Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 396



115 Ib 396

55. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 14.
Dezember 1989 i.S. X.-Stiftung gegen Kantonale Verwaltung für die direkte
Bundessteuer sowie Kantonale Rekurskommission für eidgenössische Abgaben
des Kantons Basel-Stadt (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Steuerbefreiung einer Personalvorsorgestiftung nach Art. 16 Ziff. 4bis
BdBSt:

    1. Die Steuerbefreiung setzt voraus, dass die Personalvorsorgestiftung
neben der Personalvorsorge keinen weiteren Zweck verfolgt.

    2. Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die
Personalvorsorgestiftung der Stifterfirma wesentliche Teile des
Grundkapitals zur Verfügung stellt.

Sachverhalt

    A.- Die X.-Stiftung wurde mit öffentlicher Stiftungsurkunde vom
29. Dezember 1983 von H. X. und der Firma A. AG ("Stifterfirma") als
Stiftern errichtet. Die Stiftungsurkunde umschreibt den Zweck in Art. 3
wie folgt:

    "1. Die Stiftung bezweckt die Vorsorge für die leitenden Mitarbeiter
   der Stifterfirma bzw. deren Angehörige oder Hinterbliebene gegen die
   wirtschaftlichen Folgen des Alters, der Invalidität, der Krankheit,
   des Unfalls, der Arbeitslosigkeit und der unverschuldeten Notlage.

    2. In Erfüllung des Stiftungszwecks kann die Stiftung auch Zuwendungen
   an bestehende Vorsorgeeinrichtungen zugunsten der unter Ziff. 1
   erwähnten Destinatäre sowie der übrigen Arbeitnehmer der Stifterfirma
   gewähren. Insbesondere kann die Stiftung reglementarische

    Arbeitgeberbeiträge im Namen und für Rechnung der Stifterfirma an
   andere Vorsorgeeinrichtungen derselben leisten.

    Der Stiftungsrat wird Reglemente erlassen, in welchen der Kreis der

    Begünstigten und die Art und der Umfang der Leistungen festgelegt
   sind. Solche Reglemente bedürfen der Genehmigung durch den

    Verwaltungsrat der Stifterfirma und können jederzeit mit Genehmigung
   des Verwaltungsrates abgeändert werden. Der Erlass sowie die Änderung
   der Reglemente sind der Aufsichtsbehörde bekanntzugeben."

    Bei der Gründung widmete H. X. der Stiftung seine 38 Namenaktien der
Stifterfirma zum Nominalwert von je Fr. .... und die Stifterfirma einen
Betrag von Fr. ... Die Aktien der Stifterfirma sind in 40 Namenaktien mit
einem Nennwert von je Fr. ... und in 1000 Namenaktien (Stimmrechtsaktien)
mit einem Nennwert von je Fr. ... eingeteilt. Die 38 gewidmeten Namenaktien
entsprechen einem Kapitalanteil von 76% am Grundkapital der Stifterfirma
und einem Stimmenanteil von 3,65%.

    Die Kantonale Verwaltung für die direkte Bundessteuer des Kantons
Basel-Stadt verweigerte der X.-Stiftung für die direkte Bundessteuer
die veranlagte Steuerbefreiung und veranlagte sie am 6. September 1985
zur direkten Bundessteuer 1983/84. Auf Einsprache der Stiftung hielt
sie an der Verweigerung der Steuerbefreiung (und der im übrigen nicht
beanstandeten Veranlagung) fest. Die dagegen erhobene Beschwerde wies
die Kantonale Rekurskommission für eidgenössische Abgaben ab.

    Gegen diesen Entscheid führt die X.-Stiftung am 19. Mai 1989
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht mit dem Antrag, der
angefochtene Entscheid und die Veranlagung zur direkten Bundessteuer
1983/84 seien aufzuheben und sie sei gemäss Art. 16 Ziff. 4bis altBdBSt
von der direkten Bundessteuer 1983/84 zu befreien. Das Bundesgericht
weist die Beschwerde ab

Auszug aus den Erwägungen:

                  aus folgenden Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Steuerbefreiung für Personalvorsorgestiftungen war in
Art. 16 Ziff. 4bis altBdBSt wie folgt umschrieben:

    "Von der Steuerpflicht sind befreit:

    4bis. die nach den Artikeln 80 ff. des Schweizerischen
Zivilgesetzbuches
   errichteten Stiftungen, deren Vermögen dauernd für Zwecke der

    Wohlfahrt von Angestellten und Arbeitern einer oder mehrerer

    Unternehmungen gewidmet ist und deren Einkommen ausschliesslich
   für solche Zwecke verwendet wird."

    b) Zur Befreiung einer nach Art. 80 ff. ZGB geschaffenen
Personalvorsorgestiftung von der Steuerpflicht nach Art. 16 Ziff. 4bis
altBdBSt muss das Vermögen und das Einkommen der Stiftung dauernd und
ausschliesslich dem Zweck der Personalwohlfahrt (vgl. dazu BGE 113 Ib
15 E. 4a) gewidmet sein. Zwar müssen die Aktiven der Stiftung nicht
als solche (d.h. als bewegliche oder unbewegliche Vermögensgegenstände)
unmittelbar für die Erfüllung dieses Stiftungszwecks allein verwendet
werden. Sie können ihm auch mittelbar mit ihrem Kapitalbetrag und Ertrag
dienen. Doch muss durch ihre Widmung für den Personalvorsorgezweck
ausgeschlossen sein, dass sie später zum Beispiel wieder an die
Stifterfirma zurückfallen oder für andere als Personalwohlfahrtszwecke
verwendet werden könnten. Zudem darf das Vermögen der Stiftung nicht einem
weiteren Zweck neben dem der Personalwohlfahrt gewidmet sein, wenn sie
Steuerbefreiung geniessen will (Urteil vom 26. Juni 1987, in ASA 57, 559
E. 4, mit Hinweisen, wo auch schon auf den seit 1. Januar 1986 geltenden
Art. 16 Ziff. 4 BdBSt hingewiesen wird, der in dieser Hinsicht nicht
anders lautet).

    c) Die Steuerbefreiung ist nicht bloss anhand des Zweckartikels in der
Stiftungsurkunde zu prüfen. Zu berücksichtigen ist auch, ob und wie das
Vermögen und das Einkommen der Stiftung nach den übrigen Bestimmungen der
Stiftungsurkunde (über die Vermögensanlage und Organisation der Stiftung),
den Stiftungsreglementen und den wirtschaftlichen Verhältnissen in dem
bis zum Entscheid überblickbaren Zeitraum tatsächlich für die dauernde
Erfüllung des Personalvorsorgezweckes verwendet wird (vgl. BGE 114 Ib
279 E. 3a).

Erwägung 3

    3.- a) Die Beschwerdeführerin hat nach ihrer eigenen Darstellung eine
Personalvorsorgetätigkeit einstweilen noch nicht aufgenommen und auch keine
Reglemente für diese vorgelegt. Es ist fraglich, ob die Beschwerdeführerin
Personalvorsorgezwecke im Sinne von Art. 16 Ziff. 4bis altBdBSt verfolgt
(vgl. dazu BGE 113 Ib 15 E. 4b-c). Die Frage kann offenbleiben.

    b) Sobald sich eine Personalvorsorgestiftung in erheblichem Masse
am Grundkapital der Stifterfirma beteiligt, stellt sich nicht nur für
die Aufsichtsbehörde die Frage, ob ihr Vermögen den für die Vorsorge
geltenden Vorschriften entsprechend angelegt ist. Auch die Steuerbehörden
haben zu prüfen, ob sie nicht neben dem Personalvorsorgezweck auch eine
unternehmerische Zielsetzung verfolgt und ihr Vermögen damit tatsächlich
einem weiteren Zweck neben dem der Personalvorsorge gewidmet ist, der
eine Steuerbefreiung ausschliesst.

    So kann eine Stiftung, die sich als Holding-Stiftung in erheblichem
Masse am Kapital der Stifterfirma beteiligt, in der Regel keine
Steuerbefreiung nach Art. 16 Ziff. 4bis altBdBSt beanspruchen, auch
wenn sie daneben nach ihrem Stiftungszweck den Ertrag der Beteiligung
für Personalwohlfahrtszwecke verwendet. Ihr Vermögen, das ganz oder
teilweise in Anteilen am Grundkapital der Stifterfirma besteht, dient
auch dem Holding-Zweck, der nicht unter Art. 16 Ziff. 4bis altBdBSt fällt
(ASA 57, 560 E. 5a).

    c) Für die Beantwortung der Frage, ob eine Stiftung einen solchen
weiteren Zweck neben dem der Personalvorsorge verfolgt, kann nicht
entscheidend sein, dass die Stiftung - weil die übrigen Beteiligten
Stimmrechtsaktien halten - einen Stimmenanteil innehat, der kleiner als
ihr Kapitalanteil ist. Nicht nur die stimmenmässige Einflussnahme auf eine
Unternehmung, sondern auch das Zurverfügungstellen wesentlicher Teile des
Betriebskapitals (Risikokapitals) stellt eine unternehmerische Tätigkeit
dar. Auch wenn die Kapitalbeteiligung bzw. deren Ertrag der Stiftung
letztlich für Vorsorgezwecke dient, übernimmt die Stiftung mit einer
wesentlichen Kapitalbeteiligung an der Stifterfirma unternehmerische
Aufgaben und Risiken. Sie verfolgt damit nicht ausschliesslich Zwecke
der Personalvorsorge, was die Steuerbefreiung nach Art. 16 Ziff. 4bis
altBdBSt ausschliesst. Dabei spielt keine Rolle, ob die Stiftung die
Beteiligung entgeltlich oder unentgeltlich erworben hat.

    Es braucht hier nicht weiter geprüft zu werden, wann in einem solchen
Falle eine Kapitalbeteiligung an der Arbeitgeberfirma, wesentlich ist
und einen unternehmerischen Zweck der Stiftung aufzeigt. Namentlich kann
offenbleiben, ob die von der Eidgenössischen Steuerverwaltung angewendete
Regel, wonach eine Personalvorsorgestiftung eine über die Personalvorsorge
hinausgehende (Holding-)Funktion übernimmt, sobald sie sich zu mehr als 20%
am Grundkapital der Stifterfirma beteiligt (vgl. dazu ASA 57, 560 E. 5b),
allgemein oder unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls herangezogen
werden kann.

    d) Die Beschwerdeführerin hatte 1983/84 zu Steuerwerten 96.24%
ihres Vermögens in Aktien der Stifterfirma angelegt und ist am
Kapital der Stifterfirma zu 76% beteiligt. Dabei handelt es sich
ohne jeden Zweifel um eine bzw. um die wesentliche Beteiligung an
der Stifterfirma. Dies ist nicht bloss ein vorübergehender Zustand
in der Aufbauphase der Personalvorsorge. Laut der Einsprache der
Beschwerdeführerin vom 30. September 1985 ist keine Änderung der
Beteiligungsverhältnisse vorgesehen. Zwar mochten im Hinblick auf die
beabsichtigten Personalvorsorgezwecke weitere Zuwendungen der Stifterfirma
(von Fr. ...) vorgesehen sein, die allenfalls nur wegen der Verweigerung
der Steuerbefreiung bisher unterblieben, wie die Beschwerdeführerin in
ihrer Verwaltungsgerichtsbeschwerde (allerdings erstmals und nach Art. 105
Abs. 2 OG unbeachtlich) geltend macht. Doch sollen der Beschwerdeführerin
vorerst 76% des Grundkapitals der Stifterfirma gewidmet bleiben, die den
Hauptteil des Stiftungsvermögens bilden. Und sie soll so den grossen
Teil des Unternehmerrisikos der Aktionäre tragen.

    e) Die Vorinstanz hat damit zu Recht angenommen, dass die
Beschwerdeführerin nicht ausschliesslich Zwecke der Personalwohlfahrt
verfolgt und keine Steuerbefreiung beanspruchen kann. Die Beschwerde ist
deshalb abzuweisen.