Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 III 111



115 III 111

25. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 14. September
1989 i.S. Konkursmasse Wenger gegen Kobel (Berufung) Regeste

    Dispositionsunfähigkeit des Gemeinschuldners, Schutz des gutgläubigen
Dritterwerbers (Art. 204 Abs. 1 SchKG, Art. 865, 866 und 973 ZGB).

    Solange die Konkurseröffnung weder publiziert (Art. 232 SchKG)
noch im Grundbuch vorgemerkt worden ist (Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB),
vermag die mit der Konkurseröffnung eintretende Dispositionsunfähigkeit
des Gemeinschuldners gegenüber dem Rechtserwerb des gutgläubigen Dritten
im Bereich des Immobiliarsachenrechts keine Wirkung zu entfalten.

Sachverhalt

    A.- Am 30. Oktober 1987 wurde über das Vermögen des Fritz Wenger der
Konkurs eröffnet. Am 6. November 1987 belastete der Gemeinschuldner seine
Grundstücke (GB Amriswil StWE-Bl. 189 und 224) mit einem Inhaberschuldbrief
im zweiten Rang im Betrag von Fr. 35'000.--. Die Eintragung im Grundbuch
erfolgte gleichentags und damit noch vor der erst am 23. November 1987
veranlassten Vormerkung der Verfügungsbeschränkung. Den Inhaberschuldbrief
übergab Fritz Wenger am 1. Dezember 1987 an Rudolf Kobel, der ihm dafür Fr.
35'000.-- in bar bezahlte.

    Nachdem die Konkurseröffnung am 4. und 5. Dezember 1987 im kantonalen
Amtsblatt sowie im Schweizerischen Handelsamtsblatt veröffentlicht worden
war, gab Rudolf Kobel am 11. Februar 1988 seine Forderung im Konkurs des
Fritz Wenger ein. Mit Kollokationsverfügung vom 10. März 1988 wies das
Konkursamt Schaffhausen diese Forderung ab; gleichzeitig eröffnete es
Rudolf Kobel, der Schuldbrief vom 6. November 1987 werde - da erst nach
Konkurseröffnung errichtet - als leere Pfandstelle behandelt und nach
Verwertung der Grundstücke gelöscht.

    B.- Gegen dieses Vorgehen beschwerte sich Rudolf Kobel am 16. März
1988 bei der Aufsichtsbehörde des Kantons Schaffhausen über das
Schuldbetreibungs- und Konkurswesen. Seine Eingabe wurde in der Folge
an das Kantonsgericht überwiesen und von diesem als Kollokationsklage
behandelt. Mit Urteil vom 27. Juni 1988 hiess das Kantonsgericht die
Klage gut, wobei es die Konkursverwaltung anwies, die Grundpfandforderung
Rudolf Kobels anzuerkennen und zulasten der verpfändeten Liegenschaften
im Lastenverzeichnis zuzulassen; überdies wurde die Konkursverwaltung
dazu verhalten, einen allfälligen Pfandausfall zu kollozieren.

    C.- Die Konkursmasse von Fritz Wenger, vertreten durch das
Konkursamt Schaffhausen, widersetzte sich diesem Urteil mit Berufung
an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. In teilweiser Gutheissung
der Berufung und Abweisung der Klage stellte das Obergericht mit Urteil
vom 20. Januar 1989 fest, dass die Grundpfandforderung von Rudolf Kobel
bestehe, jedoch ausserhalb des laufenden Konkursverfahrens geltend zu
machen sei.

    Ein von der Konkursmasse gestelltes Gesuch um Erläuterung dieses
Urteils wies das Obergericht des Kantons Schaffhausen am 14. April 1989 ab.

    D.- Mit Berufung an das Bundesgericht beantragt die Konkursmasse von
Fritz Wenger, vertreten durch das Konkursamt Schaffhausen, die vollständige
Abweisung der Klage. Weiter wird die Feststellung verlangt, dass Rudolf
Kobel gegenüber dem Gemeinschuldner bloss eine obligatorische Forderung
ohne Pfandsicherung zustehe, die nur ausserhalb des Konkursverfahrens
geltend gemacht werden könne.

    Rudolf Kobel schliesst sinngemäss auf Abweisung der Berufung,
während das Obergericht des Kantons Schaffhausen auf Gegenbemerkungen
verzichtet hat.

    Das Bundesgericht weist die Berufung ab, soweit es darauf eintritt,
und bestätigt das angefochtene Urteil.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Der Schutz des guten Glaubens beim Erwerb von Schuldbriefen ist
in den Art. 865 und 866 ZGB geregelt. Während Art. 865 ZGB das Vertrauen
desjenigen auf den Bestand der Forderung aus Schuldbrief und Gült schützt,
der sich in gutem Glauben auf das Grundbuch verlassen hat, erweitert
Art. 866 ZGB diesen Schutz auf denjenigen, der in gutem Glauben auf
den Wortlaut des formrichtig erstellten Pfandtitels abgestellt hat. Es
handelt sich dabei um eine Ausdehnung des Grundsatzes des öffentlichen
Glaubens des Grundbuchs, wie er in Art. 973 ZGB verankert ist. Für den
gutgläubigen Dritterwerber eines Schuldbriefs oder einer Gült besteht
daher sowohl die Forderung als auch das Pfandrecht gemäss den Angaben
des Pfandtitels Zu Recht (BGE 107 II 450 E. 3b, 89 II 392 f.).

    Das Bundesgericht hat bislang wiederholt angenommen, der gutgläubige
Dritterwerber eines Schuldbriefes oder einer Gült sei unabhängig davon,
ob der Pfandtitel wegen Handlungsunfähigkeit des Schuldners oder
aus anderen materiellen Gründen nicht gültig zustande gekommen sei,
sowohl bezüglich des Erwerbs der Forderung als auch des Pfandrechts zu
schützen. Der gute Glaube des Dritten, der einen nichtigen Schuldbrief
erwirbt, kann allerdings nur dann zur Heilung des Rechtsmangels führen,
wenn nicht das Erwerbsgeschäft selbst an einem Nichtigkeitsgrund leidet
(BGE 107 II 451 mit Hinweisen).

    Ob sich dieser sachenrechtliche Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers
auch gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG durchzusetzen und die dingliche
Verfügung eines hiezu unfähigen Gemeinschuldners zu heilen vermag, bleibt
nachstehend zu prüfen.

    a) Das Bundesgericht musste sich bereits mit dem Fall eines
Gemeinschuldners befassen, der wie vorliegend ein Grundstück nach der
Eröffnung, aber noch vor der Bekanntmachung des Konkurses an den offenbar
gutgläubigen Sohn weiterveräussert hatte, In seinen Erwägungen hielt es
fest, dass der gutgläubig erwerbende Käufer nur mit seiner Einwilligung
oder aufgrund eines Urteils des Besitzes entsetzt werden dürfe (BGE 55 III
170). Das Bundesgericht konnte sich dabei namentlich auf JAEGER berufen,
der den guten Glauben des Dritterwerbers bei unterbliebener Vormerkung
bis Zur öffentlichen Bekanntmachung der Konkurseröffnung vermutet und bis
zu diesem Zeitpunkt dem Gutglaubensschutz des Sachenrechts mehr Gewicht
beimisst als der Verfügungsunfähigkeit gemäss Art. 204 Abs. 1 SchKG
(JAEGER, Schuldbetreibung und Konkurs, 3. A. 1911, Bd. II, N. 7 zu
Art. 204 SchKG, S. 52; anders aber bezüglich Fahrnis, vgl. N. 7 Abs. 1).

    Schon zuvor hatte WIELAND - zumindest sinngemäss - den Schutz des
gutgläubigen Dritten höher bewertet, indem auch er die Wirksamkeit
der Verfügungsbeschränkung von der öffentlichen Bekanntmachung
des Konkurses abhängig machte (WIELAND, Zürcher Kommentar, 1909,
N. 7 lit. b/bb zu Art. 960 ZGB, S. 549, sowie N. 10 lit. b zu
Art. 974 ZGB). Desgleichen ist im jüngeren Schrifttum der Vorrang des
sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes mit Nachdruck bekräftigt worden
(AMONN, Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 4. A. 1988, §
41 Rz. 12, S. 329; GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat,
2. A. 1988, S. 289 f.; ADRIAN STAEHELIN, Probleme aus dem Grenzbereich
zwischen Privat- und Zwangsvollstreckungsrecht, Basel 1968, S. 61 f.;
FAVRE, Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, deutsche Fassung, Freiburg
1956, S. 267 ff.; sinngemäss auch HINDERLING, in: ZSR NF 83/1964,
S. 113 Anm. 10, mit Kritik an der Ausgestaltung des Gesetzes und
Hinweis auf den wünschbaren Gutglaubensschutz zugunsten des Erwerbers
von Mobilien; vgl. sodann auch SILVIA VERENA LEEMANN, Die Vormerkung von
Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch nach schweizerischem ZGB, Zürcher
Diss. 1937, S. 66, sowie HANS EUGEN MÜLLER, Zur Frage der Grundbuchsperre
im geltenden schweizerischen Recht, Zürcher Diss. 1942, S. 73).

    b) Demgegenüber hat BGE 55 III 170 verschiedentlich Ablehnung
hervorgerufen und namentlich in HAAB einen Kritiker gefunden (ZBJV 66/1930,
S. 459-461). Nach Ansicht dieses Autors werde damit dem Gemeinschuldner
die Möglichkeit eingeräumt, zwischen der Eröffnung des Konkurses und
deren Bekanntmachung die ganze Masse in wirksamer und unanfechtbarer
Weise zu verschenken, sofern nur die Empfänger der Schenkung gutgläubig
seien. Selbst die Anfechtung nach Art. 286 SchKG, wo der gute Glaube
des Empfängers unerheblich bleibe, biete gegen solches Tun keine
Handhabe, da sich die paulianischen Klagen lediglich gegen die vor der
Konkurseröffnung getroffenen Verfügungen richteten. Das Bundesgericht
verkenne mit seiner Rechtsauffassung - so HAAB -, dass Art. 204 SchKG
und Art. 973 ZGB überhaupt nicht miteinander kollidieren könnten; dies,
weil die Publikationswirkung des Grundbuches die gemäss Art. 204 Abs. 1
SchKG ohne weiteres mit dem Konkursdekret begründete Beschränkung der
Verfügungsbefugnis des Gemeinschuldners nicht zu decken vermöge, wie
auch derjenige nicht in seinem guten Glauben geschützt werde, der vom
Gemeinschuldner nach der Konkurseröffnung eine bewegliche Sache erworben
habe.

    c) Bereits vor HAAB haben sich andere Autoren im gleichen Sinne
geäussert (OSTERTAG, Berner Kommentar, 2. A. 1917, N. 28 zu Art. 960
ZGB; OSTERTAG, in: Grundriss zu den Vorlesungen über das Sachenrecht des
schweizerischen Zivilgesetzbuches, St. Gallen 1912, sowie FRANZ JENNY,
Der öffentliche Glaube des Grundbuches nach dem schweizerischen ZGB,
Freiburger Diss. 1926, S. 177/178). In namhaften Werken ist HAAB's
Kritik ausdrücklich oder wenigstens sinngemäss aufgenommen worden
(HOMBERGER, Zürcher Kommentar, 2. A. 1938, N. 38 zu Art. 960 ZGB;
zurückhaltender auch FRITZSCHE, Schuldbetreibung und Konkurs, Bd. II,
2. A. 1968, S. 41 f., insb. auch Anm. 66 S. 42, welcher hingegen noch
in der Vorauflage auch den gutgläubigen Erwerber beweglicher Sachen in
analoger Weise geschützt haben wollte (vgl. 1. A. 1954, S. 42)). Auch im
jüngeren Schrifttum finden sich in Anlehnung an die ältere Lehre und unter
Berufung auf den Wortlaut von Art. 204 und 205 SchKG klare Stellungnahmen
gegen den Vorrang des sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes (DESCHENAUX,
Le registre foncier, in: Traité de droit privé suisse, Bd. V/II, 2,
1983, S. 555; CHRISTIAN PETER MEISTER, Vorsorgliche Massnahmen bei
immobiliarsachenrechtlichen Streitigkeiten, Zürcher Diss. 1977, S. 68;
STEINAUER, SJK Nr. 1279, S. 7), derweil sich gewissen Gesamtdarstellungen
des Schuldbetreibungsrechts keine Aussagen zu dieser Frage entnehmen lassen
(BLUMENSTEIN, Schuldbetreibungsrecht, 1911, § 50, II. Kap., S. 695 ff.;
unklar VON OVERBECK, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem
Recht, 1940, S. 163 ff.).

Erwägung 4

    4.- Anders als die Vorschriften über die Pfändung, die in Art. 96
Abs. 2 SchKG einen Rechtserwerb des gutgläubigen Dritten am gepfändeten
Grundstück zulassen, erklärt Art. 204 Abs. 1 SchKG die nach der
Konkurseröffnung vom Gemeinschuldner vorgenommenen Rechtshandlungen
gegenüber den Konkursgläubigern, ohne Vorbehalt zugunsten des um
die Konkurseröffnung nicht wissenden Dritten, als ungültig. Mit guten
Gründen wird daher der Vorrang des konkursrechtlichen Gläubigerschutzes
gemäss Art. 204 Abs. 1 SchKG gegenüber dem Gutglaubensschutz des
Immobiliarsachenrechts - entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil
- von nicht wenigen Autoren befürwortet. Diese Auffassung wird nicht nur
mit der differenzierenden Regelung des Gesetzes untermauert; sie vermag
sich auch auf den Wortlaut der konkursrechtlichen Bestimmungen zu stützen,
wonach die Dispositionsunfähigkeit des Gemeinschuldners bereits mit der
Konkurseröffnung eintritt und der Bekanntmachung des Konkursdekrets (vgl.
Art. 35 und 232 SchKG) - abgesehen von Art. 204 Abs. 2 und 205 Abs. 2
SchKG - keine weitere Bedeutung zukommt.

    Ob jedoch bereits aus dem Umstand, dass das Gesetz gemäss seinem
Wortlaut dem Schutze der Konkursgläubiger mehr Gewicht beizumessen
scheint als demjenigen des Rechtsverkehrs, gefolgert werden kann,
diese Vorzugsstellung gelte gleichermassen gegenüber dem im Sachenrecht
verankerten Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers, ist fraglich. Dass
sich der Gesetzgeber in Art. 204 Abs. 1 SchKG bewusst für die unbedingte
Geltung der Verfügungsunfähigkeit auch gegenüber dem sachenrechtlichen
Gutglaubensschutz entschieden hätte, kann auch in Anbetracht des mit
Inkrafttreten des Zivilgesetzbuches geschaffenen zweiten Absatzes des
Art. 96 SchKG (vgl. Art. 58 SchlT) bloss als naheliegend bezeichnet
werden. Ein solcher Schluss wird nämlich durch die Entstehungsgeschichte
des Gesetzes, insbesondere durch die Materialien des Zivilgesetzbuches,
zumindest nicht ausdrücklich erhärtet. Anderseits mag erstaunen, dass die
geltende Fassung von Art. 204 SchKG in unveränderter Form auch Eingang
in den Vorentwurf der Expertenkommission für die Gesamtüberprüfung des
SchKG vom Dezember 1981 gefunden hat (Vorentwurf, S. 63) und selbst
der begleitende Bericht keinerlei Ausführungen über den möglichen
Widerspruch zum sachenrechtlichen Gutglaubensschutz enthält (Bericht,
S. 62 ff.). Ein gewichtiges Indiz gegen die Annahme einer uneingeschränkten
Wirkung von Art. 204 Abs. 1 SchKG findet sich wiederum in Art. 960 Abs. 1
Ziff. 2 ZGB, wonach Verfügungsbeschränkungen im Grundbuch unter anderem
aufgrund eines Konkurserkenntnisses vorgemerkt werden können. Daraus
liesse sich ableiten, die wirksame Durchsetzung des Zum Schutze der
Konkursgläubiger erlassenen Art. 204 Abs. 1 SchKG verlange gerade
im Bereich des Immobiliarsachenrechts zusätzliche Vorkehren und der
Dritterwerber dürfe sich vor der Vormerkung der Verfügungsbeschränkung
auf seinen guten Glauben in die Verfügungsfähigkeit des Veräusserers
verlassen. Doch wird dieser Vormerkung von einem wesentlichen Teil der
Lehre im Konkursfall gerade unter Berufung auf Art. 204 Abs. 1 SchKG bloss
deklaratorische Wirkung zuerkannt (VON TUHR, Eigentumsbeschränkungen nach
schweizerischem Recht, in: ZSR NF 40/1921, S. 62; HAAB, aaO; DESCHENAUX,
aaO, S. 555, insbes. auch S. 280 Anm. 5 und S. 295 Anm. 47, 49; MEISTER,
aaO, S. 70; ähnlich bereits OTTO SCHEIDEGGER, in: ZSR NF 28/1909, S. 301).

    Entscheidende Bedeutung kann somit dem Wortlaut des Gesetzes, das älter
ist als das Zivilgesetzbuch, nicht zukommen. Bei der Auslegung von Art. 204
Abs. 1 SchKG gilt es vielmehr, nach seinem Sinn und Zweck zu suchen,
wobei den insgesamt in Frage stehenden Bestimmungen und den allenfalls
gegenläufigen Interessen Rechnung zu tragen ist (BGE 113 II 411 E. 3b/cc).

Erwägung 5

    5.- Ein begründetes Schutzbedürfnis besteht vorerst einmal auf seiten
der Konkursgläubiger, denen die Schmälerung des Schuldnervermögens
grundsätzlich nicht zuzumuten ist. Aus der Sicht des Dritterwerbers
dagegen muss sich ein gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG zurücktretender
Gutglaubensschutz als unzulänglich erweisen. Er soll sich daher nach
der bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf die aus dem Grundbuch oder -
im Falle des Schuldbriefes - aus dem Pfandtitel selbst ersichtliche
Rechtslage verlassen dürfen, so dass der Handlungsunfähigkeit des
Schuldbriefschuldners oder anderen, aus dem Titel nicht ersichtlichen
Mängeln gegenüber dem gutgläubigen Dritten keine Beachtung zu
schenken ist (BGE 107 II 450 E. 3b). Entsprechend hat sich das
Bundesgericht in BGE 55 III 170 wenigstens sinngemäss für den Vorzug des
sachenrechtlichen Gutglaubensschutzes gegenüber Art. 204 Abs. 1 SchKG
ausgesprochen. Andernfalls würde die Verlässlichkeit des Grundbuches
erheblich geschmälert, was den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs in keiner
Weise entspräche (vgl. auch BGE 107 II 450 E. 3a).

    Auch bei dieser Rechtslage müssen die Konkursgläubiger nicht
schutzlos bleiben. Zweifel sind zwar angebracht, ob mit der Publikation der
Konkurseröffnung, die den guten Glauben im Sinne des Art. 973 ZGB endgültig
beseitigt, bereits ein hinreichender Gläubigerschutz gewährleistet wird
(so offenbar STAEHELIN, aaO, S. 62); die Bekanntmachung wird ja erst
veranlasst, wenn die Durchführung des ordentlichen Konkursverfahrens
feststeht (Art. 232 Abs. 1 SchKG). Das Gesetz sieht jedoch zum
Schutze der Konkursgläubiger in Art. 176 SchKG zusätzlich vor, dass
das Konkurserkenntnis, sobald es vollstreckbar geworden ist, auch dem
Grundbuchführer mitgeteilt wird, der allfällige Verfügungsbeschränkungen
gemäss Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB vorzumerken hat (vgl. Art. 233 SchKG
und Art. 40 Abs. 2 lit. f KOV). Dieselbe Möglichkeit besteht gemäss
Art. 170 SchKG bereits nach Anbringung des Konkursbegehrens und nach
Art. 174 Abs. 2 SchKG auch während des Verfahrens vor zweiter Instanz.
Auch wenn die von Gesetzes wegen mit der Konkurseröffnung eintretende
Verfügungsunfähigkeit des Gemeinschuldners wenigstens im Bereich des
Immobiliarsachenrechts keinerlei Wirkungen gegenüber dem Rechtserwerb des
gutgläubigen Dritten zu entfalten vermag, verbleibt die Möglichkeit,
auf die im Sachenrecht selbst vorgesehene Verfügungsbeschränkung
zurückzugreifen. Der Vormerkung gestützt auf Art. 960 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB
muss jedenfalls stets dann eigenständige Bedeutung beigemessen werden,
wenn sie vor der Publikation des Konkursdekretes erfolgt (LEEMANN,
aaO, S. 66, sowie MÜLLER, aaO, S. 72). Damit besteht Gewähr, dass
der weitreichende Gutglaubensschutz des Sachenrechts nicht einseitig
zulasten der Konkursgläubiger zu Buche schlägt, sondern im Falle der
grundbuchlichen Vormerkung der Verfügungsbeschränkung gar nicht erst zur
Geltung gelangen kann (vgl. so schon BLUMENSTEIN, aaO, S. 696 Anm. 8).
Wo letzteres - wie vorliegend - ausnahmsweise gleichwohl der Fall wäre,
ist schliesslich mit einem Teil der Lehre zu erwägen, den Rechtsschutz
der Art. 286 und 287 SchKG über den Wortlaut hinaus auch gegen Handlungen
zu gewähren, die der Schuldner erst nach der Konkurseröffnung begeht
(in diesem Sinne STAEHELIN, aaO, S. 62 f.).

Erwägung 6

    6.- Nach den unbestrittenen Ausführungen im angefochtenen Urteil ist
der Schuldbrief formgerecht errichtet worden. Weiter hat die Vorinstanz
in tatsächlicher Hinsicht für das Bundesgericht gemäss Art. 63 Abs.
2 OG verbindlich festgestellt, dass sich der Berufungsbeklagte zur Zeit
des Erwerbs des Wertpapiers im guten Glauben befunden hat. Dabei muss
ihm Zweifelsohne auch die Stellung eines Dritten zuerkannt werden, denn
obgleich er als erster Nehmer in den Besitz des vom Eigentümer zugunsten
des Inhabers errichteten Schuldbriefes gelangt ist, war er an dessen
Ausstellung - soweit ersichtlich - nicht beteiligt (zur Drittstellung
vgl. HOMBERGER, aaO, NN. 9, 12 zu Art. 973 ZGB). Endlich liegen nach
den Feststellungen der Vorinstanz keine Anhaltspunkte vor, die darauf
schliessen liessen, dass das zum Erwerb des Schuldbriefes führende Geschäft
seinerseits mit einem Nichtigkeitsgrund behaftet gewesen wäre. Bei dieser
Sachlage kann somit dem Obergericht gefolgt werden, wenn es - ausgehend
von der zutreffenden Erwägung, dass Art. 204 Abs. 1 SchKG im Bereich des
Immobiliarsachenrechts durch den Schutz des gutgläubigen Dritterwerbers
eingeschränkt wird - den Bestand von Forderung und Pfandrecht geschützt
hat.

    Das Obergericht hat festgehalten, dass die Forderung des
Berufungsbeklagten erst nach der Eröffnung des Konkurses entstanden ist. In
Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung hat es daraus gefolgert,
dass diese Forderung im laufenden Konkursverfahren nicht berücksichtigt
werden dürfe, denn um als Konkursforderung gelten zu können, hätte
ihr Entstehungsgrund bereits vor der Konkurseröffnung bestanden haben
müssen (vgl. dazu AMONN, aaO, § 42 Rz. 8, S. 334; GILLIERON, aaO, S. 297;
bereits BLUMENSTEIN, aaO, S. 651). Mit diesem Schluss ist das Obergericht
dem Anliegen der Berufungsklägerin wenigstens teilweise nachgekommen; da
dagegen insbesondere auch seitens des Berufungsbeklagten kein Widerstand
erwachsen ist, muss es damit sein Bewenden haben. Gemäss der Rechtsprechung
kann demnach der Berufungsbeklagte für seine erst nach der Konkurseröffnung
entstandenen Forderungen nicht aus der Konkursmasse, sondern höchstens
aus den konkursfreien Aktiven des Gemeinschuldners befriedigt werden
(BGE 79 III 127 ff.; 72 III 85 E. 3).