Innpart AG gegeben haben, lässt sich der angefochtene Entscheid
im Ergebnis bestätigen.