Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 233



115 Ib 233

33. Auszug aus dem Urteil der II. Öffentlichrechtlichen Abteilung vom 18.
Oktober 1989 i.S. Zuger Kantonalbank gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 5 Abs. 1 lit. a StG; Emissionsabgabe.

    Aktiengesellschaften des kantonalen Rechts unterstehen der
Stempelsteuergesetzgebung des Bundes, insbesondere Art. 5 Abs. 1 lit. a
StG.

Sachverhalt

    A.- Die Zuger Kantonalbank wurde durch Gesetz vom 28. Oktober 1891 als
Aktiengesellschaft gegründet. Ihr wurde das Bankgeschäft der damaligen
Creditanstalt in Zug, welche der Kanton Zug mit Übernahmevertrag vom 1.
Juli/21. Oktober 1891 von der Kollektivgesellschaft Bossard & Cie. erworben
hatte, mit Aktiven und Passiven übertragen. Das Grundkapital betrug
anfänglich Fr. 800'000.--, wobei der Kanton Aktien im Nominalwert von
Fr. 400'000.-- übernahm. Die Gesellschafter der Bossard & Cie. zeichneten
die ihnen vorbehaltenen 400 Aktien im Nominalwert von Fr. 200'000.--, und
die restlichen Aktien im Betrag von Fr. 200'000.-- wurden zur öffentlichen
Zeichnung aufgelegt (§ 2 des Gesetzes vom 28. Oktober 1891).

    Heute beträgt das Aktienkapital Fr. ... Mindestens die Hälfte davon
muss sich im Besitz des Kantons Zug befinden (§ 7 Gesetz vom 20. Dezember
1973 über die Zuger Kantonalbank, nachfolgend: Kantonalbankgesetz). Dieser
haftet auch subsidiär für die Verbindlichkeiten der Bank (§ 4 Abs. 1
Kantonalbankgesetz). Organe der Bank sind u.a. die Generalversammlung
der Aktionäre, der Bankrat, der Bankvorstand und die Kontrollstelle,
wobei die Mehrheit der Mitglieder des Bankrates und der Kontrollstelle
durch öffentliche Behörden (Regierungsrat, Kantonsrat) gewählt werden
(§ 23 und 30 Kantonalbankgesetz). Beschlüsse der Generalversammlung über
Kapitalerhöhungen bedürfen der Zustimmung des Kantonsrats (§ 8 Abs. 1 und §
42 Kantonalbankgesetz).

    Die Zuger Kantonalbank gab in den Jahren 1983-1988 verschiedene Male
Aktien bzw. Partizipationsscheine aus. Streitig ist, ob die Kantonalbank
auf diesen Beteiligungsrechten die Emissionsabgabe schuldet. Die Zuger
Kantonalbank ist der Ansicht, das Stempelabgabengesetz und besonders
Art. 5 Abs. 1 lit. a StG sei auf Kantonalbanken nicht anwendbar.

    Mit förmlichem Entscheid bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung
ihre Ansicht, dass die Zuger Kantonalbank auf den von ihr geschaffenen
Aktien und Partizipationsscheinen die Emissionsabgabe schulde, lehnte das
Gesuch um Rückerstattung nicht geschuldeter Emissionsabgaben (Art. 8 StV)
ab und setzte die noch zu leistenden Emissionsabgaben auf Fr. ... nebst
Verzugszins fest. Eine Einsprache wies die Eidgenössische Steuerverwaltung
ab.

    Das Bundesgericht weist die von der Zuger Kantonalbank erhobene
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Zuger Kantonalbank ist eine im Jahre 1891 durch kantonales
Gesetz errichtete Unternehmung in der Form der Aktiengesellschaft.
Allerdings handelt es sich nicht um eine Aktiengesellschaft des
Obligationenrechts, an welcher der Kanton im Sinne von Art. 762
(Abs. 1 oder 2) OR bloss beteiligt ist. Auch wenn der Übernahmevertrag
vom 1. Juli/21. Oktober 1891 zwischen dem Kanton Zug und der Bossard &
Cie. betreffend die Creditanstalt in Zug die materiellen Voraussetzungen
für die Errichtung einer Zuger Kantonalbank geschaffen hat, muss doch
der Kanton als Gründer dieses Instituts betrachtet werden (ERNST ARBENZ,
Die Gemischtwirtschaftliche Unternehmung im schweizerischen Recht,
Diss. Zürich 1929, S. 84; KARL ERB, Rechtsstellung und Organisation der
gemischtwirtschaftlichen Bankunternehmen in der Schweiz, Diss. Zürich
1938, S. 91 ff.; KARL OBRECHT, Über die Rechtsnatur der schweizerischen
Kantonalbanken, Diss. Zürich 1936, S. 49).

    Namentlich kann die Übertragung des Bankgeschäfts der Creditanstalt in
Zug mit Aktiven und Passiven nicht als Sacheinlagegründung der Mitglieder
der Kollektivgesellschaft Bossard & Cie., also von Privaten, betrachtet
werden. Der Übernahmevertrag vom 1. Juli/21. Oktober 1981 enthält
zwar bereits den wesentlichen Inhalt der Verfassung der zu gründenden
Gesellschaft, doch verpflichtet er (Ziff. 1 lit. a und d, Ziff. 2)
weder den Kanton noch die Mitglieder der Kollektivgesellschaft Bossard &
Cie. zur Gründung einer Kantonalbank; die Kollektivgesellschafter waren
denn auch nur berechtigt, nicht verpflichtet, einen Anteil am Aktienkapital
der neu zu gründenden Kantonalbank zu übernehmen (sog. Vorbezugsrecht;
vgl. ARBENZ, aaO, S. 84 f., und ERB, aaO, S. 92 f.).

    Bei der Zuger Kantonalbank handelt es sich somit um eine durch
kantonales Spezialgesetz gegründete Aktiengesellschaft. Als solche
steht sie gemäss Art. 763 Abs. 1 OR unter dem Vorbehalt des kantonalen
Rechts. Wenn daher das Stempelabgabengesetz und besonders Art. 5 Abs. 1
lit. a StG nur Aktiengesellschaften des Obligationenrechts erfassen
sollte, wie die Beschwerdeführerin behauptet, so unterstünden die von ihr
ausgegebenen Beteiligungsrechte nicht der Emissionsabgabe. Dann wäre die
hier in Frage stehende Besteuerung unzulässig.

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 5 Abs. 1 lit. a StG unterliegen der Emissionsabgabe
u.a. die Ausgabe von Aktien inländischer Aktiengesellschaften, ferner
die Ausgabe von Genussscheinen - einschliesslich Partizipationsscheinen
(BGE 105 Ib 177) - inländischer Gesellschaften. Diese Umschreibung
lässt erkennen, dass das Stempelabgabengesetz nicht zwischen den durch
behördliche Verfügung oder Gesetz errichteten Aktiengesellschaften
einerseits und den dem Obligationenrecht unterstehenden
Aktiengesellschaften anderseits unterscheidet. Bei der Emissionsabgabe
handelt es sich um eine Verkehrssteuer, die an die im Gesetz umschriebenen,
bestimmten Vorgänge des Rechtsverkehrs anknüpft (BGE 108 Ib 455 f.;
LOCHER, in Kommentar BV, Art. 41bis, N. 13 ff.). Art. 5 Abs. 1 lit.
a StG ist deshalb immer dann anzuwenden, wenn eine inländische
Aktiengesellschaft - öffentlichrechtlicher oder privatrechtlicher
Natur - Beteiligungsrechte in Form von Aktien oder Genussscheinen
(Partizipationsscheinen) schafft. Die Funktion der Stempelabgaben besteht
in einer indirekten Belastung des namentlich in Anteilsrechten (Aktien,
Stammkapitalanteilen usw.) verkörperten Besitzes (J. BEGUELIN, Evolution,
nature et caractéristique des droits de timbre fédéraux; la nouvelle
loi sur les droits de timbre, RDAF 30/1974 S. 157/8, 174; W. R. PFUND,
Bemerkungen zur Natur der eidg. Stempelabgaben und zur Umsatzabgabe,
Steuer-Revue 22/1967 S. 111 f.). Für diese Zweckbestimmung kann es aber
offensichtlich keine Rolle spielen, ob es sich um Besitz von Anteilsrechten
an einer privatrechtlichen oder an einer öffentlichrechtlichen Unternehmung
handelt (ASA 25, 52 f.).

    Auch wenn das Stempelabgabengesetz bei der Umschreibung der
Abgabenobjekte teilweise Begriffe des Bundeszivilrechts verwendet,
so kann daraus nicht geschlossen werden, nur die von privaten
Aktiengesellschaften des Obligationenrechts ausgegebenen Titel würden
der Abgabe unterliegen. Art. 5 Abs. 1 lit. a StG stützt sich auf
Art. 41bis Abs. 1 lit. a BV, der im Jahre 1917 in die Bundesverfassung
aufgenommen worden ist und der den Bund ermächtigt, "Stempelabgaben auf
Wertpapieren, einschliesslich Coupons, Wechseln und wechselähnlichen
Papieren, auf Quittungen von Versicherungsprämien und auf andern
Urkunden des Handelsverkehrs" zu erheben. Urkunden des Handelsverkehrs
sind nicht mit den nach Obligationenrecht errichteten Wertpapieren (oder
Vertragsurkunden) gleichzusetzen (LOCHER, in Kommentar BV, Art. 41 bis, N.
22-24) und umfassen die Urkunden über Kapitalanteile an Unternehmungen
des öffentlichen Rechts.

    Bei der Beratung des ersten Ausführungserlasses im Jahre 1917 ist
namentlich erörtert worden, ob zu den "Urkunden des Handelsverkehrs"
auch gewisse Obligationen der Kantone und ihrer Kantonalbanken
(öffentlichrechtlichen Anstalten) gehören oder ob der Bund diese Titel,
weil von öffentlichen Anstalten der Kantone ausgegeben, nicht belasten
dürfe. Dass es Urkunden des Handelsverkehrs sind, war unbestritten. Sie
wurden aber z.T. von der Abgabe befreit bzw. privilegiert behandelt
(vgl. Art. 11 Abs. 2 und Art. 13 lit. c Stempelabgabengesetz vom
4. Oktober 1917, BBl 1917 IV 225), weil die Bedingungen, unter
denen die öffentlichen Körperschaften und Anstalten mit den privaten
Kreditinstituten konkurrierten, nicht die gleichen seien (BURCKHARDT,
Kommentar, 3. Aufl., N. 4 zu Art. 41bis BV, S. 347, mit Hinweis auf die
Beratung des Stempelabgabengesetzes im Jahre 1917, Sten.Bull. 1917 N 319
f., 323-329, und S 101-105, 161 ff.).

    Grundsätzlich, d.h. soweit das Gesetz keine Ausnahmen vorsieht,
unterliegen daher auch Anteilsrechte an öffentlichen Unternehmungen
der Besteuerung. Unter der Herrschaft des Stempelabgabengesetzes
vom 4. Oktober 1917/22. Dezember 1927 (BS 6, 101) war denn
auch nie zweifelhaft, dass Aktien bzw. Stammkapitalanteile von
öffentlichrechtlichen Aktiengesellschaften und Genossenschaften
grundsätzlich dem Emissionsstempel unterliegen (Bundesgericht in ASA
25, 51 ff. betreffend die Stammkapitalanteile der öffentlichrechtlichen
Genossenschaft Butyra; auch Eidgenössische Steuerverwaltung in ASA 10,
301 Nr. 134; 8, 313 f., 359 E. 3; ERNST WYSS, Die Stempelabgaben der
Aktiengesellschaft, Zürich 1938, S. 11; vgl. auch IM HOF/JOEHR/LANDMANN,
Das Bundesgesetz über die Stempelabgaben, N. 4 zu Art. 17, S. 201;
AMSTUTZ/ WYSS, Das eidgenössische Stempelsteuerrecht, N. 6 zu Art. 17,
die allerdings hinsichtlich öffentlicher Genossenschaften die gegenteilige
Auffassung vertreten, ebenda N. 3). Von dieser Praxis abzuweichen besteht
umso weniger Anlass, als die Umschreibung der Abgabenobjekte in Art. 5
und 6 des geltenden Stempelabgabengesetzes im wesentlichen dem früheren
Recht entspricht (Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972,
BBl 1972 II 1289 f.). Selbst die Aktien der Nationalbank unterliegen
der Emissionsabgabe (ASA 25, 53 E. 3). Es ist deshalb kein Grund
ersichtlich, die Emissionsabgabe nicht auch auf den von Kantonalbanken
(Aktiengesellschaften) ausgegebenen Aktien und Partizipationsscheinen
zu erheben.

Erwägung 3

    3.- Was die Beschwerdeführerin im übrigen vorbringt, rechtfertigt
keine andere Lösung.

    Es trifft zu, dass das Gesetz (Art. 7 Abs. 1 lit. a StG) die
Entstehung der Abgabeforderung bei Aktien an den Eintrag im Handelsregister
anknüpft. Eine Eintragungspflicht besteht aber nach der Praxis auch für
öffentlichrechtliche Unternehmungen, die eine nach kaufmännischer Art
betriebene Tätigkeit ausüben. Eingetragen sind z.B. die Schweizerische
Nationalbank (gemäss Art. 84 des Gesetzes vom 6. Oktober 1905, AS 22 76)
und die Kantonalbanken (HIS, Kommentar, N. 87 zu Art. 934 OR). Fragen
könnte sich höchstens, ob auf Grund von Art. 7 Abs. 1 lit. a StG eine
Abgabenpflicht von gemischtwirtschaftlichen Unternehmungen nicht generell,
sondern nur im Falle ihrer Eintragspflicht bestehe. Doch kann die Frage
offenbleiben, weil die Beschwerdeführerin eine nach kaufmännischer Art
betriebene Unternehmung darstellt und als solche jedenfalls zur Eintragung
verpflichtet ist.

    Die Beschwerdeführerin irrt, wenn sie meint, sie sei
keine Aktiengesellschaft, sondern eine durch Gesetz gegründete
öffentlichrechtliche Anstalt. Sie ist eine Aktiengesellschaft, wenn auch
eine solche des kantonalen Rechts. Das erhellt bereits daraus, dass
das Kantonalbankgesetz (§ 1) bloss ergänzend auf die Bestimmungen des
Obligationenrechts verweist, das insoweit als subsidiäres kantonales Recht
zur Anwendung gelangt. Trotz der Beteiligung des Kantons handelt es sich
beim Kapital der Beschwerdeführerin deshalb nicht um ein Dotationskapital
wie bei einer öffentlichrechtlichen Anstalt, sondern um ein Grundkapital
(Aktienkapital). Unbegründet ist damit auch der Eventualantrag der
Beschwerdeführerin, denjenigen Teil der Emissionen, die vom Kanton
übernommen worden sind (50%), von der Abgabe zu befreien.

    Unbehelflich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die
Rechtsgleichheit. Art. 5 Abs. 1 lit. a StG erfasst nur Gesellschaften
und Genossenschaften, weshalb die als öffentlichrechtliche
Anstalten errichteten Kantonalbanken auf den von ihnen ausgegebenen
Partizipationsscheinen keine Emissionsabgaben zu bezahlen haben. Eine
rechtsungleiche Behandlung läge jedenfalls vor, wenn die Beschwerdeführerin
- im Unterschied zu den Aktiengesellschaften nach Obligationenrecht -
von der Abgabe befreit würde.