Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IA 277



115 Ia 277

44. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
3. Mai 1989 i.S. B. gegen Kanton Basel-Landschaft (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 4, 22 bis BV und Art. 2 ÜbBest. BV, persönliche Freiheit;
Dienstpflicht für Medizinalpersonal im Rahmen des Koordinierten
Sanitätsdienstes.

    Dem Bunde steht auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung, insbesondere
im Bereich des Koordinierten Sanitätsdienstes, keine ausschliessliche
Gesetzgebungsbefugnis zu (E. 4).

    Die Einführung einer Dienstpflicht für männliche und weibliche
Medizinalpersonen für den Katastrophen- und Kriegsfall durch den Kanton
als Verantwortlichen für das öffentliche Gesundheitswesen und Partner des
Koordinierten Sanitätsdienstes verstösst weder gegen Art. 22bis Abs. 1
und 5 BV (E. 5) noch gegen das Rechtsgleichheitsgebot (E. 6).

    Im vorliegenden Fall hätte jedoch der wesentliche Inhalt der
Dienstpflicht, soweit es um die Ausbildung geht, in einem formellen Gesetz
umschrieben werden müssen (E. 7).

    Die Schaffung eines Dienstobligatoriums ist nicht unverhältnismässig
und verletzt das verfassungsmässige Recht auf persönliche Freiheit nicht,
wenn vorauszusehen ist, dass der Kanton im Katastrophen- oder Kriegsfall
den Bedarf an medizinisch ausgebildetem Personal nicht durch freiwillig
Dienstleistende decken kann (E. 8).

Sachverhalt

    A.- Am 6. Dezember 1987 stimmte das Volk des Kantons Basel-Landschaft
dem Gesetz über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter
vom 17. Juni 1987 (ZKG) zu. In den §§ 1-3 wird der Zweck des Gesetzes
wie folgt umschrieben:

    "§ 1 Zweck

    1 Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Bundesgesetzgebung über den

    Zivilschutz, die wirtschaftliche Landesversorgung und den

    Kulturgüterschutz sowie die Durchführung von Bundesaufgaben für den

    Schutz der Bevölkerung im Katastrophenfall und bei kriegerischen

    Ereignissen.

    2 Es bildet die Rechtsgrundlage für die Vorbereitung und Durchführung
   von Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung in den in Absatz i genannten

    Fällen. Es regelt insbesondere:

    a. die Sicherstellung der Regierungs- und Verwaltungstätigkeit,

    b. die Information und Alarmierung von Bevölkerung und Behörden,

    c. die Wahrung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit,

    d. die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens und

    Koordination mit anderen Sanitätsdiensten,

    e. die Verlegung von Bevölkerungsteilen,

    f. die Sicherstellung und Unterstützung der sozialen Institutionen,

    g. die Aufnahme und Betreuung von Obdachlosen und Flüchtlingen,

    h. die Instandhaltung der Verkehrswege und öffentlichen Einrichtungen,

    i. die Zusammenarbeit mit der Armee,

    k. die Sicherstellung der personellen und materiellen Mittel.

    § 2 Katastrophenfall

    Als Katastrophenfall im Sinne dieses Gesetzes gilt ein Sonderereignis,
   dessen Auswirkungen oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen

    Rettungsorganisationen übersteigen.

    § 3 Kriegerische Ereignisse

    Der Begriff kriegerischer Ereignisse umfasst den von der Bundesbehörde
   erklärten Neutralitätsschutz oder den Verteidigungsfall sowie den

    Besetzungsfall."

    Im Abschnitt B des Gesetzes werden die Aufgaben und
Verantwortlichkeiten der Kantone und Gemeinden festgelegt, im Abschnitt
C Ausführungsvorschriften über den Zivilschutz erlassen und im Abschnitt
D unter dem Titel "Koordinierter Sanitätsdienst" unter anderem folgendes
bestimmt:

    "§ 26 Grundsatz

    1 Der Koordinierte Sanitätsdienst hat zum Ziel, die Behandlung und

    Pflege aller Patienten im Falle kriegerischer Ereignisse
sicherzustellen.

    2 Der Koordinierte Sanitätsdienst kann auch zur Hilfeleistung im

    Katastrophenfall beigezogen werden.

    3 Partner im Koordinierten Sanitätsdienst sind:

    a. das öffentliche Gesundheitswesen des Kantons;

    b. der Sanitätsdienst des Zivilschutzes, wenn dieser aufgeboten ist;

    c. der Sanitätsdienst der Armee, wenn dieser aufgeboten ist;

    d. die privaten sanitätsdienstlichen Organisationen.

    § 30 Aufgaben der Krankenanstalten

    1 Öffentliche und private Krankenanstalten sind verpflichtet, die
   ihnen zugewiesenen Patienten aufzunehmen und zu pflegen.

    2 In allen Krankenanstalten sind für den Katastrophenfall und für
   kriegerische Ereignisse Notfallorganisationen mit entsprechendem

    Personal vorzubereiten.

    3 Die Krankenanstalten sind verpflichtet, nach Vorschrift des

    Regierungsrates Vorräte an Sanitätsmaterial und Medikamenten anzulegen
   und zu unterhalten.

    § 31 Medizinal- und weitere Personen

    1 Der Regierungsrat kann im Katastrophenfall und bei kriegerischen

    Ereignissen die in Krankenanstalten, Arzt- und Zahnarztpraxen sowie
   in Apotheken und andern Instituten tätigen Medizinal- sowie weitere

    Personen aufbieten, soweit sie nicht für die Bedürfnisse der Gemeinden
   benötigt werden. Ebenso kann nicht mehr berufstätiges, medizinisches

    Fachpersonal zur Hilfeleistung verpflichtet werden.

    2 Das für den Koordinierten Sanitätsdienst benötigte Medizinal-,

    Pflege- und Hilfspersonal sowie das administrative und technische
Personal
   ist verpflichtet, sich für den Einsatz im Koordinierten Sanitätsdienst
   ausbilden zu lassen."  § 44 der Schlussbestimmungen lautet:

    "1 Der Landrat erlässt Vollzugsbestimmungen insbesondere betreffend

    Vergütung, Lohnausfall, Spesenersatz und Versicherung.

    2 Der Regierungsrat erlässt die dazu erforderlichen

    Ausführungsbestimmungen."

    In § 2 Abs. 1 des landrätlichen Dekretes über den zivilen Schutz
der Bevölkerung und der Kulturgüter vom 18. Juni 1987 wird ausgeführt,
die Ordnung betreffend Vergütung, Erwerbsausfall, Spesenersatz,
Materialentschädigung und allfällige Versicherungen habe grundsätzlich
jener zu entsprechen, die im Zivilschutz gilt.

    N. B. und weitere Frauen haben § 31 des Gesetzes über den zivilen
Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter mit staatsrechtlicher Beschwerde
angefochten und dessen Aufhebung verlangt. Die Beschwerdeführerinnen machen
geltend, die angefochtene Bestimmung verstosse gegen Art. 2 ÜbBest. BV,
gegen das Gleichbehandlungsgebot und gegen das Grundrecht auf persönliche
Freiheit.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführerinnen machen zunächst geltend, der kantonale
Gesetzgeber verletze mit dem Dienst- und Ausbildungsobligatorium, das in §
31 des Gesetzes über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der Kulturgüter
(ZKG) vorgesehen ist, den Grundsatz des Vorrangs des Bundesrechts.
Der Koordinierte Sanitätsdienst sei ein Begriff der Gesamtverteidigung
und damit des Bundesrechts; alles, was Gesamtverteidigung sei, sei
Bundesangelegenheit, so auch der Einsatz der sanitätsdienstlichen Mittel
des Landes in den sog. strategischen Fällen. Materiell sei die durch
§ 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungspflicht dem Zivilschutz
zuzuordnen. Der "Schutz der Personen gegen die Auswirkungen von
kriegerischen Ereignissen", dessen Regelung nach Art. 22bis BV Bundessache
sei, umfasse auch die medizinische Betreuung und somit das Sanitätswesen
schlechthin. Art. 2 ÜbBest. BV werde deshalb durch den angefochtenen
kantonalen Erlass in doppelter Hinsicht verletzt: Einerseits fiele, da
der Koordinierte Sanitätsdienst als Bestandteil der Gesamtverteidigung
Bundessache sei, die Einführung einer Dienstpflicht in die ausschliessliche
Kompetenz des Bundesgesetzgebers. Andererseits verstosse das in § 31 ZKG
vorgesehene Obligatorium gegen Art. 22bis Abs. 5 BV, welcher für Frauen
ausdrücklich die Freiwilligkeit der Schutzdienstleistung statuiere.

Erwägung 4

    4.- Es trifft zu, dass der sog. Koordinierte Sanitätsdienst im Rahmen
der Bemühungen um die Gesamtverteidigung entstanden ist. Zu prüfen ist
daher zunächst, ob tatsächlich - wie die Beschwerdeführerinnen behaupten
- dem Bund auf dem Gebiete der Gesamtverteidigung ausschliessliche
Gesetzgebungsbefugnis zustehe (vgl. BGE 113 Ia 311 E. 3a).

    a) Die Idee der Gesamtverteidigung wurde im wesentlichen im Anschluss
an den Zweiten Weltkrieg entwickelt und beruht auf der Erkenntnis, dass
sich zukünftige kriegerische Auseinandersetzungen in vielfältigster Form
abspielen können und nicht nur gegen die bewaffneten Streitkräfte, sondern
auch gegen die Zivilbevölkerung richten werden. Die Landesverteidigung
könne daher, wie es der Bundesrat ausdrückte, nicht mehr ausschliesslich
Sache der Armee sein; sie müsse zu einer Gesamtverteidigung erweitert
werden, welche auch die zivilen Bereiche des staatlichen Lebens
einschliesse (Botschaft vom 30. Oktober 1968 zum Bundesgesetz über
die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung, BBl 1968
II S. 641). Da die zivilen Massnahmen, insbesondere auf den Gebieten
Aussenpolitik, Staatsschutz, Information, Landesversorgung und Zivilschutz,
in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Departemente und zahlreicher
Dienststellen sowie der Kantone und der Gemeinden fielen, sei eine wirksame
Koordination auf Bundesebene unerlässlich (aaO S. 656, 660 f.).

    Diese Koordinationsaufgabe sowie die Leitung der Gesamtverteidigung
überhaupt sind durch das Bundesgesetz über die Leitungsorganisation
und den Rat für Gesamtverteidigung vom 27. Juni 1969 (SR 501.1) dem
Bundesrat übertragen worden (Art. 1). Ihm zur Seite steht einerseits der
Rat für Gesamtverteidigung, der als konsultatives Organ aus Vertretern
der Kantone und der verschiedenen Bereiche des nationalen Lebens
besteht (Art. 7 und 8). Andererseits wird der Bundesrat bei der Planung,
Koordination, Vorbereitung und beim Vollzug der Massnahmen durch den Stab
und die Zentralstelle für Gesamtverteidigung unterstützt (Art. 3-6). Der
Zentralstelle obliegt zudem die Beratung der Kantone auf dem Gebiet der
Gesamtverteidigung (Art. 4 Abs. 2).

    Diese weitgehend bloss organisatorischen Bestimmungen des Gesetzes
über die Leitungsorganisation und den Rat für Gesamtverteidigung sind -
abgesehen von den Ausführungsbestimmungen des Bundesrates - bis heute
die einzigen bundesrechtlichen Vorschriften geblieben, die sich mit der
Gesamtverteidigung als solche befassen. Weitere grundsätzliche Normen
sind nicht geschaffen worden. Das heisst allerdings nicht, dass auf diesem
Gebiet keine Schritte mehr unternommen worden wären. Insbesondere liess der
Bundesrat eine Konzeption der Gesamtverteidigung erarbeiten, welche er am
27. Juni 1973 im Rahmen des Berichtes über die Sicherheitspolitik den Räten
vorgelegt hat und die in zustimmendem Sinne zur Kenntnis genommen worden
ist (BBl 1973 II S. 112 ff.; Amtl. Bull. 1973 S 725, 1974 N 802). Im Jahre
1979 ist ein Zwischenbericht über die Entwicklungen seit 1973 erstattet
worden (BBl 1980 I S. 355 f.), während ein weiterer Zwischenbericht über
die Sicherheitspolitik demnächst dem Parlament unterbreitet werden soll.

    b) Aus dem Gesagten ergibt sich, dass dem Bund auf dem Gebiete
der Gesamtverteidigung zwar eine Leitungs- und Koordinationsfunktion,
jedoch keine generelle Rechtsetzungsbefugnis zukommt. Wohl knüpft
der Selbstbehauptungsauftrag der Gesamtverteidigung am Zweck des
Bundesstaates schlechthin an, die Unabhängigkeit des Vaterlandes gegen
aussen zu behaupten. Die Zweckbestimmung von Art. 2 BV begründet
jedoch keine Kompetenz des Bundes (AUBERT, Kommentar zu Art. 2 BV, N
21; HAEFELIN/HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. A. S. 88
f. Nr. 287). Die Bundesverfassung kennt auch kein Sachgebiet
der Gesamtverteidigung. Dem Bund steht daher auf dem Bereich der
Gesamtverteidigung nur insoweit Gesetzgebungskompetenz zu, als sie ihm auf
den einzelnen Teilgebieten durch die Verfassung übertragen worden ist. Das
trifft etwa für das Militärwesen, die Aussenpolitik, den Zivilschutz
usw. zu, gilt aber, wie bereits angetönt, nicht für alle Gebiete, die
für die Gesamtverteidigung eine Rolle spielen. Zu den Obliegenheiten
der Kantone, die im Bericht über die Sicherheitspolitik von 1973 einzeln
aufgezählt werden (BBl 1973 II S. 146), gehören nicht nur Massnahmen, die
in Vollzug des Bundesrechts zu treffen sind, sondern auch Aufgaben, die die
Kantone in ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich wahrzunehmen haben, so unter
anderem die Aufrechterhaltung des öffentlichen Gesundheitswesens. Durch
die Einführung und den Ausbau der Gesamtverteidigung ist somit an der
bestehenden Aufteilung der Gesetzgebungskompetenzen zwischen Bund und
Kantonen nichts geändert worden. Der Vorwurf der Beschwerdeführerinnen,
der Kanton Basel-Landschaft habe Art. 2 ÜbBest. BV allein schon verletzt,
weil er auf einem zur Gesamtverteidigung gehörenden Gebiet Recht gesetzt
habe, geht daher fehl.

Erwägung 5

    5.- Zu untersuchen ist im weiteren die Rüge, der durch § 31
ZKG vorgeschriebene Dienst sei - wie der Koordinierte Sanitätsdienst
überhaupt - "materiell Zivilschutzdienst"; die angefochtene Bestimmung
verstosse deshalb gegen Art. 22bis Abs. 1 BV, der die Gesetzgebung über
den Zivilschutz dem Bunde vorbehalte, und insbesondere gegen Art. 22bis
Abs. 5 BV, welcher die Freiwilligkeit der Schutzdienstpflicht der Frauen
gewährleiste.

    a) Gemäss Art. 22bis Abs. 1 BV ist die Gesetzgebung über den zivilen
Schutz der Personen und Güter gegen Auswirkungen von kriegerischen
Ereignissen Bundessache. Der Zivilschutz bezweckt nach Art. 1 Abs. 2
des Bundesgesetzes über den Zivilschutz vom 23. März 1963 (ZGS/SR
520.1) den Schutz, die Rettung und die Betreuung von Personen und den
Schutz der Güter durch Massnahmen, die bestimmt sind, die Auswirkungen
bewaffneter Konflikte zu verhindern und zu mildern. Als Massnahmen
fallen insbesondere in Betracht (Art. 2 ZGS): Aufklärung der Bevölkerung
über Gefahren und Schutzmöglichkeiten, Schutz- und Rettungsmassnahmen
(Alarmierung, Verdunkelung, Brandschutz und Brandbekämpfung, Rettung von
Personen und Sachen, Massnahmen gegen atomare und chemische Einwirkungen
usw.) sowie Betreuungsmassnahmen (Hilfe für Verletzte, Gebrechliche
und Kranke, Sorge für Obdach- und Hilflose). Zur Vorbereitung und
Durchführung dieser Massnahmen werden örtliche Schutzorganisationen,
Betriebsschutzorganisationen und Schutzraumorganisationen gebildet (Art. 14
ZSG). Das Hauptgewicht der Aufgaben des Zivilschutzes liegt seit der
Zustimmung des Parlamentes zur Konzeption 1971 und der darauffolgenden
Anpassung des Zivilschutzgesetzes bei den vorbeugenden Massnahmen,
während zuvor die Rettungs- und Hilfsmassnahmen im Vordergrund standen
(vgl. Konzeption des schweizerischen Zivilschutzes 1971, BBl 1971 II S. 523
f., 537, 549; Botschaft über die Änderung des Zivilschutzgesetzes vom
25. August 1976, BBl 1976 III S. 351 ff.; GIORGIO MALINVERNI, Kommentar
zu Art. 22bis BV, Fussnote 12).

    Nach Art. 22bis Abs. 7 BV kann der Zivilschutz auch "zur Nothilfe",
das heisst sowohl in Zeiten aktiven Dienstes wie auch in Friedenszeiten
für Hilfeleistungen bei Katastrophen eingesetzt werden (Art. 1 Abs. 3
ZSG). Beim Einsatz im Falle von Natur- oder sog. Zivilisationskatastrophen
handelt es sich jedoch nur um eine Nebenaufgabe des vorwiegend auf die
Landesverteidigung ausgerichteten Zivilschutzes zur Unterstützung der
Kantone und Gemeinden (vgl. BBl 1961 III S. 362; GIORGIO MALINVERNI, aaO
N 9 und 10; BERNHARD STADLIN, Die rechtlichen Probleme des Einsatzes der
Schweizer Armee und des Zivilschutzes zur Katastrophenhilfe, Diss. Basel
1982 S. 18, 85 f.). Dementsprechend können die Zivilschutzorganisationen
für die Katastrophenhilfe direkt von den Kantonen und Gemeinden aufgeboten
werden (Art. 4 Abs. 3 und 4 ZSG).

    Nach der in der Lehre herrschenden Meinung ist die
Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Bereich des Zivilschutzes
eine ausschliessliche und umfassende (GIORGIO MALINVERNI, aaO N 15;
JEAN-FRANCOIS AUBERT, Traité de droit constitutionnel, Bd. I S. 266 N 697;
YVO HANGARTNER, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, S. 183;
HANS ENGLER, Die Zivilschutzorganisation in der Schweiz, Diss. Bern 1970,
S. 70). Vereinzelt wird allerdings auch die Auffassung vertreten, es sei
nicht einzusehen, weshalb die Kantone auf diesem Gebiet nicht Zusätzliches
anordnen könnten (PETER SALADIN, Kommentar zu Art. 3 BV N 205). Wie
dem sei, kann hier offenbleiben. Ausschlaggebend ist im vorliegenden
Fall allein, dass der Zivilschutz so, wie er in der Verfassung und
im Bundesgesetz vorgesehen ist, von seiner Organisation und seiner
Aufgabe her nicht dazu bestimmt ist, im Kriegs- und Katastrophenfall
das gesamte Sanitätswesen im zivilen Bereich zu übernehmen. Insbesondere
kann mangels einer entsprechenden Verfassungsnorm keine Rede davon sein,
dass das in Normalzeiten in den Zuständigkeitsbereich der Kantone und
Gemeinden fallende öffentliche Gesundheits- und Spitalwesen nach dem
Aufgebot der Zivilschutzorganisationen von diesen zu besorgen oder diesen
zu unterstellen sei. Eine solche Änderung der Kompetenzordnung kann auch
nicht aus dem Umstand abgeleitet werden, dass die Zivilschutzorganisation
ebenfalls einen Sanitätsdienst umfasst (Art. 22 Abs. 1 lit. f der
Verordnung über den Zivilschutz vom 27. November 1978). Wie schon in
der Botschaft zum Bundesgesetz festgehalten worden ist, kann dieser nur
erste Behandlungen übernehmen und ist auf die Zusammenarbeit mit dem
öffentlichen Spitalwesen und privaten Institutionen angewiesen (BBl 1961
II S. 49). Die Annahme der Beschwerdeführerinnen, der Bund habe sich mit
Art. 22bis BV die Gesetzgebung auf dem gesamten Gebiet des Sanitätswesens
im Kriege vorbehalten wollen, kann daher nicht richtig sein. Gegen sie
sprechen denn auch die Anstrengungen, die die Bundesbehörden gemeinsam
mit den Kantonen zur Regelung der sanitätsdienstlichen Zusammenarbeit im
Kriegsfall unternommen haben:

    b) Ausgehend vom Gedanken, dass sich bei kriegerischen Ereignissen
verschiedene militärische und zivile Organisationen in die ärztliche
Versorgung von Kranken, Verwundeten und Pflegebedürftigen zu teilen hätten
und diese sanitätsdienstlichen Mittel aufeinander abgestimmt werden
müssten (BBl 1973 II S. 141), ist im Rahmen der Gesamtverteidigung der
sog. Koordinierte Sanitätsdienst geschaffen worden. Dessen Vorbereitung
übertrug der Bundesrat mit Verordnung vom 1. September 1976 dem
Oberfeldarzt und beauftragte ihn namentlich mit der Ausarbeitung eines
Konzeptes (SR 503.31; Art. 3 Abs. 1 lit. a). Der dem Beauftragten zur
Erfüllung seiner Aufgaben zur Verfügung gestellte Ausschuss des Stabes
für Gesamtverteidigung veröffentlichte am 1. Dezember 1980 ein Konzept
des Koordinierten Sanitätsdienstes, das, abgesehen vom Normalfall,
für alle ausserordentlichen strategischen Situationen bzw. alle sog.
strategischen Fälle (Krisenfall, Neutralitätsschutzfall, Verteidigungsfall,
Katastrophenfall) gelten soll. Als mögliche Partner, die im Koordinierten
Sanitätsdienst zusammenarbeiten, werden das öffentliche Gesundheitswesen
des Bundes, der Kantone und Gemeinden, der Zivilschutzsanitätsdienst, der
Armeesanitätsdienst und private Organisationen genannt. Zu den Aufgaben
dieser Partner wird ausgeführt, dass die Kantone in allen strategischen
Fällen das öffentliche Gesundheitswesen aufrechtzuerhalten hätten,
während die Zivilschutzorganisationen in Zeiten aktiven Dienstes die
Erstversorgung der Patienten aus dem zivilen Bereich übernehmen sollten
und der Armeesanitätsdienst ein Dispositiv zu beziehen habe, das in
erster Linie den Bedürfnissen der Armee Rechnung trägt. Die privaten
Organisationen, wie das Schweizerische Rote Kreuz oder der Samariterbund,
sollen die Partner vor allem in personeller Hinsicht unterstützen. Als
Mittel stehen den Kantonen die öffentlichen und privaten Krankenhäuser
sowie das nicht militär- oder schutzdienstpflichtige Spitalpersonal
und die frei praktizierenden Ärzte, Zahnärzte und Apotheker zur
Verfügung. Den Zivilschutzorganisationen sind die sanitätsdienstlichen
Zivilschutzeinrichtungen zugewiesen - mit Ausnahme der Anlagen, die von
den Organen des öffentlichen Gesundheitswesens betrieben werden - sowie
das in den Zivilschutzorganisationen eingeteilte Sanitätspersonal. Der
Armeesanitätsdienst verfügt über die Militärspitäler, -apotheken und
-labors sowie über das in den Sanitätsformationen der Basis eingeteilte
Personal. Schliesslich wird im Konzept ausdrücklich festgehalten,
dass die zivilen Behörden, der Zivilschutz und die Armee die ihnen im
sanitätsdienstlichen Bereich übertragenen Aufgaben im Rahmen ihrer eigenen
Organisationen zu lösen haben und ihre Sanitätsdienste für gemeinsame
Aktionen koordiniert werden.

    c) Aus diesem Konzept, auf das sich der basellandschaftliche
Gesetzgeber bei der Schaffung der §§ 26-32 ZKG offensichtlich gestützt
hat, geht klar hervor, dass keineswegs jede medizinische Betreuung, die
im Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes erfolgt, dem Zivilschutz
zuzuordnen ist und von Art. 22bis BV erfasst wird. Koordinierter
Sanitätsdienst ist ein Zusammenwirken verschiedener selbständiger Partner
auf sanitätsdienstlichem Gebiete im Falle kriegerischer Ereignisse. Trotz
der Zusammenarbeit bleiben die Organisationen, Verantwortlichkeiten
und Mittel der einzelnen Partner getrennt und werden zumindest die
Hauptaufgaben unter ihnen aufgeteilt. Was den zivilen Bereich anbelangt,
obliegt dem Zivilschutzsanitätsdienst vor allem die erste Hilfeleistung
an Verletzte und Kranke, während das öffentliche Gesundheitswesen
bzw. das Spitalwesen der Kantone auch in Kriegszeiten die Hauptlast der
chirurgischen Versorgung und der Pflege der spitalbedürftigen zivilen
Patienten zu tragen hat. Dies würde übrigens auch gelten, wenn ein Kanton -
was ihm freistünde - sich nicht zur Mitarbeit im Rahmen des Koordinierten
Sanitätsdienstes entschliessen könnte.

    Damit erweist sich die Rüge, § 31 ZKG lasse sich nicht mit den
Verfassungsbestimmungen über den Zivilschutz vereinbaren, als unbegründet.

    d) Dass die ursprüngliche Kompetenz der Kantone auf dem Gebiete des
Gesundheitswesens und der Katastrophenbewältigung (vgl. §§ 93 und 110
f. der basellandschaftlichen Kantonsverfassung) diesen gestattet, für
Katastrophenfälle, die nicht auf kriegerische Ereignisse zurückzuführen
sind, auf dem Wege der Gesetzgebung vorzusorgen, bestreiten selbst die
Beschwerdeführerinnen nicht. Aus dem Gesagten ergibt sich jedoch,
dass das Bundesrecht die Kantone auch nicht hindert, in ihrer
Eigenschaft als Verantwortliche für das öffentliche Gesundheitswesen
und selbständige Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes für den
Kriegsfall gesetzgeberisch tätig zu werden und insbesondere eine
obligatorische Dienstpflicht auch für Frauen einzuführen. Es zeigt
sich aber auch, dass die Ausbildung und der Einsatz der aufgrund von §
31 ZKG dienstverpflichteten Personen nur im Rahmen des öffentlichen
Gesundheitswesens erfolgen kann. Eine Abtretung dieses Personals an
andere Partner des Koordinierten Sanitätsdienstes oder auch nur eine
vorübergehende Unterstellung unter deren Führung - sei es während der
Ausbildung oder im Katastrophen- oder Kriegseinsatz - wäre unzulässig,
da sonst tatsächlich auf dem Umweg über den Koordinierten Sanitätsdienst
ein Zivilschutz- oder Militärdienstobligatorium für Frauen geschaffen
würde (so auch das Gutachten des Bundesamtes für Justiz vom 3. Juni 1986,
VP 51/1987 Nr. 27 S. 165 ff.).

Erwägung 6

    6.- Nach Auffassung der Beschwerdeführerinnen verletzt das
durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungsobligatorium das
Rechtsgleichheitsgebot, da ausschliesslich Frauen einer bestimmten
Berufskategorie verpflichtet würden, nämlich jene, die im Gesundheitswesen
tätig gewesen seien oder noch seien. Dadurch ergebe sich eine durch nichts
zu rechtfertigende Ungleichbehandlung der Frauen.

    Ein Erlass verletzt den Grundsatz der Rechtsgleichheit und damit
Art. 4 Abs. 1 BV, wenn er rechtliche Unterscheidungen trifft, für die
ein vernünftiger Grund in den zu regelnden Verhältnissen nicht ersichtlich
ist, oder Unterscheidungen unterlässt, die sich aufgrund der Verhältnisse
aufdrängen (BGE 114 Ia 2, 12 E. 3a, 323 E. 3a). Es kann jedoch keine Rede
davon sein, dass kein vernünftiger Grund für eine Dienstverpflichtung von
Männern oder Frauen mit Medizinalberufen gegeben sei. Nach dem Konzept des
Koordinierten Sanitätsdienstes muss damit gerechnet werden, dass sich in
Kriegszeiten die Zahl der Spitalpflege benötigenden Patienten gegenüber
den Normalzeiten innerhalb von 24 Stunden um das Dreifache erhöht,
die Zahl der chirurgisch zu behandelnden Patienten um das Fünffache
und die Zahl der Notfälle um das Zehnfache (Konzept S. 6). Auch bei
Katastrophen können Massen von Verletzten anfallen. Dass die rasche
und richtige Behandlung dieser Patienten nur gewährleistet werden kann,
wenn zusätzliches Fachpersonal eingesetzt werden kann, ist offensichtlich
(vgl. auch hinten E. 8).

    Allerdings ist einzuräumen, dass in Notzeiten auch auf anderen
für die Gesamtverteidigung wichtigen Gebieten - so etwa im Transport-,
Übermittlungs- oder Versorgungswesen - Bedarf nach zusätzlichen Fachleuten
entstehen kann, welcher durch die Verpflichtung noch nicht eingesetzter,
allenfalls nicht mehr berufstätiger Spezialisten und Spezialistinnen
gedeckt werden könnte. Indessen kommt im Kriegs- und Katastrophenfall
den Massnahmen zur Lebensrettung und Heilung eine derart vorrangige
Bedeutung zu, dass es sich rechtfertigt, eine obligatorische Dienstpflicht
vorweg nur für medizinisches Fachpersonal vorzusehen. Übrigens machen die
Beschwerdeführerinnen selbst nicht geltend, dass die Dienstverpflichtung
auf weitere Berufskategorien ausgedehnt werden müsse.

Erwägung 7

    7.- Die Beschwerdeführerinnen bringen im weiteren vor, falls
die Einführung einer obligatorischen Dienstpflicht auf dem Gebiete
des öffentlichen kantonalen Gesundheitswesens verfassungsrechtlich
möglich sein sollte, so müsste auf Gesetzesebene geregelt werden,
in welchem Rechtsverhältnis die verpflichteten Personen zum Staat
stünden. Staatliche Eingriffe in das Grundrecht der persönlichen Freiheit
bedürften einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage, in welcher der
Status der Verpflichteten hinreichend konkret umschrieben werde. Als
solche Grundlage könnten weder § 31 noch § 44 ZKG oder das landrätliche
Dekret vom 18. Juni 1987 über den zivilen Schutz der Bevölkerung und der
Kulturgüter gelten, da es an der minimalsten Umschreibung des Inhalts
und der Grenzen der Dienstpflicht fehle.

    a) Durch die in § 31 vorgesehene obligatorische Ausbildungs-
und Dienstpflicht werden die Betroffenen gezwungen, in ein besonderes
Rechtsverhältnis zum Staat zu treten. Die zwangsweise Begründung eines
Sonderstatutsverhältnisses bedarf als schwerer Eingriff in die persönliche
Freiheit einer klaren Grundlage in einem Gesetz im formellen Sinne. Zudem
muss - wie das Bundesgericht erstmals in BGE 99 Ia 269 am Beispiel der
Haft ausgeführt hat - der wesentlichste Inhalt des Rechtsverhältnisses
durch ein formelles Gesetz umschrieben sein und darf nur die Regelung der
Einzelheiten vom Gesetzgeber an die Exekutive delegiert werden (vgl. BGE
112 Ia 112 f. E. 3b, 111 Ia 237 E. 5aa, 106 Ia 282 E. 3d). Darüber
hinaus haben grundrechtsbeschränkende Normen nach bundesgerichtlicher
Rechtsprechung einen gewissen Grad an Bestimmtheit aufzuweisen. Soll - so
ist in BGE 109 Ia 283 in Anlehnung an DUBS (Die Forderung der optimalen
Bestimmtheit belastender Rechtsnormen, ZSR 93/1974 II S. 225) dargelegt
worden - der Gesetzesvorbehalt eine möglichst wirksame rechtsstaatliche
Schranke bilden, so muss verlangt werden, dass die belastende, in ein
Individualrecht eingreifende Norm einen optimalen Grad der Bestimmtheit
aufweist und nicht unnötig wesentliche Wertungen der Gesetzesanwendung
überlässt. Dabei hängt der erforderliche Bestimmtheitsgrad unter
anderem von der Vorhersehbarkeit der Verhältnisse, der Einfachheit oder
Vielfalt der Materie und der sofort oder erst bei der Gesetzesanwendung
möglichen Konkretisierung ab (BGE 109 Ia 284 mit Hinweisen auf Lehre
und Rechtsprechung).

    Übrigens stellt auch die basellandschaftliche Kantonsverfassung
vom 17. Mai 1984 (KV) Bedingungen für Eingriffe in Freiheitsrechte
auf. Gemäss § 15 Abs. 2 KV bedürfen Einschränkungen der Grundrechte
einer gesetzlichen Grundlage und müssen schwerwiegende Einschränkungen
im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein. Vorbehalten bleiben allerdings
Fälle ernster, unmittelbarer und offensichtlicher Gefahr (§ 15 Abs. 2 Satz
2). Allgemein gilt, dass alle grundlegenden und wichtigen Bestimmungen
in Form des Gesetzes zu erlassen sind (§ 63 Abs. 1 KV).

    b) Den genannten, in der bundesgerichtlichen Rechtsprechung und der
kantonalen Verfassung aufgestellten Anforderungen genügt § 31 ZKG nur
zum Teil.

    Soweit in § 31 Abs. 1 ZSR eine Pflicht zur Dienstleistung im
Katastrophen- oder Kriegsfall vorgesehen wird, erscheint das Gesetz als
ausreichend bestimmt. Welche Personen von der Dienstpflicht betroffen
werden, ist klar umschrieben. Soweit möglich werden in § 31 Abs. 1 in
Verbindung mit §§ 2 und 3 ZKG auch die Voraussetzungen für ein Aufgebot
genannt, nämlich, dass ein Sonderereignis eintrete, dessen Auswirkungen
oder mögliche Bedrohung die Mittel der vorhandenen Rettungsorganisationen
übersteigen, oder dass sich der Neutralitätsschutz-, Verteidigungs-
oder Besetzungsfall ergebe. Weitere Angaben über Inhalt und Umfang des
Ernstfall-Einsatzes können nicht verlangt werden; dieser richtet sich
grundsätzlich nach den Bedürfnissen, die nicht vorhersehbar sind. In
Krisen- und Notzeiten, wie sie in §§ 2 und 3 ZKG umschrieben sind, muss
der Staat sämtliche zum Über- und Weiterleben erforderlichen materiellen
und personellen Mittel grundsätzlich unbeschränkt einsetzen können und
ist den Behörden, die den wechselnden Bedrohungen rasch und wirksam
entgegenzutreten haben, die nötige Entscheidungs- und Handlungsfreiheit
zu belassen. Insoweit kann sich der kantonale Gesetzgeber sinngemäss auf
den in § 15 Abs. 2 Satz 2 KV enthaltenen Vorbehalt berufen.

    Anders liegen die Dinge bei der Ausbildungspflicht (§ 31 Abs. 2
ZKG). Welche Belastung sie für die Betroffenen mit sich bringt, kann
ohne weiteres vorausgesehen werden und ist, wie dargelegt, in den
Grundzügen im Gesetz selber zu umschreiben. Dabei fallen Angaben über
Altersgrenzen, Tauglichkeitsanforderungen, Ausbildungsdauer, Befreiungs-
und Dispensationsmöglichkeiten usw. in Betracht, ähnlich wie sie etwa
im Bundesgesetz über den Zivilschutz enthalten sind (vgl. insbesondere
Art. 34 und 43). Jedenfalls sollen sich die Verpflichteten aufgrund
des Gesetzes selbst ein grobes Bild darüber machen können, inwieweit
ihre persönliche Freiheit eingeschränkt wird. Da § 31 Abs. 2 ZKG,
wie die Beschwerdeführerinnen zu Recht beanstanden, nichts über den
wesentlichen Inhalt des durch die Ausbildungspflicht begründeten besonderen
Rechtsverhältnisses aussagt, vermag diese Norm als Grundlage für einen
Eingriff in verfassungsmässige Rechte nicht zu genügen.

    c) Nun hat der Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft in der
Vernehmlassung darauf hingewiesen, dass sich die Auswirkungen der neuen
Dienstpflicht auf die Betroffenen erst aus Gesetz, Dekret und Verordnung
zusammen ergäben, und damit offenbar geltend machen wollen, eine allenfalls
zu knappe Regelung in § 31 werde durch die Delegationsbestimmung von §
44 ZKG wettgemacht. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist jedoch die
Delegation der gesetzgebenden Gewalt an die Exekutive nur zulässig, wenn
die dem Referendum unterstellte Delegationsnorm zumindest die Grundzüge
der Regelung enthält, durch die in Freiheitsrechte eingegriffen wird
(BGE 103 Ia 374 ff. E. 3, 382 E. 6a-c; 112 Ia 112 f. E. 3b). Dieser
Mindestanforderung des ungeschriebenen Verfassungsrechts entspricht §
44 ZKG offensichtlich nicht. Darüber hinaus steht diese Norm, soweit sie
alle wichtigen Belange der Ausbildungspflicht, ausgenommen die Vergütungs-,
Lohnausfall-, Spesenersatz- und Versicherungsfragen, dem Regierungsrat
zur Ordnung überlässt, mit den Bestimmungen der basellandschaftlichen
Kantonsverfassung in Widerspruch:

    Wie bereits dargelegt, hat gemäss § 63 Abs. 1 KV der Landrat alle
grundlegenden und wichtigen Bestimmungen in der Form des Gesetzes zu
erlassen und darf nach § 36 Abs. 1 KV die Befugnis zu deren Erlass nicht
auf andere Organe übertragen werden. In der Form des Dekretes - das
der Volksabstimmung nicht unterliegt - darf der Landrat nur ausführende
Bestimmungen erlassen, soweit ein Gesetz ausdrücklich dazu ermächtigt
(§ 63 Abs. 3 KV). Dem vom demokratischen Gedanken geprägten Gebot,
alles Grundlegende und Wesentliche auf Gesetzesstufe und nicht auf einer
anderen Ebene zu regeln, hätte auch bei der Einführung der umstrittenen
obligatorischen Ausbildungspflicht nachgelebt werden sollen. Die
Existenz einer Delegationsnorm vermag daher nichts daran zu ändern,
dass die rudimentäre Bestimmung von § 31 Abs. 2 ZKG für die vorgesehene
Beschränkung der persönlichen Freiheit keine genügende gesetzliche
Grundlage bildet. Die Beschwerde muss deshalb teilweise gutgeheissen und §
31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes aufgehoben werden.

Erwägung 8

    8.- Schliesslich bringen die Beschwerdeführerinnen vor, das
durch § 31 ZKG eingeführte Dienst- und Ausbildungsobligatorium sei
unverhältnismässig, weil nicht erwiesen sei, dass das öffentliche
Gesundheitswesen im Katastrophen- und Kriegsfall nur durch eine
obligatorische Verpflichtung von Medizinalpersonen und nicht auch durch
freiwillige Dienstleistungen sichergestellt werden könne. Auch damit
beklagen sich die Beschwerdeführerinnen sinngemäss über eine Verletzung
der persönlichen Freiheit.

    Zu diesem Vorwurf hat der Regierungsrat in der Vernehmlassung
ausgeführt, der Kanton Basel-Landschaft verfüge in den Kantonsspitälern
Liestal und Bruderholz über 949 Betten, die beispielsweise im Jahre 1986
durch rund 18 500 Patienten belegt worden seien. Aufgrund vertraglicher
Abmachungen nehme zudem der Kanton Basel-Stadt jährlich etwa 4000 Patienten
aus dem Kanton Basel-Landschaft auf. Diese Hospitalisationsmöglichkeit im
Nachbarkanton könne bei grossen Katastrophen wegfallen. Bei Aufgebot der
Armee und des Zivilschutzes reduziere sich die Zahl des noch zur Verfügung
stehenden Spitalpersonals auf 60%. Auch sei im Kriegsfall der Einsatz der
Ausländer nicht mehr gesichert. Bei kriegerischen Ereignissen habe aber
der Kanton zusätzliche geschützte Operationsstellen und Notspitäler für
weitere 1500 Patienten zu betreiben und stünde nur Spitalpersonal für
1000 Betten zur Verfügung.

    Aus diesen Zahlen ergibt sich klar, dass im Kanton Basel-Landschaft im
Katastrophen- oder Kriegsfall ein zusätzlicher Bedarf an Spitalpersonal
entsteht, der nur durch Beizug von nicht bereits dienstpflichtigem
Fachpersonal gedeckt werden kann. Diese Notwendigkeit wird von den
Beschwerdeführerinnen auch nicht bestritten, doch machen sie geltend,
es gebe genügend Freiwillige, die bei Katastrophen zum Einsatz gelangen
könnten.

    Es mag sein und ist sogar anzunehmen, dass sich im Katastrophenfall
oder bei Hereinbrechen kriegerischer Ereignisse viele Freiwillige, vor
allem Frauen, zur Mithilfe im Spitaldienst oder auf anderen Gebieten
bereit erklären. Diese Hilfe wird jedoch in vielen Fällen mangels
rechtzeitiger Organisation und genügender Ausbildung zu spät kommen
oder nur von beschränkter Wirkung sein. Selbst Personen, die bereits in
Spitälern arbeiten oder gearbeitet haben, müssen auf ihren Einsatz in
Notzeiten vorbereitet werden, da im Kriegsfall andere Arbeitsbedingungen
herrschen. So wird in engen, teils unterirdischen Einrichtungen im
24-Stunden-Betrieb mit anderem Material und nur einem beschränkten Angebot
an Mitteln gearbeitet werden müssen. Zudem ist, um einer möglichst grossen
Zahl von Patienten das Überleben zu gestatten, eine andere Medizin zu
praktizieren als in Normalzeiten. Ein Einsatz zusätzlicher Dienstwilliger
kann unter solchen Umständen nur Sinnvoll sein, wenn diese bereits in ihre
Aufgaben eingeführt, also ausgebildet wurden. Mit Ausbildungsdiensten auf
freiwilliger Basis sind aber sowohl im Kanton Basel-Landschaft wie auch
gesamtschweizerisch fast durchwegs schlechte Erfahrungen gemacht worden. Im
Anschluss an die Katastrophe von Schweizerhalle haben nach Angaben
des basellandschaftlichen Regierungsrates an den von den Fachkreisen
geforderten Weiterausbildungskursen nur knapp zwanzig von den rund 800 in
der Region frei praktizierenden Ärzten teilgenommen. Gemäss dem Bericht
über die Mitwirkung der Frau in der Gesamtverteidigung vom April 1987, der
von den Beschwerdeführerinnen selbst zitiert wird, leisten heute in der
ganzen Schweiz etwa 15 000 Frauen freiwillig Zivilschutzdienst, während
sich der Sollbestand der weiblichen Zivilschutzangehörigen auf über 100
000 beläuft. Der Rotkreuzdienst, der ausschliesslich sanitätsdienstliche
Aufgaben im Rahmen der Armee zu erfüllen hat, kämpft seit Jahren mit
schwerwiegenden Bestandesproblemen. Für den militärischen Frauendienst, der
unter anderem ebenfalls Einsatzmöglichkeiten in Spitälern anbietet, gilt
Ähnliches. Bei dieser Sachlage kann dem basellandschaftlichen Gesetzgeber
kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass er sich das zur Aufrechterhaltung
des öffentlichen Gesundheitswesens benötigte Spitalpersonal durch ein
Dienst- und Ausbildungsobligatorium sichern will. Nur auf diese Weise
ist gewährleistet, dass der Kanton im Katastrophen- und Kriegsfall
den ihm obliegenden sanitätsdienstlichen Aufgaben nachkommen kann. Das
Obligatorium steht - mit Blick auf die auf dem Spiele stehenden Werte - in
einem vernünftigen Verhältnis zum Gesetzeszweck und schiesst entgegen der
Meinung der Beschwerdeführerinnen nicht über das angestrebte Ziel hinaus.

Erwägung 9

    9.- Zusammenfassend ergibt sich, dass die Schaffung einer Ausbildungs-
und Dienstpflicht im genannten Rahmen des Koordinierten Sanitätsdienstes im
Kanton Basel-Landschaft an sich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden
ist. Indessen hält § 31 Abs. 2 des angefochtenen Gesetzes mangels jeglicher
Umschreibung der Ausbildungspflicht vor dem Legalitätsprinzip nicht stand
und muss daher aufgehoben werden.