Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 517



115 Ib 517

67. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 2.
November 1989 i.S. Travellers Foundation, Big Venture Foundation und
Felina Foundation gegen Petroleos Mexicanos und Staatsanwaltschaft des
Kantons Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Internationale Rechtshilfe in Strafsachen;

    Art. 63 und 74 IRSG, Herausgabe von Vermögenswerten.

    Bei der Auslegung der Bestimmungen über die Herausgabe von Gegenständen
im Rahmen der "anderen Rechtshilfe" sind mitzuberücksichtigen:

    - die übrigen Vorschriften des IRSG und die internationalen
Rechtshilfe-Übereinkommen (E. 3);

    - Sinn und Zweck des IRSG (E. 4);

    - die Regelung über die Herausgabe von Objekten im
Auslieferungsverfahren (E. 5).

    Art. 63 IRSG (E. 6).

    Art. 63 IRSG umfasst auch Vorkehren, die es dem ersuchenden Staat
ermöglichen, Verfügungsgewalt über Deliktsgut zu erlangen, d.h. die
Sicherungsbeschlagnahme und die Herausgabe der beschlagnahmten Gegenstände
(E. 6a, b), ohne Beschränkung auf bestimmte Herausgabezwecke (E. 6c).

    Art. 74 IRSG (E. 7).

    Wortlaut, Materialien (E. 7a).

    Art. 74 Abs. 1 bezieht sich auf Gegenstände, die als Beweismittel
dienen können (E. 7b).

    Art. 74 Abs. 2 IRSG betrifft Deliktsgut und nennt den Sonderfall, dass
im ersuchenden Staat kein Strafverfahren läuft, gilt aber a fortiori, wenn
ein solches eröffnet worden ist; in diesem Fall ist der Herausgabezweck
nicht beschränkt (E. 7c).

    Als Beweismittel beanspruchte Objekte müssen eine Beziehung zum
Strafverfahren im ersuchenden Staat aufweisen; Voraussetzung für die
Herausgabe von Deliktsgut ist, dass die fraglichen Gegenstände in Beziehung
zur Tat stehen, d.h. dass ihre deliktische Herkunft höchst wahrscheinlich
sein muss (E. 7d).

    Herauszugeben ist nur Deliktsgut, über das der Verfolgte rechtlich
oder tatsächlich verfügt (E. 7e).

    Der Begriff der Beute umfasst auch das Entgelt (E. 7f). Rechte
von Behörden und Dritten: Unterliegt das Deliktsgut in der Schweiz als
ersuchtem Staat der Einziehung, geht diese der Herausgabe vor (E. 7g
aa). Bestehen Rechte Dritter an herausverlangten Beweismitteln, müssen
diese herausgegeben, vom ersuchenden Staat aber wieder zurückgegeben
werden; Rechte Dritter am Deliktsgut gehen der Herausgabe grundsätzlich
vor (E. 7g bb).

    Art. 74 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 IRSG ist eine
Kann-Vorschrift (E. 7h).

    Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide (E. 8).

    Lehre und Rechtsprechung (E. 8a).

    Die Möglichkeit der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide
steht mit dem Zweck des IRSG in Einklang (E. 8b).

    Der in Art. 94 Abs. 2 IRSG verwendete Begriff der "Sanktionen"
umfasst auch die Einziehung (E. 8b aa-dd).

    Die Voraussetzung von Art. 94 lit. a IRSG gilt im Falle der
Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide nicht (E. 8c).

    Die Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide besteht in
der Aushändigung der fraglichen Gegenstände oder Vermögenswerte an den
ersuchenden Staat (E. 8d).

    Aufschub der Herausgabe; Art. 95 und Art. 110 Abs. 2 IRSG, verjährungs-
und übergangsrechtliche Fragen (E. 9).

    Ein Aufschub der Herausgabe darf nicht dazu führen, dass die
Rechtshilfe infolge der inzwischen eingetretenen Verfolgungsverjährung
nicht mehr geleistet werden kann (E. 9a).

    Ist die Herausgabe des Deliktsgutes vor Ausfällung des ausländischen
Sachurteils zulässig, darf sie im Exequaturverfahren nicht mit Hinweis
auf Art. 110 Abs. 2 IRSG verweigert werden (E. 9b).

    Zusammenfassung der allgemeinen Erwägungen (E. 10).

    Kompetenz zur Anordnung der Herausgabe (E. 11).

    Der Herausgabeentscheid kann auch von einer Verwaltungsbehörde ausgehen
(E. 11a). Kantonale Zuständigkeitsordnung, Notwendigkeit richterlicher
Überprüfung (E. 11b, c).

    Anwendung auf den vorliegenden Fall (E. 12-14).

    Doppelte Strafbarkeit (E. 12).

    Die beschlagnahmten Vermögenswerte rühren höchstwahrscheinlich aus
der Gegenstand des mexikanischen Strafverfahrens bildenden Straftat her
(E. 13a, b).

    Die Vermögenswerte können in der Schweiz nicht eingezogen werden
(E. 13c).

    Drittpersonen, die von den Verfolgten eingeschaltet worden sind,
um die wahren Verfügungsverhältnisse zu verschleiern, können sich nicht
auf Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG berufen (E. 13d).

    Sofortige Herausgabe oder Aufschub? Abwägung der auf dem Spiele
stehenden Interessen (E. 14).

Sachverhalt

    A.- C. und L., ehemals leitende Angestellte der staatlichen
mexikanischen Ölfirma "Petroleos Mexicanos" (Pemex), werden von
den mexikanischen Behörden beschuldigt, von der amerikanischen
Aktiengesellschaft Crawford Enterprises Inc. mit Sitz in Houston
(Texas) Schmiergelder entgegengenommen zu haben, für die sie der Firma
Crawford Grossaufträge für den Bau einer Erdgasleitung verschafften. Die
Bestechungsgelder sollen nach verschiedenen Transaktionen auf Konten und
Depots der Schweizerischen Volksbank Zürich angelegt worden sein, die auf
den Namen der drei nach liechtensteinischem Recht errichteten Stiftungen
Travellers Foundation, Big Venture Foundation und Felina Foundation (im
folgenden: die Stiftungen) lauten. Das Bundesgericht hat sich mit diesen
Vorgängen, sei es auf Rechtshilfebegehren der amerikanischen Behörden,
sei es auf Ersuchen der mexikanischen Instanzen, schon verschiedentlich
befasst. Für die Einzelheiten des Sachverhaltes kann daher auf die
ergangenen Urteile verwiesen werden (nicht publ. Entscheid vom 22. Dezember
1983, BGE 110 Ib 88 ff., 173 ff., 111 Ib 132 ff., nicht publ. Entscheid
vom 18. April 1986).

    Am 2. Juli 1985 ersuchten die Vereinigten Staaten von Mexiko
das Bundesamt für Polizeiwesen um Herausgabe der Vermögenswerte der
drei Stiftungen, welche durch die Bezirksanwaltschaft Zürich bei der
Schweizerischen Volksbank in Zürich beschlagnahmt worden waren. Das
Bundesamt überwies das Begehren sowie eine mit diplomatischer Note
vom 12. Juli 1985 nachgereichte Gegenseitigkeitserklärung Mexikos der
zuständigen zürcherischen Behörde.

    Mit Verfügung vom 21. November 1985 gab die Bezirksanwaltschaft dem
Herausgabebegehren statt und wies die Schweizerische Volksbank Zürich an,
sämtliche auf den Namen von C., L. oder der drei Stiftungen lautenden
Vermögenswerte innert 30 Tagen an die Botschaft der Vereinigten Staaten
von Mexico zuhanden der ersuchenden Behörden des mexikanischen Staates
auszuliefern.

    Gegen diese Verfügung der Bezirksanwaltschaft Zürich rekurrierten
die Stiftungen an die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich.

    Diese wies den Rekurs mit Entscheid vom 1. April 1987 ab; indessen
änderte sie die erstinstanzliche Verfügung in dem Sinne ab, dass die
umstrittenen Vermögenswerte direkt dem zuständigen mexikanischen
Strafgericht zum Entscheid darüber zu überweisen seien, wer in
welchem Umfange auf diese Gelder Anspruch habe, mit der Auflage, die
Vermögenswerte samt Zins und Zinseszins den Behörden des Kantons Zürich
zurückzuüberweisen, sofern das Gericht keinen Entscheid fällen könne.

    Die drei Stiftungen haben die Verfügungen der Bezirksanwaltschaft
Zürich und der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten und den Antrag gestellt,
die angefochtenen Entscheide seien aufzuheben und jede Herausgabe zu
verweigern.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die sich hier stellende Frage, ob dem Ersuchen Mexikos
um Herausgabe der in der Schweiz liegenden, auf den Namen der
Beschwerdeführerinnen lautenden Vermögenswerte entsprochen werden
könne, beantwortet sich nach den im dritten Teil des IRSG enthaltenen
Bestimmungen über die "andere Rechtshilfe" ("autres actes d'entraide",
"altra assistenza"), die eine gesetzgeberische Neuheit bilden. Da
diese Vorschriften, insbesondere die Bestimmung über die Herausgabe von
Gegenständen - wie im einzelnen noch darzulegen sein wird - äusserst knapp
und auslegungsbedürftig sind, rechtfertigt es sich, einige Betrachtungen
darüber anzustellen, welches Ziel der Gesetzgeber mit der Schaffung des
IRSG verfolgt (E. 4) und welche Lösung er für die Herausgabe von Objekten
im Auslieferungsverfahren getroffen hat (E. 5).

    Vorweg ist festzuhalten, dass zum bessern Verständnis einzelner
Normen des IRSG - wie der hier in Frage stehenden Art. 63 und 74 -
auch die weiteren Vorschriften des Gesetzes beigezogen werden dürfen,
und zwar, da die fünf Teile des IRSG ein Ganzes bilden, alle und nicht
nur die "allgemeinen Bestimmungen" des ersten Teils. Zudem ist im Auge
zu behalten, dass mit dem IRSG den internationalen Entwicklungen auf
dem Gebiet der Zusammenarbeit in Strafsachen Rechnung getragen und die
Anwendung der europäischen Übereinkommen erleichtert werden sollte,
so insbesondere des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom
13. Dezember 1957 (EAÜ) und des Europäischen Übereinkommens über die
Rechtshilfe in Strafsachen vom 20. April 1959 (EÜR), an deren Grundsätze
sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung des IRSG weitgehend gehalten
hat (vgl. bundesrätliche Botschaft zum Bundesgesetz über internationale
Rechtshilfe in Strafsachen vom 8. März 1976, BBl 1976 II 445, 452). Das
gilt ferner auch für das am 1. Mai 1988 in Kraft getretene Übereinkommen
über die Überstellung verurteilter Personen vom 21. März 1983 (AS 1988
S. 759 ff.) sowie das Europäische Übereinkommen über die internationale
Geltung von Strafurteilen, das am 28. Mai 1970 zur Unterzeichnung
aufgelegt wurde. Auch letzterem kann, obwohl ihm die Schweiz noch nicht
beigetreten ist, Bedeutung bei der Interpretation der hier umstrittenen
Normen zukommen, sollten doch durch das IRSG die Voraussetzungen für die
Ratifikation dieses Übereinkommens geschaffen werden und darf deshalb
angenommen werden, der Gesetzgeber habe sich bei der Anpassung des
Landesrechts nach diesem gerichtet.

Erwägung 4

    4.- a) Das IRSG verfolgt in erster Linie den Zweck, durch
zwischenstaatliche Zusammenarbeit die Verbrechensbekämpfung wirksamer
zu gestalten, da diese angesichts der neuen Formen von Kriminalität, die
durch die internationalen Verbindungen, wirtschaftlichen Verflechtungen und
neuen Übermittlungstechniken ermöglicht werden, immer schwieriger geworden
ist und nicht mehr mit den überkommenen Mitteln betrieben werden kann
(vgl. Botschaft des Bundesrates, aaO S. 453; MARKEES, SJK 425 N. 5.086
S. 30). Dieser Zweck - und damit zusammenhängend die bestmögliche
Wiedereingliederung des Delinquenten - kann nur erreicht werden, wenn
das Territorialitätsprinzip teilweise aufgegeben oder doch abgeschwächt
wird. Das Bundesgericht hat diese Notwendigkeit schon vor Erlass des
neuen Gesetzes erkannt und in seiner Rechtsprechung zur Auslieferung
ausgeführt, der Grundsatz der Territorialität müsse in den Hintergrund
treten, sobald - etwa aufgrund unterschiedlicher Qualifikation einer Tat -
die Gefahr entstehe, dass die Verfolgung einer Straftat verunmöglicht oder
behindert werden könnte (BGE 101 Ia 598 ff. E. 6; s. hiezu HANS SCHULTZ,
Bemerkungen zu IRSG Art. 74, in: Die schweizerische Rechtsordnung in
ihren internationalen Bezügen, Festgabe zum Schweiz. Juristentag 1988,
ZBJV 1988/124bis S. 446 Fussnote 13). Das IRSG trägt diesem Gedanken nun
insofern Rechnung, als die Auslieferung unter besonderen Umständen auch
gewährt werden kann, wenn die Tat der schweizerischen Gerichtsbarkeit
unterliegt (Art. 36) bzw. abgelehnt werden darf, wenn die Schweiz die
Strafverfolgung oder die Vollstreckung übernehmen kann und dies im Hinblick
auf die soziale Wiedereingliederung des Verfolgten angezeigt erscheint
(Art. 37 Abs. 1). Weiter sieht das Gesetz zusätzliche Fälle schweizerischer
Gerichtsbarkeit und neue Delegationsmöglichkeiten vor: einerseits die
stellvertretende Strafverfolgung - entweder in Form der Übernahme durch die
Schweiz (Art. 85 ff.) oder in Form der Übertragung an das Ausland (Art. 88
ff.) -, andererseits die Vollstreckung von ausländischen Strafentscheiden
durch die Schweiz bzw. von schweizerischen Entscheiden durch das Ausland
(Art. 94 ff.). Auch diese neuen Institute beweisen, dass dem Grundsatz,
wonach der Staat, auf dessen Gebiet die Straftat begangen worden ist, zur
Verfolgung und Bestrafung des Täters verpflichtet ist und diese Aufgabe
nicht durch Unterstützung eines ausländischen Verfahrens abwälzen darf,
im heute geltenden Landesrecht keine absolute Bedeutung mehr zukommt.

    b) Zur Erleichterung der internationalen Verbrechensbekämpfung
ist auch die Bedingung der Gegenseitigkeit der Rechtshilfe, die nach
Auslieferungsgesetz von 1892 als Regel galt (Art. 1 AuslG), im IRSG
abgeschwächt worden. Zwar ist der Gesetzgeber weniger weit gegangen,
als zunächst im bundesrätlichen Entwurf vorgesehen war (vgl. Art. 6 des
Entwurfes, BBl 1976 II S. 493), und hat am Grundsatz des Gegenrechts an
sich festgehalten, was in der Lehre bedauert worden ist (HANS SCHULTZ, Das
neue Schweizer Recht der internationalen Zusammenarbeit in Strafsachen,
SJZ 77/1981 S. 94, JEAN GAUTHIER, La nouvelle législation suisse sur
l'entraide internationale en matière pénale, ZStrR 101/1984 S. 63). Doch
wird als Ausgleich in Art. 8 Abs. 2 IRSG in einer nicht abschliessenden
Aufzählung präzisiert, wann das Gegenrecht nicht erforderlich sei. Das ist
vor allem dann der Fall, wenn die Ausführung eines Ersuchens "im Hinblick
auf die Art der Tat oder die Notwendigkeit der Bekämpfung bestimmter
Taten geboten erscheint" (Abs. 2 lit. a). Zu diesen Taten müssen, neben
den verschiedenen Formen der sog. organisierten Kriminalität, zweifellos
auch die schweren Wirtschaftsdelikte zählen. Bei solchen Delikten liegt
der Verzicht auf die Gegenrechts-Bedingung nicht nur im Interesse einer
wirksamen Verbrechensbekämpfung auf internationaler Ebene, sondern auch
in jenem der Schweiz selbst, wenn sie verhindern will, zum weitherum
bekannten und beliebten Hort für Deliktsgut zu werden oder in den Augen
der Delinquenten als solcher zu gelten. Dass im vorliegenden Fall auf
eine Gegenrechts-Erklärung hätte verzichtet werden können, ist denn auch
schon in BGE 110 Ib 176 E. 3a angedeutet worden.

Erwägung 5

    5.- a) Im Gegensatz zu den Bestimmungen über die "andere Rechtshilfe"
ist die Herausgabe von Gegenständen und Vermögenswerten, die aus einer
strafbaren Handlung herrühren, im zweiten Teil des Gesetzes über die
Auslieferung unter dem Titel "Sachauslieferung" recht eingehend geregelt
(vgl. Art. 34 IRSG). Hiefür bestehen historische Gründe, ist doch die mit
der Auslieferung von Personen verbundene Übergabe von Sachen schon in den
Verträgen, die die Schweiz in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts
abgeschlossen hat, ausführlich behandelt worden und findet auch in den
neueren Auslieferungsabkommen eine genaue Regelung (vgl. Art. 11 des
Vertrages zwischen der Schweiz und Italien über gegenseitige Auslieferung
von Verbrechern und Angeschuldigten vom 22. Juli 1868, BS 12 S. 142,
Art. 5 des Vertrages zwischen der Schweiz und Frankreich über gegenseitige
Auslieferung von Verbrechern vom 9. Juli 1869, BS 12 S. 99 f.; HANS
SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 449 N. 23). Hieraus hat sich
die Tendenz ergeben, die Herausgabe von Gegenständen und Vermögenswerten
als eine Art von der Person auf das Deliktsgut ausgedehnte Auslieferung zu
betrachten, und zwar unabhängig davon, ob es sich bei diesem um "producta
sceleris" - wie etwa Falschgeld - oder um "quaesita, fructa sceleris", also
um die Beute oder den Ertrag aus der Straftat handle (vgl. LOUIS GAILLARD,
La confiscation des gains illicites, le droit des tiers, in: Le rôle
sanctionnateur du droit pénal, Fribourg 1985, S. 158). Diese Neigung hat
sich übrigens im Ausdruck "Sachauslieferung" niedergeschlagen, der weder im
französischen noch im italienischen Text, wo von "remise" und "consegna"
gesprochen wird, Wiedergabe findet und auch in Deutschland und Österreich
nicht gebräuchlich ist (vgl. §§ 38 und 66 des deutschen Gesetzes über die
internationale Rechtshilfe in Strafsachen betreffend die "Herausgabe von
Gegenständen" sowie §§ 25, 41 und 52 des österreichischen Auslieferungs-
und Rechtshilfegesetzes betreffend die "Ausfolgung von Gegenständen" im
Rahmen der Auslieferung und die "Übersendung von Gegenständen" im Rahmen
der sonstigen Rechtshilfe). Wie es mit diesen terminologischen Fragen auch
sei, jedenfalls ist sowohl in der Lehre als auch in der Rechtsprechung
unbestritten, dass die Rechtshilfemassnahme der Herausgabe von Gegenständen
ihrem Wesen nach die gleiche ist, ob sie nun im Auslieferungs- oder im
"anderen" Rechtshilfeverfahren geleistet werde (vgl. HANS SCHULTZ, Das
schweizerische Auslieferungsrecht, S. 509 f., HANS SCHULTZ, Bemerkungen
zu IRSG Art. 74, aaO S. 453, MARKEES, SJK 422 N. 2.1.13).

    b) Die Bestimmung von Art. 34 IRSG über die Herausgabe
von Gegenständen im Auslieferungsverfahren folgt weitgehend der im
Europäischen Auslieferungsübereinkommen getroffenen Ordnung. Nach beiden
Regelungen kann sich die Herausgabe sowohl auf die Beweismittel als auch
auf das Deliktsgut erstrecken (Art. 20 Ziff. 1 EAÜ, Art. 34 Abs. 1 IRSG),
gemäss dem Europäischen Übereinkommen allerdings nur insoweit, als es die
Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zulassen (vgl. BGE 112 Ib 625
E. 9b). Die Herausgabe erfolgt auch dann, wenn die bereits bewilligte
Auslieferung infolge Todes oder Flucht des Verfolgten nicht vollzogen
werden kann (Art. 20 Ziff. 2 EAÜ, Art. 34 Abs. 2 IRSG). Unterliegen
die verlangten Gegenstände im Hoheitsgebiet des ersuchten Staates
der Beschlagnahme oder Einziehung, so können sie im Hinblick auf ein
hängiges Verfahren vorübergehend zurückbehalten oder unter der Bedingung
der Rückgabe herausgegeben werden (Art. 20 Ziff. 3 EAÜ, Art. 59 IRSG,
s.a. Art. 60 IRSG betreffend die fiskalischen Pfandrechte). In jedem Fall
bleiben die Rechte des ersuchten Staates oder Dritter an den fraglichen
Gegenständen vorbehalten (Art. 20 Ziff. 4 EAÜ Art. 34 Abs. 3, Art. 59
Abs. 1 lit. b IRSG). Sind solche Rechte streitig, so dürfen nach Art. 34
Abs. 4 IRSG die Gegenstände und Vermögenswerte nicht freigegeben werden,
bevor die zuständige Gerichtsbehörde oder die für die Freigabe zuständige
Behörde zugestimmt hat.

    c) In der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist zur
Sachauslieferung - sowohl für den Fall der Geltung des Europäischen
Auslieferungsübereinkommens als auch bei Anwendung des IRSG allein -
folgendes festgehalten worden:

    Die Gegenstände, die im ausländischen Verfahren als Beweismittel
dienen, müssen - allenfalls unter dem Vorbehalt der Rückgabe - dem
ersuchenden Staat herausgegeben werden (BGE 112 Ib 626 E. 9b); die
Herausgabe darf nur ausnahmsweise in Anwendung von Art. 9 und 10 IRSG
zum Schutze des Geheimbereichs von am Strafverfahren nicht beteiligten
Dritten verweigert werden (BGE 112 Ib 622 f. E. 7c). Die Gegenstände,
welche Deliktsgut und nicht Beweismittel darstellen, können unter den in
Art. 34 Abs. 3 und 4 sowie Art. 59 Abs. 1 IRSG umschriebenen Umständen
zurückbehalten werden; andernfalls sind sie in der Regel herauszugeben
(BGE 112 Ib 626 ff. E. 9b in fine und E. 10a). Wird von der Schweiz als
ersuchtem Staat keine Rückgabe- oder andere Bedingung gestellt, kann
der ersuchende Staat über die herausgegebenen Gegenstände nach eigenem
Recht verfügen und sie dem Verfolgten oder dem Eigentümer zurückgeben,
sie einziehen oder zur Deckung der Entschädigungsforderungen oder der
Gerichtskosten verwenden (BGE 112 Ib 626 ff. E. 9b; vgl. hiezu HANS
SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 455 f., HANS SCHULTZ, Das
schweizerische Auslieferungsrecht, S. 518).

Erwägung 6

    6.- Nach der Grundsatzbestimmung von Art. 63 IRSG umfasst die "andere
Rechtshilfe" neben Auskünften und nach schweizerischem Recht zulässigen
Prozesshandlungen auch "andere Amtshandlungen, die ... dem Beibringen der
Beute dienen". Es stellt sich die Frage, welche Massnahmen im einzelnen
hiezu zählen.

    a) Zunächst ist festzustellen, dass zwischen dem deutschen und
französischen Gesetzestext einerseits und dem Wortlaut im Italienischen
andererseits ein Unterschied besteht: Während im Deutschen und
Französischen von "Beibringen der Beute" bzw. "récupérer le produit
de l'infraction" gesprochen wird, was "Beschaffen", "Heranschaffen",
"Wiedererlangen des Deliktsguts" bedeutet, wird im italienischen Text
der Ausdruck "reperire il corpo di reato" verwendet, worunter bloss
das "Ausfindigmachen der Beute" verstanden werden könnte. Zweifellos
entspricht jedoch die deutsche bzw. französische Fassung dem Willen des
Gesetzgebers.

    b) Der erwähnte weite Wortlaut von Art. 63 Abs. 1 IRSG lässt den
Schluss zu, dass die "andere Rechtshilfe" auch in Vorkehren bestehen kann,
die dem ersuchenden Staat dazu verhelfen, Verfügungsgewalt über Deliktsgut
zu erlangen. Als vorläufige Massnahme muss daher im Rechtshilfeverfahren
nicht nur die Prozesszwecken dienende Beweisbeschlagnahme, sondern auch
die Sicherungsbeschlagnahme zulässig sein, die die Möglichkeit des
späteren Vollzugs einer materiellrechtlichen Massnahme gewährleisten
soll. Die Beschlagnahme wird denn auch in der (nicht abschliessenden)
Aufzählung von Rechtshilfemassnahmen in Art. 63 Abs. 2 IRSG ausdrücklich
erwähnt, ohne dass das Gesetz zwischen Beweis- und Sicherungsbeschlagnahme
unterscheiden würde (vgl. hiezu auch HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG
Art. 74, aaO S. 451).

    Mit der vorläufigen Massnahme der Beschlagnahme, die ja nie
Selbstzweck sein kann, ist allerdings die in Art. 63 Abs. 1 IRSG
vorgesehene Möglichkeit der Rechtshilfe noch nicht ausgeschöpft. So wie
die Erhebung von Beweismitteln in der Schweiz zu deren Aushändigung an den
ersuchenden Staat führen muss, damit dieser sie im Gerichtsverfahren, für
das Rechtshilfe geleistet wird, verwenden kann, so hat der Beschlagnahme
von Deliktsgut grundsätzlich die Übergabe der beschlagnahmten Gegenstände
und Vermögenswerte an den ersuchenden Staat zu folgen, damit er den
Anordnungen seiner Gerichtsbehörden entsprechend über sie verfügen
kann. Die Sicherungsbeschlagnahme ist mit anderen Worten Vorstufe zur
Herausgabe des Deliktsgutes, die erst dazu führt, dass die Beute im
ersuchenden Staat "beigebracht" ("récupéré") wird. Kann aus besonderen
Gründen das Deliktsgut nicht direkt herausgegeben werden, so ist dem
ersuchenden Staat oder den anderen Berechtigten zumindest zu ermöglichen,
auf dem Gebiet der Schweiz selbst in Anwendung des Landesrechts die zur
Wiedererlangung der Beute notwendigen Schritte zu unternehmen; ohne eine
solche Mindestfolge verlöre die Beschlagnahme jeden Sinn (vgl. BGE 112
Ib 598 mit Hinweisen).

    c) Was den Zweck anbelangt, für den die Herausgabe gewährt werden
kann, macht Art. 63 Abs. 1 IRSG keinerlei Vorbehalt. Wie noch zu zeigen
sein wird, schränken auch die übrigen Gesetzesbestimmungen, insbesondere
Art. 74 IRSG, den Herausgabezweck nicht ein, sofern im ersuchenden
Staat ein Strafverfahren eröffnet worden ist und der Richter angerufen
werden kann, was allgemein für Rechtshilfeleistungen vorausgesetzt wird
(vgl. Art. 1 Abs. 1 lit. b und Abs. 3 IRSG). Hieraus ergibt sich, dass
Deliktsgut sowohl zur Rückgabe an den Berechtigten als auch zur Einziehung,
zur allfälligen Schadens- oder Kostendeckung oder zur Verfallerklärung
gemäss dem materiellen Recht des ersuchenden Staates herausgegeben werden
kann, wie das Bundesgericht dem Grundsatze nach schon in BGE 112 Ib 600
E. 12cc anerkannt hat (vgl. dieselbe Argumentation für das deutsche Recht:
VOGLER/WALTER/WILKITZKI, Kommentar zum IRG, 2. A. 1986, N. 12 zu § 66).

    d) Anders als auf dem Gebiete der Auslieferung (oben E. 5b) besteht
hinsichtlich der Herausgabe von Gegenständen im Rahmen der anderen
Rechtshilfe keine Übereinstimmung von Landesrecht und europäischem
Abkommen. Das Europäische Übereinkommen für Rechtshilfe in Strafsachen
bezieht sich einzig auf die Beweisstücke, nicht dagegen auf Gegenstände und
Vermögenswerte, die Deliktsgut bilden (vgl. BGE 112 Ib 597 E. 12, 99 Ia 92;
HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 449). Fragen könnte sich
einzig, ob das Übereinkommen nicht zumindest die Sicherungsbeschlagnahme
der Beute vorsehe,um dem Berechtigten zu gestatten, das zur Wiedererlangung
Nötige im ersuchten Staat selbst zu unternehmen. Diese Frage ist bisher
in der Rechtsprechung offengelassen worden (BGE 112 Ib 597 f. E. 12b
und dort zitierte Entscheide, 105 Ib 216 ff. E. 5a; zu dieser Frage
s.a. ROBERT HAUSER, Das europäische Abkommen über die Rechtshilfe in
Strafsachen vom 20. April 1959, ZStrR 83/1967 S. 235 f., HANS NIEDERER, Die
Vermögensbeschlagnahme im schweizerischen Strafprozessrecht, Diss. Zürich
1968 S. 87).

    Dass im Europäischen Rechtshilfe-Übereinkommen die Herausgabe von
Deliktsgut nicht vorgesehen ist, erklärt sich damit, dass das Übereinkommen
die Leistung von Rechtshilfe an keinerlei Voraussetzung, auch nicht
an jene der doppelten Strafbarkeit, knüpft und es den Vertragsparteien
anheimstellt, ob sie die in Art. 5 Ziff. 1 genannten Bedingungen aufstellen
wollen. Rechtshilfemassnahmen, die in einer Sicherungsbeschlagnahme
und der anschliessenden Herausgabe der Beute zu allfälliger Einziehung
durch den ersuchenden Staat bestehen, müssen aber notwendigerweise dem
Vorbehalt der beidseitigen Strafbarkeit unterworfen sein. Der Verzicht
auf dieses Erfordernis im Rechtshilfe-Übereinkommen - der im Interesse
der Erleichterung der Zusammenarbeit auf anderen Gebieten getroffen
wurde (vgl. Rapport explicatif sur la Convention européenne d'entraide
judiciaire en matière pénale, Strasbourg 1969, S. 7, 15 f.) - musste
daher gleichzeitig zum Verzicht auf Bestimmungen über die Wiedererlangung
der Beute führen. Hingegen bestand für den schweizerischen Gesetzgeber,
da für alle mit prozessualem Zwang verbundenen Rechtshilfemassnahmen die
Anforderung der beidseitigen Strafbarkeit gilt (vgl. Art. 64 IRSG), kein
Anlass, die Herausgabe von Gegenständen im "anderen" Rechtshilfeverfahren
anders zu regeln als im Auslieferungsverfahren.

Erwägung 7

    7.- Stellt nach dem Gesagten Art. 63 Abs. 1 IRSG die allgemeine
gesetzliche Grundlage für die Herausgabe der Beute dar, so wird die
Herausgabe von Gegenständen im einzelnen in Art. 74 IRSG geregelt. Die
Bestimmung lautet:

    "Art. 74 Herausgabe von Gegenständen

    Gegenstände, insbesondere Schriftstücke und Vermögenswerte, deren

    Beschlagnahme das schweizerische Recht zulässt, sowie amtliche
Akten und

    Entscheide werden den in Strafsachen und den für die Erteilung oder den

    Entzug von Führerausweisen zuständigen Behörden auf Ersuchen zur
Verfügung
   gestellt, soweit sie für deren Entscheid von Bedeutung sein können.

    Andere Gegenstände und Vermögenswerte, die aus einer strafbaren
Handlung
   herrühren, können zur Rückerstattung an den Berechtigten auch ausserhalb
   eines Strafverfahrens im ersuchenden Staat herausgegeben werden.

    Für die Rechte von Behörden und Dritten gilt Artikel 34 Absätze 3
und 4;
   für die Rückgabe gilt Artikel 59 und für die fiskalischen Pfandrechte

    Artikel 60."

    Dieser Text stimmt weitgehend mit Art. 64/65 des Vorentwurfes der
Expertenkommission vom 4. November 1972 sowie wörtlich mit Art. 71
des bundesrätlichen Gesetzesentwurfes überein und ist vom Parlament
diskussionslos angenommen worden. Die Bestimmung ist jedoch nicht leicht
verständlich.

    a) Im Expertenbericht über den Vorentwurf von 1972, der vom Verfasser
des Vorentwurfes, Dr. Curt Markees, selbst stammt, wird hervorgehoben,
dass die Regelung über die Herausgabe von Gegenständen zu Gunsten des
Geschädigten über das auf diesem Bereich der Rechtshilfe Übliche hinausgehe
(vgl. Expertenbericht S. 12, 93). In der bundesrätlichen Botschaft
wird über die Bestimmung von Art. 71 selbst nichts ausgeführt, sondern
lediglich zu Art. 59 (heute Art. 63) bemerkt, der sachliche Geltungsbereich
entspreche der Regelung, die in den Zusatzverträgen mit der Bundesrepublik
Deutschland und mit Österreich zum Europäischen Rechtshilfe-Übereinkommen
vereinbart worden sei (BBl 1976 II S. 482 f.). Allerdings wird in den
beiden Zusatzübereinkommen die Frage der Herausgabe von Gegenständen
und des Schutzes gutgläubiger Dritter nicht in genau gleicher Weise
beantwortet, da mit den Vertretern Deutschlands keine den schweizerischen
Vorstellungen entsprechende Regelung vereinbart werden konnte (vgl. die
Botschaften des Bundesrates vom 15. Juli 1970 betreffend die Genehmigung
der Verträge mit der Bundesrepublik Deutschland über die Ergänzung des
EAÜ und des EuR, BBl 1970 II S. 243 und vom 31. Oktober 1973 betreffend
Zusatzverträge mit Österreich, BBl 1973 II S. 988).

    b) Art. 74 Abs. 1 IRSG bezieht sich nur auf Gegenstände, die als
Beweismittel für das im ersuchenden Staat hängige Verfahren dienen
können. Das wird zwar - im Gegensatz zu Art. 34 Abs. 1 IRSG - nicht
direkt gesagt, sondern in Anlehnung an den Wortlaut von Art. 63 Abs. 1
IRSG dadurch umschrieben, dass den "in Strafsachen zuständigen" Behörden
Gegenstände zur Verfügung gestellt werden, "soweit sie für deren Entscheid
von Bedeutung sein können". Aus diesem Text geht zugleich hervor, dass die
fraglichen Objekte nicht endgültig übergeben werden, sondern in der Regel
nach Abschluss des Strafverfahrens zurückzuerstatten sind. Dass es sich
um Gegenstände handeln muss, "deren Beschlagnahme das schweizerische
Recht zulässt", erklärt sich damit, dass Rechtshilfemassnahmen mit
dem schweizerischen Strafprozessrecht vereinbar sein müssen und
die eidgenössische und gewisse kantonale Strafprozessordnungen die
Beschlagnahme bestimmter Schriftstücke ausschliessen (vgl. MARKEES,
SJK 423b N. 3.111 Ziff. 2, HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74,
aaO S. 448 mit N. 19 und 20). Soweit übrigens aus dem nicht publizierten
Bundesgerichtsentscheid vom 18. April 1986 in der gleichen Sache (E. 4d)
herausgelesen werden könnte, für die Anwendung von Art. 74 IRSG komme
es darauf an, ob die Einziehung - und nicht die Beschlagnahme - nach
schweizerischem Recht zulässig sei (so LIONEL FREI, Erfahrungen mit dem
Schweizer Rechtshilfegesetz, Liechtensteinische Juristenzeitung 1/1987
S. 19), wäre die Kritik von HANS SCHULTZ hieran berechtigt: Zum einen
wird, wie SCHULTZ feststellt, in Art. 74 Abs. 1 der prozessuale Begriff
"Beschlagnahme" und nicht der materiellrechtliche der "Einziehung"
verwendet, zum anderen wäre es schwer verständlich, weshalb für die
Herausgabe der in Art. 74 Abs. 1 behandelten Beweisstücke, die in aller
Regel nicht eingezogen, sondern zurückerstattet werden, die Voraussetzung
möglicher Einziehung verlangt würde (vgl. Bemerkungen zu IRSG Art. 74,
aaO S. 448 f.).

    c) In Art. 74 Abs. 2 IRSG wird im Gegensatz zu Abs. 1 von "anderen"
Gegenständen und Vermögenswerten, die aus einer strafbaren Handlung
herrühren, also offensichtlich von Deliktsgut gesprochen.

    Die Bestimmung ist jedoch merkwürdig formuliert. Nach ihrem Wortlaut
regelt sie die Herausgabe der Beute an den ersuchenden Staat nicht
in allgemeiner Weise, sondern befasst sich nur mit dem den Rahmen der
üblichen Rechtshilfe sprengenden Spezialfall der Herausgabe "ausserhalb
eines Strafverfahrens im ersuchenden Staat", also wenn die generell für
den dritten Teil des Gesetzes geltende Voraussetzung der "Unterstützung
eines Strafverfahrens im Ausland" (Art. 1 Abs. 1 lit. b IRSG) nicht
erfüllt ist. Art. 74 Abs. 2 IRSG lässt in diesem Fall die Herausgabe der
Beute "zur Rückerstattung an den Berechtigten" zu. Die Begründung für
diese Sonderregelung findet sich im bereits erwähnten Expertenbericht
zum Vorentwurf vom 4. November 1972. In diesem wird ausgeführt, dem
Geschädigten erwüchsen dadurch, dass die ihm durch strafbare Handlung
entzogenen Objekte ins Ausland verbracht würden, ausserordentliche
Unannehmlichkeiten, und es solle durch gesetzliche Vorschrift vermieden
werden, dass ihm einerseits durch Verlegung des Gerichtsstands des
Vindikationsanspruches und andererseits durch Geltendmachung von
Zollrechten noch zusätzliche Schwierigkeiten entstünden. Zwar werde
durch eine solche Rechtshilfeleistung kein ausländisches Strafverfahren
unterstützt, doch rechtfertige sich die vorgesehene Bestimmung mit Blick
auf den Gesetzeszweck, der auch den Schutz des Geschädigten umfasse
(S. 12). Da die Umtriebe zur Wiedererlangung der Beute dann besonders
gross seien, wenn diese erst nach Durchführung eines Strafverfahrens
entdeckt werde, solle nach Ansicht der Kommission die Rückerstattung an
den Berechtigten auch zulässig sei, wenn die Verfolgung der strafbaren
Handlung schon abgeschlossen sei oder nicht im ersuchenden Staat stattfinde
(Art. 63 des Berichtes).

    Aus diesen Erläuterungen und dem Text von Art. 74 Abs. 2 IRSG, wonach
die Herausgabe auch ausserhalb ("même en dehors", "anche indipendemente")
eines Strafverfahrens im ersuchenden Staat erfolgen kann, sofern die
herausgegebenen Objekte dem - dinglich - Berechtigten zurückerstattet
werden, ergibt sich ohne weiteres, dass die Herausgabe von Deliktsgut
a fortiori auch dann zulässig ist, wenn im ersuchenden Staat ein
Strafverfahren läuft. Es fragt sich einzig, ob auch in diesem Normalfall
die in Art. 74 Abs. 2 IRSG vorgesehene Beschränkung des Herausgabezweckes
gelte und ob das Deliktsgut nur zur Rückerstattung an den Berechtigten dem
ersuchenden Staat übergeben werden dürfe. Zur Beantwortung dieser Frage
ist - falls man sich nicht schon mit dem Umkehr-Schluss aus dem Wortlaut
von Art. 74 Abs. 2 begnügen will - die allgemeine Bestimmung von Art.
63 Abs. 1 sowie Art. 34 IRSG beizuziehen: Wie dargelegt, dienen die in
Art. 63 vorgesehenen Rechtshilfemassnahmen dazu, dem ersuchenden Staat zur
Wiedererlangung des Deliktsguts zu verhelfen, damit er gemäss eigenem Recht
über dieses verfügen kann; die Verwendungsart wird nicht vorgeschrieben
(vgl. oben E. 6c und d). Nun weist nichts darauf hin, dass der Gesetzgeber
durch Art. 74 IRSG - entgegen Art. 63 - die Herausgabe von Gegenständen
selbst dann, wenn sie im Zusammenhang mit einem Strafverfahren erfolgt,
in dem Sinne habe einschränken wollen, dass sie allein zur Rückerstattung
an den Berechtigten zulässig sei. Es wäre auch nicht einzusehen, weshalb
dieser Vorbehalt, würde er für jeden Fall des "Beibringens der Beute"
gelten, nicht schon in Art. 63 IRSG angebracht worden wäre. Vielmehr
darf davon ausgegangen werden, der Gesetzgeber habe die Herausgabe von
Gegenständen auch in dieser Hinsicht gleich wie die Sachauslieferung -
Sonderart der "anderen" Rechtshilfe - regeln und es dem ersuchenden Staat
überlassen wollen, selbst über das Schicksal der herausgegebenen Objekte
zu bestimmen (so auch HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74 S. 456).

    Aus Art. 74 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 63 IRSG ergibt sich
somit, dass die Herausgabe von Gegenständen im Zusammenhang mit einem
im ersuchenden Staat hängigen Strafverfahren ohne Einschränkung des
Herausgabezweckes möglich ist, während sie ausserhalb eines solchen
Verfahrens nur zur Rückerstattung an den Eigentümer in Betracht fällt.

    d) Steht die Übergabe von Beweismitteln in Frage (Art. 74 Abs. 1
IRSG), so wird vorausgesetzt, dass die herausverlangten Gegenstände zum
Strafverfahren im ersuchenden Staat eine Beziehung aufweisen. Allzu
strenge Anforderungen sind jedoch in dieser Hinsicht nicht am Platz,
weil die endgültige Beweiswürdigung ohnehin dem ausländischen Sachrichter
obliegt. Es genügt, dass die fraglichen Gegenstände nach vorläufiger
Prüfung als Beweismittel geeignet sein könnten. Eine Ausnahme gilt
einzig für die Auskünfte über den Geheimbereich unbeteiligter Dritter,
die nur erteilt werden können, wenn sie zur Feststellung des Sachverhaltes
"unerlässlich" erscheinen (Art. 10 Abs. 1 IRSG).

    Geht es dagegen um die Herausgabe von Deliktsgut (Art. 74 Abs. 2
IRSG), so müssen Beziehungen zwischen den verlangten Objekten und der
im Ausland verfolgten Straftat gegeben sein (vgl. zur auch im deutschen
Recht getroffenen Unterscheidung VOGLER/WALTER/WILKITZKI, aaO N. 12
zu § 66 IRG). Wohl steht auch in diesem Falle der Entscheid über das
Bestehen eines solchen Zusammenhangs dem ausländischen Sachrichter zu. Die
Herausgabe von Deliktsgut hat indessen in der Regel viel einschneidendere
Auswirkungen als die Übergabe von Beweisstücken, da diese üblicherweise
nach Abschluss des Verfahrens zurückerstattet werden, während die Beute dem
ersuchenden Staat zur Beschlagnahme oder zur Sicherung der Vollstreckung
des späteren Sachurteils übergeben wird. Wie das Bundesgericht schon in
seiner Rechtsprechung zur Sachauslieferung festgestellt hat (BGE 112 Ib
627 f. E. 10a), rechtfertigt sich daher, die Herausgabe von Deliktsgut
von strengeren Voraussetzungen abhängig zu machen und zu verlangen, es
müsse in ausreichender Weise dargetan sein, dass die herausverlangten
Gegenstände direkt oder indirekt durch die verfolgte strafbare Handlung
erlangt worden seien oder eine solche Herkunft höchst wahrscheinlich
sei. Dass unterschiedliche Anforderungen gelten sollen, ergibt sich
auch aus dem Wortlaut von Art. 63 Abs. 1 und Art. 74 Abs. 1 und 2 IRSG,
wonach die Beweismittel herauszugeben sind, sofern sie für das Verfahren
im Ausland "erforderlich erscheinen" oder für den Entscheid "von Bedeutung
sein können", das Deliktsgut dagegen nur, wenn es "aus einer strafbaren
Handlung herrührt".

    Die Beschlagnahme irgendwelcher Vermögenswerte des Beschuldigten in
der Schweiz zur Schadensdeckung stünde denn auch in Widerspruch zu den
Grundsätzen des Zwangsvollstreckungsrechts. In der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung zu Art. 44 SchKG ist wiederholt festgehalten worden, dass
sowohl die Sicherungsbeschlagnahme wie auch die nachfolgende Einziehung
von Vermögenswerten nach kantonalem Recht mit dieser bundesrechtlichen
Bestimmung nur vereinbar seien, wenn sie der Sicherstellung der sich
aus dem Straf- oder Fiskalverfahren ergebenden öffentlichrechtlichen
Ersatzansprüche dienten, nicht dagegen, soweit sie Gegenstände beträfen,
die mit der Straftat in keinem Zusammenhang stünden und zur Deckung
privatrechtlicher Schadenersatzansprüche der durch die Strafhandlung
Geschädigten bestimmt seien (BGE 108 II 106 f. E. 3, 107 III 115 f. E. 1,
101 IV 377 E. 3, 76 I 33 E. 3, 100 ff. E. 4). Die internationale
Rechtshilfe kann aber in der Regel nicht über das hinausgehen, was
sich die Kantone gegenseitig an Beistand schulden (s.a. HANS SCHULTZ,
Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 453 f.).

    e) Weder für die Sachauslieferung (Art. 34 IRSG) noch für die
Herausgabe von Gegenständen als andere Rechtshilfe (Art. 74 IRSG) sagt
das Gesetz direkt etwas darüber aus, in wessen Besitz sich die Objekte
befinden müssten. Dagegen wird in Art. 20 Ziff. 1 lit. b des Europäischen
Auslieferungsübereinkommens ausdrücklich festgehalten, herauszugeben
seien die Gegenstände, die aus der strafbaren Handlung herrühren "und
im Zeitpunkt der Festnahme im Besitz des Verfolgten gefunden worden
sind oder später entdeckt werden" ("qui auraient été trouvés au moment
de l'arrestation en la possession de l'individu réclamé ou seraient
découverts ultérieurement"). Im deutschen Gesetz über die Internationale
Rechtshilfe in Strafsachen wird für das Auslieferungsverfahren und die
sonstige Rechtshilfe ebenfalls ausgeführt, dass Gegenstände herausgegeben
werden können, "die der Betroffene oder ein Beteiligter" durch die in
Frage stehende Tat "oder als Entgelt für solche Gegenstände erlangt hat"
(§ 38 Abs. 1 Ziff. 2 und § 66 Abs. 1 Ziff. 2 IRG).

    Ähnliches muss auch für das schweizerische Recht gelten. Das
Bundesgericht hat bereits vor Inkrafttreten des IRSG in seiner
Rechtsprechung zu einzelnen Auslieferungsverträgen (mit den USA bzw. mit
Frankreich) und zu Art. 27 des Auslieferungsgesetzes von 1892 erklärt,
herausgegeben werden könnten nicht nur die Gegenstände, die im Besitze
des Verfolgten seien, sondern auch die bei einer Bank oder bei Dritten
deponierten Vermögenswerte, über die dem Verfolgten tatsächliche oder
rechtliche Verfügungsgewalt zustehe (BGE 103 Ia 622 f. E. 4a, 97 I
386 E. 6b). Diese Voraussetzung der Verfügungsgewalt ergibt sich nun
auch indirekt aus Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG, auf den Art. 74 Abs. 3
IRSG verweist und in welchem festgehalten wird, dass Gegenstände und
Vermögenswerte, wenn Rechte Dritter oder der Behörden an ihnen streitig
seien, nicht "freigegeben" werden dürften, bevor das zuständige
Gericht entschieden oder die für die Freigabe zuständige Behörde
zugestimmt habe. Allerdings stimmen auch in diesem Punkte die Texte
in den verschiedenen Amtssprachen nicht überein: Während im Deutschen
und Italienischen von "freigegeben" bzw. "liberati" gesprochen wird,
wird im Französischen eine andere Umschreibung verwendet ("ne seront
délivrés à l'ayant droit que sur décision de l'autorité judiciaire ou avec
l'assentiment de l'autorité compétente pour décider de leur remise"), die
Unklarheit hinsichtlich der Zuständigkeiten entstehen lassen könnte. Die
Vorschrift ist jedoch offensichtlich so zu verstehen, dass, falls Dritte
oder Behörden an den herauszugebenden Objekten Rechte geltend machen,
die zuständigen Gerichtsinstanzen oder die Zoll- und Steuerbehörden, die
gemäss Art. 60 IRSG auf das Zollpfandrecht oder eine ähnliche dingliche
Haftung verzichten können, vorweg über Drittansprüche zu befinden haben
und erst nachher durch die Rechtshilfebehörde über die "Freigabe" bzw. die
Herausgabe entschieden wird.

    f) Das Bundesgericht hat die Frage, ob aufgrund des IRSG nicht nur
das Deliktsgut selbst, sondern auch der aus seiner Verwertung erzielte
Erlös beschlagnahmt und an den ersuchenden Staat herausgegeben werden
dürfen, bisher noch nicht beantworten müssen. In Entscheiden, die vor
Inkrafttreten des IRSG gefällt worden sind, ist einerseits in Anwendung
des mit den USA geschlossenen Auslieferungsvertrages die Übergabe der nicht
mehr in natura, sondern in anderer Form oder als Bankguthaben vorhandenen
producta sceleris bewilligt (BGE 97 I 382 E. 5a) und andererseits die
Frage offengelassen worden, ob auch aufgrund des inzwischen dahingefallenen
Auslieferungsvertrages mit Frankreich die Herausgabe des Erlöses aus dem
Verkauf gestohlener Aktien möglich sei (BGE 103 Ia 623 E. 4). Im übrigen
ist in einem neueren Urteil zu Art. 58bis StGB festgehalten worden,
dass das Begehren um Aushändigung von einzuziehenden Gegenständen
und Vermögenswerten im Sinne dieser Bestimmung einer rei vindicatio
gleichkomme, die nur dem Eigentümer oder dem Dritten zustehe, welcher
Anspruch auf Verschaffung von Eigentum erworben habe; dem Geschädigten
stehe daher aufgrund von Art. 58bis StGB kein Aushändigungs-Anspruch
zu, wenn das nach einer Entführung bezahlte Lösegeld bei einer Bank
gewechselt und mit eigenem Geld vermischt worden sei (BGE 112 IV 74 ff.;
hiezu kritisch HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 455 mit
Hinweis auf Art. 727 Abs. 1 ZGB).

    Wie bereits dargelegt, ist die Bestimmung von Art. 63 Abs. 1 IRSG
sehr allgemein gefasst und erlaubt der weite Begriff der "Beute" ("corpo
del reato", "produit de l'infraction") die Annahme, dass damit nicht
nur die direkt aus der strafbaren Handlung herrührenden Gegenstände,
sondern gegebenenfalls auch der Erlös hiefür gemeint seien. Diese Annahme
rechtfertigt sich umso eher, als in den Zusatzverträgen zum EÜR mit der
Bundesrepublik Deutschland und Österreich, denen die innerstaatliche
Regelung entsprechen sollte (vgl. Bericht der Expertenkommission
vom 4. November 1972 S. 63, Botschaft des Bundesrates, BBl 1976 II
S. 482 f.), ausdrücklich vorgesehen wird, dass neben den Beweisstücken
auch die Gegenstände herausgegeben werden, die aus einer mit Strafe
bedrohten Handlung herrühren, "sowie das durch ihre Verwertung erlangte
Entgelt". Es besteht nicht der geringste Anhaltspunkt dafür, dass der
Gesetzgeber entgegen allen Erklärungen die Herausgabemöglichkeit im
IRSG habe einschränken wollen. Eine solche Einschränkung wäre übrigens
auch unvereinbar mit dem Ziel des IRSG, alle für eine möglichst breite
Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Verbrechensbekämpfung benötigten Mittel
bereitzustellen (s. oben E. 4).

    Es darf deshalb davon ausgegangen werden, Art. 74 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 63 Abs. 1 IRSG gestatte auch die Herausgabe des aus der Verwertung
von Deliktsgut erzielten Erlöses.

    g) Art. 74 Abs. 3 IRSG verweist für die Rechte von Behörden
und Dritten, die Rückgabe sowie die fiskalischen Pfandrechte auf
die entsprechende Bestimmungen im zweiten Teil des Gesetzes über die
Auslieferung. Dieser Verweis ist ein weiterer Anhaltspunkt dafür, dass
sich die Herausgabe von Gegenständen unabhängig davon, ob das Gesuch
im Auslieferungs- oder im anderen Rechtshilfeverfahren gestellt werde,
nach den nämlichen Grundsätzen richten soll. Zu den Rechten von Behörden
und Dritten ist hier folgendes zu bemerken:

    aa) Unterliegt das Deliktsgut sowohl nach dem Recht des ersuchenden
Staates als auch des ersuchten Staates der Einziehung, so gebührt
grundsätzlich diesem Vorrang. Finden daher die Bestimmungen von
Art. 58 ff. StGB Anwendung, so werden die fraglichen Gegenstände in
der Schweiz eingezogen und nicht herausgegeben. Dass in diesem Fall
nach dem Territorialitätsprinzip vorgegangen wird, rechtfertigt sich
ohne weiteres: Der Hauptzweck der Einziehung - der Entzug unrechtmässig
erworbener Vermögenswerte nach dem Grundsatz, dass sich Verbrechen nicht
lohnen sollen - wird erfüllt und die internationale Verbrechensbekämpfung
büsst an Wirksamkeit nichts ein. Übrigens lässt sich auch aus Art. 20
Ziff. 3 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens ableiten, dass die
Einziehung im ersuchten Staat jener im ersuchenden Staat vorgeht.

    Anders liegen die Dinge, wenn unsicher ist, ob in der Schweiz eine
Einziehung erfolge, dagegen eine solche im ausländischen Staat als
wahrscheinlich angenommen werden kann. In diesem Fall sollten wohl
ungeachtet des Territorialitätsprinzips die Gegenstände im Interesse
einer wirksamen Verbrechensbekämpfung herausgegeben werden (vgl. die
gleiche Argumentation in BGE 101 Ia 598 ff. E. 6 für die Auslieferung von
Personen unter altem Recht), und zwar nicht nur dann, wenn unklar ist,
ob die schweizerische Gerichtsbarkeit überhaupt gegeben sei, sondern auch,
wenn es zur leichteren Abklärung des Sachverhalts als angezeigt erscheint,
das Strafverfahren vor den ausländischen Gerichten durchzuführen. Im
übrigen versteht sich von selbst, dass ein in der Schweiz der Einziehung
unterliegender Gegenstand, der gleichzeitig Beweisstück und Deliktsgut
bildet, dem ersuchenden Staat mit der Auflage der Rückgabe zur Verfügung
gestellt werden kann.

    bb) Sowohl im Sachauslieferungs- als auch im anderen
Rechtshilfeverfahren bleiben die Rechte Dritter an den herauszugebenden
Objekten grundsätzlich unberührt (Art. 34 Abs. 3, Art. 74 Abs. 3
IRSG, s. auch Art. 20 Ziff. 4 EAÜ). Die Herausgabe geht jedoch als
Rechtshilfemassnahme diesen Rechten vor, wenn es um Beweismittel geht, die
für die Tatbestandsfeststellung und die Durchführung des Strafverfahrens
benötigt werden. In diesem Fall ist der Eigentümer oder Berechtigte
zur Herausgabe der Gegenstände an den ersuchenden Staat verpflichtet,
gleich wie er sie den inländischen Behörden zur Verfügung stellen
müsste. Dem ersuchenden Staat, dem gegenüber der ersuchte Staat den
Vorbehalt der Rechte Dritter angebracht hat, erwächst aber seinerseits
eine völkerrechtliche Verpflichtung auf Rückerstattung der ihm übergebenen
Objekte (HANS SCHULTZ, Das Schweizerische Auslieferungsrecht, S. 522 f.;
vgl. Art. 59 Abs. 2 IRSG, Art. 20 Ziff. 4 EAÜ). Eine Ausnahme gilt nur
dann, wenn es sich bei den Beweisstücken um Gegenstände handelt, die an
sich die Sicherheit von Menschen, die Sittlichkeit oder die öffentliche
Ordnung gefährden (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. b StGB); solche Gegenstände
dürfen im ausländischen Staat trotz der Ansprüche Dritter eingezogen
werden (HANS SCHULTZ, aaO, HANS SCHULTZ, Bemerkungen zu IRSG Art. 74,
aaO S. 449 mit N. 22).

    Geht es dagegen um Objekte, die Deliktsgut und nicht Beweisstücke
bilden und im ersuchenden Staat zur Einziehung (vgl. Art. 58 Abs. 1 lit. a
StGB) oder zum Verfall (Art. 59 StGB) bestimmt sind oder zur Rückgabe
an den Geschädigten bzw. zur Schadensdeckung (Art. 58bis und 60 StGB)
verwendet werden sollen, so gehen die Rechte Dritter der Herausgabe
vor. In diesem Falle wäre ja eine mit der Verpflichtung zur Rückerstattung
verbundene Herausgabe für den ersuchenden Staat sinnlos. Die Herausgabe
kann daher verweigert oder aufgeschoben werden (vgl. Art. 59 Abs. 1 und
2 IRSG, Art. 20 Ziff. 3 und 4 EAÜ). Die Bestimmung von Art. 34 Abs. 4
IRSG, in welcher von "Freigabe" gesprochen wird, ist im Lichte dieser
Grundsätze auszulegen: Sie bedeutet, dass Gegenstände, an denen Rechte
Dritter oder von Behörden geltend gemacht werden und welche - etwa weil
sie auch Beweismittel sind - dennoch herausgegeben werden müssen, nur
mit der Auflage der Rückerstattung übergeben werden dürfen, solange kein
gerichtlicher oder behördlicher Entscheid über diese Rechte ergangen ist;
erst wenn der Richter die Ansprüche der Dritten zurückgewiesen hat oder
die Verzichterklärung der zuständigen Behörde vorliegt, kann die Bedingung
der Rückgabe gegenüber dem ersuchenden Staat fallengelassen werden.

    h) In Art. 74 Abs. 2 IRSG wird für den dort erwähnten Spezialfall -
Herausgabe von Gegenständen ausserhalb eines Strafverfahrens im ersuchenden
Staat - festgehalten, dass eine Herausgabe erfolgen "könne"; die Herausgabe
wird somit zugelassen, aber keine Pflicht hiezu begründet. Es fragt sich,
ob im Normalfall, wenn im Zusammenhang mit einem laufenden Strafverfahren
um Herausgabe ersucht wird, dasselbe gelte. Der Text von Art. 74 Abs. 2
gibt, auch in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 IRSG gelesen, hierüber
keine Auskunft. Dagegen lässt der in Art. 74 Abs. 3 enthaltene Verweis
auf Art. 59 IRSG gewisse Schlüsse zu. Art. 59 IRSG nennt verschiedene
Fälle, in denen herausverlangte Gegenstände, die nicht Beweismittel sind,
in der Schweiz zurückbehalten werden können. Da diese Aufzählung nicht
abschliessend ist, darf davon ausgegangen werden, die Herausgabe könne
auch in anderen Situationen verweigert oder aufgeschoben werden, mit
anderen Worten, es handle sich auch bei der Grundsatzbestimmung über
die Herausgabe um eine "Kann-Vorschrift". Für diese Annahme sprechen
- abgesehen von der Regel, dass sich aus dem IRSG kein Anspruch auf
zwischenstaatliche Zusammenarbeit ableiten lässt (Art. 1 Abs. 4 IRSG) -
auch weitere, allgemeine Gesichtspunkte:

    Zunächst fällt ins Gewicht, dass wie dargelegt im Normalfall der
Herausgabe deren Zweck nicht festgelegt ist und es dem ausländischen Staat
zusteht, über das Schicksal der herausgegebenen Objekte zu bestimmen;
die Schweiz verliert mit der Herausgabe der Gegenstände jede Kontrolle
über diese, es sei denn, sie habe sich deren Rückgabe ausbedungen. Im
weiteren können die Sachverhalte, die dem Herausgabegesuch zugrunde liegen,
äusserst verschieden sein. Handelt es sich im einfachsten Fall um einen
Bilderdiebstahl in einem ausländischen Museum, so können in anderen Fällen
schwer durchschaubare, mit den verschiedensten Transaktionen verbundene
Wirtschaftsdelikte in Frage stehen und ist oft nur schwer abschätzbar,
ob die Voraussetzungen für eine Einziehung oder eine Verfallerklärung
gegeben sein könnten. Schliesslich ist nicht zu vergessen, dass schon
die Sicherungsbeschlagnahme einen nicht zu unterschätzenden Akt der
internationalen Zusammenarbeit bildet, verhindert sie doch, dass das
Deliktsgut fortgeschafft und weiter versteckt wird, und eröffnet dem
Berechtigten zumindest die Möglichkeit, sich im ersuchten Staat um die
Wiedererlangung zu bemühen. All diese Umstände legen ebenfalls nahe,
Art. 74 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 IRSG als "Kann-Vorschrift"
zu verstehen, die nur die Voraussetzungen für die Herausgabe der
Beute umschreibt und es den Behörden überlässt, im Einzelfall unter
Berücksichtigung sämtlicher Gegebenheiten nach pflichtgemässem Ermessen
zu entscheiden, ob und wann die Herausgabe zu erfolgen habe. Das heisst
allerdings nicht, dass die Herausgabe, wenn die Bedingungen hiefür erfüllt
sind, nach Gutdünken verweigert werden könne (so ebenfalls für das deutsche
Recht: VOGLER/WALTER/WILKITZKI, aaO N. 8 zu § 60 IRG).

    i) Da das Institut der Herausgabe der Sicherung des Vollzugs eines
zukünftigen Sachurteils dient, das im Strafverfahren oder Adhäsionsprozess
ergehen soll, kann sich fragen, was gelte, wenn der Sachentscheid -
insbesondere ein Einziehungsentscheid - bereits vorliegt oder vor der
Herausgabe ausgefällt wird. Diese Frage stellt sich nicht nur, wenn
das ausländische Sachurteil noch während der Dauer des schweizerischen
Rechtshilfeverfahrens ausgesprochen oder wenn das Deliktsgut erst nach
Abschluss des ausländischen Gerichtsverfahrens in der Schweiz entdeckt wird
(vgl. Art. 20 Ziff. 1 lit. b EAÜ). Sie ist vorweg auch dann zu prüfen,
wenn abgewogen werden soll, ob die verlangten Gegenstände sofort oder
allenfalls erst später herauszugeben seien, kann doch ein solcher Aufschub
nicht in Frage kommen, wenn von vornherein feststeht, dass in der Schweiz
die Vollstreckung eines ausländischen Einziehungsentscheides ausgeschlossen
ist. Es rechtfertigt sich daher, hier abzuklären, in welchem Verhältnis
die Herausgabe im Rahmen der "anderen Rechtshilfe" zur im fünften Teil
des IRSG geregelten Vollstreckung von Strafentscheiden steht und ob eine
Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide überhaupt in Betracht
fallen könne. Aus der Beantwortung dieser Fragen können sich weitere
Anhaltspunkte für die Auslegung und Handhabung von Art. 63 Abs. 1 und
Art. 74 Abs. 2 IRSG ergeben.

Erwägung 8

    8.- Die Probleme, welche die Vollstreckung von ausländischen
Strafurteilen, insbesondere von Einziehungsentscheiden bietet, sind in
Rechtsprechung und Lehre bisher kaum behandelt worden, da vor der Schaffung
des IRSG eine Vollstreckungsmöglichkeit nur in den in Art. 3 Ziff. 2
Abs. 3 (Satz 2) StGB umschriebenen Ausnahmefällen vorgesehen war. Die
wenigen in der Lehre geäusserten Meinungen gehen zudem auseinander.

    a) HANS SCHULTZ vertritt im bereits mehrfach zitierten Beitrag die
Auffassung, dass in Fällen, in denen es um die Aushändigung grösserer
Vermögensbeträge gehe und erhebliche Kursschwankungen möglich seien,
das rechtskräftige Urteil über die Einziehung abgewartet werden könne
(Bemerkungen zu IRSG Art. 74, aaO S. 456). Damit setzt er die Möglichkeit
der Vollstreckung solcher Urteile voraus.

    LIONEL FREI führt dagegen aus, Massnahmen, die in einem ausländischen
Strafverfahren über Gegenstände und Vermögenswerte in der Schweiz
verhängt würden, anerkenne die Schweiz bekanntlich nicht. Eine von einem
ausländischen Richter verfügte Einziehung oder Beschlagnahme entfalte
an sich keine Wirkungen in der Schweiz (Beschlagnahme und Einziehung als
Rechtshilfemassnahmen, ZStr 105/1988 S. 313).

    In den "Bemerkungen", die im Anhang zum EÜR-Zusatzvertrag mit
der Bundesrepublik Deutschland veröffentlicht worden sind, wird im
weiteren festgehalten, "dass nach der Rechtsprechung des Schweizerischen
Bundesgerichtes ein Beschluss über die Beschlagnahme eines nicht in
der Schweiz befindlichen Gegenstandes nichtig" sei (SR 0.351.913.61 zu
Art. II des Vertrages). Wäre dem so, so müsste a fortiori der Beschluss
über die Einziehung solcher Gegenstände nichtig sein (in diesem Sinne
MARKEES, SJK 422a N. 2.2.222 S. 9). Die fragliche Bemerkung bezieht sich
jedoch offenbar auf bundesgerichtliche Entscheide (BGE 102 III 97, 99
III 20, 90 II 162), die den betreibungsrechtlichen Arrest betreffen und
nicht die strafrechtliche Beschlagnahme oder Einziehung, auf welche das
SchKG keine Anwendung findet (vgl. BGE 108 III 106 f. E. 2, 107 III 115
f. E. 1); diese Urteile vermögen daher über die hier behandelte Frage
nichts auszusagen. Hingegen ist gerade in den mit der Bundesrepublik
Deutschland und Österreich abgeschlossenen Zusatzverträgen eine Herausgabe
im Anschluss an den bereits ausgefällten Einziehungsentscheid - und
daher in Vollstreckung oder zumindest in Anerkennung dieses Entscheides -
als möglich und deshalb mit dem internen Recht vereinbar erklärt worden,
können doch gemäss diesen Verträgen Ersuchen um Herausgabe von Deliktsgut
noch "bis zur Beendigung der Strafvollstreckung gestellt werden" (vgl. SR
0.351.913.61 Art. II Abs. 5 und SR 0.351.916.32 Art. II Abs. 4). Merkwürdig
ist allerdings, dass nach den bereits erwähnten "Bemerkungen" auch für
solche Ersuchen die Strafverfolgungsbehörde zuständig sein soll. Auf diese
Besonderheit und die Frage der Rechtsverbindlichkeit der "Bemerkungen"
ist hier indessen nicht weiter einzugehen.

    Hinzuweisen ist schliesslich noch auf den bundesgerichtlichen
Entscheid in Sachen S. vom 31. Januar 1986 (publ. in Semaine judiciaire
1986 S. 520 ff.). Umstritten war ein Urteil der Genfer Strafbehörden,
durch das der Beschwerdeführer wegen Diebstahls verurteilt worden war und
ein ihm gehörendes Grundstück in Frankreich sowie seine Bankguthaben in
den USA als Vermögenswerte, die aus der strafbaren Handlung herrührten,
eingezogen wurden. Der Kassationshof hat die Beschwerde abgewiesen
und erklärt, die Einziehung verletze weder die Art. 3-7 StGB, weil
das Delikt in der Schweiz begangen worden sei, noch Art. 58 StGB, da
diese Bestimmung keinerlei Einschränkung hinsichtlich der im Ausland
liegenden Vermögenswerte enthalte; sie stehe auch mit den mit Frankreich
und den USA geschlossenen Rechtshilfeverträgen nicht in Widerspruch,
da nach bundesgerichtlicher Praxis (BGE 107 Ib 275, 106 Ib 344 E. 3) das
interne Recht eine weitergehende Rechtshilfe zulassen könne, als sie in
den Staatsverträgen vorgesehen sei.

    b) Die Auffassung, dass auch die Vollstreckung ausländischer
Einziehungsentscheide möglich sein müsse, steht an sich mit dem
vom Gesetzgeber verfolgten Gedanken einer möglichst wirksamen
Verbrechensbekämpfung auf allen Ebenen in Einklang. Sie erscheint auch
als sinnvoller als die gegenteilige Meinung, ist doch nicht einzusehen,
weshalb die Herausgabe von Deliktsgut an den ersuchenden Staat zu
allfälliger späterer Einziehung während des Strafverfahrens zulässig,
dagegen die Vollstreckung des einmal ergangenen Einziehungsbeschlusses
ausgeschlossen sein sollte. Einleuchtender wäre vielmehr, das Deliktsgut
erst bei Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides auszuhändigen, kann
dieser doch im Exequaturverfahren auf das rechtmässige Zustandekommen
überprüft werden, während im "anderen" Rechtshilfeverfahren weniger
Kontrollmöglichkeiten bestehen. Die Möglichkeit, ausländische
Einziehungsentscheide zu vollstrecken, darf jedoch nur bejaht werden,
wenn sie durch das Gesetz nicht ausgeschlossen wird; wäre dem nämlich so -
was im folgenden zu untersuchen ist - müsste dieses befolgt und könnte die
unbefriedigende Situation nur durch den Gesetzgeber selbst behoben werden
(vgl. BGE 99 V 21 ff. E. 2 und 4 mit Hinweisen).

    aa) Art. 94 Abs. 1 IRSG setzt für die Übernahme der Vollstreckung von
rechtskräftigen und vollstreckbaren Strafentscheiden eines anderen Staates
voraus, dass der ausländische Staat ausdrücklich um die Stellvertretung
ersucht, dass der Verurteilte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der
Schweiz hat oder sich hier wegen einer schweren Tat verantworten muss
(lit. a), dass Gegenstand der Verurteilung eine im Ausland verübte
Handlung bildet, die in der Schweiz ebenfalls strafbar wäre (lit. b),
und dass die Vollstreckung in der Schweiz insbesondere aus einem der
in Art. 85 Abs. 1 und 2 genannten Gründe angezeigt oder im ersuchenden
Staat ausgeschlossen erscheint (lit. c). Sind diese Voraussetzungen
erfüllt, werden die im Ausland verhängten "Sanktionen" vollzogen, soweit
sie das Höchstmass der im schweizerischen Recht für eine entsprechende
Tat vorgesehene Strafe nicht übersteigen; sie dürfen vollzogen werden,
wenn sie unter dem schweizerischen Strafrahmen bleiben (Art. 94 Abs. 2
IRSG). Nach Art. 94 Abs. 3 IRSG gelten diese Bestimmungen allerdings nicht,
wenn das Strafgesetzbuch den Vollzug der im Ausland verhängten Strafen
ausschliesst (Art. 6 StGB) oder ausdrücklich vorschreibt (Art. 5 StGB).

    bb) Für die hier untersuchte Frage ist bedeutsam, dass in Art. 94
Abs. 2 IRSG von "Sanktionen" ("sanctions", "sanzioni") gesprochen
wird, obschon dieser Ausdruck im Schweizerischen Strafgesetzbuch nicht
verwendet wird, auch nicht als Oberbegriff für Strafen und Massnahmen
(vgl. z.B. Art. 98 StGB). Eine Ausnahme bildet einzig der anlässlich der
Gesetzesrevision vom 18. März 1971 auf "sanctions" umbenannte französische
Randtitel von Art. 94 StGB, während im Deutschen und Italienischen die
Marginalien "Bestrafung" bzw. "punizione" beibehalten wurden. Dass in einem
Gesetz über die internationale Rechtshilfe auf den allgemeinen Ausdruck
"Sanktionen" zurückgegriffen wird, ist jedoch leicht erklärbar. Die
Begriffe der "Strafe" und der "Massnahme" stimmen in den verschiedenen
Landesrechten nicht immer überein. So gilt die Einziehung wohl nach
Schweizerischem Strafgesetzbuch und nach herrschender schweizerischer
Lehre und Rechtsprechung als Massnahme, und zwar als sichernde Massnahme
eigener Art, die zugleich repressiven Charakter aufweist (vgl. HANS
SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Bd. 2,
4. A. S. 209; LOUIS GAILLARD, La confiscation des gains illicites,
le droit des tiers, aaO S. 158). In anderen Rechtsordnungen wird sie
jedoch als Strafe, Nebenstrafe oder Mischung von Strafe und Massnahme
betrachtet (Jean Gauthier, Quelques aspects de la confiscation selon
l'article 58 du CPS, in: Lebendiges Strafrecht, Festgabe für HANS SCHULTZ,
ZStrR 94/1977 S. 367 f.). Aus diesem Grunde - um Missverständnisse aus
dem Gebrauch der Ausdrücke "Strafe" und "Massnahme" zu vermeiden - ist
auch im Europäischen Übereinkommen über die internationale Geltung von
Strafurteilen der Ausdruck "sanction" verwendet worden (vgl. Rapport
explicatif sur la Convention européenne sur la valeur internationale
des jugements répressifs, Conseil de l'Europe 1970, S. 24). Gemäss den
Begriffsbestimmungen dieses Übereinkommens, bedeutet "condamnation"
"le prononcé d'une sanction" und gilt als "sanction" "toute peine et
mesure appliquées à un individu en raison d'une infraction et prononcées
expressément dans un jugement répressif européen ou dans une ordonnance
pénale" (Art. 1). In Art. 2 des Übereinkommens wird zudem präzisiert,
Abschnitt II sei anwendbar "aux sanctions privatives de liberté" (lit. a),
"aux amendes ou aux confiscations" (lit. b) sowie "aux déchéances"
(lit. c). Die stellvertretende Vollstreckung von Bussen und Einziehungen
wird in Art. 45-48 näher geregelt.

    Da wie erwähnt mit der Einführung des IRSG unter anderem die
Voraussetzungen für den Beitritt der Schweiz zu diesem Europäischen
Übereinkommen geschaffen werden sollten (vgl. oben E. 3; BBl 1976
II 471 ff.), lässt der in Art. 94 Abs. 2 IRSG gewählte Begriff der
"Sanktionen" den Schluss zu, diese Norm beziehe sich ebenfalls auf
Strafen und Massnahmen aller Art und ermögliche auch die Vollstreckung
ausländischer Einziehungsbeschlüsse, sofern die Voraussetzungen von
Art. 94 Abs. 1 gegeben sind.

    cc) Dieser Folgerung steht allerdings die in der bundesrätlichen
Botschaft zum IRSG enthaltene Bemerkung, das Gesetz habe sich mit "der
Einziehung von Gegenständen und Vermögenswerten, die nach Art. 58 StGB
ohne Rücksicht auf die Strafbarkeit einer bestimmten Person verfügt werden
kann", nicht zu befassen, scheinbar entgegen. Diese Bemerkung ist jedoch
so zu verstehen, dass dann, wenn der schweizerische Richter in Ausübung
originärer Gerichtsbarkeit und in direkter Anwendung von Art. 58 StGB
die Einziehung von Deliktsgut anordnen kann, diese einem Rechtshilfeakt
im Rahmen der stellvertretenden Gerichtsbarkeit vorgeht. Dagegen kann aus
der fraglichen Passage nicht abgeleitet werden, Art. 58 StGB schliesse an
sich die Anwendbarkeit des IRSG auf ausländische Einziehungsentscheide
aus. Wäre eine solche Einschränkung beabsichtigt gewesen, so hätte
sie im Gesetzestext Ausdruck finden müssen (BGE 103 Ia 290 E. 2c mit
Hinweisen). Dies ist jedoch - im Gegensatz etwa zum deutschen Recht -
nicht der Fall (vgl. § 49 Abs. 4 IRG und den kritischen Kommentar in
VOGLER/WALTER/WILKITZKI, N. 43 zu § 49 und N. 12 zu § 66 IRG).

    dd) Ein weiteres Argument für die grundsätzliche Bejahung der
Vollstreckungsmöglichkeit ausländischer Einziehungsentscheide ergibt sich
übrigens aus den Bestimmungen über die Auslieferung. Diese kann sowohl
zur Strafverfolgung als auch zum Vollzug einer freiheitsbeschränkenden
Sanktion erfolgen (Art. 32 IRSG). In beiden Fällen gilt aber für
die Sachauslieferung dieselbe Regelung (Art. 34 IRSG). Wird also dem
ersuchenden Staat zusammen mit dem Verurteilten auch das Deliktsgut
ausgehändigt, so kommt dies unter Umständen der Vollstreckung eines im
ersuchenden Staat ausgefällten Einziehungsentscheides gleich. Es ist nicht
einzusehen, weshalb dann anders zu verfahren wäre, wenn der ausländische
Staat lediglich um Herausgabe der zur Einziehung bestimmten Beute ersucht,
weil sich der Verurteilte bereits im ersuchenden Staat oder in einem
Drittstaat befindet.

    c) Ist somit davon auszugehen, dass Art. 94 Abs. 2 IRSG grundsätzlich
auch den Vollzug von Einziehungsentscheiden zulässt, stellt sich die
weitere Frage, wie es mit der in Art. 94 Abs. 1 lit. a umschriebenen
Bedingung stehe, dass der Verurteilte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in
der Schweiz haben oder sich hier wegen einer schweren Tat verantworten
müsse. Diese Voraussetzung hat offensichtlich nur einen Sinn, wenn es um
die Übernahme der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe geht. Einzig in
diesem Fall kommt dem Problem der Resozialisierung Bedeutung zu. Fällt
dagegen eine Wiedereingliederung zum vornherein ausser Betracht, erübrigt
sich die Voraussetzung von Art. 94 Abs. 1 lit. a IRSG. Dementsprechend
können gemäss Art. 94 Abs. 4 IRSG Bussen sowie Kosten auch vollstreckt
werden, "wenn der Verurteilte seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland
hat", aber in der Schweiz über Vermögenswerte verfügt. Nun wird zwar
in Art. 94 Abs. 4 die Einziehung nicht ausdrücklich erwähnt, doch ergibt
sich aus Sinn und Zweck dieser Norm in Verbindung mit Art. 94 Abs. 1 und
2 IRSG, dass auch dann von der Bedingung des gewöhnlichen Aufenthaltes
des Verurteilten in der Schweiz abgesehen werden kann, wenn es um die
Einziehung von Deliktsgut geht und sich dieses (und nicht irgendwelche
Vermögenswerte des Verurteilten) in der Schweiz befindet. Es wäre in
der Tat unverständlich, weshalb die Schweiz dem ersuchenden Staat zwar
die Vermögenswerte des Verurteilten in Höhe der ihm auferlegten Busse
und Kosten aushändigen, den Verurteilten aber im ungestörten Genuss des
Deliktsguts lassen sollte. Eine solche Lösung würde sich mit dem in
Art. 94 Abs. 1 lit. c ausgedrückten Gedanken, dass die Vollstreckung
ausländischer Strafentscheide von der Schweiz übernommen werden soll,
"wenn sie im ersuchenden Staat ausgeschlossen erscheint", auch kaum
vereinbaren lassen und stünde in Widerspruch mit dem bereits zitierten
Bundesgerichtsentscheid vom 31. Januar 1986 über die Rechtmässigkeit
eines schweizerischen Beschlusses zur Einziehung von Vermögenswerten
im Ausland: Ein solcher Beschluss kann nur in Erwartung dessen oder
zumindest in der Hoffnung darauf ergehen, dass der ausländische Staat,
in dem die Vermögenswerte liegen, zur Vollstreckung der Einziehung Hand
biete. Es stünde der Schweiz aber schlecht an, eine solche Rechtshilfe
von ausländischen Staaten zu erwarten und diese selbst im internen Recht
auszuschliessen.

    d) Damit ist die Frage noch nicht beantwortet, worin der Rechtshilfeakt
der Vollstreckung ausländischer Einziehungsentscheide bestehe, nämlich in
der Einziehung der fraglichen Gegenstände oder Vermögenswerte durch die
Schweiz selbst oder in deren Aushändigung an den ersuchenden Staat. Art. 47
Ziff. 1 des Europäischen Übereinkommens über die internationale Geltung von
Strafurteilen sieht vor, dass die Bussen und die einzuziehenden Beträge
dem ersuchten Staat anheimfielen, ohne dass dadurch die Rechte Dritter
beeinträchtigt würden ("le produit des amendes et des confiscations revient
au trésor de l'Etat requis, sans préjudice des droits des tiers"). Im
erläuternden Bericht wird hiezu bemerkt, diese Lösung sei das Gegenstück
zu Art. 14 (wonach die Vertragsparteien darauf verzichten, die aus der
Anwendung des Übereinkommens entstehenden Kosten geltend zu machen)
und solle buchhalterische Operationen zwischen den Vertragsstaaten
ausschliessen. Das IRSG sagt über diese Frage nichts aus. Allerdings
bestimmt Art. 107 Abs. 3 IRSG, falls nur ein Kostenentscheid vollstreckt
worden sei, würden die eingezogenen Beträge nach Abzug der Kosten dem
ersuchenden Staat überwiesen, sofern er Gegenrecht halte. Eine solche
Regelung rechtfertigt sich grundsätzlich auch für den Vollzug von
Einziehungsbeschlüssen, insbesondere für den Fall, dass eine bereits
im Rahmen des "anderen" Rechtshilfeverfahrens verlangte Herausgabe bis
zum Vorliegen des rechtskräftigen ausländischen Einziehungsentscheides
aufgeschoben worden ist. Dass damit in der Art des Vollzuges der
Einziehung vom Europäischen Übereinkommen abgewichen wird, lässt sich
dadurch rechtfertigen, dass im europäischen Raum aufgrund der Häufigkeit
der gegenseitigen Rechtshilfe mit einem gewissen Ausgleich der eingezogenen
Beträge gerechnet werden kann, während für die seltenere Zusammenarbeit
mit anderen Staaten ein solches Ergebnis nicht zu erwarten ist.

    Was die in Art. 94 Abs. 4 und Art. 107 Abs. 3 IRSG vorgesehene
Bedingung des Gegenrechts anbelangt, findet sie ihre Erklärung darin, dass
der ersuchende Staat in der Regel nur ein finanzielles Interesse an der
Vollstreckung des Bussen- oder Kostenentscheides hat und auf irgendwelche
Vermögenswerte des Verurteilten in der Schweiz, nicht nur auf Deliktsgut,
gegriffen werden kann. Die Frage, ob das Gegenrechts-Erfordernis unbedingt
auch gelte, wenn es um den Vollzug der Einziehung von Deliktsgut geht
und daher vermehrt auch öffentliche Interessen auf dem Spiele stehen,
braucht hier nicht näher untersucht zu werden.

Erwägung 9

    9.- Besteht demnach grundsätzlich die Möglichkeit, die Herausgabe
von Deliktsgut aufzuschieben und die verlangte Rechtshilfe in Form der
Vollstreckung des materiellen Strafentscheides zu leisten, gewinnen die
verjährungs- und übergangsrechtlichen Probleme an Bedeutung.

    a) Nach Art. 6 lit. 1 des Europäischen Übereinkommens über die
internationale Geltung von Strafurteilen kann der Vollzug eines
ausländischen Entscheides unter anderem verweigert werden, wenn die
Sanktion nach dem Recht des ersuchten Staates bereits verjährt ist ("si
la sanction est déjà prescrite selon la loi de l'Etat requis"). Die
Rechtshilfe muss somit nicht mehr geleistet werden, wenn im ersuchten
Staat, hätte dieser die Strafe oder die Massnahme ausgefällt, schon die
Vollstreckungsverjährung eingetreten wäre. Dagegen hat der ersuchte Staat
nicht zu untersuchen, ob im Zeitpunkt, als das Urteil ausgesprochen wurde,
die Strafverfolgung nach eigenem Recht schon verjährt gewesen wäre.
Immerhin wird mit Rücksicht auf die Verschiedenheit der nationalen
Gesetzgebungen im Anhang I lit. c zum Übereinkommen den Vertragsstaaten
die Möglichkeit eingeräumt, sich vorzubehalten, die Vollstreckung eines
Strafurteils zu verweigern, das im ersuchenden Staat erst erging, als
nach eigenem Recht die Verfolgungsverjährung eingetreten war.

    Der schweizerische Gesetzgeber hat in Art. 95 Abs. 1 IRSG
die Vollstreckbarerklärung sowohl als unzulässig bezeichnet, wenn
die Verurteilung in einem Zeitpunkt erfolgte, in dem bei Anwendung
schweizerischen Rechts die Strafverfolgung absolut verjährt gewesen
wäre (lit. a), als auch, wenn die Sanktion nach schweizerischem
Recht verjährt wäre, sofern eine schweizerische Behörde sie im
gleichen Zeitpunkt ausgesprochen hätte (lit. b). Bei einem Beitritt
der Schweiz zum Europäischen Übereinkommen über die internationale
Geltung von Strafurteilen - die allerdings heute als eher fraglich
erscheint (vgl. die Berichte des Bundesrates über die Schweiz und die
Konventionen des Europarates vom 22. Februar 1894, BBl 1984 I 816, und
vom 24. Februar 1988, BBl 1988 II 294) - müsste daher von der erwähnten
Vorbehalts-Möglichkeit Gebrauch gemacht werden.

    Für die hier untersuchte Frage der Opportunität einer späteren
Vollstreckung des Einziehungsentscheides anstelle der sofortigen Herausgabe
von Deliktsgut ergibt sich aus der Regelung von Art. 95 IRSG, dass ein
solcher Aufschub jedenfalls nicht zum Resultat führen darf, dass die
Rechtshilfe infolge der noch vor der ausländischen Verurteilung nach
schweizerischem Recht eingetretenen Verfolgungsverjährung nicht mehr
geleistet werden kann. Dieser Gefahr müsste irgendwie begegnet werden:
Einerseits könnte die Herausgabe sofort vorgenommen und mit einer
Rückgabeverpflichtung verbunden werden für den Fall, dass innert Frist
entweder überhaupt kein Sachurteil ergeht oder dass die fraglichen
Gegenstände der Einziehung nicht unterliegen. Andererseits bestünde
allenfalls die Möglichkeit, vorweg richterlich festzustellen, dass die
verlangte Herausgabe zulässig sei, deren Vollzug aber bis zum Vorliegen
des Sachurteils aufzuschieben. In diesem zweiten Fall dürfte wohl davon
ausgegangen werden, dass der Grundsatzentscheid über die Herausgabe im
"anderen" Rechtshilfeverfahren getroffen und damit auch die Frage der
Verfolgungsverjährung endgültig beantwortet worden sei, so dass sie im
nachfolgenden Exequaturverfahren nicht mehr aufgeworfen werden könne.

    b) Die Bestimmungen des IRSG sind grundsätzlich ab Inkrafttreten
des Gesetzes anwendbar, auch wenn der Sachverhalt, auf dem das
Rechtshilfebegehren beruht, weiter zurückliegt (Art. 110 Abs. 1 IRSG
e contrario; BGE 109 Ib 62 E. 2). Als Ausnahme von diesem Grundsatz
sieht jedoch Art. 110 Abs. 2 IRSG vor, dass die Strafverfolgung und
die Vollstreckung nach dem vierten und fünften Teil dieses Gesetzes
nur übernommen werden können, wenn die Tat, auf die sich das Ersuchen
bezieht, nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes begangen worden
ist. Würde diese Vorschrift ihrem Wortlaut gemäss angewendet, so
führte dies zum Ergebnis, dass die Schweiz zwar in Rahmen der "anderen
Rechtshilfe" gestützt auf Art. 63 und 74 IRSG Deliktsgut zur Einziehung
an den ersuchenden Staat herausgeben könnte, selbst wenn die strafbare
Handlung vor Inkrafttreten des IRSG begangen wurde, dagegen den einmal
ausgefällten Einziehungsentscheid nicht mehr vollstrecken dürfte. Auch
diese Widersprüchlichkeit des Gesetzes ist in dem Sinne zu lösen, dass
dort, wo eine Herausgabe der Beute vor Ausfällung des Sachentscheides
möglich ist, sie nach dem Urteilsspruch nicht mit Hinweis auf Art. 110
Abs. 2 IRSG verweigert werden darf.

Erwägung 10

    10.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die Bestimmungen von Art. 63
Abs. 1 und 74 Abs. 2 IRSG die Herausgabe der Beute oder des Erlöses aus
ihrer Verwertung ohne Einschränkung des Zweckes an den ersuchenden Staat
gestatten, wenn in diesem ein Strafverfahren hängig ist. Die Herausgabe
von Deliktsgut ist gemäss Art. 94 Abs. 1, 2 und 4 IRSG auch noch in
Vollstreckung eines Einziehungsentscheides möglich, und zwar unabhängig
vom gewöhnlichen Aufenthalt des Verurteilten und ungeachtet der Frage,
ob im Zeitpunkt des Sachentscheides die Verfolgungsverjährung im Sinne
von Art. 95 Abs. 1 lit. a IRSG eingetreten sei, falls sie im Zeitpunkt
des Entscheides über das Herausgabegesuch im Rahmen des "anderen"
Rechtshilfeverfahrens noch nicht eingetreten war; der Umstand, dass
die Tat, auf die sich das Ersuchen bezieht, vor Inkrafttreten des IRSG
begangen worden ist, ist trotz Art. 110 Abs. 2 IRSG in diesem Falle
unerheblich. Ist im ersuchenden Staat kein Strafverfahren hängig, fällt
die Herausgabe von Deliktsgut als "andere" Rechtshilfeleistung nur zur
Rückerstattung an den dinglich Berechtigten in Betracht, soweit dadurch
keine Rechte Dritter beeinträchtigt werden.

Erwägung 11

    11.- Nach Ansicht der Beschwerdeführerinnen kommt die Herausgabe von
Gegenständen der Einziehung im Sinne von Art. 58 StGB gleich und darf
daher wie diese nur vom Richter und nicht von einer Verwaltungsbehörde
wie der Staatsanwaltschaft angeordnet werden. Dies trifft jedoch nicht zu.

    a) Der Herausgabeentscheid besteht allein in der Feststellung,
dass die Voraussetzungen zur Leistung von Rechtshilfe in Form der
Herausgabe erfüllt sind; durch die Aushändigung werden die im ersuchten
Staat beschlagnahmten Gegenstände neu der Gerichtsbarkeit des ersuchenden
Staates unterstellt. Über das endgültige Schicksal der herauszugebenden
Objekte hat sich die Rechtshilfebehörde nicht auszusprechen und entscheidet
damit auch nicht über zivilrechtliche Ansprüche oder Verpflichtungen
noch über die Stichhaltigkeit einer strafrechtlichen Anklage im Sinne
von Art. 6 EMRK; der Sachentscheid über eine allfällige Einziehung oder
über zivilrechtliche Ansprüche an den herausgegebenen Objekten muss
von den Gerichtsbehörden des ersuchenden Staates in Anwendung des dort
geltenden Rechts erst noch gefällt werden. Nach ständiger Rechtsprechung
der Strassburger Organe gelten denn auch die in Art. 6 Abs. 1 EMRK
umschriebenen prozessualen Anforderungen dem Grundsatze nach nicht für
Auslieferungs-, sonstige Rechtshilfe- oder Exequaturverfahren, während
sich die von einem solchen Verfahren Betroffenen etwa auf Art. 3, 4, 5
Abs. 1 lit. f oder 8 EMRK berufen können (vgl. Internationaler Kommentar
zur Europäischen Menschenrechtskonvention, N. 186, 247 f. 253 ff. zu Art. 6
EMRK, FROWEIN/PEUKERT, EMRK-Kommentar, N. 36 zu Art. 6, VPB 1987 Nrn. 73
und 82, je mit Hinweisen). Daher braucht auch die Frage, ob die - bloss -
letztinstanzliche Überprüfung des Rechtshilfeentscheides durch ein Gericht
vor Art. 6 Abs. 1 EMRK standhalte oder nicht, nicht geprüft zu werden.

    b) Nach Art. 16 Abs. 1 IRSG obliegt den Kantonen die Ausführung von
Ersuchen um andere Rechtshilfe, die stellvertretende Strafverfolgung und
die Vollstreckung von Strafentscheiden, soweit das Bundesrecht nichts
anderes vorsieht. Die Kantone bestimmen Zuständigkeit, Organisation
und Amtsführung der ausführenden Behörden (Art. 16 Abs. 2 und Art. 79
Abs. 1 IRSG), wobei für Prozesshandlungen das in Strafsachen massgebende
Verfahrensrecht gilt (Art. 12 Satz 2 IRSG). Das Bundesgericht hat sich über
diese vom Bundesgesetzgeber gewollte Kompetenzzuweisung und daher auch über
die im Kanton Zürich getroffene Zuständigkeitsordnung nicht auszusprechen.

    c) Es ist indessen einzuräumen, dass der Herausgabeentscheid,
auch wenn er weitgehend administrativer Natur ist, einschneidend in die
Rechtsstellung des Inhabers der herauszugebenden Sachen eingreift, und
zwar schon deshalb, weil diese der schweizerischen Gerichtsbarkeit entzogen
werden. Die Möglichkeit, beim Bundesgericht Verwaltungsgerichtsbeschwerde
zu erheben, welche eine freie Prüfung der Rechts- und Sachverhaltsfragen
ohne Bindung an die Parteianträge erlaubt, bietet indessen für die
Rechtmässigkeit des Eingriffs genügend Gewähr.

    Übrigens darf zwar nach dem Europäischen Übereinkommen über
die internationale Geltung von Strafurteilen die Vollstreckung eines
ausländischen Urteils nur auf den Entscheid eines Richters im ersuchten
Staat hin vorgenommen werden. Die Vertragsstaaten können jedoch eine andere
Behörde, so auch eine Verwaltungsbehörde, mit diesem Entscheid betrauen,
wenn es um die Vollstreckung einer Busse oder einer Einziehung geht und
sofern der Entscheid an zwei richterliche Instanzen weitergezogen werden
kann (Art. 37 und 41). Eine solche zweistufige richterliche Überprüfung
wäre de lege ferenda allgemein auch für die Schweiz wünschenswert.

Erwägung 12

    12.- Die Frage der beidseitigen Strafbarkeit wird in der vorliegenden
Beschwerde zu Recht nicht mehr aufgeworfen. Sie ist für das hier zur
Diskussion stehende Delikt bereits in den Entscheiden vom 22. Dezember
1983 (E. 4) und vom 4. Juli 1984 (E. 5) beantwortet worden. Mit Blick auf
Art. 64 Abs. 1 IRSG ist lediglich noch beizufügen, dass C. und L. als
stellvertretende Direktoren eines staatlichen Betriebes in der Schweiz
zweifellos Beamte gewesen wären und sich durch die ihnen vorgeworfene Tat
der ungetreuen Amtsführung (Art. 314 StGB) bzw. der passiven Bestechung
(Art. 315 StGB) und nicht nur der ungetreuen Geschäftsführung (Art. 159
StGB) schuldig gemacht hätten.

Erwägung 13

    13.- Aus den vorstehenden allgemeinen Erwägungen ergibt sich für den
vorliegenden Fall im weiteren folgendes:

    a) In Mexiko läuft im Zusammenhang mit der im Sachverhalt (lit. A)
geschilderten Entgegennahme von Schmiergeldern ein Strafverfahren. Die
Herausgabe der beschlagnahmten Vermögenswerte ist daher grundsätzlich zu
jedem Zweck - zur Einziehung, zum Verfall, zur Rückgabe an den Eigentümer
oder zur Deckung von Kosten oder Schadenersatzansprüchen - möglich. Es
erübrigt sich deshalb zu untersuchen, welcher Art die von der Pemex geltend
gemachten Ansprüche seien und ob eine Rückerstattung an sie als Berechtigte
im Sinne der Ausnahmeregelung von Art. 74 Abs. 2 IRSG in Betracht falle,
was wohl zu verneinen wäre.

    b) Dass die beschlagnahmten Vermögenswerte aus der fraglichen
strafbaren Handlung herrühren, ist, wie die Zürcher Staatsanwaltschaft
zu Recht festgestellt hat, höchst wahrscheinlich. Nach den Angaben
der Schweizerischen Volksbank in Zürich wurden den am 7. August 1978
von C. und L. eröffneten Bankkonten "Suerte" und "Pingo", bestehend
je aus einem US$-Konto und einem Wertschriftendepot, verschiedene
internationale Bank-Checks gutgeschrieben, welche nach Darstellung der
mexikanischen Behörden mit den Schmiergeldern gekauft worden waren. Das
Konto "Suerte" wurde am 13. Mai 1981 auf Wunsch von C. geschlossen und die
Vermögenswerte wurden zunächst in die Travellers Foundation und hernach
in die Big Venture Foundation eingebracht. Die Travellers Foundation hat
am 10. Mai 1983 die Geschäftsbeziehungen mit der Volksbank aufgelöst; die
restlichen Vermögenswerte sind auf Anweisung von C. auf die Verwaltungs-
und Privatbank in Vaduz übertragen worden. Vom Konto "Pingo", das auf
Verlangen von L. am 25. Februar 1982 geschlossen wurde, flossen die Gelder
in die Felina Foundation. Nach Auskunft der Schweizerischen Volksbank sind
seit der Eröffnung der "Liechtensteiner" Konten keine Checküberweisungen
oder Einlagen mehr erfolgt und nur noch Anlagen bzw. Wiederanlagen
getätigt worden.

    Die Beschwerdeführerinnen machen vor Bundesgericht nicht mehr geltend,
dass allenfalls nur die Summe von US Dollar 5'136'723.-- als ursprünglicher
Gegenwert der Banktratten, die die mexikanischen Behörden in ihrem ersten
Rechtshilfebegehren aufgeführt hatten, herauszugeben sei. Ebensowenig
wird in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde behauptet oder belegt, dass auf
die Konten "Suerte" und "Pingo" weitere Vermögenswerte geflossen seien,
die anderer Herkunft seien als die erwähnten Checkzahlungen, welche nach
Angaben der mexikanischen Behörden aus der Bestechungsaffäre Crawford
stammen. Unter diesen Umständen besteht kein Anlass zu zusätzlichen
Untersuchungen und darf davon ausgegangen werden, dass die beschlagnahmten
Vermögenswerte aller Wahrscheinlichkeit nach Deliktsgut bzw. Erlös und
Erträge aus diesem bilden.

    c) Wie dargelegt (E. 7g-aa) würde eine Herausgabe der Vermögenswerte
nicht in Frage kommen, wenn diese aufgrund des internen Rechts in der
Schweiz selbst einzuziehen wären. Für das C. und L. angelastete, in
Mexiko begangene Delikt besteht jedoch keine ursprüngliche schweizerische
Strafhoheit (vgl. Art. 3-7 StGB). Durch die Entgegennahme der Schmiergelder
in Mexiko ist die Straftat nicht nur vollendet, sondern auch beendigt
worden, was die Annahme, ein Teil der Tat sei in der Schweiz begangen
worden, ausschliesst (vgl. BGE 107 IV 2, 99 IV 122 E. 1; HANS SCHULTZ,
Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Bd. I, 4. A. S. 108,
136).

    Unabhängig von der verfolgten, in Mexiko begangenen Straftat könnte
eine Einziehung der aus ihr hervorgegangenen Vermögenswerte in der
Schweiz nur in Betracht fallen, wenn die Stiftungsorgane, die auch in
der Schweiz gehandelt haben, sich der Hehlerei schuldig gemacht hätten
(Art. 144 StGB). Nichts weist jedoch darauf hin, dass die Stiftungsorgane
im Zeitpunkt der Errichtung der Stiftungen oder der Übertragung der
Vermögenswerte um deren deliktische Herkunft gewusst hätten oder sie
hätten annehmen müssen.

    d) Die Stiftungen berufen sich darauf, dass sie juristische Personen
liechtensteinischen Rechts und im mexikanischen Strafverfahren nicht
angeschuldigt seien; eine Herausgabe ihrer Vermögenswerte sei daher
gemäss Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG jedenfalls so lange ausgeschlossen,
als die zuständige Gerichtsbehörde nicht entschieden habe. Auch dieser
Einwand erweist sich jedoch als unbegründet.

    aa) Wie bereits ausgeführt (E. 7e), kann die Herausgabe von Deliktsgut,
das nicht als Beweismittel benötigt wird, nur angeordnet werden, wenn
einem der im ausländischen Strafverfahren Beschuldigten tatsächliche
oder rechtliche Verfügungsgewalt über die fraglichen Gegenstände oder
Vermögenswerte zusteht. Ob diese Voraussetzung erfüllt sei, wird von der
Rechtshilfebehörde, die über die Zulässigkeit der Rechtshilfe an sich
und über die Herausgabe zu befinden hat, selbst entschieden. Sie hat in
Anwendung des schweizerischen Rechts zu untersuchen, ob der Verfolgte
nicht Vorkehren getroffen, insbesondere weitere Personen als Treuhänder
oder Strohmänner eingeschaltet habe, um die wahren Verhältnisse und die
eigene Verfügungsbefugnis zu verschleiern. Trifft dies zu, so sind diese
physischen oder juristischen Personen im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens
nicht als Dritte, sondern als Beteiligte zu betrachten und dem Verfolgten
gleichzustellen, unabhängig davon, ob ihnen ebenfalls eine strafbare
Handlung vorgeworfen werden könne oder nicht. In solchen Situationen
bleibt, da die formellen Eigentumsverhältnisse nicht massgebend sein
können, kein Raum für eine Anwendung von Art. 34 Abs. 3 und 4 IRSG
(vgl. sinngemäss BGE 97 I 386 f.).

    Dieser Schluss ergibt sich ebenfalls aus dem Grundsatz von Treu und
Glauben und dem Verbot des Rechtsmissbrauchs, die in Art. 2 ZGB verankert
sind, aber auch auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts ihre Gültigkeit
haben (vgl. etwa BGE 111 Ib 94, 108 Ib 385 E. 3b). Wohl ist grundsätzlich
die rechtliche Selbständigkeit einer Gesellschaft oder Stiftung auch
dann zu respektieren, wenn sie wirtschaftlich gesehen einer einzigen
Person gehört, doch kann das nur so lange gelten, als die Berufung auf
die eigene Rechtspersönlichkeit unter den konkreten Umständen nicht
rechtsmissbräuchlich erfolgt (BGE 108 II 214 mit Hinweisen auf weitere
Urteile und die Lehre).

    bb) Nach den Bescheinigungen des Öffentlichkeitsregisteramtes Vaduz hat
die Travellers Foundation den Zweck, "Zuwendungen an die in einem Reglement
genannten Begünstigten vorzunehmen", während der Zweck der beiden anderen
Stiftungen mit "Verwaltung des Stiftungsvermögens und dessen Verwendung
zugunsten und im Interesse der im Reglement genannten Begünstigten"
umschrieben wird. Der Stiftungsrat ist für alle drei Stiftungen gleich
zusammengesetzt und besteht aus Dr. W., Zürich, sowie lic. iur. B.,
Schaan, beide einzelzeichnungsberechtigt.

    Stiftungsrat B. hat anlässlich seiner Einvernahme als Zeuge vor
dem Fürstlich Liechtensteinischen Landgericht am 15. November 1984
ausgesagt, er habe die Big Venture Foundation und die Felina Foundation
über sein Treuhandunternehmen im Auftrage von Dr. W. gegründet. Er übe
sein Amt als Stiftungsrat treuhänderisch aus, als "Treuhänderrat" der F.,
Vaduz, eines seinem "wirtschaftlichen Einflussbereich zuzurechnenden"
liechtensteinischen Treuunternehmens, mit dem die beiden Stiftungen
Mandatsverträge abgeschlossen hätten. Auftraggeber und Weisungsberechtigter
sei für die Felina Foundation L. und für die Big Venture Foundation
C. Diese beiden seien auch die Erstbegünstigten je ihrer Stiftung. Über
die Travellers Foundation ist B. nicht befragt worden, doch ergibt sich aus
den seinerzeit von der Schweizerischen Volksbank der Bezirksanwaltschaft
erteilten Auskünften, auf die bereits Bezug genommen worden ist (E. 13b),
dass C. über die Konten dieser Stiftung verfügte und die fraglichen
Vermögenswerte, soweit sie nicht in die Big Venture Foundation einflossen,
im Mai 1981 der Verwaltungs- und Privatbank in Vaduz übertragen liess.

    Aus diesen Aussagen und Auskünften ist zu folgern, dass die drei
beschwerdeführenden Stiftungen im Rahmen des Rechtshilfeverfahrens als
mit C. und L. identisch betrachtet werden müssen und sich nicht auf
ihre eigene Rechtspersönlichkeit berufen können, um sich der Herausgabe
zu widersetzen. Die auf ihren Namen lautenden Vermögenswerte, die
höchstwahrscheinlich aus dem im mexikanischen Ersuchen geschilderten
Delikt herrühren, stehen ohne Zweifel in der Verfügungsmacht der beiden
Verfolgten.

Erwägung 14

    14.- Nach dem Gesagten steht fest, dass die Voraussetzungen für
die Herausgabe der von der Bezirksanwaltschaft Zürich beschlagnahmten
Vermögenswerte erfüllt sind. Zu prüfen bleibt, ob die Übergabe sofort
zu vollziehen oder bis zum Vorliegen des Sachentscheides aufzuschieben
sei. Ein solcher Aufschub ist von der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich
abgelehnt, die sofortige Herausgabe jedoch nur mit der Auflage bewilligt
worden, dass die Vermögenswerte samt Zins und Zinseszins zurückzuüberweisen
seien, sofern das mexikanische Strafgericht "einen Entscheid nicht fällen
könne". Gegen diese Auflage wenden die Beschwerdeführerinnen mit Recht ein,
dass sie unklar sei und insbesondere die Fragen offenlasse, ob irgendein -
auch ein prozessualer - Entscheid zur Einhaltung der Auflage genüge und
wie lange ein allfälliges Urteil bis zur Rückgabe der Gelder abgewartet
werden müsse. Es sprechen aber auch noch andere Gründe gegen eine mit
Auflagen verbundene Herausgabe im jetzigen Zeitpunkt:

    Wie bereits dargelegt, liegt in der zweckungebundenen Herausgabe von
Vermögenswerten noch nicht Verurteilter ein schwerer Eingriff in deren
Rechtsstellung, der nur angeordnet werden darf, wenn alle Garantien
dafür vorhanden sind, dass über das Schicksal dieser Vermögenswerte
in einem den Verfahrensgrundsätzen der EMRK entsprechenden Prozess
entschieden wird (Art. 2 lit. a IRSG) und dass zudem die Verfolgten,
sollten sie freigesprochen oder ihnen die Vermögenswerte aus anderen
Gründen zugesprochen werden, in jeder Hinsicht schadlos gehalten
werden. Ein anderes Ergebnis wäre mit der schweizerischen Rechtsordnung
und insbesondere mit der Eigentumsgarantie nicht vereinbar.

    Nun gehört Mexiko als aussereuropäischer Staat nicht zu den
Unterzeichnerstaaten der EMRK und ist deshalb nicht gehalten, die
in der Konvention umschriebenen Grundsätze zu befolgen. Das will
indessen keineswegs heissen, es sei nicht zu erwarten, dass über
die strafrechtliche Verantwortlichkeit der beiden Verfolgten und
über das Schicksal der herausverlangten Vermögenswerte nicht in einem
rechtmässigen, der mexikanischen Gesetzgebung entsprechenden Verfahren
entschieden werde. Vielmehr ist der Einwand der beiden Verfolgten,
das Strafverfahren sei aus politischen Gründen gegen sie eingeleitet
worden und sie könnten von vornherein nicht mit einem fairen Prozess
rechnen, bereits in BGE 110 Ib 182 ff. E. 6b zurückgewiesen worden. Der
hier in Frage stehende schwere Eingriff verlangt jedoch nach sicherer
Gewähr, dass der noch zu fällende mexikanische Sachentscheid in einem
in allen Teilen den Anforderungen von Art. 6 EMRK gerecht werdenden
Verfahren zustande komme. Ob diesem Erfordernis durch einen mit der
sofortigen Herausgabe verbundenen Vorbehalt Genüge getan werden könne,
ist fraglich, da durch diesen ja keine nachträgliche Kontrollmöglichkeit
geschaffen werden kann. Jedenfalls wäre er durch die weitere Auflage zu
ergänzen, der Staat Mexiko habe für den Fall, dass die herausgegebenen
Vermögenswerte an C. und L. zurückgegeben werden müssten, die Verpflichtung
zu übernehmen, diesen jeden Schaden - auch Zinsverluste oder Einbussen
durch Kursschwankungen - zu ersetzen. Dass sich angesichts der Höhe
der hier umstrittenen Beträge eine Herausgabe im heutigen Zeitpunkt zum
erheblichen Nachteil des ersuchenden Staates auswirken könnte, braucht
nicht näher erläutert zu werden. Wird weiter in Betracht gezogen, dass
dem Interesse der Privaten am einstweiligen Verbleiben der Vermögenswerte
in der Schweiz insofern nur ein beschränktes öffentliches Interesse des
ersuchenden Staates an der sofortigen Herausgabe gegenübersteht, als die
Vermögenswerte zur Durchführung des mexikanischen Prozesses an sich nicht
benötigt werden und während der Dauer der schweizerischen Beschlagnahme der
Verfügungsmacht der Verfolgten entzogen bleiben, so erscheint eine Übergabe
der Gelder im heutigen Zeitpunkt als unverhältnismässig und ist diese
bis zum Vorliegen des mexikanischen Sachentscheides aufzuschieben. Eine
solche Lösung gestattet der Schweiz, das rechtskräftige mexikanische
Urteil im Exequaturverfahren zu überprüfen, und steht weder mit den
allgemeinen Anliegen der Verbrechensbekämpfung noch mit dem besonderen
Interesse des ersuchenden Staates in Widerspruch, solange die von der
Bezirksanwaltschaft Zürich verfügte Beschlagnahme aufrechterhalten bleibt.
Für einen Aufschub der Rechtshilfe spricht schliesslich auch, dass die
Pemex - wie im Sachverhalt angeführt - inzwischen im Kanton Zürich das
Arrestprosequierungsverfahren eingeleitet hat und nicht ausgeschlossen
ist, dass das Rechtshilfeverfahren durch den zivilrechtlichen Entscheid
gegenstandslos werden könnte. Unter den hier gegebenen Umständen ist
daher die Verwaltungsgerichtsbeschwerde teilweise gutzuheissen und der
angefochtene Entscheid der Zürcher Staatsanwaltschaft aufzuheben, wobei
anzuordnen ist, dass die fraglichen Vermögenswerte weiterhin zugunsten
Mexikos beschlagnahmt bleiben.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1. Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird teilweise gutgeheissen
und der Entscheid der Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich vom 1. April
1987 aufgehoben.

    Dem Rechtshilfebegehren der Vereinigten Staaten von Mexiko, das
hängig bleibt, wird zur Zeit nicht entsprochen und die Sache an die
Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich zurückgewiesen.

    2. Die herausverlangten Vermögenswerte bleiben im Sinne der Erwägungen
weiterhin durch die zürcherischen Behörden zugunsten der Vereinigten
Staaten von Mexiko beschlagnahmt.