Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IB 125



115 Ib 125

16. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
16. Juni i.S. Z. AG gegen Eidgenössische Steuerverwaltung
   (Verwaltungsgerichtsbeschwerde)
Regeste

Umwandlung und Aufspaltung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 lit. a StG durch
Gründung einer neuen Aktiengesellschaft. Art. 9 Abs. 1 lit. a StG findet
nur auf Umwandlungen, Aufspaltungen usw. von bestimmten Gesellschaften,
namentlich Aktiengesellschaften, Anwendung. Die Umwandlung einer
Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft fällt nicht darunter
(E. 2), im konkreten Fall auch nicht die Umwandlung einer massgeblich durch
eine Aktiengesellschaft (Holding) beherrschten Kommanditgesellschaft in
eine gleichbeherrschte Aktiengesellschaft (E. 3).

Sachverhalt

A.- Unter der Firma X. & Co. bestand seit 1936 eine Kommanditgesellschaft
mit Sitz in ... Sie betrieb die gleichnamige Bank.

    Unbeschränkt haftende Gesellschafter waren Ende 1983 A., B. und
C. Beschränkt haftende Gesellschafterin (Kommanditärin) war die den Erben
von X. gehörende Y. AG. Ihre Kommanditeinlage betrug Ende 1983 Fr. ...,
während die Kapitaleinlagen der unbeschränkt haftenden Gesellschafter
sich auf insgesamt Fr. ... beliefen. Am 21. November 1983 wurde die
Z. AG mit Sitz in... gegründet. Diese Aktiengesellschaft sollte den
Bankbetrieb der X. & Co. weiterführen. Die Gründung erfolgte durch die
Gesellschafter der Kommanditgesellschaft. Das Aktienkapital der neuen
Gesellschaft beträgt Fr. ... und wurde durch Übernahme der Aktiven und
Passiven der X. & Co. auf den 1. Januar 1984 - mit einem Aktivenüberschuss
von Fr. ... gemäss Bilanz - voll liberiert. Die 50 000 Inhaberaktien
wurden von den Gesellschaftern der Kommanditgesellschaft - entsprechend
ihren bisherigen Beteiligungen - wie folgt übernommen: 1. Y. AG 48
200 Aktien (96,4%) 2. A. 1 000 Aktien ( 2,0%) 3. B. 400 Aktien ( 0,8%)
4. C. 400 Aktien ( 0,8%) Am 7. Juni 1984 wurde die Kommanditgesellschaft
im Handelsregister gelöscht. Die Z. AG entrichtete auf dem nominellen
Aktienkapital von Fr. ... die Emissionsabgabe zum Satz von 1%. Sie
war der Meinung, Anspruch auf Besteuerung nach dem in Art. 9 Abs. 1
lit. a StG vorgesehenen ermässigten Abgabesatz erheben zu können, weil
die Liberierung des Aktienkapitals durch Einlage der Bankunternehmung
(das heisst der Aktiven und Passiven der X. & Co.) wirtschaftlich eine
Aufspaltung der Y. AG darstelle. Im Einvernehmen mit der Eidgenössischen
Steuerverwaltung wurde der Verkehrswert der Sacheinlagen bei der
Gründung - unter Berücksichtigung eines Apportmehrwertes von Fr. ... -
auf Fr. ... (abzüglich Beurkundungsgebühren usw.) festgesetzt, doch
bestand die Bank auf einem Abgabesatz von 1%. Mit förmlichem Entscheid
vom 9. Januar 1985 bestätigte die Eidgenössische Steuerverwaltung
deshalb ihre Ansicht, wonach die Emissionsabgabe 3% betrage, und setzte
die Emissionsabgabe auf Fr. ... fest. Die von der Bank gegen diese
Veranlagung erhobene Einsprache wies die Eidgenössische Steuerverwaltung
am 18. April 1988 ab. Die Z. AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
den Anträgen es sei der Abgabesatz auf 1% und die Emissionsabgabe auf
Fr. ... festzusetzen. Zur Begründung führt die Beschwerdeführerin kurz
zusammengefasst aus, nach allgemeinem Sprachgebrauch stelle ihre Gründung
eine - nicht unter Art. 9 Abs. 1 lit. a StG fallende - Umwandlung einer
Kommanditgesellschaft in eine Aktiengesellschaft dar. Wirtschaftlich
betrachtet handle es sich jedoch bei der Neugründung um eine - sehr
wohl nach dieser Bestimmung privilegierte - Aufspaltung der Y. AG, weil
diese mit einer Beteiligung von 96,4% an der Kommanditgesellschaft als
wirtschaftliche Eigentümerin des Bankbetriebes der Kommanditgesellschaft
zu betrachten sei. Die Eidgenössische Steuerverwaltung beantragt, die
Beschwerde abzuweisen. In Replik und Duplik halten die Parteien an ihren
Anträgen fest. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

    Erwägungen:

Erwägung

1.- Gegenstand der Emissionsabgabe sind nach Art. 5 Abs. 1 lit. a StG die
entgeltliche oder unentgeltliche Begründung oder Erhöhung des Nennwertes
von Beteiligungsrechten, namentlich in Form von Aktien inländischer
Aktiengesellschaften. Die Abgabe beträgt (seit 1. April 1978) 3% und wird
berechnet vom Betrag, welcher der Gesellschaft "als Gegenleistung für
die Beteiligungsrechte zufliesst, mindestens aber vom Nennwert" (Art. 8
Abs. 1 lit. a StG). Der Ausdruck "zufliesst" lässt erkennen, dass neben
dem Nennwert der ausgegebenen Aktien auch das von der Gesellschaft bei
der Ausgabe allenfalls erzielte Agio mit einzubeziehen ist (ASA 51, 496
E. 2a). Die Beschwerdeführerin schuldet daher die Emissionsabgabe nicht
nur auf dem nominellen Wert der ausgegebenen Beteiligungsrechte, sondern
auch auf dem - im Einvernehmen mit der Eidgenössischen Steuerverwaltung
auf Fr. ... festgesetzten - Apportmehrwert. Das ist unbestritten. Einzig
streitig ist die Höhe des Abgabesatzes.

Erwägung

2.- a) Das Gesetz sieht für gewisse Tatbestände ermässigte
Abgabesätze vor. Nach Art. 9 Abs. 1 lit. a StG beträgt die Abgabe auf
Beteiligungsrechten, die in Durchführung von Beschlüssen über Fusionen
oder diesen wirtschaftlich gleichkommenden Zusammenschlüssen, Umwandlungen
und Aufspaltungen von Aktiengesellschaften, Kommanditaktiengesellschaften,

    Gesellschaften mit beschränkter Haftung oder Genossenschaften begründet
oder erhöht werden, 1% (statt 3%). Die Herabsetzung des Abgabesatzes bei
Gesellschaftsumwandlungen bildete einen wesentlichen Punkt der Revision
des Stempelsteuergesetzes von 1973. Verschiedene Wirtschaftsorganisationen
hatten geltend gemacht, die Erhebung der vollen Abgabe auf dem Verkehrswert
der als Sacheinlage übernommenen Gesellschaft wirke fusionshemmend,
vor allem wenn die eingebrachte Unternehmung über grosse Reserven
verfüge, und verlangten eine steuerliche Entlastung. Nach Abwägung
der volkswirtschaftlichen und staatspolitischen Vor- und Nachteile
einer steuerlichen Begünstigung von Unternehmungskonzentrationen und
-umwandlungen schlug der Bundesrat schliesslich im Sinne einer "mittleren
Lösung" eine Reduktion der Emissionsabgabe für Fusionen, fusionsähnliche
Zusammenschlüsse usw. auf den (damals) halben Abgabesatz von 1% vor,
was vom Parlament angenommen wurde. Es sollten damit Fusionen und
gleichgestellte Tatbestände weder über Gebühr erleichtert noch erschwert
werden (Botschaft des Bundesrates vom 25. Oktober 1972, BBl 1972 II
S. 1278, 1284, 1294 ff.; dazu BGE 102 Ib 144 f. E. 3b; ASA 53, 275 E. 3a).
b) Art. 9 Abs. 1 lit. a StG nennt allerdings nur Fusionen und diesen
gleichkommende Umwandlungen, Aufspaltungen usw. von Aktiengesellschaften,
Kommanditaktiengesellschaften, Gesellschaften mit beschränkter Haftung
und Genossenschaften. Die Beschwerdeführerin entstand nicht durch
Aufspaltung einer solchen Gesellschaft, sondern durch Umwandlung der
Kommanditgesellschaft X. & Co. In Art. 9 Abs. 1 lit. a StG ist aber die
Umwandlung von Kommanditgesellschaften nicht erwähnt. Der Grund dafür ist
darin zu erblicken, dass Kommanditeinlagen seit dem 1. Januar 1967 - seit
der Aufhebung von Art. 34 bis 40 und 48 des Bundesbeschlusses über die
Durchführung der Übergangsordnung des Finanzhaushaltes vom 22. Dezember
1938 (BS 6 S. 38, 43 ff.) durch Art. 72 des Bundesgesetzes über die
Verrechnungssteuer vom 13. Oktober 1965 - der Stempelabgabe nicht mehr
unterworfen sind. Umwandlungen von Kommanditgesellschaften fallen deshalb
nicht unter Art. 9 Abs. 1 lit. a StG. Das gilt nach einem Entscheid des
Bundesgerichts vom 11. April 1984 auch dann, wenn die umzuwandelnde
Kommanditgesellschaft nach der bis Ende 1966 geltenden Gesetzgebung auf
den Kommanditeinlagen Stempelabgaben entrichten musste (ASA 53, 157 ff.).
c) Hauptbeteiligte an der Kommanditgesellschaft war mit einem Anteil von
96,4% die Y. AG. Sie war zudem gemäss Gesellschaftsvertrag ausschliesslich
an den stillen Reserven beteiligt. Es kann sich daher nur fragen, ob in der
Umwandlung der Kommanditgesellschaft X. & Co. in eine Aktiengesellschaft
zugleich eine nach Art. 9 Abs. 1 lit. a StG privilegierte - Aufspaltung
der Y. AG erblickt werden muss, wie die Beschwerdeführerin geltend
macht. Die Eidgenössische Steuerverwaltung verneint diese Frage und
verweist dazu auf das Urteil vom 11. April 1984 (ASA 53, 156). Allein,
die Frage, ob die massgebende Beteiligung einer Aktiengesellschaft an der
umgewandelten Kommanditgesellschaft privilegierend im Sinne des Gesetzes
zu berücksichtigen sei, stellte sich in jenem Urteil gar nicht: An der in
eine Aktiengesellschaft umgewandelten damaligen Kommanditgesellschaft war
keine juristische Person als Kommanditärin beteiligt (wie sich zwar nicht
aus dem Urteil selbst, aber aus den damaligen Unterlagen ergibt). Die
Frage ist somit zu entscheiden.

Erwägung

3.- a) Der Begriff der Aufspaltung wird im Gesetz - im Gegensatz zu
demjenigen der Fusion (Art. 749 bis 750, 770 Abs. 3 und 914 OR) -
nicht näher umschrieben. Sein Inhalt ist durch Auslegung zu ermitteln.
Allgemein wird darunter der Vorgang verstanden, dass aus einer
bestehenden Gesellschaft Aktiven und Passiven, die zusammen eine
organische Einheit (Betrieb) bilden, ausgegliedert und auf eine
Tochter- oder Schwestergesellschaft übertragen werden (ASA 53, 275
E. 3b, 441 E. 3b; KÄNZIG, Steuerrechtliche Fragen im Zusammenhang
mit der Unternehmungsteilung, ASA 46 S. 546 f.; CAGIANUT /HÖHN,
Unternehmungssteuerrecht, § 19 N. 1 f., S. 619, und N. 29, S. 632;
W.R. PFUND, Die eidgenössische Verrechnungssteuer, I. Teil, Basel
1971, N. 2.4 zu Art. 5; F. IMBACH, Traitement des fusions et opérations
assimilées en matière de droit de timbre fédéral d'émission, ASA 51 S. 16).
Damit eine Aufspaltung vorliegt, muss eine bestehende Unternehmung in zwei
oder mehrere Unternehmungen aufgeteilt werden (vgl. ausser der zitierten
Literatur und Rechtsprechung auch W. JAKOB, Die steuerliche Behandlung
der Unternehmungsteilung, Diss. St. Gallen 1983, S. 7, 143 ff.). Darin
kommt zum Ausdruck, dass bei Aufspaltungen nicht einzelne Aktiven
veräussert, sondern in sich geschlossene selbständige Betriebsteile
übertragen werden, die als solche weitergeführt werden. Von einer
solchen Aufspaltung kann hier jedoch klarerweise nicht die Rede sein.
b) Zivilrechtlich vollzog sich die Gründung der Beschwerdeführerin in der
Weise, dass die an der Kommanditgesellschaft X. & Co. Beteiligten - die
Y. AG, A., B. und C. - als Gesamthandeigentümer die Aktiven und Passiven
der Kommanditgesellschaft zur Liberierung des von ihnen gezeichneten
Aktienkapitals in die Beschwerdeführerin einbrachten; sie erhielten dafür
eine ihrem Kapitalanteil an den Kommanditeinlagen entsprechenden Anteil
der neu ausgegebenen Aktien. Deswegen wurde jedoch kein Betrieb der Y. AG
abgespalten und in der Beschwerdeführerin rechtlich verselbständigt;
der übertragene Bankbetrieb war ein solcher der Kommanditgesellschaft,
nicht der Y. AG, mag diese auch massgeblich (als Kommanditärin) an der
Kommanditgesellschaft beteiligt gewesen sein. Nichts anderes folgte
aus der - von der Beschwerdeführerin angerufenen - wirtschaftlichen
Betrachtungsweise. Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass der Begriff
der Aufspaltung - wie derjenige des fusionsähnlichen Zusammenschlusses
- keinen zivilrechtlichen, sondern einen wirtschaftlichen Sachverhalt
umschreibt (vgl. dazu ASA 53, 275 E. 3b). Das hat jedoch, entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführerin, nicht zur Folge, dass für die
Abgabeberechnung der ermässigte Abgabesatz immer dann massgebend ist, wenn
wirtschaftlich eine Aufspaltung von Unternehmungen (zum Begriff R. PATRY,
Schweizerisches Privatrecht, Bd. VIII /1, S. 70 ff.; CAGIANUT /HÖHN,
aaO, § 1, S. 49 ff.) vorliegt. Art. 9 Abs. 1 lit. a StG privilegiert
nicht Aufspaltungen, Umwandlungen usw. schlechthin, sondern nur solche
von bestimmten Gesellschaften, namentlich von Aktiengesellschaften.
Hinsichtlich der Y. AG könnte nur dann von einer Aufspaltung gesprochen
werden, wenn sie selber einen Bankbetrieb geführt und diesen oder
Teile davon anschliessend auf eine neu errichtete Aktiengesellschaft
übertragen hätte. Das ist jedoch nicht der Fall. Die Y. AG war nie eine
aktive Gesellschaft, sondern eine reine Holding der Erben von X. Eine
Änderung hat sich bei ihr nur insoweit ergeben, als sie nunmehr durch
Aktien der Beschwerdeführerin - indirekt - am Bankbetrieb beteiligt ist,
während sie es zuvor durch eine Beteiligung an der Personengesellschaft
war. Personengesellschaft war.