Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 238



115 Ib 238

34. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 12.
Juli 1989 i.S. Eidgenössische Steuerverwaltung gegen M. X. und Kantonales
Steuergericht Solothurn (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 21 Abs. 1 lit. c und d BdBSt: Steuerfreier Kapitalgewinn oder
Vermögensertrag?

    Überträgt ein Aktionär Aktien zu einem über dem Nennwert liegenden
Anrechnungswert auf eine von ihm beherrschte Gesellschaft, erzielt er
einen steuerbaren Vermögensertrag (Bestätigung der Rechtsprechung: E. 2-7).

Sachverhalt

    A.- Im Dezember 1980 schlossen Frau H. N. und ihre beiden Söhne
M. und P. X. "zwecks gemeinsamer Interessenwahrung sowie einheitlicher
Vertretung der Aktien insbesondere im Hinblick auf eine Einsitznahme im
Verwaltungsrat der K. AG" mit der S. Holding AG, deren Aktien voll M. X.
gehörten, einen Kaufvertrag ab. Danach übertrugen H. N. 120 Aktien der
K. AG und ihre beiden Söhne M. und P. X. je 490 Aktien der K. AG mit
einem Nennwert von je Fr. 500.-- per 1. Januar 1981 zu einem Preis von
Fr. ... (höher als der Nennwert) pro Aktie auf die S. Holding AG.

    Der Kaufpreis wurde wie folgt beglichen: H. N. erhielt 4 Aktien
der S. Holding AG im Nominalwert von je Fr. ... . Der Restkaufpreis von
Fr. ... wurde in ein Darlehen an die S. Holding AG umgewandelt. M. und
P. X. erhielten je 98 Aktien der S. Holding AG; die Kaufpreisrestbeträge
wurden in Darlehen von je Fr. ... umgewandelt. Die S. Holding AG wurde
in der Folge in N. Holding AG umbenannt.

    Die Veranlagungsbehörde erfasste bei der Einschätzung von M. X. für
die direkte Bundessteuer 1983/84 einen Ertrag aus Beteiligung im Sinne von
Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt von insgesamt Fr. ..., bemessen aufgrund der
Differenz zwischen dem erzielten Erlös von Fr. ... pro Aktie und deren
Nominalwert von Fr. 500.--. Eine Einsprache gegen die Einschätzung wies
sie am 1. September 1986 ab.

    Auf Beschwerde hin hat das Steuergericht des Kantons Solothurn mit
Urteil vom 21. September 1987 die Taxation eines Vermögensertrages aus
Beteiligungsrechten von Fr. ... aufgehoben (StE 1988 B 24.4 Nr. 15).

    Gegen dieses Urteil reichte die Eidgenössische Steuerverwaltung beim
Bundesgericht am 26. Februar 1988 Verwaltungsgerichtsbeschwerde ein. Sie
stellt den Antrag, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und M. X. für die
direkte Bundessteuer 1983/84 mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. ... zu
veranlagen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Gemäss Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt fällt in die Steuerberechnung
"jedes Einkommen aus beweglichem Vermögen, namentlich Zinsen, Renten und
Gewinnanteile aus Guthaben und Beteiligungen aller Art sowie besondere
Entgelte oder geldwerte Vorteile, die neben diesen Einkünften oder an deren
Stelle gewährt werden". Als Gewinnanteile aus Beteiligungen gelten nach
Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt "alle durch Zahlung, Überweisung, Gutschrift,
Verrechnung oder auf andere Weise bewirkten geldwerten Leistungen
der Gesellschaft oder Genossenschaft an die Inhaber gesellschaftlicher
Beteiligungsrechte, die keine Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile
darstellen". Steuerbar in diesem Sinne sind nicht nur die ordentlichen
und ausserordentlichen Dividenden, sondern auch alle wiederkehrenden
und einmaligen Ausschüttungen aus dem Gewinn oder den Reserven, wie
Barleistungen bei Fusionen, Hingabe von Geschäftsaktiven und Anteile am
Erlös einer Teil- oder Totalliquidation (ASA 42 322; BGE 86 I 44 E. 1;
83 I 276 ff. und 289 E. 1).

    Nach neuerer, indessen gefestigter Praxis des Bundesgerichts
erzielt auch ein Aktionär eine steuerbare geldwerte Leistung aus seiner
Beteiligung, wenn er seine Beteiligungsrechte zu einem über dem Nominalwert
liegenden Wert gegen Gutschrift auf einem Aktionärsdarlehenskonto und/oder
als Sacheinlage gegen Ausgabe neuer Aktien in eine von ihm beherrschte
andere Gesellschaft, beispielsweise eine Holdinggesellschaft, einbringt
(vgl. ASA 55 206 ff., insbes. S. 210, mit weiteren Hinweisen und unten
E. 3c und d).

    b) Der Bundesratsbeschluss über die direkte Bundessteuer regelt - wie
die kantonalen Steuergesetze - die Besteuerung der Veräusserungsgewinne
unterschiedlich:

    Kapitalgewinne, die im Betriebe einer zur Führung kaufmännischer
Bücher verpflichteten Unternehmung bei der Veräusserung oder Verwertung
von Vermögensstücken erzielt werden (Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt) oder
die aus einer auf den Erwerb gerichteten Tätigkeit stammen (Art. 21 Abs. 1
lit. a BdBSt), sind steuerbar.

    Demgegenüber unterliegen Kapitalgewinne auf dem Geschäftsvermögen nicht
buchführungspflichtiger Personenunternehmungen und bei der Veräusserung
von Privatvermögen erzielte Gewinne der direkten Bundessteuer nicht. Für
natürliche Personen, die keine zur Führung kaufmännischer Bücher
verpflichtete Unternehmung betreiben und mit der Veräusserung auch keine
auf den Erwerb gerichtete Tätigkeit (Handel) ausüben, ist damit die im
Einkommenssteuerrecht allgemein anerkannte Reinvermögenszugangstheorie
(vgl. dazu KÄNZIG, Wehrsteuer, 2. Aufl. 1982, N. 2 f. zu Art. 21 BdBSt)
nicht mit letzter Konsequenz verwirklicht (ZUPPINGER/BÖCKLI/LOCHER/REICH,
Steuerharmonisierung, S. 97).

Erwägung 3

    3.- a) Im vorliegenden Fall ist umstritten, ob der Beschwerdegegner
M. X. einen steuerfreien Gewinn aus der Veräusserung der zu seinem
Privatvermögen gehörenden Aktien erzielte oder ob ihm eine steuerbare
geldwerte Leistung aus seiner Beteiligung zugeflossen ist. Der Entscheid
darüber hängt zunächst davon ab, ob die Übertragung der 490 Aktien der
K. AG auf die S. Holding AG als Veräusserung zu gelten habe oder nicht.

    b) Wie das Bundesgericht wiederholt erkannt hat, ist Art. 21 Abs. 1
lit. c BdBSt eine Steuernorm mit wirtschaftlichen Anknüpfungspunkten (ASA
54 217; BGE 101 Ib 44 ff.; HANS DUBS, Wirtschaftliche Betrachtungsweise
und Steuerumgehung, in: Mélanges Henri Zwahlen, Lausanne 1977, S. 569
ff., insbes. S. 578 ff.; PETER LOCHER, Grenzen der Rechtsfindung
im Steuerrecht, S. 225), bei deren Auslegung nicht strikte von der
zivilrechtlichen Gestaltung auszugehen ist, die der Steuerpflichtige
gewählt hat. Vielmehr haben die Steuerbehörden den Sachverhalt entsprechend
seinem wirtschaftlichen Gehalt zu würdigen. Daran ist festzuhalten. Bei
steuerrechtlichen Normen, die an wirtschaftliche und nicht vorab
zivilrechtliche Gegebenheiten anknüpfen, ist die Zulässigkeit der sog.
"wirtschaftlichen Betrachtungsweise" nicht davon abhängig, ob die
Voraussetzungen der Steuerumgehung erfüllt sind (BGE 109 Ia 99 f. E. 2a;
in diesem Sinne auch REIMANN/ZUPPINGER /SCHÄRRER, Kommentar zum Zürcher
Steuergesetz, N. 23 zu § 71 StG).

    c) Bringt ein Aktionär - wie dargestellt - gesellschaftliche
Beteiligungsrechte zu einem über ihrem Nominalwert liegenden
Anrechnungswert in eine ihm gehörende Aktiengesellschaft gegen
Aktien der übernehmenden Gesellschaft oder eine Gutschrift auf
einem Aktionärsdarlehenskonto ein, so erzielt er keinen steuerfreien
Veräusserungsgewinn auf seinem Privatvermögen. Steuerfrei bleiben
kann nur der durch eine eigentliche Veräusserung - im wirtschaftlichen
Sinne verstanden - erzielte Gewinn (HANS DUBS, aaO, S. 580; ASA 55 209
E. 3a). Die Übertragung auf die vom Aktionär beherrschte Aktiengesellschaft
stellt aus wirtschaftlicher Sicht keine Aktienveräusserung dar. Der
Aktionär gibt mit ihr seine wirtschaftliche Verfügungsmacht nicht
preis; sie bleibt ihm vielmehr in Form seiner Beteiligung an der
Holdinggesellschaft erhalten (ASA 55 210 E. 3a; BGE 101 Ib 46 ff. E. 2;
ASA 42 398 E. 2; REICH, Verdeckte Vorteilszuwendungen zwischen verbundenen
Unternehmen, ASA 54 S. 629 Anm. 54). Der Vermögenszufluss ist kausal
auf das Halten und nicht auf die Veräusserung von Beteiligungsrechten
zurückzuführen (REICH, Die steuerneutrale Reserveübertragung bei
Unternehmensumstrukturierungen - neuere Entwicklungen und Tendenzen, in:
Das schweizerische Steuerrecht. Eine Standortbestimmung. Festschrift zum
70. Geburtstag von Ferdinand Zuppinger, 1989, S. 384 f.).

    d) Mit der Einbringung der Aktien in die von ihm beherrschte
Gesellschaft erwirbt der Aktionär anstelle seines in den bisherigen
Beteiligungsrechten enthaltenen latenten Anspruchs auf Ausschüttung
von nicht zum Grundkapital gehörenden Gesellschaftsmitteln (Reserven,
thesaurierte Gewinne) andere Beteiligungsrechte mit einem höheren Nennwert
und/oder eine Darlehensforderung. Die Rückzahlung der bestehenden
Kapitalanteile (Nennwert der Aktien) und des Darlehens löst beim Aktionär
keine Einkommenssteuerpflicht aus (Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt). Durch
die Umgestaltung der Rechtsbeziehungen zwischen dem Aktionär und seinen
Gesellschaften wird die (latente) Ausschüttungssteuerlast aufgehoben:
in der Beteiligung verkörperte Mittel, die dem Aktionär lediglich
als Beteiligungsertrag zufliessen können, werden in den Bereich des
steuerfrei rückzahlbaren Grundkapitals oder der steuerfrei rückzahlbaren
Darlehensforderungen übertragen.

    Die übernehmende Gesellschaft erbringt dem Aktionär mit der Begründung
einer Darlehensgutschrift und der Zuteilung von neuen Aktien mit einem
höheren Nennwert eine nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt steuerbare geldwerte
Leistung aus seinem Beteiligungsrecht. Steuerrechtlich gilt das Einkommen
regelmässig in dem Zeitpunkt als zugeflossen, in dem der Steuerpflichtige
einen festen Rechtsanspruch auf ein Vermögensrecht erwirbt, sofern dessen
Erfüllung nicht besonders unsicher ist (REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, aaO,
Bd. II, Vorbemerkungen zu §§ 19-32 StG N. 21).

    Würden solche Einkünfte nicht als geldwerte Leistungen aus Beteiligung
erfasst, wäre der Weg zur steuerfreien Ausschüttung von laufenden oder
gespeicherten Gewinnen (auch von solchen, die die Holdinggesellschaft
unter Ausnützung des Holdingprivileges von der eingebrachten Gesellschaft
bezogen hat) an den Aktionär offen (ASA 55 212 E. 4c; BGE 101 Ib 49/50
E. 3c) und die vom Gesetzgeber in Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt ausdrücklich
vorgeschriebene Besteuerung aller geldwerten Leistungen der juristischen
Personen an die Inhaber gesellschaftlicher Beteiligungsrechte, die keine
Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile darstellen, in Frage gestellt.

Erwägung 4

    4.- Die Lehre und teilweise auch kantonale Steuerjustizbehörden
haben die Auslegung des Bundesgerichts von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt
für die sog. Einbringungsfälle ebenso wie für die Fälle der indirekten
Teilliquidation zum Teil kritisiert (vgl. YERSIN, A propos de la
distinction entre le rendement de fortune et les gains en capital,
ASA 50 S. 491 ff.; HÖHN, Die Abgrenzung von Vermögensertrag und
Kapitalgewinn im Einkommenssteuerrecht, ASA 50 S. 531 ff.; HÖHN,
Steuerumgehung und rechtsstaatliche Besteuerung, ASA 46 S. 153 ff.;
KÄNZIG, Von der wirtschaftlichen zur fiskalischen Betrachtungsweise, ASA
44 S. 1 ff.; RYSER, Réflexions sur la notion de revenu, in: Mélanges Henri
Zwahlen, Lausanne 1977, S. 679 ff.; BÖCKLI, Die Transponierungstheorie,
ASA 47 S. 31 ff. und neuerdings u.a. GURTNER, Systemwechselfälle
bei Beteiligungsübertragungen, ASA 57 S. 23 ff. sowie BÖCKLI, Die
Transponierungstheorie - eine systemwidrige Rechtsfolge, ASA 57 S. 241
ff. und HÖHN, Videant judices, ASA 56 S. 463 ff.; AGVE 1980 194 ff.).

    Die Kritiker machen namentlich geltend, der Gesetzgeber habe in
der direkten Bundessteuer kein lückenloses System wirtschaftlicher
Doppelbelastung der von einer Aktiengesellschaft erzielten Gewinne
verwirklicht. Sie gehen hauptsächlich von der These aus, aus der
Steuerfreiheit privater Kapitalgewinne (Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt)
ergebe sich, dass nicht als Vermögensertrag besteuert werden dürfe, was man
als Kapitalgewinn betrachten könne. Die Kritiker verkennen jedoch, dass
die Steuerpflicht in Art. 21 Abs. 1 lit. c in fine BdBSt weit definiert
ist. Diese Steuernorm beruht auf einem formalisierten Ertragsbegriff
(ASA 55 212 E. 4b). Die Steuerfreiheit privater Veräusserungsgewinne
(Zuwachsgewinne) lässt sich nur durch Umkehrschluss aus Art. 21 Abs. 1
lit. d BdBSt herleiten; sie erscheint als systemwidrige Ausnahme vom
Prinzip der Reineinkommensbesteuerung und ist zwar vom Gesetzgeber -
unter anderem aus veranlagungsökonomischen Überlegungen - gewollt, aber
jedenfalls nicht ausdehnend zu interpretieren. Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt
schränkt den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt nicht
ein. Diese Bestimmung erklärt das Einkommen aus beweglichem Vermögen
und namentlich jeden Beteiligungsertrag umfassend für steuerbar und
nimmt (im Schlussatz) nur die Rückzahlung der bestehenden Kapitalanteile
(Nominalwert) von der Besteuerung aus (BGE 101 Ib 49 E. 3a, bb; 83 I 279
E. 2a).

    Zwar hat der Gesetzgeber Gewinne aus der Veräusserung von
Privatvermögen steuerfrei belassen (Art. 21 Abs. 1 lit. d BdBSt),
jedoch im Gegenzug zur weitgehenden Sicherung der wirtschaftlichen
Doppelbelastung von juristischen Personen und Inhabern gesellschaftlicher
Beteiligungsrechte den Beteiligungsertrag in Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt
weit umschrieben (oben E. 2). An diese Entscheidung des Gesetzgebers
haben sich die Steuer- und Steuerjustizbehörden bei der Würdigung der
Steuersachverhalte zu halten (ASA 55 212 E. 4b).

Erwägung 5

    5.- a) Die Vorinstanz begründet ihr Abweichen von der bisherigen
bundesgerichtlichen Rechtsprechung mit "durchschlagenden" neuen
Erkenntnissen der Lehre. Gemeint sind u.a. die Überlegungen von BRUNO
SCHERRER in seinem Aufsatz "Zur Auslegung des Begriffes 'Gewinnanteile aus
Beteiligungen' in Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt" (ASA 55 S. 15 ff.). Der
Einwand geht dahin, dass die Auslegung des Begriffes der geldwerten
Leistung durch das Bundesgericht die Voraussehbarkeit der Rechtsfolgen bei
neuen Sachverhalten beeinträchtige. Niemand sei in der Lage, vorauszusagen,
in welcher Weise ein Gericht einen neuen Sachverhalt beurteilen werde,
der in das Gebiet der Beziehungen zwischen der Kapitalgesellschaft
und dem Beteiligten falle. Die Gestaltung der Verhältnisse aus
steuerplanerischer Sicht sei dem Steuerpflichtigen genommen. Könne sich
aber der Steuerpflichtige infolge der höchstrichterlichen Rechtsprechung
in Steuersachen nicht mehr nach der Gesetzesnorm einrichten, so sei die
Rechtssicherheit in Frage gestellt. Die Vorinstanz befand, darin liege
ein neues Argument für eine Überprüfung, aber auch für eine Änderung der
bisherigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung.

    b) Die Rechtssicherheit ist im Rechtsstaat von grosser Bedeutung. Sie
erfordert unter anderem Voraussehbarkeit, Berechenbarkeit und
Verlässlichkeit des Rechts (KATHARINA SAMELI, Freiheit und Sicherheit im
Recht, Diss. Zürich 1969, S. 20 ff.). Für das Steuerrecht bedeutet dies,
dass es möglich sein soll, das Steuerobjekt inhaltlich und umfänglich in
genügendem Masse zu bestimmen, damit der Steuerpflichtige die Steuerlast,
die auf ihn zukommt, auch einigermassen abschätzen und berechnen
kann (in diesem Sinne auch J. ANDREAS BAUR, Auskünfte und Zusagen der
Steuerbehörden an Private im schweizerischen Steuerrecht, Diss. Zürich
1979, S. 96, unter Hinweis auf ARMIN SPITALER, Verbindliche Zusagen im
Steuerrecht, Der Betriebsberater 1961, S. 1333). Indessen lassen sich
auch bei sorgfältigster gesetzgeberischer Arbeit Auslegungsschwierigkeiten
nicht vermeiden. Daher bietet auch das beste Steuergesetz keine absolute
Rechtssicherheit im Sinne der Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit (HANS
DUBS, Die Forderung der optimalen Bestimmtheit belastender Rechtsnormen,
ZSR NF 93/1974, 2. Halbband, S. 223 ff.). Je komplexer der Sachverhalt,
desto offener wird der Ausgang des Verfahrens sein, was indessen kein
Grund ist, von der als gesetzmässig erkannten Lösung abzuweichen. Gewiss
darf weder durch die Steuergesetzgebung noch durch die Steuerjustiz die
Rechtssicherheit derart herabgesetzt werden, dass der Steuerpflichtige
die Grenzen der Steuerbelastung nicht mehr zu überblicken vermag (JACOB
WACKERNAGEL, Über das Vertrauensprinzip im Steuerrecht, in: Aequitas und
bona fides, Festschrift für August Simonius, Basel 1955, S. 411 ff.).

    c) Hievon kann vorliegendenfalls nicht die Rede sein, auch wenn die
geltende Rechtsprechung möglicherweise zu noch nicht voll überblickbaren
Differenzierungen führt, über deren Beurteilung durch die Steuerbehörden
noch Unsicherheit besteht. Die Vermögensertragssteuerpflicht im Sinne
von Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt löst aus, wer als natürliche Person
dem Privatvermögen angehörende Aktien in eine von ihm beherrschte
Aktiengesellschaft im Austausch gegen deren Aktien oder gegen
Gewährung eines Darlehens oder gegen beides einbringt. Ein solcher
Vorgang ist erfassbar und überblickbar. Er ist es auch dann noch,
wenn der Steuerpflichtige die Gesellschaft nicht allein beherrscht,
in welche die Aktien eingebracht werden, sondern an ihr lediglich im
wesentlichen Ausmasse beteiligt ist. Das Steuerobjekt ist somit inhaltlich
festgelegt. Was das Quantitative anbetrifft, so sind freilich verschiedene
Lösungen vertretbar: Differenz zwischen Einstandswert (Erwerbspreis)
und Einbringungspreis oder Differenz zwischen dem Nominalwert der Aktien
und Einbringungspreis. Der vorsichtige Steuerpflichtige wird bei seinen
Überlegungen die für ihn ungünstigste Variante in Rechnung stellen. Damit
ist auch der aus Gründen der Rechtssicherheit notwendigen minimalen
Voraussehbarkeit und Berechenbarkeit Genüge getan.

Erwägung 6

    6.- a) Die Vorinstanz hat das Vorliegen einer als Beteiligungsertrag
steuerbaren Leistung sodann mit der Begründung abgelehnt, dem
Beschwerdegegner stehe keine beherrschende Beteiligung an der S. Holding AG
zu. Er besitze nach der Einbringung der insgesamt 1100 Aktien der K. AG -
wie sein Bruder - nur 49% der S. Holding AG-Aktien.

    Unbestritten ist, dass dem Beschwerdegegner vor der Übertragung
der Aktien der K. AG alle Aktien der Holdinggesellschaft zu Eigentum
zustanden. Mit der Einbringung dieser Aktien änderten sich die
Beteiligungsverhältnisse an der S. Holding AG. Die Beschwerdeführerin
vertritt den Standpunkt, auch wenn nicht auf die Verhältnisse vor der
Einbringung abzustellen wäre, habe der Beschwerdegegner die S. Holding AG
beherrscht, denn entgegen der Auffassung der Vorinstanz sei das Motiv des
Vertragsabschlusses zu berücksichtigen. Das Verhalten des Beschwerdegegners
lasse sich nur mit der Absicht von Frau H. N. und ihrer beiden Söhne M. und
P. X. erklären, ihren Einfluss bei der K. AG durch die Zusammenlegung
ihrer Aktien verstärkt geltend zu machen.

    b) Eine Besteuerung des Einkommenszuflusses bei der
Vermögensumstrukturierung kommt nach Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt -
wie oben in E. 3c dargestellt - nur in Frage, wenn keine Veräusserung
(im wirtschaftlichen Sinne) vorliegt, d.h. wenn die wirtschaftliche
Verfügungsmacht durch die Einbringung keine Veränderung erfährt. Im
vorliegenden Fall sprechen verschiedene Gründe dafür, dass der
Beschwerdegegner die S. Holding AG bzw. die N. Holding AG, deren
Aktienkapital er ursprünglich zu 100% besass, auch noch nach der
Umstrukturierung beherrscht.

    c) Durch eine Minderheitsbeteiligung kann sich ein Aktionär zwar
regelmässig keine beherrschende Stellung verschaffen; doch können
ausnahmsweise besondere Verhältnisse vorliegen, aufgrund derer dennoch
eine Beherrschung der Gesellschaft angenommen werden muss. Eine solche
Beherrschung kann namentlich dann gegeben sein, wenn mehrere Aktionäre,
die jeder nur eine Minderheitsbeteiligung innehaben, zur Erreichung eines
im Interesse aller liegenden Zieles zusammenwirken.

    Wären lediglich die im Eigentum des Beschwerdegegners stehenden
490 Aktien K. AG auf die S. Holding AG zu den gleichen Bedingungen wie
im Kaufvertrag vom Dezember 1980 übertragen worden, so wären auch die
Beteiligungsverhältnisse unverändert geblieben. Der Beschwerdegegner
wäre nach wie vor Alleinbeherrscher der S. Holding AG. Diese
Transaktion hätte aufgrund der Rechtsprechung des Bundesgerichtes eine
Vermögensertragssteuerpflicht ausgelöst. Die Mitwirkung von H. N. und
von P. X. diente - wie dies auch ausdrücklich im Kaufvertrag festgehalten
wurde - der verstärkten Einflussnahme der drei Aktionäre auf die K. AG,
insbesondere im Hinblick auf die Einsitznahme in den Verwaltungsrat
dieser Gesellschaft. Die Aktionäre haben die 1100 Aktien der K. AG
aufgrund einer gemeinsamen Vereinbarung "uno actu" in die von ihnen
vollständig beherrschte S. Holding AG eingebracht. Der Beschwerdegegner
verfügt kraft der durch das Zusammenwirken mit den anderen Aktionären sich
ergebenden beherrschenden Stellung durch seinen Anteil an der S. Holding
AG bzw. N. Holding AG wirtschaftlich nach wie vor über die von ihm
eingebrachten 490 Aktien der K. AG. Die wirtschaftliche Verfügungsmacht
über die eingebrachten Aktien hat sich durch die Einbringung nicht
verändert.

    Eine solche wirtschaftlich orientierte Betrachtung ist im Steuerrecht
nicht neu. So wird im Grundstückgewinnsteuerrecht in der Regel die
Übertragung einer Minderheitsbeteiligung an einer Immobiliengesellschaft
nicht als wirtschaftliche Handänderung besteuert. Werden indessen mehrere
Minderheitsbeteiligungen an einer Immobiliengesellschaft, die zusammen
eine beherrschende Beteiligung ergeben, aufgrund besonderer Abreden
gesamthaft veräussert und erworben, so wird die Übertragung dieser
beherrschenden Beteiligung als wirtschaftliche Handänderung besteuert
(vgl. REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, aaO, N. 65 zu § 161 StG, mit Hinweis).

    d) Die Besteuerung als Beteiligungsertrag (Vermögensertrag)
erfolgt in den Einbringungsfällen aufgrund der Umstrukturierung des
Vermögens. Ausschlaggebend ist dabei, dass thesaurierte Gewinne zugunsten
der Beteiligten in steuerfrei rückzahlbares Grundkapital oder in ebenfalls
steuerfrei rückzahlbares Guthaben umgewandelt wurden (vgl. oben E. 3d)
und die Transaktion aufgrund der beherrschenden Stellung des oder
bei gemeinsamem Vorgehen der Beteiligungsinhaber möglich war. Diese
Voraussetzungen sind erfüllt, was zu einer grundsätzlichen Gutheissung
der Beschwerde führt.

Erwägung 7

    7.- a) Der Beschwerdegegner hat für den Fall einer grundsätzlichen
Gutheissung der Beschwerde den Antrag gestellt, es sei bei der Berechnung
des steuerbaren Beteiligungsertrages von den Anlagekosten der eingebrachten
Beteiligung auszugehen: für 270 Aktien sei auf den Steuerwert 1969 und für
220 Aktien auf den Steuerwert 1975 abzustellen. Subeventualiter verlangt
er ein Abstellen auf den Steuerwert 1961.

    Die Beschwerdeführerin hingegen vertritt die Meinung, das steuerbare
Einkommen sei aufgrund der Differenz zwischen dem Nominalwert der
eingebrachten Beteiligung und dem Anrechnungswert (Einbringungspreis),
der unbestrittenermassen Fr. ... pro Aktie beträgt, zu ermitteln.

    b) Das Bundesgericht hat in seinem Entscheid vom 19. April 1985 (ASA
55 213 E. 6) den steuerbaren Vermögensertrag nach Massgabe der Differenz
zwischen dem Nominalwert der eingebrachten Aktien und dem Einbringungspreis
berechnet. Die Eidgenössische Steuerverwaltung nahm diesen Entscheid
zum Anlass, um in Änderung ihrer bisherigen Praxis generell für die
Bemessung der mit der Einbringung erbrachten geldwerten Leistung vom
Nominalbetrag auszugehen. Das Bundesgericht hat freilich im Urteil vom
19. April 1985 die Frage offengelassen, wie der steuerbare Vermögensertrag
zu ermitteln wäre, falls die effektiven Anlagekosten der eingebrachten
Aktien über deren Nominalwert liegen würden. Diese Frage braucht auch im
vorliegenden Fall nicht abschliessend beantwortet zu werden. Immerhin ist
festzuhalten, dass sich die Bemessung des steuerbaren Vermögensertrages
nach Massgabe der Differenz zwischen den Anlagekosten und dem "Erlös"
an die für Kapitalgewinne geltenden Grundsätze anlehnt. Diese Berechnung
widerspricht den Überlegungen, die der Rechtsprechung des Bundesgerichtes
zu Art. 21 Abs. 1 lit. c BdBSt zugrunde liegen. Durch die Einbringung der
Aktien wird die Steuerlast insoweit abgelöst, als dem Aktionär über den
Nominalbetrag seiner Anteile (und nicht bloss über deren Einstandswert)
eine Ausschüttung zufliesst.

    c) Der Beschwerdegegner hatte das von ihm auf die S. Holding AG
übertragene Aktienpaket schenkungsweise und damit unentgeltlich von seiner
Mutter erhalten. Es ist daher unerfindlich, weshalb ihm die Aktien zum
Verkehrswert im Zeitpunkt der Schenkung bzw. im Jahre 1961 anzurechnen
sind. Er hat die Aktien unentgeltlich erhalten und damit auf jeden Fall
keinen Anspruch auf die Anrechnung eines Einstandswertes, der über dem
Nominalbetrag liegt.

    d) Subeventualiter fordert der Beschwerdegegner, es sei für die
Ermittlung des steuerbaren Vermögensertrages auf den Einstandswert
der Schenkerin der 490 Aktien K. AG, d.h. seiner Rechtsvorgängerin,
abzustellen. Eine solche Berechnung ist in den Steuergesetzen nur in
bestimmten Fällen der Kapitalgewinnbesteuerung vorgesehen; bei der
Besteuerung der Kapitalgewinne auf dem beweglichen und insbesondere
auch auf dem unbeweglichen Vermögen werden in bestimmten Fällen,
die nicht als besteuerungswürdig gelten, Steueraufschübe gewährt
(REIMANN/ZUPPINGER/SCHÄRRER, aaO, N. 89 ff. zu § 161 StG). Wurde bei
einer Veräusserung ein Steueraufschub zugelassen, ist bei der nächsten
Veräusserung ohne Steueraufschub auf den Einstandswert des Vorgängers
abzustellen. Der Steueraufschub ist ein Rechtsinstitut, das auf die
Kapitalgewinnbesteuerung ausgerichtet ist und für die Ermittlung des
Vermögensertrages - um den es hier geht - nicht in Frage kommen kann.