Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IA 64



115 Ia 64

10. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 13.
April 1989 i.S. M. gegen F., Staatsanwaltschaft und Appellationsgericht
des Kantons Basel-Stadt (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 4 BV, Art. 6 Ziff. 1, 3 lit. a, e EMRK.  Urteilsübersetzung.

    Aus Art. 4 BV und Art. 6 EMRK folgt grundsätzlich kein Anspruch des
Verurteilten auf Übersetzung eines schriftlichen Urteils in seine Sprache.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 6

    6.- a) Der Beschwerdeführer macht ferner geltend, es sei ihm eine
englische Ausfertigung des erstinstanzlichen Urteils auszuhändigen. Als
kanadischer Staatsangehöriger sei er der deutschen Sprache nur in
sehr geringem Masse mächtig. Seine deutschen Eingaben, auch seine
Beschwerdeschriften ans Bundesgericht, hätte er nur dank der freundlichen
Hilfe eines Mitgefangenen verfassen können. Ohne englische Fassung des
erstinstanzlichen Urteils sei ihm aber eine umfassende Verteidigung vor
dem Appellationsgericht nicht möglich.

    b) Der Beschwerdeführer kann einen entsprechenden Antrag nicht aus
Art. 4 BV ableiten. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt keine
Pflicht der Behörde, sich im schriftlichen Verkehr mit einem Bürger, der
die Amtssprache des Kantons nicht beherrscht, in dessen Sprache an ihn
zu wenden. Es ist grundsätzlich seine Sache, sich amtliche Schriftstücke
übersetzen zu lassen (vgl. ARTHUR HAEFLIGER, Die Sprachenfreiheit in der
bundesgerichtlichen Rechtsprechung, in: Mélanges Henri Zwahlen, Lausanne
1977, S. 84).

    c) Sodann besteht sowohl nach Auffassung des Bundesgerichtes als
auch der Strassburger Organe kein in der EMRK, insbesondere nicht
in Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. a und e EMRK gründender Anspruch
auf Übersetzung eines schriftlichen Strafurteils in die Sprache des
Verurteilten (unveröffentlichtes Urteil vom 26. Mai 1975 i.S. G. E. 2b;
THEO VOGLER, Internationaler EMRK-Kommentar, N. 587 zu Art. 6 EMRK). Es
wird dem neuen Verteidiger obliegen, soweit notwendig dem Beschwerdeführer
das erstinstanzliche Strafurteil zu erläutern und zu übersetzen. Sollte er
dazu nicht in der Lage sein und sollte der Beschwerdeführer auch nicht über
die notwendigen Mittel zum Beizug eines privaten Übersetzers verfügen,
kann dieser immer noch von den kantonalen Instanzen soweit nötig auf
Gerichtskosten den Beizug eines solchen verlangen (vgl. ARTHUR HAEFLIGER,
aaO, S. 84 f.; unveröffentlichtes Urteil vom 12. Juni 1979 i.S. G. E. 2a).