Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 115 IA 234



115 Ia 234

43. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
15. März 1989 i.S. K. und Mitbeteiligte sowie S. und Mitbeteiligte gegen
Kanton St. Gallen (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Moderne Fortpflanzungsmedizin (künstliche Insemination und
In-vitro-Fertilisation); Grossratsbeschluss des Kantons St. Gallen über
Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen (GRB); persönliche Freiheit,
Art. 8 und 12 EMRK, Art. 2 ÜbBest. BV, Forschungsfreiheit.

    1. Allgemeine Überlegungen zur Fortpflanzungsmedizin (E. 3).

    2. Der angefochtene Erlass verstösst nicht gegen Bundeszivilrecht
und verletzt Art. 2 ÜbBest. BV nicht (E. 4).

    3. Die Beschränkung des Zugangs zu den Methoden der künstlichen
Fortpflanzung betrifft die persönliche Freiheit; Frage offengelassen,
ob das auch auf Art. 8 in Verbindung mit Art. 12 EMRK zutrifft (E. 5).

    4. Künstliche Insemination:

    a) Das generelle Verbot der heterologen künstlichen Insemination nach
Art. 4 lit. a GRB hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 6a).
   b) Einschränkungen der heterologen künstlichen Insemination (E. 6b).

    c) Beschränkung der heterologen künstlichen Insemination auf
verheiratete Ehepaare? (E. 6c).
   d) Anonymität des Samenspenders? (E. 6d).

    5. Die Beschränkung der Inseminationsbehandlung auf das Kantonsspital
St. Gallen im Sinne von Art. 6 GRB erweist sich für die homologe
künstliche Insemination bei Ehepaaren als verfassungswidrig, bei der
heterologen Form aber als verfassungsmässig (E. 7).

    6. Das Verbot nach Art. 7 GRB, unabhängig von einer aktuellen
Infertilitätsbehandlung Samenzellen für eine spätere Verwendung zu
hinterlegen, verstösst gegen die persönliche Freiheit (E. 8).

    7. In-vitro-Fertilisation und Embryotransfer (IVF/ET):

    a) Das generelle Verbot der IVF/ET im Sinne von Art. 4 lit. f GRB
hält vor der persönlichen Freiheit nicht stand (E. 9a-9c).

    b) Heterologe Formen der IVF/ET? Beschränkung der IVF/ET auf
Ehepaare? (E. 9e).

    8. Forschungsfreiheit als ungeschriebenes Verfassungsrecht? Das
allgemeine Verbot der Verwendung von Keimzellen (Samenzellen und
unbefruchteten Eizellen) zu Forschungszwecken nach Art. 9 GRB ist
verfassungswidrig (E. 10).

    9. Die generelle Bestimmung von Art. 12 GRB, wonach die Anwendung
neuer Verfahren die Änderung des Erlasses erfordert, erweist sich als
verfassungswidrig (E. 11).

    10. Kantonale Strafbestimmungen:

    a) Kompetenzordnung aufgrund von Art. 64bis BV sowie Art. 400 und
Art. 335 StGB (E. 12a und 12b).

    b) Zuständigkeit des Kantons zum Erlass von strafrechtlichen
Bestimmungen im vorliegenden Fall gegeben (E. 12c).

    c) Teilweise Aufhebung der Strafnormen aufgrund der materiellen
Beurteilung (E. 12d).

Sachverhalt

    A.- Im November 1984 wurde im Grossen Rat des Kantons St.  Gallen eine
Motion "Gesetzlicher Schutz in vitro gezüchteter Embryonen" eingereicht
und im Mai 1986 mit geändertem Wortlaut überwiesen. Danach wurde der
Regierungsrat des Kantons St. Gallen eingeladen, dem Grossen Rat Bericht
und Antrag für eine Regelung der In-vitro-Aufzucht menschlicher Embryonen
und des Embryotransfers auf kantonaler Ebene bis zum Inkrafttreten
eines entsprechenden Bundeserlasses zu unterbreiten. Der Regierungsrat
kam diesem Auftrag mit einer Botschaft und einem Entwurf für einen
Grossratsbeschluss am 13. Januar 1987 nach; er hielt sich weitgehend
an die Medizinisch-ethischen Richtlinien der Schweizerischen Akademie
der medizinischen Wissenschaften für die In-vitro-Fertilisation und den
Embryotransfer zur Behandlung der menschlichen Infertilität und betonte
den Übergangscharakter einer kantonalen Regelung im Hinblick auf eine
eidgenössische Regelung. Die Botschaft sah u.a. die In-vitro-Fertilisation
für Ehepaare unter Verwendung von deren Keimzellen vor. - Die vorberatende
Kommission des Grossen Rates dehnte den Gegenstand aus auf die künstliche
Insemination, den Gametentransfer, die Leihmutterschaft und die Forschung
an Keimzellen. Sie schlug in ihrem Bericht vom 31. August 1987 u.a. ein
Verbot der künstlichen Insemination mit Spendersamen vor, wollte indessen
die homologe In-vitro-Fertilisation bei Ehepaaren zulassen. In der
ersten Lesung am 25. November 1987 sah der Grosse Rat ein Verbot der
heterologen Insemination und zusätzlich der In-vitro-Fertilisation mit
anschliessendem Embryotransfer überhaupt vor. Entgegen dem Antrag der
Kommission, auf das Verbot der IVF/ET zurückzukommen und Sicherungen gegen
eine missbräuchliche Verwendung von Embryonen vorzusehen, hielt der Grosse
Rat an seinen Beschlüssen fest und verabschiedete am 24. Februar 1988
den Grossratsbeschluss über Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen.

    Bereits am 19. März 1987 reichte der Kanton St. Gallen aufgrund
eines Beschlusses des Grossen Rates gestützt auf Art. 93 Abs. 2 BV eine
Standesinitiative ein. Danach wird ersucht, den Bereich der menschlichen
Fortpflanzungsmedizin auf Bundesebene mit der gebotenen Vordringlichkeit
rechtlich zu regeln.

    Der Grossratsbeschluss über Eingriffe in die Fortpflanzung beim
Menschen vom 24. Februar 1988 (im folgenden Grossratsbeschluss oder GRB)
hat folgenden Wortlaut:

    "Geltungsbereich

    Art. 1. Dieser Beschluss regelt:

    a) die künstliche Insemination beim Menschen;

    b) den Gametentransfer beim Menschen;

    c) die In-vitro-Fertilisation und den Embryotransfer beim Menschen;

    d) die Forschung an menschlichen Keimzellen und befruchteten Eizellen;

    e) den Eingriff in das menschliche Erbgut.

    Begriffe

    Art. 2. Künstliche Insemination ist die Einführung von Samenzellen in
   den Mutterleib ohne Geschlechtsverkehr.

    Gametentransfer ist die Einführung der befruchtungsfähigen Eizelle
   zusammen mit Samenzellen zur Befruchtung innerhalb des Mutterleibes.

    In-vitro-Fertilisation ist die Verschmelzung einer Eizelle mit einer

    Samenzelle ausserhalb des Mutterleibes.

    Embryotransfer ist die Einführung der befruchteten Eizelle in den

    Mutterleib.

    Zulässige Verfahren

    Art. 3. Mit künstlicher Insemination und mit Gametentransfer darf die

    Unfruchtbarkeit eines Ehepaars behandelt werden, wenn:

    a) dessen Keimzellen verwendet werden;

    b) andere Behandlungsmethoden erfolglos oder aussichtslos sind;

    c) die schriftliche Zustimmung beider Ehegatten zur Behandlung
vorliegt.

    Unzulässige Verfahren

    Art. 4. Unzulässig sind:

    a) künstliche Insemination mit Samenzellen eines Dritten;

    b) Übertragung befruchteter Eizellen von Frau zu Frau;

    c) Schaffung von Leihmutterverhältnissen;

    d) Befruchtung von Eizellen mit Samenzellen eines Verstorbenen;

    e) Aufzucht befruchteter Eizellen ausserhalb des Mutterleibes;

    f) in-vitro-Fertilisation und Embryotransfer.

    Aufklärung durch den Arzt

    Art. 5. Der behandelnde Arzt klärt das Ehepaar vor der Behandlung
   mündlich und schriftlich auf über:

    a) mögliche Eingriffe;

    b) Erfolgsaussichten und Gefahren der Behandlung;

    c) Behandlungskosten.

    Behandlungsort

    Art. 6. Künstliche Insemination und Gametentransfer können unter
   ärztlicher Leitung nur im Kantonsspital St. Gallen durchgeführt werden.

    Das zuständige Departement bezeichnet die verantwortlichen Ärzte.

    Aufbewahrung von Samenzellen

    Art. 7. Samenzellen des Ehemannes dürfen während der Dauer der
Behandlung
   im Kantonsspital St. Gallen tiefgekühlt aufbewahrt werden, wenn:

    a) damit später Kinder gezeugt werden sollen;

    b) einwandfreie Aufbewahrung und Kennzeichnung gewährleistet sind.

    Medizinisch-technische Richtlinien

    Art. 8. Das zuständige Departement kann anerkannte
medizinisch-technische

    Richtlinien für Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen
verbindlich
   erklären.

    Verbot

    a) der Forschung

    Art. 9. Keimzellen und befruchtete Eizellen dürfen nicht
   zu Forschungszwecken verwendet werden.

    b) der Beeinflussung des Erbgutes

    Art. 10. Erbgut von Keimzellen und befruchteten Eizellen darf weder
   verändert noch beeinflusst werden.

    Massnahmen die darauf abzielen, das Geschlecht oder andere
Eigenschaften
   des Kindes zu beeinflussen, sind unzulässig.

    Strafbestimmungen

    Art. 11. Mit Haft oder Busse wird bestraft, wer:

    a) unberechtigt oder durch unzulässige Verfahren oder unter Verwendung
   von Samenzellen eines Dritten die künstliche Insemination oder den

    Gametentransfer vornimmt;

    b) befruchtete Eizellen von Frau zu Frau überträgt;

    c) Leihmütter vermittelt;

    d) Eingriffe zur Schaffung von Leihmutterverhältnissen vornimmt;

    e) befruchtete Eizellen ausserhalb des Mutterleibes aufbewahrt oder
   aufzieht;

    f) Keimzellen und befruchtete Eizellen zu Forschungszwecken verwendet;

    g) Erbgut von Keimzellen und befruchteten Eizellen verändert oder
   beeinflusst;

    h) Massnahmen trifft, die darauf abzielen, das Geschlecht oder andere

    Eigenschaften des Kindes zu beeinflussen;

    i) in-vitro-Fertilisation oder Embryotransfer vornimmt.

    Versuch ist strafbar.

    Neue Verfahren

    Art. 12. Die Anwendung neuer Verfahren zur Behandlung der menschlichen

    Unfruchtbarkeit erfordert die Änderung dieses Beschlusses.

    Vollzugsbeginn

    Art. 13. Der Regierungsrat bestimmt den Vollzugsbeginn dieses

    Beschlusses.

    Referendum

    Art. 14. Dieser Beschluss untersteht nach Art. 5 lit. b des Gesetzes
über

    Referendum und Initiative dem fakultativen Gesetzesreferendum."

    Dieser Grossratsbeschluss wurde im Amtsblatt vom 7. März 1988
publiziert und unterstand dem fakultativen Referendum. Der Regierungsrat
stellte am 19. April 1988 fest, dass das Referendum nicht ergriffen worden
und demnach der Grossratsbeschluss gültig geworden war, und publizierte
dies im Amtsblatt vom 25. April 1988.

    Gegen diesen Grossratsbeschluss reichten einerseits K. und
Mitbeteiligte (Beschwerdeführer 1) und andererseits Dr. med. S. und
Mitbeteiligte (Beschwerdeführer 2) beim Bundesgericht staatsrechtliche
Beschwerde ein. Sie fechten im wesentlichen das Verbot der künstlichen
Insemination mit Samenzellen eines Dritten (Art. 4 lit. a) und
der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer (Art. 4 lit. f), die
Beschränkung der Aufbewahrung von Samenzellen (Art. 7) und der Behandlung
auf das Kantonsspital St. Gallen (Art. 6), das Verbot der Forschung an
Keimzellen (Art. 9) und neuer Behandlungsmethoden (Art. 12) sowie die
Strafbestimmungen (Art. 11) an. Hierfür machen sie u.a. eine Verletzung
der persönlichen Freiheit und von Art. 8 und Art. 12 EMRK, der Handels-
und Gewerbefreiheit, der Forschungsfreiheit sowie des Vorranges des
Bundesrechts geltend. Sie beantragen die Aufhebung der entsprechenden
Bestimmungen des angefochtenen Grossratsbeschlusses.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Bevor auf die mit den beiden staatsrechtlichen Beschwerden
aufgeworfenen Verfassungsfragen und erhobenen Rügen im einzelnen
eingegangen wird, mögen einige allgemeine Überlegungen zur modernen
Fortpflanzungsmedizin und zu den sich daraus ergebenden Problemen
vorangestellt werden.

    a) Die Versuche sind schon alt, mit künstlichen Mitteln auf die
Fortpflanzung beim Menschen einzuwirken. Zum einen Teil handelt es
sich um Methoden der Empfängnisverhütung und der Abtreibung. Zum andern
sind Versuche zur Herbeiführung von Schwangerschaften bekannt. Hierzu
zählt die künstliche Insemination, die vereinzelt schon seit längerer
Zeit praktiziert wird und dann insbesondere mit der Möglichkeit
der Langzeitgefrierung von Samenzellen seit der Zeit des Zweiten
Weltkrieges einen starken Aufschwung genommen hat (vgl. CORDULA JUNGHANS,
Der familienrechtliche Status des durch artifizielle Insemination
gezeugten Kindes, Diss. Bonn 1987, S. 8 ff.; ROBERTO BERNHARD, Die
künstliche Besamung beim Menschen im Hinblick auf das schweizerische
Recht, Diss. Zürich 1957, S. 5 ff.). In neuerer Zeit ist es gelungen,
operativ gewonnene Eizellen ausserhalb des Mutterleibes zu befruchten
und den so entstandenen Embryo hernach der Mutter einzupflanzen
(In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem Embryotransfer, IVF/ET);
die erste Geburt eines Kindes aufgrund einer In-vitro-Fertilisation
mit Embryotransfer überhaupt erfolgte in Grossbritannien im Jahre 1978
und in der Schweiz im Jahre 1985. Erst seit kurzem schliesslich wird
die Methode des intratubaren Gametentransfers angewendet, bei der die
operativ gewonnenen Eizellen zusammen mit Samenzellen in den Eileiter
zur Befruchtung übertragen werden.

    Diese Entwicklungen der modernen Fortpflanzungsmedizin haben zu bisher
ungeahnten Möglichkeiten geführt, solchen Personen zu helfen, die auf
natürliche Weise keine Kinder bekommen können. Sie führen aber auch zu
neuartigen Herausforderungen in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung
und der ethischen Diskussion. Aufgerüttelt wurde das Bewusstsein über
die neuen Methoden aufgrund spektakulärer Vorkommnisse einerseits und
der Entwicklung der Gentechnologie andererseits; die Gentechnologie steht
zwar nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Fortpflanzungsmedizin,
doch ergeben sich verschiedene Berührungspunkte etwa insofern, als die
Erkenntnisse im einen Gebiet im andern fruchtbar gemacht werden können
und Möglichkeiten der Gentechnologie, mittels der Fortpflanzungsmedizin
auf den Menschen angewendet, grundsätzlich in die Tat umgesetzt werden
können. Die Beurteilung der Methoden und Möglichkeiten der modernen
Fortpflanzungsmedizin fällt je nach Standpunkt sehr unterschiedlich
aus; während die einen darin ein Mehr an Freiheit und persönlicher
Entfaltung erblicken, befürchten die andern - abgesehen von Missbräuchen
jeglicher Art - neue Sachzwänge und eine Bedrohung der Autonomie der
Persönlichkeit. Schliesslich rufen die neuen Möglichkeiten der modernen
Fortpflanzungsmedizin - unabhängig von der staatlichen Regelung - in
neuartiger Weise alle Beteiligten zu eigenverantwortlichem Handeln und zum
Bedenken der Auswirkungen auf. Das gilt für all jene Personen, welche zu
den modernen Methoden Zuflucht nehmen und ihre Fertilitätsstörungen nicht
gewissermassen als Schicksal oder Aufgabe betrachten und verarbeiten,
ebenso aber auch für den Arzt, der eine entsprechende Methode anwendet,
und - im Falle einer heterologen Fortpflanzungsmethode - für den Spender
von Keimzellen.

    b) In der Schweiz hat sich vorerst die Ärzteschaft der Problematik der
neuen Methoden der Fortpflanzungsmedizin angenommen. Die Schweizerische
Akademie der medizinischen Wissenschaften (SAMW) hat am 17. November 1981
die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die artifizielle Insemination
erlassen (publiziert in: Schweizerische Ärztezeitung 1982 S. 623; ebenfalls
wiedergegeben in: RICHARD FRANK, Die künstliche Fortpflanzung beim Menschen
im geltenden und im künftigen Recht, Zürich 1989, Anhang Nr. 1; BBl 1989
III 1208). Nach einer ersten Fassung aus dem Jahre 1984 ergingen von der
Schweizerischen Akademie für medizinische Wissenschaften am 23. Mai 1985
die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die In-vitro-Fertilisation
und den Embryotransfer zur Behandlung der menschlichen Infertilität
(publiziert in: Schweizerische Ärztezeitung 1985 S. 1127; FRANK, aaO,
Anhang Nr. 2; BBl 1989 III 1210).

    In der Folge sind verschiedene Kantone gesetzgeberisch aktiv geworden.
Mangels einer Regelung auf Bundesebene - und bis zum Inkrafttreten einer
solchen - erachten sie sich zum Erlass von materiellen Bestimmungen und
Strafnormen für zuständig. Dabei stellt sich grundsätzlich die Frage, in
welchem Umfang und in welcher Art und Weise angesichts der auch ethischen
Tragweite der neuen medizinischen Reproduktionspraktiken mit staatlicher
Regelung überhaupt eingegriffen werden soll; ebenso sehr fragt sich,
in welchem Ausmass der Gesetzgeber eigene Regelungen treffen soll oder
ob und inwieweit er sich auf die Medizinisch-ethischen Richtlinien der
Schweizerischen Akademie der medizinischen Wissenschaften abstützen
bzw. diese als anwendbar erklären kann (vgl. MARINA MANDOFIA/MICHEL
BÜRGISSER, Réflexions critiques sur le règlement genevois en matière
de fécondation in vitro, in: SJ 110/1988 S. 177 ff.; THOMAS COTTIER,
Die Suche nach der eigenen Herkunft: Verfassungsrechtliche Aspekte,
Basel 1987, S. 61 ff.). Die Regelungsvorschläge waren in den einzelnen
Kantonen zum Teil sehr umstritten, und sehr unterschiedlich sind denn
auch die getroffenen Lösungen ausgefallen. Zum einen sind die Erlasse in
formelle Gesetze, Verordnungen oder Weisungen gekleidet; zum andern weisen
sie in materieller Hinsicht (blosse) Verweise auf die SAMW-Richtlinien
auf, sehen ähnlich liberale Lösungen vor oder enthalten aber weitgehende
Verbote der Anwendung von Praktiken der Fortpflanzungsmedizin. In dieser
Weise haben - in chronologischer Reihenfolge - insbesondere die Kantone
Waadt, Genf, Neuenburg, Basel-Landschaft, Aargau, St. Gallen, Glarus und
Tessin Regelungen getroffen; Beratungen sind unter anderem in den Kantonen
Basel-Stadt und Solothurn im Gange (vgl. zu den kantonalen Regelungen
den Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin,
BBl 1989 III 1029, Ziff. 332; vgl. die Zusammenstellung mit den Regelungen
im Wortlaut bei FRANK, aaO, Anhänge Nrn. 3-11).

    Auf Bundesebene ist, wie erwähnt, vom Kanton St. Gallen eine
Standesinitiative eingereicht worden; es wird mit ihr ersucht, den
Bereich der menschlichen Fortpflanzungsmedizin auf Bundesebene mit
der gebotenen Vordringlichkeit rechtlich zu regeln. Verschiedene
parlamentarische Vorstösse sind hängig. Wesentlichen Impuls erhielt
die Diskussion um die moderne Fortpflanzungsmedizin schliesslich durch
die am 13. April 1987 eingereichte Eidgenössische Volksinitiative
gegen Missbräuche der Fortpflanzungs- und Gentechnologie beim Menschen
vom 15. Oktober 1985 (sog. Beobachter-Initiative; BBl 1985 II 1351,
1987 II 1208, 1989 III 992). Im September 1986 setzte der Bundesrat
die Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin (EKHR)
unter dem Vorsitz von E. Amstad zur Prüfung der mit der künstlichen
Reproduktion und Gentechnologie beim Menschen zusammenhängenden Fragen
ein; diese erstattete ihren Bericht am 19. August 1988 (Bericht EKHR)
und legte eine Reihe von Vorschlägen zur Verfassungs- und Gesetzgebung vor
(publiziert in: BBl 1989 III 1029).

    In den meisten europäischen Ländern sowie in den USA, in Kanada und
Australien wurden Expertenkommissionen zur Prüfung der mit der modernen
Fortpflanzungsmedizin verbundenen Fragen eingesetzt. Deren Berichte
fanden grosse Beachtung, so insbesondere der englische Warnock-Report, der
deutsche Benda-Bericht sowie der französische Bericht "Les procréations
artificielles - Rapport au Premier Ministre" (vgl. die Übersicht im
Bericht EKHR, Ziff. 321). Seither haben verschiedene europäische Länder
Regelungen betreffend die moderne Fortpflanzungsmedizin erlassen oder
Entwürfe hierfür vorgelegt; sie verfolgen keine einheitliche Linie
(vgl. hierzu Bericht EKHR, Ziff. 322).

    Im Rahmen des Europarates wurde im Jahre 1978 ein - in der Folge
nicht genehmigter - Resolutionsentwurf über die artifizielle Insemination
beim Menschen erarbeitet (abgedruckt bei HEINZ HAUSHEER, Zur Problematik
der künstlichen Insemination: Ein Beitrag aus Strassburg?, in: Berner
Festgabe zum Schweizerischen Juristentag 1979, S. 226 f.). Ferner hat
eine vom Ministerkomitee eingesetzte Expertenkommission im Mai 1987
einen Empfehlungsentwurf zur künstlichen Fortpflanzung vorgelegt, der
ebenfalls noch nicht genehmigt worden ist (vgl. Bericht EKHR, Ziff. 323
und Anhang I).

    c) Die neuen Praktiken der modernen Fortpflanzungsmedizin und
entsprechende kantonale Regelungen geben auch dem Bundesgericht
als Verfassungsgerichtshof neue Probleme auf. Mit der modernen
Fortpflanzungsmedizin stellen sich neuartige Fragen, die in komplexer
Weise die Wunscheltern, die Kinder, die Spender von Keimzellen, die
Ärzteschaft, die Wissenschaft und die gesamte Gemeinschaft betreffen. Die
Beurteilung der vorliegenden Beschwerden fällt in eine Zeit, in der
die moderne Fortpflanzungsmedizin noch in rascher Entwicklung steht
und deren zukünftige Möglichkeiten und Sicherungen kaum abgeschätzt
werden können; zudem gehen die Auffassungen über die Anwendung der
modernen Praktiken stark auseinander. Bei dieser Sachlage fehlen
gewissermassen anerkannte und erhärtete Beurteilungsmassstäbe. Mit
der angefochtenen st. gallischen Regelung, welche zum Teil absolute
Verbote der Anwendung einzelner Praktiken vorsieht, stellen sich im
Falle ihrer Aufhebung eine Reihe von Folgefragen, welche die Grenzen und
Bedingungen dieser Praktiken betreffen und in erster Linie vom kantonalen
Gesetzgeber zu lösen sind; diese Rahmenbedingungen aber sind ihrerseits
zum Teil ebenfalls verfassungsrechtlicher Natur. All diese Umstände
mahnen den Verfassungsrichter gegenüber dem demokratischen (kantonalen)
Gesetzgeber zu einer gewissen Zurückhaltung. Diese Zurückhaltung ist auch
angezeigt angesichts der Bestrebungen auf Bundesebene zur Verfassungs-
und Gesetzgebung auf dem Gebiete der Fortpflanzungsmedizin (und der
Gentechnologie), da es nicht Sache des Bundesgerichts ist, hier in
spezifischer Weise einzugreifen. Trotz dieser Zurückhaltung aber
hat das Bundesgericht die ihm durch Art. 113 BV übertragene Aufgabe
der Verfassungsgerichtsbarkeit wahrzunehmen und auf staatsrechtliche
Beschwerde hin über die Rügen der Verletzung in verfassungsmässigen
Rechten zu entscheiden. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern,
dass es sich beim angefochtenen Erlass bewusst nur um eine Übergangslösung
bis zum Inkrafttreten einer Bundesregelung handelt.

    d) Der st. gallische Gesetzgeber hat in Art. 2 GRB die Begriffe
der künstlichen Insemination, des (intratubaren) Gametentransfers,
der In-vitro-Fertilisation und des Embryotransfers umschrieben. Diese
Umschreibungen entsprechen den allgemein üblichen, wie sie auch im
Bericht der Expertenkommission Humangenetik und Reproduktionsmedizin
verwendet werden. Abweichend von der Terminologie im kantonalen
Gesetzgebungsverfahren (vgl. Botschaft des Regierungsrates vom 13. Januar
1987) werden im folgenden die Begriffe "homolog" und "heterolog" unabhängig
vom Zivilstand der Wunscheltern verwendet. Als homologe Insemination
bzw. In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer werden diejenigen Methoden
künstlicher Fortpflanzung verstanden, bei denen die Keimzellen des
(verheirateten) Ehepaars oder des in (stabilem) Konkubinatsverhältnis
lebenden (unverheirateten) Paares verwendet werden; als heterolog gelten
demgegenüber jene Methoden, bei welchen Keimzellen eines Dritten, eines
Spenders, gebraucht werden.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführer 2 bringen vorerst vor, der Kanton
St. Gallen sei zur Regelung der künstlichen Insemination und der
In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer angesichts von Art. 31 ff. und
Art. 253 ff. ZGB nicht zuständig, und machen damit eine Verletzung
des Vorrangs des Bundesrechts (Art. 2 ÜbBest. BV) geltend. Soweit
diese Rüge den Anforderungen von Art. 90 Abs. 1 OG überhaupt genügt,
erweist sie sich als unbegründet. Anders als Art. 31 ff. ZGB hat der
angefochtene Grossratsbeschluss nicht Anfang und Ende der Persönlichkeit
zum Gegenstand, sondern ordnet die künstlichen Verfahren zur Herbeiführung
von Konzeption und Schwangerschaft. Die angefochtenen Normen regeln auch
in keiner Weise die Feststellung oder Anfechtung des Kindesverhältnisses
oder der Vaterschaft, welche in Art. 253 ff. ZGB umschrieben sind. Da
der Bundesgesetzgeber (noch) keine Regelung der modernen menschlichen
Fortpflanzungstechniken getroffen hat und der Grossratsbeschluss auch nicht
gegen Sinn und Geist des Bundeszivilrechts verstösst (vgl. BGE 113 Ia 311,
110 Ia 113), ist die Beschwerde in bezug auf die Rüge der Verletzung von
Art. 2 ÜbBest. BV abzuweisen. Wie es sich mit der Bundesrechtsmässigkeit
der Strafnormen nach Art. 11 GRB verhält, ist unten zu prüfen (E. 12).

Erwägung 5

    5.- a) Zur Anfechtung des Grossratsbeschlusses in bezug auf die
Beschränkung der Methoden künstlicher Fortpflanzung berufen sich die
Beschwerdeführer zum einen auf die persönliche Freiheit. Es fragt sich
vorerst, ob und inwiefern das ungeschriebene Grundrecht der persönlichen
Freiheit betroffen ist. Demgegenüber rufen die Beschwerdeführer die nach
Art. 30 der Kantonsverfassung geschützte persönliche Freiheit nicht an,
so dass nicht geprüft zu werden braucht, ob die kantonale Garantie über
diejenige nach Bundesverfassungsrecht hinausgeht (vgl. BGE 99 Ia 266).

    Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung schützt das ungeschriebene
Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit als zentrales Freiheitsrecht
und verfassungsrechtlicher Leitgrundsatz nicht nur die Bewegungsfreiheit
und die körperliche Integrität, sondern darüber hinaus alle Freiheiten,
die elementare Erscheinungen der Persönlichkeitsentfaltung darstellen (BGE
113 Ia 5 f., 97 I 49 f., mit Hinweisen); es umfasst "toutes les libertés
élémentaires dont l'exercice est indispensable à l'épanouissement de
la personne humaine" (BGE 114 Ia 290, mit Hinweisen). Die persönliche
Freiheit garantiert ein bestimmtes Mindestmass an persönlicher
Entfaltungsmöglichkeit und schützt den Bürger in der ihm eigenen Fähigkeit,
eine gewisse tatsächliche Begebenheit zu würdigen und danach zu handeln
(BGE 113 Ia 6, 97 I 49 f., mit Hinweisen). Das Bundesgericht hat indessen
wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass nicht jeder beliebige Eingriff in
den persönlichen Bereich des Bürgers die Berufung auf das ungeschriebene
Grundrecht rechtfertige; namentlich habe die persönliche Freiheit nicht
die Funktion einer allgemeinen Handlungsfreiheit, auf die sich der
einzelne gegenüber jedem staatlichen Akt, der sich auf seine persönliche
Lebensgestaltung auswirkt, berufen könne (BGE 114 Ia 290, 113 Ia 6,
mit Hinweisen), und schütze daher nicht vor jeglichem physischen oder
psychischen Missbehagen (BGE 112 Ia 100). Daher sei eine Grenzziehung
des Schutzbereichs der persönlichen Freiheit notwendig und im Einzelfall
angesichts von Art und Intensität der Beeinträchtigung zu suchen (BGE
108 Ia 61, mit Hinweisen).

    Es steht ausser Zweifel, dass etwa eine staatliche Geburtenregelung
und entsprechende Zwangsmassnahmen, mit denen die Zeugung von Kindern
eingeschränkt würde, das Grundrecht der persönlichen Freiheit berühren
würden. Damit aber lässt sich der vorliegende Fall nicht vergleichen. Denn
die Besonderheit liegt darin, dass nicht eine natürlich gegebene
Fähigkeit durch staatliche Massnahmen eingeschränkt und unter Berufung
auf die persönliche Freiheit wiedererlangt werden soll; vielmehr wird
gewissermassen ein Anspruch auf eine medizinische Dienstleistung und
damit auf Inanspruchnahme moderner medizinischer Methoden gefordert. Der
Anspruch von Gefangenen auf eine einwandfreie medizinische Betreuung
steht in speziellem Zusammenhang mit dem Haft- und Strafvollzug und kann
mit dem vorliegenden Fall ebenfalls nicht verglichen werden (BGE 102
Ia 302, 106 Ia 291; vgl. WALTER HALLER, in: BV-Kommentar, Persönliche
Freiheit, N. 84 ff., insbes. N. 86 und N. 45). Die Wahl des eigenen
Arztes ohne zeitliche Einschränkung stand bei einer Schwangeren, die eine
Abtreibung vornehmen lassen wollte, in spezifischer Weise im Zusammenhang
mit der körperlichen Integrität, da im Rahmen von Art. 120 StGB mit einer
Abtreibung einer nicht anders abwendbaren Lebensgefahr oder grossen Gefahr
dauernden schweren Schadens an der Gesundheit begegnet werden sollte
(BGE 101 Ia 575).

    Es kann wohl nicht gesagt werden, dass mit dem angefochtenen Erlass die
psychische Integrität oder die Gesundheit direkt gefährdet würden. Es ist
indessen nicht zu verkennen, dass der Wunsch nach Kindern eine elementare
Erscheinung der Persönlichkeitsentfaltung darstellt. Kinder zu haben und
aufzuziehen bedeutet für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres
Lebens, und die ungewollte Kinderlosigkeit wird von den Betroffenen häufig
als schwere Belastung erlebt. Das gilt für Personen, die aus organischen
Gründen keine Kinder haben können oder für die eine natürliche Zeugung
wegen genetischer Belastung oder angesichts der gesundheitlichen Risiken
für die Kinder etwa nach einer Krebsbehandlung nicht verantwortbar
erscheint. Die Beschränkung des Zugangs zu den modernen Methoden
künstlicher Fortpflanzung berührt die Beschwerdeführer daher in ihrem
Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit.

    b) Das Grundrecht der persönlichen Freiheit gilt indessen nicht
absolut. Einschränkungen sind zulässig, soweit sie auf einer hinreichenden
gesetzlichen Grundlage beruhen, im öffentlichen Interesse liegen und
verhältnismässig sind. Zudem darf die persönliche Freiheit weder völlig
unterdrückt noch ihres Gehaltes als Institution der Rechtsordnung entleert
werden (BGE 113 Ia 327 f., 112 Ia 162, 249, 109 Ia 281 und 289 f., mit
Hinweisen); von einer Beeinträchtigung des Kerngehalts der persönlichen
Freiheit kann beim angefochtenen Erlass nicht gesprochen werden. Welche
Beschränkungen der persönlichen Freiheit unter dem Gesichtswinkel des
öffentlichen Interesses und der Verhältnismässigkeit zulässig sind,
ist mit Rücksicht auf die dem Wandel unterworfene ethische Wertordnung
und in Anbetracht der sich verändernden Sozialverhältnisse zu prüfen
(BGE 97 I 50). Die Beurteilung des öffentlichen Interesses und der
Verhältnismässigkeit von Einschränkungen kann in bezug auf den vorliegenden
Fall zum einen nicht generell für sämtliche Methoden der künstlichen
Fortpflanzung vorgenommen werden. Zum andern ist zu unterscheiden zwischen
der Frage nach dem absoluten Verbot gewisser Behandlungsmethoden und,
im Falle ihrer verfassungsrechtlichen Zulässigkeit, der Beurteilung, in
welchem Ausmasse und unter welchen Bedingungen und Modalitäten von ihnen
Gebrauch gemacht werden darf. In bezug auf die letztere Frage kommt,
wie unten auszuführen ist, dem Kindeswohl zentrale Bedeutung zu.

    c) Die Beschwerdeführer beziehen sich ferner auf die Garantien der
Europäischen Menschenrechtskonvention. Nach Art. 8 EMRK hat jedermann
insbesondere Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens,
und Art. 12 EMRK räumt das Recht ein, eine Ehe einzugehen und eine
Familie zu gründen. Im Hinblick auf den vorliegenden Fall sind diese
Garantien gemeinsam zu betrachten.

    Art. 8 EMRK schützt u.a. wesentliche Ausdrucksmöglichkeiten der
menschlichen Persönlichkeit (Urteil des Gerichtshofes i.S. Dudgeon,
Publications de la Cour européenne des droits de l'homme, Série A
vol. 45, Ziff. 60 = EuGRZ 1983 S. 488). Dazu gehört sowohl der Schutz
der Intimsphäre im allgemeinen als auch das Sexualleben (Entscheide der
Kommission, DR 13, 241 (245) und 3, 46 (49)). Unter dem Gesichtswinkel von
Art. 12 EMRK wird die Familiengründung als Folge der Heirat verstanden
(JOCHEN ABR. FROWEIN/WOLFGANG PEUKERT, EMRK-Kommentar, 1985, N. 6 zu
Art. 12). Dazu zählt nach der Doktrin auch das Recht, Kinder zu zeugen
(FROWEIN/PEUKERT, aaO, N. 6 zu Art. 12); ebenso kann darunter ein Anspruch
verheirateter Paare auf Adoption fallen (Entscheide der Kommission, DR 12,
32 (34) und 7, 75 (76); vgl. FROWEIN/PEUKERT, aaO, N. 6 zu Art. 12).

    Im Hinblick auf den vorliegenden Fall stellt sich die Frage,
ob und inwiefern die Garantien der EMRK durch Verbote einzelner
Methoden künstlicher Fortpflanzung betroffen werden. In der neueren
Lehre wird dies bejaht (vgl. STEPHAN BREITENMOSER, Der Schutz der
Privatsphäre gemäss Art. 8 EMRK, Basel 1986, S. 133; IRENE FAHRENHORST,
Fortpflanzungstechnologien und Europäische Menschenrechtskonvention, in:
EuGRZ 1988 S. 125 ff.; JEAN-FRANCOIS AUBERT, Législations cantonales sur la
procréation artificielle, in: Problèmes de droit de la famille, Festgabe
zum Schweizerischen Juristentag 1987, S. 17 f.). Soweit ersichtlich,
haben indessen die Organe der Europäischen Menschenrechtskonvention bis
jetzt unter dem Gesichtswinkel von Art. 8 und Art. 12 EMRK noch keine
Entscheidungen zur künstlichen Fortpflanzung getroffen und weder zu einem
entsprechenden Anspruch noch zum Umfang von Einschränkungen Stellung
genommen. Die Beschwerden könnten sich auch nicht auf den erwähnten,
bisher vom Ministerkomitee nicht genehmigten Entwurf einer Resolution
über die künstliche Fortpflanzung beim Menschen stützen (vgl. BGE 111
Ia 344 E. 3a). Angesichts dieser Unsicherheit sowie des Umstandes, dass
sich die Beschwerdeführer nach dem ungeschriebenen Verfassungsrecht auf
die persönliche Freiheit berufen können, kann die Frage nach den aus der
Europäischen Menschenrechtskonvention fliessenden Garantien im vorliegenden
Fall offengelassen werden.

Erwägung 6

    6.- Die Beschwerdeführer 2 fechten die Bestimmung von Art. 4 lit. a
GRB an und verlangen deren Aufhebung. Nach dieser Bestimmung ist die
künstliche Insemination mit Samenzellen eines Dritten unzulässig. Die
Beschwerdeführer machen in dieser Hinsicht eine Verletzung der persönlichen
Freiheit geltend.

    a) Es ist bereits oben ausgeführt worden, dass das Verbot oder die
Einschränkung einzelner Methoden der künstlichen Fortpflanzung einen
Eingriff in die persönliche Freiheit darstellt. Das gilt auch für die
Bestimmung von Art. 4 lit. a GRB, welche die künstliche Insemination
mit Samenzellen eines Spenders untersagt. Es ist daher zu prüfen, ob
hierfür überwiegende öffentliche Interessen bestehen und ob die Massnahme
verhältnismässig ist.

    aa) Hierfür ist vorerst davon auszugehen, dass der st. gallische
Gesetzgeber die Methode der künstlichen Insemination nicht in genereller
Weise untersagt und die homologe Form der Insemination bei Ehepaaren
mit Samenzellen des Ehemannes zulässt (Art. 3 lit. a GRB). Daraus ist
zu schliessen, dass der Methode der künstlichen Insemination als solcher
keine gesundheitlichen und damit polizeilichen Gründe entgegenstehen. Die
heterologe Insemination ist denn in der Schweiz auch schon seit rund 20
Jahren und am Kantonsspital St. Gallen seit 17 Jahren praktiziert worden;
im Jahre 1985 sollen in der Schweiz rund 1/2 bis 1% aller Kinder aufgrund
einer heterologen Insemination geboren worden sein (CHRISTIAN BRÜCKNER,
Künstliche Fortpflanzung und Forschung am Embryo in vitro - Gedanken
de lege ferenda, in: SJZ 81/1985 S. 381 und 386). Dabei sind keine
nennenswerten gesundheitlichen Schwierigkeiten aufgetreten oder bekannt
geworden. Unter diesem Gesichtswinkel sind daher keine überwiegenden
öffentlichen Interessen an einem grundsätzlichen Verbot der künstlichen
Insemination mit Samenzellen eines Spenders ersichtlich. Im Bericht der
vorberatenden Kommission und der Vernehmlassung des Regierungsrates
wird denn das Verbot der heterologen Insemination auch nicht mit
gesundheitlichen Risiken begründet.

    bb) Zur Begründung des Verbotes der künstlichen Insemination mit
Samenzellen eines Spenders verweist die vorberatende Kommission unter
anderem darauf, dass gewisse psychische Risikofaktoren bei Ehepaaren
möglich seien. Die Kommission fügt aber an, dass sich solche Ehepaare
vor einer entsprechenden Behandlung intensiv mit ihrer Situation
auseinandersetzen und sich von ihrem Hausarzt oder ihrem Gynäkologen
beraten lassen. Die gefühlsmässige Bindung an das Kind soll nicht
schwächer sein als bei natürlich gezeugten Kindern, und im Vergleich mit
"normalen" Familien sollen sich keine erhöhten Schwierigkeiten beobachten
lassen. Es gilt zwar zu bedenken, dass das Kind eines Tages erfahren
kann, genetisch nicht von seinem sozialen Vater abzustammen, und es
dadurch in eine schwierige psychische Situation geraten kann. Es wird
dann die Aufgabe der sozialen Eltern sein, das Kind mit der notwendigen
Zuneigung und Hilfe aufzuklären. Insofern verhält es sich ähnlich wie bei
Adoptivkindern. Unter dem Gesichtswinkel des erforderlichen öffentlichen
Interesses und der Verhältnismässigkeit vermögen daher solche Überlegungen
ein generelles Verbot der heterologen künstlichen Insemination ebensowenig
zu rechtfertigen wie ethische Bedenken.

    cc) Einwände gegen die heterologe Form der künstlichen Insemination
wurden im kantonalen Gesetzgebungsverfahren hinsichtlich der Auswahl
der Samenspender geäussert; die Auswahl nach bestimmten Kriterien wie
dem Intelligenzquotienten könne zu einem unerwünschten "Zucht"-Denken
führen. Es ist einzuräumen, dass derartige Bedenken ernsthafter Natur
sind und dass auch bei einem weiten Verständnis der persönlichen Freiheit
kein Anspruch auf künstliche Insemination mit den Samenzellen eines ganz
bestimmten (etwa besonders intelligenten) Spenders besteht. Indessen ist zu
beachten, dass die Auswahl der Samenzellen nach den Medizinisch-ethischen
Richtlinien 1981 in die Verantwortung des behandelnden Arztes fällt, der im
Rahmen des Möglichen einen Samenspender wählt, dessen Kind als dasjenige
der Wunscheltern angesehen werden könnte. Allfälligen Missbräuchen kann
durch entsprechende Weisungen oder Kontrollen in anderer Weise als durch
ein generelles Verbot der heterologen Insemination begegnet werden. Das
trifft auch hinsichtlich der Gefahr zu, dass durch zu häufige Verwendung
der Samenzellen desselben Spenders unerwünschte Blutsverwandtschaften
entstehen könnten; ein generelles Verbot der heterologen Insemination
erweist sich auch unter diesem Gesichtswinkel nicht als verhältnismässig,
da der Gefahr unerwünschter und unbekannter Blutsverwandtschaften -
wie unten auszuführen ist (E. 7) - mit entsprechenden Kontrollen und
insbesondere mit der Zentralisierung der Behandlung auf das Kantonsspital
entgegengetreten werden kann.

    dd) Es ist dem kantonalen Gesetzgeber einzuräumen, dass die Methode
der heterologen Insemination zu rechtlichen Schwierigkeiten in bezug auf
die Anonymität des Spenders und in bezug auf den familienrechtlichen
Status des Kindes führen kann. Diese liegen darin, dass das Kind
unter Umständen die Vaterschaft des sozialen Vaters anfechten und zudem
versuchen kann, sich mit einer Vaterschaftsklage an den genetischen Vater
zu halten. Zudem stellt sich insbesondere in diesem Zusammenhang die Frage
nach der Anonymität des Spenders. Diese Schwierigkeiten kann der kantonale
Gesetzgeber angesichts der Kompetenz des Bundes zur Zivilgesetzgebung nach
Art. 64 BV nicht in eigener Zuständigkeit lösen. Und eine entsprechende
Bundesregelung steht noch aus. Solche rechtliche Schwierigkeiten
vermögen indessen ein absolutes Verbot der künstlichen Insemination mit
Spendersamen ebenfalls nicht zu rechtfertigen, und zwar auch nicht unter
dem Gesichtspunkt, dass es sich beim angefochtenen Grossratsbeschluss
nur um eine vorläufige kantonale Regelung bis zum Inkrafttreten einer
entsprechenden Bundeslösung handelt. Die Unsicherheiten können indessen
zu einschränkenden Bedingungen bei der Anwendung der heterologen Methode
der künstlichen Insemination führen (vgl. unten E. 6c); unter dem
Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit kann es vielmehr genügen, dass
der Kanton für eine umfassende Information aller Beteiligter (d.h. der
Wunscheltern, der Ärzteschaft und der Spender) auch in rechtlicher
Hinsicht sorgt.

    ee) Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass das vom st. gallischen
Gesetzgeber vorgesehene generelle Verbot der heterologen Form der
künstlichen Insemination mangels überwiegender und verhältnismässiger
öffentlicher Interessen vor dem Grundrecht der persönlichen Freiheit nicht
standhält. Indessen sind Einschränkungen und Auflagen zulässig, soweit
sie im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. Darauf
ist im folgenden näher einzugehen.

    b) Nach Art. 3 GRB darf die Unfruchtbarkeit mit künstlicher
Insemination u.a. dann behandelt werden, wenn andere Behandlungsmethoden
erfolglos oder aussichtslos sind (lit. b) und die schriftliche Zustimmung
der Wunscheltern zur Behandlung vorliegt (lit. c). Zusätzlich ist die
Befruchtung von Eizellen mit Samenzellen eines Verstorbenen nach Art. 4
lit. d GRB unzulässig. Die Beschwerdeführer fechten diese Bedingungen
und Auflagen weder in selbständiger Weise noch im Hinblick auf die von
ihnen verlangte heterologe Form der künstlichen Insemination an.

    Nach dem Wortlaut des angefochtenen Grossratsbeschlusses
gelten diese Auflagen nur für die allein zugelassenen Methoden
der Infertilitätsbehandlung. Diese nicht angefochtenen und sich als
verhältnismässig erweisenden Bedingungen und Auflagen haben aber nach dem
Sinn und der Systematik des angefochtenen Erlasses auch für die nach der
vorstehenden Erwägung grundsätzlich zuzulassende künstliche Insemination
mit Samenzellen eines Dritten Gültigkeit. Das schriftliche Einverständnis
der Eltern ist insbesondere im Hinblick auf Art. 256 Abs. 3 ZGB von
Bedeutung. Es braucht im vorliegenden Zusammenhang darauf nicht näher
eingegangen zu werden.

    c) Art. 3 GRB geht davon aus, dass mit gewissen zugelassenen Methoden
die Unfruchtbarkeit von Ehepaaren behandelt werden darf. Diese Beschränkung
der Infertilitätsbehandlung auf verheiratete Ehepaare wird von den
Beschwerdeführern weder selbständig noch hinsichtlich der heterologen
Insemination in Frage gestellt. Angesichts der Wichtigkeit des Problems
und der unterschiedlichen bisherigen kantonalen Regelungen rechtfertigt es
sich indessen, zur Frage einer allfälligen Beschränkung der heterologen
Insemination auf Ehepaare - wenn auch nicht abschliessend - Stellung
zu nehmen. Wie es sich mit einer homologen Insemination bei stabilen,
nicht verheirateten Paaren verhält, die sich gerade in zivilrechtlicher
Hinsicht davon unterscheidet, kann offengelassen werden, da die Frage
von den Beschwerdeführern in keiner Weise aufgeworfen wird.

    Für eine allfällige Beschränkung der heterologen Form der künstlichen
Insemination auf Ehepaare bedarf es unter verfassungsrechtlichem
Gesichtspunkt eines überwiegenden öffentlichen Interesses und der Wahrung
der Verhältnismässigkeit. Zu solchen öffentlichen Interessen sind auch der
Schutz des zu zeugenden Kindes und das Kindeswohl zu zählen. Das Kindeswohl
stellt einen Grundpfeiler insbesondere des schweizerischen Familienrechts
dar, hinsichtlich der Entstehung des Kindesverhältnisses (Siebenter Titel
des ZGB, Art. 252 ff.) und der Wirkungen des Kindesverhältnisses (Achter
Titel des ZGB, Art. 270 ff.) ebenso wie im Hinblick auf das Scheidungsrecht
(Vierter Titel des ZGB, insbesondere Art. 156 f. ZGB). Das Familienrecht
zielt mit verschiedenen (u. U. widerlegbaren) Vermutungen darauf hin, dem
Kind zu seinem Wohle einen rechtlichen Vater zuzuordnen (vgl. Art. 255,
256b und 257 ZGB). Denn Kinder ohne rechtlichen Vater sind dadurch
benachteiligt, dass rechtlich kein Vater zu Beistand und Unterhalt sowie
allenfalls zu Pflege und Erziehung herangezogen werden kann (Art. 272,
276 und 296 ZGB; vgl. FRANZISKA BUCHLI-SCHNEIDER, Künstliche Fortpflanzung
aus zivilrechtlicher Sicht, Diss. Bern 1987, S. 203 ff.).

    Im Falle einer heterologen Insemination bei einer in (stabilen)
Konkubinatsverhältnissen lebenden Frau lassen die Bestimmungen des
Zivilgesetzbuches über die Vermutung der Vaterschaft bei der Geburt eines
Kindes keine rechtliche Vaterschaft entstehen. Eine solche kann auch nicht
ohne weiteres hergestellt werden (vgl. CYRIL HEGNAUER, Gesetzgebung
und Fortpflanzungsmedizin, in: Gedächtnisschrift für Peter Noll,
Zürich 1984, S. 52 ff.). Zwar kann der Partner der Mutter das heterolog
gezeugte Kind im Sinne von Art. 260 ZGB anerkennen. Fehlt es aber eben
an der genetischen Vaterschaft, so ist die Gültigkeit der Anerkennung
zweifelhaft und kann insbesondere aufgrund von Art. 260a ff. ZGB ohne
weiteres angefochten werden (vgl. CYRIL HEGNAUER, Berner Kommentar,
Die Entstehung des Kindesverhältnisses, 4. Aufl. 1984, N. 62 ff. und
N. 106 zu Art. 260; MARTIN STETTLER, Le droit suisse de la filiation,
Schweizerisches Privatrecht, 1987, S. 35 ff.; vgl. TUOR/SCHNYDER,
Das Schweizerische Zivilgesetzbuch, 10. Aufl. 1986, S. 276 ff.). Eine
Adoption durch den Partner der Mutter ist nach Art. 264a Abs. 3 ZGB nur im
Falle der Verheiratung möglich. Und eine Vaterschaftsklage gegenüber dem
genetischen Vater stösst auf rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten
(unten E. 6d). Die heterologe Insemination bei nicht verheirateten Paaren
verursacht zudem schwierige erbrechtliche Probleme (vgl. BUCHLI-SCHNEIDER,
aaO, S. 212 ff.). Diese Überlegungen zeigen, dass es unter dem
Gesichtswinkel des Kindeswohls und damit aus öffentlichen Interessen
gerechtfertigt sein kann, die Zahl der Kinder, die keinen rechtlichen
Vater haben, nicht zu vergrössern und damit die heterologe Insemination auf
verheiratete Ehepaare zu beschränken. Die damit verbundene Einschränkung
der persönlichen Freiheit der Wunschmutter und Privilegierung der Ehe kann
sich bei dieser Sachlage als verhältnismässig erweisen (vgl. AUBERT, aaO,
S. 17 f.; HEGNAUER, Gesetzgebung und Fortpflanzungsmedizin, S. 59).

    d) Im kantonalen Gesetzgebungsverfahren wurden gegen die Zulässigkeit
der heterologen Form der künstlichen Insemination gewichtige Bedenken
rechtlicher Natur vorgebracht. Es stellt sich bei dieser Art der
künstlichen Insemination insbesondere die Frage, in welchem Ausmass
eine Vaterschaftsklage gegen den Samenspender möglich ist und ob
dessen Anonymität gewahrt oder garantiert werden dürfe. Der kantonale
Gesetzgeber ist angesichts der Kompetenz des Bundes zur Gesetzgebung im
Bereiche des Zivilrechts nur sehr beschränkt zu einer entsprechenden
Regelung zuständig. Nach den Medizinisch-ethischen Richtlinien über
die artifizielle Insemination 1981 hat der Arzt über die Identität des
Spenders Verschwiegenheit zu bewahren (Ziff. 5).

    Die Vermutung der Vaterschaft des Ehemannes nach Art. 255 ZGB gilt
auch im Falle der Geburt eines aufgrund einer heterologen Insemination
gezeugten Kindes. Die Vermutung kann indessen mit der Klage nach Art. 256
ff. ZGB angefochten werden. Die Klage steht dem Ehemann nach Art. 256
Abs. 3 ZGB nicht zu, wenn er der Zeugung durch einen Dritten oder einer
heterologen Insemination zugestimmt hat (Botschaft des Bundesrates über
die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (Kindesverhältnis),
BBl 1974 II 30). Das Kind aber hat ein selbständiges Klagerecht nach
Art. 256 Abs. 1 Ziff. 2 ZGB, wenn während seiner Unmündigkeit der
gemeinsame Haushalt der Ehegatten aufgehört hat. Als Klagegrund gilt nach
Art. 256a Abs. 1 ZGB, dass der Ehemann nicht der Vater des Kindes ist,
was bei der heterologen Insemination der Fall ist. - Ist das Kind aufgrund
einer Gutheissung der Anfechtungsklage vaterlos geworden (bzw. ist es
mangels einer Vaterschaftsvermutung oder gültigen Anerkennung im Falle der
heterologen Insemination bei einem nicht verheirateten Paar weiterhin ohne
rechtlichen Vater), so kann es bis zum Ablauf eines Jahres seit Erreichen
des Mündigkeitsalters nach Art. 261 ff. ZGB die Vaterschaftsklage erheben
und diese gegen den Samenspender richten (HEGNAUER, Berner Kommentar,
N. 65 zu Art. 261). Hierfür aber muss die Identität des Samenspenders
bekannt sein.

    Die Frage, ob im Hinblick auf einen derartigen Vaterschaftsprozess
die Identität des Samenspenders bekanntgegeben werden muss, wird in der
Literatur zum Teil bejaht. Es wird ausgeführt, der Arzt sei zur Offenbarung
des Samenspenders verpflichtet und könne sich hierfür nicht auf sein
Arztgeheimnis oder auf die Anonymitätsabrede berufen; der Anspruch des
Kindes auf Feststellung des Kindesverhältnisses gehe vor; und unter
Umständen könne gegen den Arzt haftpflichtrechtlich vorgegangen werden
(HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 68 zu Art. 261 und N. 23 ff. zu Art. 262;
BUCHLI-SCHNEIDER, aaO, S. 194 f. und 79 ff.; zur ärztlichen Haftung
HAUSHEER, aaO, S. 219). Ferner wird die Bekanntgabe des Samenspenders in
einem Vaterschaftsprozess mit dem Adoptionsrecht verglichen, in dem zwar
nach Art. 268b ZGB das Adoptionsgeheimnis zugunsten der Adoptiveltern
gilt, das Kind aber unter Umständen bei entsprechender Interessenabwägung
einen Anspruch auf Bekanntgabe der leiblichen Eltern geltend machen kann
(vgl. HEGNAUER, Berner Kommentar, N. 81 ff. zu Art. 268; BUCHLI-SCHNEIDER,
aaO, S. 107 ff.).

    Die Frage nach der Bekanntgabe der Identität des Samenspenders
wird in der Literatur auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten
behandelt. Unter dem Gesichtswinkel der persönlichen Freiheit und des
aus Art. 4 BV hergeleiteten Akteneinsichtsrechts habe das aufgrund einer
künstlichen heterologen Insemination gezeugte Kind ein Interesse an der
Kenntnis seiner genetischen Abstammung; diesem Interesse könnten aber
berechtigte Geheimhaltungsinteressen der sozialen Eltern, des Spenders
und Dritter entgegenstehen. Welche Interessen überwiegen, könne nicht in
allgemeiner Weise beurteilt werden; doch komme dem Kind bei entsprechender
umfassender Interessenabwägung im Einzelfall unter Umständen ein Anspruch
auf Bekanntgabe der Identität des Samenspenders zu (THOMAS COTTIER, Die
Suche nach der eigenen Herkunft: Verfassungsrechtliche Aspekte, Basel
1987; BUCHLI-SCHNEIDER, aaO, S. 97 ff.; vgl. auch BGE 112 Ia 97). - Unter
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten wird die Frage nach der Bekanntgabe
der Identität des Samenspenders in Deutschland aufgrund der Menschenwürde
diskutiert, und eine Anonymitätsgarantie wird in der Literatur als
Verstoss gegen das Grundgesetz bezeichnet (vgl. CHRISTIAN STARCK, Die
künstliche Befruchtung beim Menschen - Zulässigkeit und zivilrechtliche
Folgen, in: Verhandlungen des 56. Deutschen Juristentages, S. A23 ff.;
DIETER GIESEN, in: Verhandlungen des 56. Deutschen Juristentages, S. K65
ff.). Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang ein neuestes
Urteil des Bundesverfassungsgerichts, in dem es aus dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf Kenntnis der eigenen Abstammung
ableitet und verschiedene Bestimmungen des BGB als mit dem Grundgesetz
unvereinbar erklärt, soweit diese dem volljährigen Kind - vorbehältlich
der gesetzlichen Anfechtungstatbestände - nicht nur die Änderung seines
familienrechtlichen Status, sondern auch die gerichtliche Klärung seiner
Abstammung ausnahmslos verwehren (BVerfGE 79, 256 = EuGRZ 1989 S. 229 =
JZ 44/1989 S. 335 mit Anmerkung von CHRISTIAN STARCK).

    Im vorliegenden Fall braucht nicht abschliessend geklärt zu werden,
in welchem Ausmass und unter welchen Voraussetzungen das aufgrund einer
künstlichen heterologen Insemination gezeugte Kind einen Anspruch darauf
hat, die Identität des genetischen Vaters in Erfahrung zu bringen. Die
vorstehenden Erwägungen zeigen indessen deutlich, dass sich eine
vorbehaltlose Garantie auf Wahrung der Anonymität des Spenders und
damit auch die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die artifizielle
Insemination von 1981 als fragwürdig erweisen. Ebenso problematisch
erscheint in dieser Hinsicht die mindestens im Ausland für die künstliche
Insemination teilweise angewendete Verwendung von Samengemischen. Es ist
demnach nicht auszuschliessen, dass der Samenspender einem Verfahren auf
Bekanntgabe seiner Identität oder einem Vaterschaftsprozess ausgesetzt
wird. Diese Gefahr vermag indessen - wie oben ausgeführt - ein generelles
Verbot der heterologen Insemination nicht zu rechtfertigen. Unter dem
Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit kann es genügen, dass der Kanton
für eine umfassende Information aller Beteiligter (d.h. der Wunscheltern,
der Ärzteschaft und insbesondere der Spender) auch in rechtlicher Hinsicht
sorgt und für die Aufbewahrung der Daten über medizinische Merkmale und
die Identität der Spender bedacht ist (siehe unten E. 7).

    e) Aufgrund dieser Überlegungen ergibt sich, dass das generelle Verbot
der heterologen Form der künstlichen Insemination vor dem Grundrecht der
persönlichen Freiheit nicht standhält. Demnach ist die Bestimmung von
Art. 4 lit. a GRB im Sinne der Erwägungen aufzuheben.

    Die Beschwerdeführer fechten mit ihrer Beschwerde die Bestimmung von
Art. 3 lit. a GRB nicht an, wonach die künstliche Insemination (nur) bei
Verwendung der Keimzellen des Ehepaares zulässig ist. Die Bestimmung ist
daher im bundesgerichtlichen Verfahren nicht formell aufzuheben. Doch hat
sie angesichts der vorstehenden Erwägungen keine selbständige Bedeutung
mehr.

Erwägung 7

    7.- Mit den vorliegenden Beschwerden wird auch die Bestimmung von
Art. 6 Abs. 1 GRB angefochten, wonach die künstliche Insemination und der
Gametentransfer unter ärztlicher Leitung nur im Kantonsspital St. Gallen
durchgeführt werden dürfen. Die Beschwerdeführer berufen sich hierfür unter
dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit auf die persönliche Freiheit,
hingegen nicht auf die Handels- und Gewerbefreiheit.

    a) Die Beschwerdeführer wenden sich nicht dagegen, dass die künstliche
Insemination nur unter ärztlicher Leitung und der Gametentransfer nur
im Kantonsspital St. Gallen unter ärztlicher Leitung durchgeführt werden
dürfen. Das Erfordernis der ärztlichen Leitung steht in einem gewissen
Verhältnis mit der nicht angefochtenen Bestimmung von Art. 3 lit. b GRB,
wonach künstliche Infertilitätsbehandlungen nur zulässig sind, wenn
andere Behandlungsmethoden erfolglos oder aussichtslos sind. Demnach
ist im folgenden ausschliesslich zu prüfen, ob die Beschränkung der
künstlichen Insemination auf das Kantonsspital vor der Verfassung
standhält. Angesichts der vorstehenden Erwägungen ist diese Frage sowohl
in bezug auf die homologe als auch die heterologe Form der künstlichen
Insemination zu untersuchen.

    b) Die Beschränkung der künstlichen Insemination auf das Kantonsspital
St. Gallen stellt eine Beschränkung der persönlichen Freiheit dar und
bedarf für ihre Gültigkeit der verfassungsrechtlichen Rechtfertigung
und Interessenabwägung. Dabei fällt auf seiten der Wunscheltern
insbesondere ins Gewicht, dass sie sich nicht an ihren vertrauten Arzt
oder Gynäkologen halten können und sich durch einen ihnen unbekannten
Arzt am unter Umständen weit entfernten Kantonsspital in St. Gallen
behandeln lassen müssen (vgl. BGE 101 Ia 575). Auf der andern Seite
wurde bereits im Antrag des Regierungsrates an den Grossen Rat auf die
mit der künstlichen Insemination verbundenen Missbrauchsgefahren und
daher notwendigen Kontrollmöglichkeiten hingewiesen. Im folgenden ist zu
prüfen, welche öffentlichen Interessen im Hinblick auf die angefochtene
Beschränkung als überwiegend und verhältnismässig erscheinen.

    Die homologe künstliche Insemination bei Ehepaaren bietet, soweit
ersichtlich, weder medizinische noch rechtliche Schwierigkeiten. Da
bei dieser Form der künstlichen Insemination die Keimzellen des
Ehepartners verwendet werden, stellt sich insbesondere die Frage
nach der Auswahl nicht, und auch Verwechslungsgefahren können als
gering erachtet werden. Der Regierungsrat vermag denn in seiner
Vernehmlassung auch keine konkreten Gefahren zu nennen oder auf
konkrete Missbrauchsmöglichkeiten hinzuweisen. Soweit eine Kontrolle als
notwendig erachtet wird, kann eine allgemeine Bewilligungspflicht für
die Vornahme künstlicher homologer Inseminationen bei Ehepaaren oder eine
(evtl. damit verbundene) Meldepflicht über vorgenommene Inseminationen
genügen. Bei dieser Sachlage erweist sich die Beschränkung der homologen
Form der künstlichen Insemination auf das Kantonsspital St. Gallen bei
Ehepaaren als unverhältnismässig.

    Anders verhält es sich indessen mit der heterologen Form der
künstlichen Insemination. Bei dieser Behandlungsmethode gilt es vorerst
einmal, die Samenzellen auszuwählen. Nach den Medizinisch-ethischen
Richtlinien für die artifizielle Insemination 1981 wählt der behandelnde
Arzt in eigener Verantwortung die Samenzellen danach aus, dass das Kind
als dasjenige der Wunscheltern angesehen werden könnte. Hierfür bedarf
es einer hinreichenden Menge von verschiedenen (kryokonservierten)
Spendersamen, wie sie etwa in einer Privatpraxis kaum vorhanden sein
dürfte. Bei der heterologen Insemination gilt es insbesondere auch,
zu häufige, unerwünschte und unerkannte genetische Verwandtschaften
zu verhindern und demnach die Samenzellen vorsichtig auszuwählen. Die
hierfür notwendige Kontrolle und Beschränkung lassen sich kaum anders
denken als durch eine Zentralisierung der Auswahl und Behandlung. Es
muss ferner für eine einwandfreie Aufbewahrung der Samenzellen mittels
Kryokonservierung und eine entsprechende Kontrolle zur Vermeidung von
Verwechslungen gesorgt werden, wofür im Kantonsspital St. Gallen bessere
Voraussetzungen bestehen (vgl. in diesem Zusammenhang auch die Bestimmung
von Art. 7 lit. b GRB). Schliesslich gilt es zu bedenken, dass über
die medizinischen Daten des Spenders wie Alter, Herkunft, Gesundheit und
Ergebnisse der medizinischen Untersuchung hinaus wohl auch die Angaben über
die Identität des Spenders aufzubewahren sind und hierfür das Kantonsspital
St. Gallen bessere Gewähr zu bieten vermag. All diese Gründe belegen ein
überwiegendes öffentliches Interesse an der Beschränkung der heterologen
Insemination auf das Kantonsspital und gehen unter dem Gesichtswinkel
der Verhältnismässigkeit den privaten Interessen vor.

    c) Demnach sind die Beschwerden in diesem Punkte im Sinne der
vorstehenden Erwägungen teilweise gutzuheissen, und Art. 6 GRB ist
insofern aufzuheben, als die künstliche Insemination mit Keimzellen
des Ehemannes auf das Kantonsspital St. Gallen beschränkt wird. Wie es
sich im Falle einer homologen Insemination bei einem unverheirateten
Paar verhielte (vgl. oben E. 6c), braucht im vorliegenden Fall nicht
abgeklärt zu werden. Im übrigen steht die Beschränkung der Behandlung
auf das Kantonsspital St. Gallen nach Art. 6 GRB mit der unten zu
prüfenden Bestimmung von Art. 7 GRB in einem gewissen Zusammenhang (vgl.
unten E. 8).

Erwägung 8

    8.- In engem Zusammenhang mit der künstlichen Insemination steht
Art. 7 des Grossratsbeschlusses. Danach dürfen im Hinblick auf eine spätere
Zeugung und bei entsprechender Sicherheit Samenzellen des Ehemannes (nur)
während der Dauer der Behandlung im Kantonsspital St. Gallen tiefgekühlt
aufbewahrt werden. Die Beschwerdeführer 1 fechten diese Bestimmung unter
Berufung auf die persönliche Freiheit, das Rechtsgleichheitsgebot und
das Willkürverbot sowie weitere verfassungsmässige Rechte an.

    a) Vorerst gilt es, die Bedeutung von Art. 7 GRB zu klären. Entgegen
der Auffassung der Beschwerdeführer ergibt sich der Gehalt dieser
Bestimmung klar aus dem Wortlaut. Positiv ausgedrückt dürfen lediglich
Ehemänner ihre Samenzellen im Hinblick auf eine homologe künstliche
Insemination im Kantonsspital St. Gallen deponieren; in zeitlicher Hinsicht
ist die Aufbewahrung beschränkt auf die Dauer der Behandlung, d.h. bis
die Infertilitätsbehandlung bei der Ehefrau zu einer Schwangerschaft
und damit zum Erfolg führt. Negativ bedeutet die Vorschrift, dass ein
Samendepot unabhängig von einer Infertilitätsbehandlung, über eine solche
hinaus oder für eine spätere Verwendung unzulässig ist; dieses Verbot gilt
sowohl für verheiratete als auch nicht verheiratete Männer. - Im folgenden
ist zu prüfen, ob diese Beschränkung vor dem Grundrecht der persönlichen
Freiheit standhält und ob im Falle der Zulassung die Einschränkung auf
das Kantonsspital St. Gallen zulässig ist.

    b) Es ist bereits oben ausgeführt worden (E. 5a), dass der Wunsch nach
Kindern eine elementare Erscheinung der Persönlichkeitsentfaltung darstellt
und es für viele Menschen eine zentrale Sinngebung ihres Lebens bedeutet,
Kinder zu haben und aufzuziehen. Dieser aufgrund der persönlichen Freiheit
verfassungsrechtlich geschützte Kinderwunsch kann sich nicht nur bei
Wunscheltern zeigen, welche in einer bestimmten Situation und in einem
gewissen Zeitpunkt moderne Methoden der Fortpflanzungsmedizin in Anspruch
nehmen möchten. Es ist ebensosehr denkbar, dass ein fester, aber noch nicht
aktueller Kinderwunsch im Rahmen des Möglichen für die Zukunft gesichert
werden soll. Diese Situation kann sich etwa bei verheirateten oder nicht
verheirateten Männern ergeben, die sich infolge ihrer Berufsausübung
oder wie beim Beschwerdeführer K. wegen einer Hodenkrebsbehandlung
der Gefahr ausgesetzt sehen, später keine Kinder mehr zeugen oder eine
natürliche Zeugung wegen genetischer Veränderungen der Samenzellen und
den damit verbundenen Risiken für das Kind nicht mehr verantworten zu
können. Auch dieser Aspekt betrifft das ungeschriebene Grundrecht der
persönlichen Freiheit. Das durch Art. 7 GRB statuierte generelle Verbot
des Samendepots für eine spätere Verwendung stellt daher einen Eingriff
in die persönliche Freiheit dar. Es ist daher zu prüfen, ob überwiegende
öffentliche Interessen die Massnahme zu rechtfertigen vermögen und ob
die Bestimmung sich als verhältnismässig erweist.

    Vorerst ist in diesem Zusammenhang zu beachten, dass der st. gallische
Gesetzgeber die Aufbewahrung von Samenzellen für die beschränkte Dauer
der Infertilitätsbehandlung mittels Kryokonservierung nach Art. 7 GRB
nicht ausschliesst. Daraus ist zu folgern, dass der Kryokonservierung und
einem Samendepot an sich keine gesundheitlichen Gründe entgegenstehen. Es
sind denn auch keine Bedenken bekannt, dass die Kryokonservierung
eine Veränderung der Samenzellen bewirken würde und dass bei ihrer
Verwendung gesundheitliche Risiken für Mutter und Kind entstehen
könnten. Im kantonalen Gesetzgebungsverfahren wurde daher nicht so sehr
auf gesundheitliche Überlegungen als vielmehr auf die Missbrauchsgefahren
hingewiesen. Worin diese Missbrauchsgefahren im einzelnen liegen sollen,
geht indessen weder aus den Beratungen noch aus der Vernehmlassung des
Regierungsrates hervor. Insbesondere ist nicht ersichtlich, inwiefern
eine Samenaufbewahrung für eine spätere Verwendung vermehrt Missbräuchen
ausgesetzt sein soll als eine nach Art. 7 GRB zugelassene Deponierung im
Hinblick auf eine konkrete Infertilitätsbehandlung, die sich ihrerseits
ebenfalls auf eine längere Dauer erstrecken kann. Aber auch andere Gründe
vermögen ein absolutes Verbot der Aufbewahrung eigener Samenzellen im
Hinblick auf eine spätere eigene Verwendung unter dem Gesichtswinkel der
persönlichen Freiheit nicht zu rechtfertigen. Dabei kann es grundsätzlich
auch nicht darauf ankommen, ob es sich um verheiratete oder aber um
unverheiratete Männer handelt.

    Bei dieser Sachlage vermag das generelle Verbot nach Art. 7 GRB,
unabhängig von einer aktuellen Infertilitätsbehandlung Samenzellen von
verheirateten oder nicht verheirateten Männern hinterlegen zu können,
vor der Verfassung nicht standzuhalten.

    c) Dies bedeutet indessen nicht, dass eine derartige Hinterlegung
von eigenen Samenzellen nicht gewissen Einschränkungen hinsichtlich der
Art und Weise sowie im Hinblick auf eine spätere Verwendung unterworfen
werden kann.

    Zum einen gilt es dafür zu sorgen, dass Unbefugte keinen Zugriff
haben und die Samenzellen nicht in anderer Weise verwendet werden; ebenso
muss eine einwandfreie Aufbewahrung garantiert und mit entsprechender
Kennzeichnung die Gefahr einer Verwechslung vermieden werden. Hierfür ist
das Kantonsspital besser in der Lage als dezentralisierte Privatpraxen
und kann eine entsprechende Gewähr bieten. Diese öffentlichen Interessen
an einer Beschränkung der Hinterlegung auf das Kantonsspital St. Gallen
erweisen sich als überwiegend und vermögen die entgegenstehenden privaten
Interessen und die mit der Deponierung im Kantonsspital St. Gallen
verbundenen, aber unbedeutenden persönlichen Unannehmlichkeiten zu
überwiegen. Demnach hält die Beschränkung auf das Kantonsspital St. Gallen
vor dem Grundrecht der persönlichen Freiheit stand. Die Beschwerde ist
daher in diesem Punkte abzuweisen.

    Zum andern bedeutet die Zulässigkeit der Aufbewahrung von eigenen
Samenzellen im Kantonsspital nicht, dass diese ohne weiteres in beliebiger
Weise für Infertilitätsbehandlungen genutzt werden können. Die Verwendung
hängt vielmehr von der Zulässigkeit der entsprechenden Behandlungsmethode
im Zeitpunkt des Gebrauchs ab; sie kann zudem unter Umständen auf eine
bestimmte Dauer beschränkt oder entsprechend der unangefochtenen Bestimmung
von Art. 4 lit. d GRB nach dem Tode des Betreffenden ausgeschlossen werden.

    d) Demnach ist die Beschwerde in diesem Punkte im Sinne der
vorstehenden Erwägungen teilweise gutzuheissen. Es sind daher in Art. 7
GRB die Worte "des Ehemannes" und "während der Dauer der Behandlung"
zu streichen, so dass eine Hinterlegung und Aufbewahrung von eigenen
Samenzellen von verheirateten und unverheirateten Männern im Kantonsspital
St. Gallen im Hinblick auf eine spätere eigene Verwendung grundsätzlich
zulässig ist. In bezug auf die Beschränkung auf das Kantonsspital
St. Gallen ist die Beschwerde indessen abzuweisen.

    Wie es sich mit einer Aufbewahrung von Eizellen verhält, welche sich
in verschiedener Hinsicht von derjenigen von Samenzellen unterscheidet
und noch zu wenig erprobt erscheint, braucht im vorliegenden Fall mangels
einer entsprechenden Rüge nicht geprüft zu werden.

Erwägung 9

    9.- Mit beiden staatsrechtlichen Beschwerden wird die Bestimmung
von Art. 4 lit. f des Grossratsbeschlusses angefochten, welche die
In-vitro-Fertilisation (IVF) mit anschliessendem Embryotransfer (ET) nicht
nur in einzelnen Formen, sondern als Methode grundsätzlich untersagt. Die
Beschwerdeführer berufen sich auch in dieser Hinsicht auf die persönliche
Freiheit.

    a) Es ist bereits oben ausgeführt worden, dass die Beschränkung
des Zugangs zu den modernen Methoden künstlicher Fortpflanzung in das
ungeschriebene Verfassungsrecht der persönlichen Freiheit eingreift. Das
trifft auch auf das generelle Verbot der In-vitro-Fertilisation mit
anschliessendem Embryotransfer zu. Die Methode kann insbesondere einem
Bedürfnis von Frauen entsprechen, die wegen dauernden Eileiterverschlusses
auf natürliche Weise keine Kinder bekommen können; die Methode kann
auch angewendet werden, soweit funktionsfähige Eierstöcke fehlen, aber
ein gebärfähiger Uterus vorhanden ist oder soweit beim Mann gewisse
Fertilitätsstörungen vorliegen. Es ist im folgenden zu prüfen, ob
dieses generelle Verbot der In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem
Embryotransfer vor der Verfassung standzuhalten vermag.

    b) Zur Begründung des Verbots der In-vitro-Fertilisation mit
anschliessendem Embryotransfer weist der Regierungsrat in der
Vernehmlassung unter anderem auf ein Urteil des Eidgenössischen
Versicherungsgerichts aus dem Jahre 1987 hin (BGE 113 V 42). Das Gericht
befand unter dem Gesichtswinkel des Krankenversicherungsgesetzes (KUVG)
und unter Hinweis auf gewisse Risikofaktoren und die Erfolgschancen,
dass die In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer keine wissenschaftlich
anerkannte Vorkehr zur Behebung der Folgen der Unfruchtbarkeit einer
Frau darstelle und die Krankenkassen daher nicht gehalten seien, die bei
der Anwendung dieser Methode entstandenen Kosten als Pflichtleistungen
zu übernehmen. Dieser Entscheid betrifft ausschliesslich eine Frage des
Krankenversicherungsrechts, und seine Erwägungen können nicht unbesehen
auf die Frage der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit der Methode als
solche übertragen werden. Eine relativ geringe Erfolgsrate und gewisse
Risikofaktoren sind auch bei andern medizinischen Behandlungsmethoden
vorhanden und vermögen für sich allein ein generelles Verbot der
IVF/ET nicht zu rechtfertigen. Es wird denn auch nicht vorgebracht,
die In-vitro-Fertilisation führe zu schwerwiegenden gesundheitlichen
Gefährdungen der Mutter und insbesondere des Kindes. In dieser
Hinsicht kann es vielmehr genügen, die Wunscheltern im Sinne des
Grossratsbeschlusses auch über die Risiken und die Erfolgschancen umfassend
zu informieren (Art. 5 GRB) und die Methode nur zuzulassen, wenn andere
Behandlungsmethoden erfolglos oder aussichtslos sind (Art. 3 lit. b GRB).

    c) Die Bedenken des st. gallischen Gesetzgebers liegen denn auch nicht
in erster Linie bei den gesundheitlichen Risiken, sondern vorab in der
nicht unbegründeten Besorgnis über das Schicksal und die Verwendung von
(überzähligen) Embryonen und die damit verbundenen Missbrauchsgefahren. -
Zur Zeit scheint die Kryokonservierung von (unbefruchteten) Eizellen
noch keine gesicherte Methode darzustellen. Möglicherweise wird sie eines
Tages die Lösung des Problems der überzähligen Embryonen erleichtern. Die
Zulässigkeit der In-vitro-Fertilisation braucht heute nicht unter Beachtung
dieser Möglichkeit geprüft zu werden.

    Mit der Verschmelzung von Samenzellen mit Eizellen in vitro entstehen
ausserhalb des Mutterleibes Embryonen, welche sämtliche genetischen
Anlagen eines individuellen Menschen aufweisen. Nach heutiger Doktrin
und Rechtsprechung geniessen Embryonen den strafrechtlichen Schutz von
Art. 118 ff. StGB nicht, da diese Bestimmung erst mit der Nidation
eingreifen (vgl. GÜNTHER STRATENWERTH, Schweizerisches Strafrecht,
Besonderer Teil I, 3. Aufl. 1983, S. 45; MARTIN SCHUBARTH, Kommentar
zum Schweizerischen Strafrecht, 1. Band, 1982, N. 51 f. zu Art. 118,
S. 162; NIKLAUS SCHMID, Strafrechtliche Schranken gegen Manipulationen
mit ungeborenem Leben?, in: Festschrift Cyril Hegnauer, Bern 1986,
S. 438 f.). In zivilrechtlicher Hinsicht ist unter dem Gesichtswinkel
von Art. 31 ZGB umstritten, ob der befruchteten Eizelle in vitro schon
(bedingte) Rechtspersönlichkeit im Sinne des Personenrechts zukomme
(verneinend HEGNAUER, Gesetzgebung und Fortpflanzungsmedizin, S. 56;
bejahend HENRI DESCHENAUX/PAUL-HENRI STEINAUER, Personnes physiques et
tutelle, 2. Aufl. 1986, S. 119 f.; ANDREAS BUCHER, Natürliche Personen
und Persönlichkeitsschutz, Basel 1986, S. 71; vgl. auch DIETER GIESEN,
Moderne Fortpflanzungstechniken im Lichte des deutschen Familienrechts,
in: Festschrift Cyril Hegnauer, Bern 1986, S. 71 f.; Bericht EKHR,
Ziff. 534). Ob dem Embryo in vitro bereits ein verfassungsrechtlicher
Schutz zukomme und ob dieses den verfassungsrechtlichen Schutz der
Menschenwürde geniesse - wie etwa in Deutschland angenommen wird
(vgl. STARCK, aaO, S. A15 ff. und A32 f.) -, braucht im vorliegenden Fall
nicht abgeklärt zu werden. Angesichts des Umstandes aber, dass mit der
Befruchtung einer Eizelle eine menschliche Individualität determiniert
ist und zu einer Geburt eines Menschen führen kann, kann das Schicksal des
Embryos in vitro für die Rechtsgemeinschaft nicht gleichgültig sein. Daran
vermag auch die Verwerfung der eidgenössischen Volksinitiative "Recht
auf Leben" im Jahre 1985 nichts zu ändern (vgl. BBl 1983 II 1 (Text der
Initiative und Botschaft des Bundesrates) sowie BBl 1985 II 672). Es fragt
sich daher, auf welche Weise die Embryonen verwendet werden dürfen und ob
die Sorge um das Schicksal und die Verwendung der in vitro befruchteten
Eizellen sowie die damit verbundenen Missbrauchsgefahren ein absolutes
Verbot der Methode der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer zu
rechtfertigen vermögen.

    Soweit in vitro befruchtete Eizellen zu unmittelbarer Herbeiführung
einer Schwangerschaft der Wunschmutter eingepflanzt werden, werden
die Embryonen gewissermassen in "natürlicher" Weise verwendet. Mit
der Einpflanzung sind die Embryonen dem missbräuchlichen Zugriff
entzogen. Insofern sind keine Missbrauchsgefahren ersichtlich, denen es
mit einem gänzlichen Verbot der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer
zu begegnen gälte.

    Schwieriger gestaltet sich die Situation, wenn bei einem
Behandlungsversuch der Wunschmutter nicht alle Embryonen eingepflanzt
werden. In der Praxis wird häufig so vorgegangen, dass mehr Eizellen
als unmittelbar notwendig entnommen und in vitro befruchtet und sodann
kryokonserviert aufbewahrt werden, um auf diese Weise die mit der
Eizellenentnahme verbundenen Unannehmlichkeiten für die Fortsetzung
der Behandlung bei Misserfolg eines ersten Versuches zu vermeiden
(vgl. Medizinisch-ethische Richtlinien für die In-vitro-Fertilisation
und den Embryotransfer von 1985, Ziff. 6). Dabei stellt sich die Frage
nach der Verwendung dieser Embryonen und ihrem Schicksal im Falle
des Erfolges oder Abbruchs der Behandlung. In dieser Hinsicht ist dem
st. gallischen Gesetzgeber einzuräumen, dass hier weite Möglichkeiten des
Missbrauchs in der Verwendung dieser überzähligen Embryonen bestehen,
denen es mit wirksamen Massnahmen entgegenzutreten gilt. Hierfür aber
kommt unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit nicht nur ein
absolutes Verbot der Methode in Frage. Denkbar ist etwa eine Regelung,
wonach keine überzähligen Eizellen in vitro befruchtet werden und alle
so entstandenen Embryonen der Wunschmutter unmittelbar eingepflanzt
werden. In dieser Weise sieht beispielsweise das Gesundheitsgesetz des
Kantons Aargau vor, dass jeder Embryo eingepflanzt werden muss (§ 50 Abs. 3
des Gesundheitsgesetzes, siehe FRANK, aaO, Anhang 3, S. 86). Ein solches
Vorgehen bringt zwar ein gewisses Risiko von Mehrlingsgeburten mit sich
oder bedingt, dass sich die Frau unter Umständen mehrmals dem Eingriff
der Eizellenentnahme unterziehen muss. Probleme dieser Art sind unter
Umständen in Kauf zu nehmen. Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer
solchen Lösung ist jedoch im vorliegenden Zusammenhang nicht zu beurteilen
und kann offenbleiben. Bei dieser Sachlage zeigt sich, dass jedenfalls
das absolute Verbot der In-vitro-Fertilisation mit anschliessendem
Embryotransfer unter dem Gesichtswinkel der Verhältnismässigkeit vor der
Verfassung nicht standzuhalten vermag.

    Zur Vermeidung von Missbräuchen - insbesondere für die Zeit zwischen
der Befruchtung in vitro und der Einpflanzung - bedarf es darüber hinaus
weiterer Massnahmen der Sicherung. So hat der st. gallische Gesetzgeber
bereits vorgesehen, dass die Aufzucht von befruchteten Eizellen ausserhalb
des Mutterleibes verboten ist (Art. 4 lit. e GRB). Weiter ist mit
dem Grossratsbeschluss angeordnet, dass befruchtete Eizellen nicht
zu Forschungszwecken verwendet werden dürfen (Art. 9 GRB), dass das
Erbgut von Keimzellen und von befruchteten Eizellen nicht beeinflusst
werden darf und Massnahmen unzulässig sind, welche auf Beeinflussungen
des Geschlechts oder anderer Eigenschaften des Kindes abzielen (Art. 10
GRB). Verboten ist auch die Schaffung von Leihmutterverhältnissen (Art. 4
lit. c GRB). Diese Bestimmungen, welche von den Beschwerdeführern nicht
angefochten werden, stellen im öffentlichen Interesse weitere Massnahmen
zur Sicherung vor Missbräuchen dar und belegen, dass sich ein absolutes
Verbot der In-vitro-Fertilisation als unverhältnismässig erweist.

    d) Der kantonale Gesetzgeber hat in allgemeiner Art gewisse
Beschränkungen und Auflagen zu den überhaupt zugelassenen Methoden der
Behandlung der Infertilität erlassen. Diese sind im Hinblick auf die
In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer nicht selbständig angefochten,
haben aber nach dem Sinn und der Systematik des Erlasses auch für
diese Methode Gültigkeit (vgl. oben E. 6b). So geht der angefochtene
Erlass davon aus, dass die Infertilitätsbehandlungen ausschliesslich
im Kantonsspital St. Gallen durchgeführt werden dürfen (Art. 6 GRB;
vgl. oben E. 7). Angesichts der vorstehenden Überlegungen erweist sich eine
Beschränkung der Methode der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer
auf das Kantonsspital St. Gallen als verhältnismässig und zulässig; das
Kantonsspital bietet am besten die Gewähr dafür, dass alle befruchteten
Eizellen tatsächlich auch eingepflanzt werden und keine überzähligen
Embryonen aufbewahrt werden. Gleiche Überlegungen gelten in bezug auf
die Subsidiarität der Behandlung (Art. 3 lit. b GRB), das Erfordernis
der schriftlichen Zustimmung (Art. 3 lit. c GRB) sowie das Verbot der
Befruchtung von Eizellen mit Samenzellen eines Verstorbenen (Art. 4 lit. d
GRB). Es braucht darauf nicht näher eingegangen zu werden.

    e) Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich, dass die Methode der
In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer nicht in genereller Weise
untersagt werden kann. Angesichts dieser Überlegungen einerseits
und der Systematik des Grossratsbeschlusses andererseits, wonach nur
verheiratete Ehepaare unter Verwendung ihrer eigenen Keimzellen gewisse
Methoden künstlicher Fortpflanzung in Anspruch nehmen dürfen (Art. 3 GRB,
Einleitung und lit. a), ergibt sich, dass die In-vitro-Fertilisation mit
Embryotransfer in der homologen Form bei Ehepaaren im Grundsatz und unter
gewissen Bedingungen und Auflagen zuzulassen ist.

    Damit stellt sich die Frage, ob Ehepaare die In-vitro-Fertilisation
mit Embryotransfer auch in der heterologen Form in Anspruch nehmen
dürfen. Dabei ist die heterologe Form insofern denkbar, als entweder die
Samenzellen von einem Spender, die Eizellen von einer Spenderin oder beide
Arten von Keimzellen von Spendern stammen. Die Beschwerdeführer werfen
die Frage nicht ausdrücklich auf und fechten in diesem Zusammenhang
insbesondere Art. 3 lit. b GRB nicht an. Es braucht daher dazu nicht
abschliessend Stellung genommen zu werden, doch rechtfertigen sich die
folgenden Hinweise.

    In dieser Hinsicht gilt es zu beachten, dass bei der Beurteilung
der heterologen Form der In-vitro-Fertilisation unter Umständen danach
unterschieden werden kann, welche Keimzellen von Spendern stammen,
In der Literatur wird unter dem Gesichtswinkel der Gleichheit darauf
hingewiesen, dass es in rechtlicher Hinsicht keinen Unterschied ausmache,
ob angesichts eines Mangels beim Mann eine heterologe Insemination
vorgesehen oder wegen eines Mangels bei der Frau eine IVF/ET mit einer
fremden Eizelle durchgeführt wird (vgl. AUBERT, aaO, S. 18). Auf der andern
Seite mögen sich die Insemination und die In-vitro-Fertilisation in ihren
heterologen Formen insofern unterscheiden, als die IVF eine aufwendigere
und risikoreichere Methode darstellt. Wahrscheinlicherweise stehen
wesentlich weniger Eizellenspenderinnen als Samenspender zu Verfügung, und
demnach erschwert sich gegenüber der heterologen Insemination die Auswahl
geeigneter Keimzellen bei der heterologen In-vitro-Fertilisation. Es ist
denn auch zu beachten, dass die Ärzteschaft mit ihren Richtlinien von 1985
- anders als bei den Inseminationsrichtlinien von 1981 - die Heterologie
ablehnt (Ziff. 3).

    Schliesslich könnte danach gefragt werden, ob die
In-vitro-Fertilisation auf Ehepaare beschränkt werden dürfe oder auch
(stabilen) Konkubinatspaaren zur Verfügung zu stellen sei, wie dies etwa
die Medizinisch-ethischen Richtlinien für die In-vitro- Fertilisation
und den Embryotransfer von 1985 vorsehen (Ziff. 3). Hierfür ist auf
die unmittelbar vorstehenden Überlegungen zur In-vitro-Fertilisation
sowie die Erwägungen zur Insemination (oben E. 6c) zu verweisen. Mangels
entsprechender Rüge kann auch dies offengelassen werden.

    f) Demnach ergibt sich, dass das generelle Verbot der In-vitro-
Fertilisation mit Embryotransfer verfassungsrechtlich nicht zulässig
ist. Die Beschwerde ist daher in diesem Punkte im Sinne der Erwägungen
gutzuheissen, und die Bestimmung von Art. 4 lit. f GRB ist aufzuheben.

Erwägung 10

    10.- Art. 9 des Grossratsbeschlusses sieht ein generelles Verbot der
Verwendung von Keimzellen und befruchteten Eizellen zu Forschungszwecken
vor. Die Beschwerdeführer 1 fechten dieses Forschungsverbot hinsichtlich
der Verwendung von Keimzellen an und berufen sich hierfür auf die
persönliche Freiheit und die Forschungsfreiheit.

    a) Die Beschwerdeführer rufen in bezug auf Art. 9 GRB die persönliche
Freiheit und in genereller Weise die Forschungsfreiheit an. Sie
machen nicht geltend, die Forschungs- oder Wissenschaftsfreiheit
sei im kantonalen Verfassungsrecht garantiert oder im einfachen
kantonalen Gesetzesrecht umschrieben (vgl. immerhin Gesetz über die
Handels-Hochschule des Kantons St. Gallen vom 1. Januar 1955; HANS
GRUBER, Forschungsförderung und Erkenntnisfreiheit, Bern 1986, S. 190
f.). Es besteht kein geschriebenes Verfassungsrecht des Bundes, welches die
Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit ausdrücklich garantieren würde. In
der Lehre werden Teilgehalte einer entsprechenden Freiheitsgarantie an
bestehende geschriebene oder ungeschriebene Grundrechte angeknüpft,
so insbesondere bei der Meinungsfreiheit und der Pressefreiheit, der
persönlichen Freiheit oder der Handels- und Gewerbefreiheit (vgl. JÖRG
PAUL MÜLLER, Wissenschaftsfreiheit, in: BV-Kommentar, N. 5; GRUBER, aaO,
S. 153 ff.; WALTER HALLER, Die Forschungsfreiheit, in: Festschrift für
Hans Nef, Zürich 1981, S. 133 ff.).

    Angesichts dieser Sachlage lässt sich die Frage stellen, ob die
Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit als Garantie eines unantastbaren
schöpferischen Kerns wissenschaftlicher Erkenntnis und Lehre sowie zur
Bewahrung der geistigen und methodischen Unabhängigkeit der Forschung
(vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Wissenschaftsfreiheit, N. 4, mit Hinweisen) im
Sinne eines ungeschriebenen Verfassungsrechts des Bundes anzuerkennen
ist. Das Bundesgericht hatte bisher keinen Anlass, die Frage näher zu
prüfen (vgl. MICHEL ROSSINELLI, Les libertés non écrites, Lausanne
1987, S. 228 ff.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine
Gewährleistung von in der Verfassung nicht genannten Freiheitsrechten
durch ungeschriebenes Verfassungsrecht bisher nur in bezug auf solche
Befugnisse angenommen worden, welche die Voraussetzung für die Ausübung
anderer (in der Verfassung genannter) Freiheitsrechte bilden oder sonst
als unentbehrliche Bestandteile der demokratischen oder rechtsstaatlichen
Ordnung des Bundes erscheinen. Dabei hat das Bundesgericht auch
stets geprüft, ob die in Frage stehende Gewährleistung bereits einer
weitverbreiteten Verfassungswirklichkeit in den Kantonen entspreche und
von einem allgemeinen Konsens getragen sei (BGE 104 Ia 96, 107 Ia 279,
mit Hinweisen).

    In bezug auf den vorliegenden Fall können die Voraussetzungen für eine
ausdrückliche Anerkennung der Freiheit der Forschung nicht zum vornherein
verneint werden: Ein verfassungsrechtlich garantierter Freiraum kann
für den Forschenden Voraussetzung zur Ausübung seiner Freiheitsrechte
bilden und Bestandteil der demokratischen und rechtsstaatlichen Ordnung
darstellen; ebensosehr sind entsprechende Garantien in der einfachen
Gesetzgebung des Bundes und der Kantone enthalten und in die neueren
Kantonsverfassungen aufgenommen worden (Art. 8 Abs. 2 lit. i KV/JU, §
14 lit. e KV/AG, § 6 Abs. 2 lit. e KV/BL, Art. 12 lit. i KV/UR, Art. 15
KV/SO; vgl. GRUBER, aaO, S. 182 ff.). Es ist indessen zu beachten, dass
Wissenschafts- und Forschungsfreiheit sowie deren Konturen und Grenzen
nicht leicht zu umschreiben sind; unter den heutigen Verhältnissen
muss auch berücksichtigt werden, dass der Wissenschafter nicht nur
Freiräume benötigt, sondern ebensosehr in vielfacher Weise auf staatliche
Institutionen angewiesen ist. Der vorliegende Sachverhalt aber macht es
nicht notwendig, den Inhalt einer entsprechenden Garantie zu umschreiben
und zur Frage der Anerkennung der Wissenschafts- oder Forschungsfreiheit
abschliessend Stellung zu nehmen. Es kann für die im vorliegenden Fall
zu beurteilenden Verfassungsfragen vielmehr genügen, die anerkannten
Grundrechte heranzuziehen (vgl. J.P. MÜLLER, Wissenschaftsfreiheit, N. 9;
GRUBER, aaO, S. 175 ff.).

    In bezug auf den vorliegenden Sachverhalt fällt insbesondere die
Meinungsfreiheit im Sinne der Freiheit, sich mittels Forschung eine Meinung
über Sachverhalte zu bilden und diese später allenfalls zu verbreiten, in
Betracht (vgl. JÖRG PAUL MÜLLER, Meinungsfreiheit, BV-Kommentar, N. 15 f.;
GRUBER, aaO, S. 156 ff.). Ebenso wird etwa angenommen, dass Forschung,
verstanden als Methode zur Vertiefung und Mehrung der Erkenntnisse,
unmittelbar der Selbstverwirklichung des Menschen dienen könne und
auf diese Weise der persönlichen Freiheit zuzuordnen sei (vgl. HALLER,
Persönliche Freiheit, N. 65; GRUBER, aaO, S. 223). In diesem Sinne können
sich die Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Anfechtung von Art. 9
GRB auf entsprechende Verfassungsgarantien berufen.

    b) Der so verstandene Freiraum kann indessen nicht unbeschränkt
gelten und unterliegt wie bei andern Grundrechten der Einschränkung,
soweit eine solche im öffentlichen Interesse liegt und verhältnismässig
ist. Schranken ergeben sich in allgemeiner Weise auf den Gebieten des
Straf- und Polizeirechts sowie des Persönlichkeitsrechts, deren Normen
dem ebenfalls verfassungsrechtlichen Schutz von Rechtspositionen dienen
(HALLER, Forschungsfreiheit, S. 140; J.P. MÜLLER, Wissenschaftsfreiheit,
N. 12). Besonders problematisch erweist sich die Forschungsfreiheit auf
dem Gebiete der medizinischen Biologie, wo elementare Verfassungsziele
und die Menschenwürde entgegenstehen können (vgl. J.P. MÜLLER,
Wissenschaftsfreiheit, N. 12, mit Hinweisen; vgl. auch § 14 KV/AG, wonach
Lehre und Forschung die Würde der Kreatur zu achten haben; vgl. hierzu
KURT EICHENBERGER, Verfassung des Kantons Aargau, Aarau 1986, N. 10 f. zu
§ 14). - Im folgenden ist zu prüfen, ob das Verbot der Forschung an
(unbefruchteten) Keimzellen nach Art. 9 GRB im öffentlichen Interesse
liegt und verhältnismässig ist.

    Hierfür gilt es vorerst festzuhalten, dass nach der Bestimmung von
Art. 9 GRB befruchtete Eizellen (Embryonen) nicht zu Forschungszwecken
verwendet werden dürfen. Weiter sieht Art. 10 GRB vor, dass das Erbgut
von Keimzellen und von befruchteten Eizellen weder verändert noch
beeinflusst werden darf. In bezug auf die Forschung an Embryonen und auf
die Veränderung des Erbgutes ergibt sich in der Tat die Möglichkeit von
bedeutenden Gefahren und Missbräuchen. Die Beschwerdeführer erheben denn in
bezug auf diese Bestimmungen auch keine Rügen. Ihre Beschwerde beschränkt
sich vielmehr ausschliesslich auf das Verbot der Verwendung von Keimzellen
(Samen- und unbefruchteten Eizellen) zu Forschungszwecken. In dieser
Richtung ergeben sich weder aus den Beratungen noch aus der Vernehmlassung
des Regierungsrates Hinweise darauf, welche öffentlichen Interessen mit dem
Forschungsverbot an Keimzellen verfolgt werden sollen; die Materialien
zeigen vielmehr, dass im Gesetzgebungsverfahren nicht zwischen der
Forschung an Embryonen und der Veränderung und Beeinflussung des Erbgutes
einerseits und der Forschung am Keimzellen ohne Beeinflussung der Erbgutes
andererseits unterschieden worden ist. In bezug auf die alleinige Forschung
an Keimzellen sind keine Missbrauchsgefahren ersichtlich, welche im Sinne
eines überwiegenden öffentlichen Interesses das angefochtene generelle
Forschungsverbot zu rechtfertigen vermöchten. Es kann vielmehr auch
im öffentlichen Interesse liegen, etwa im Hinblick auf die Erforschung
der Ursachen der Sterilität und deren Behebung oder von Erbkrankheiten
Keimzellen zu Forschungszwecken zu verwenden. Auch private Interessen
bedürfen des absoluten Forschungsverbotes nicht; denn es kann in dieser
Hinsicht genügen, die Verwendung von Keimzellen (Samen- und Eizellen)
zu Forschungszwecken vom ausdrücklichen und jederzeit widerrufbaren
Einverständnis des Spenders abhängig zu machen. Angesichts dieser
Überlegungen und des Umstandes, dass die Forschung an Embryonen und die
Veränderung oder Beeinflussung des Keimgutes von Keimzellen klar untersagt
sind, ergeben sich keine hinreichenden Gründe, welche das generelle
Verbot der Forschung an Keimzellen als im öffentlichen Interesse liegend
und verhältnismässig erscheinen liessen. Im vorliegenden Fall braucht
nicht geprüft zu werden, ob und in welchem Ausmass die Forschung - etwa
im Hinblick auf den Datenschutz - an einschränkende Bedingungen gebunden
und einer allfälligen Kontrolle und Überwachung unterstellt werden könnte.

    c) Demnach ist die Beschwerde in diesem Punkte im Sinne der Erwägungen
gutzuheissen, und in Art. 9 GRB sind die Worte "Keimzellen und" aufzuheben.

Erwägung 11

    11.- Die Beschwerdeführer 1 machen ferner geltend, die Bestimmung
von Art. 12 GRB, welche die Anwendung neuer Verfahren zur Behandlung der
menschlichen Unfruchtbarkeit von einer Änderung des Erlasses abhängig
macht, verletze das Grundrecht der persönlichen Freiheit sowie die
Handels- und Gewerbefreiheit (Art. 31 BV) und sei in dieser Hinsicht
unverhältnismässig.

    a) Soweit Art. 12 GRB die Anwendung neuer Methoden zur Behandlung
der menschlichen Unfruchtbarkeit von einer Gesetzesänderung abhängig
macht, betrifft die Bestimmung sowohl die persönliche Freiheit
potentieller Wunscheltern als auch die Handels- und Gewerbefreiheit des
freipraktizierenden Arztes, der eine solche neue Methode in einem konkreten
Fall anwenden möchte. Für ihre verfassungsmässige Zulässigkeit muss die
Bestimmung daher einem überwiegenden öffentlichen Interesse entsprechen
und verhältnismässig sein. Ob dies in bezug auf Art. 12 GRB zutrifft,
ist im folgenden zu prüfen.

    b) Der Regierungsrat vertritt in der Vernehmlassung die Auffassung,
die Diskussion um die Fortpflanzungsmedizin habe eindrücklich die
vielen Missbrauchsmöglichkeiten sowie die zahlreichen ungelösten
rechtlichen, medizinischen, ethischen und psychologischen Probleme
aufgezeigt. Angesichts des Zieles des Grossratsbeschlusses, die
Fortpflanzungsmedizin gesamthaft zu regeln, sei es dem Gesetzgeber
vorzubehalten, neue Methoden zur Behandlung der menschlichen Infertilität
zuzulassen. Die Bestimmung von Art. 12 GRB sei daher verfassungsrechtlich
haltbar.

    Es ist dem kantonalen Gesetzgeber einzuräumen, dass die moderne
Medizin möglicherweise neue Formen der Infertilitätsbehandlung entwickeln
wird, welche eine gewisse staatliche Kontrolle und Überwachung erfordern
mögen. Es ist beispielsweise an die (möglicherweise in absehbarer Zeit
allgemein anwendbare) Kryokonservierung von unbefruchteten Eizellen, aber
auch an heute noch unbekannte weitere Methoden zu denken. Unter die "neuen
Verfahren zur Behandlung der menschlichen Unfruchtbarkeit" im Sinne dieser
Bestimmung, deren Anwendung einer Änderung des Grossratsbeschlusses bedarf,
fallen aber nicht nur derartige Methoden moderner Fortpflanzungsmedizin,
sondern ebensosehr medikamentöse oder operative Möglichkeiten und
Therapien. An deren Anwendung besteht von seiten von Wunscheltern und
Ärzten ein erhebliches Interesse. Insofern sind keine überwiegenden
und verhältnismässigen öffentlichen Interessen ersichtlich, welche
ein vorläufiges generelles Verbot von deren Anwendung erheischen
würden. Wesentliche Missbrauchsmöglichkeiten bei neuen operativen
Behandlungsmethoden - etwa zur Behebung von Eileiterverschlüssen -
sind nicht gegeben. Und bei medikamentösen Therapien besteht aufgrund
der eidgenössischen und interkantonalen Heilmittelgesetzgebung und
-kontrolle eine hinreichende Überwachung. Die generelle Regelung von Art.
12 GRB, welche einstweilen ohne die geringste Einschränkung alle neuen
Behandlungsmethoden schlechthin untersagt, erweist sich daher im Lichte
der persönlichen Freiheit und der Handels- und Gewerbefreiheit als
unverhältnismässig.

    Die Beschwerde ist daher in diesem Punkte gutzuheissen, und Art. 12
GRB ist demnach aufzuheben.

Erwägung 12

    12.- Die Beschwerdeführer fechten schliesslich die Strafbestimmungen
des Art. 11 GRB an und machen hierfür eine Verletzung von Art. 2
ÜbBest. BV geltend. Einerseits sind sie der Auffassung, der kantonale
Gesetzgeber sei generell nicht zum Erlass der fraglichen Strafnormen
zuständig; andererseits erachten sie einzelne Strafbestimmungen wegen
der Verfassungswidrigkeit der ihnen zugrunde liegenden Tatbestände als
unzulässig.

    a) Der Grundsatz der derogatorischen Kraft des Bundesrechts, der
mit staatsrechtlicher Beschwerde wegen Verletzung von Art. 2 ÜbBest. BV
angerufen werden kann, bedeutet, dass die Kantone in Sachgebieten, welche
die Bundesgesetzgebung abschliessend geregelt hat, nicht zur Rechtssetzung
befugt sind (BGE 113 Ia 311, mit Hinweisen). Auf entsprechende Rüge hin
prüft das Bundesgericht frei, ob die beanstandeten kantonalen Normen mit
dem Bundesrecht vereinbar sind (BGE 113 Ia 311, mit Hinweisen).

    b) Art. 3 BV enthält den Grundsatz, dass die Kantone alle jene
Kompetenzen ausüben, welche durch die Bundesverfassung nicht dem Bund
übertragen sind. In bezug auf das Strafrecht bestimmt Art. 64bis Abs. 1 BV,
dass der Bund zur Gesetzgebung im Gebiete des Strafrechts befugt ist. Dabei
handelt es sich um eine (konkurrierende) Bundeskompetenz mit nachträglich
derogierender Wirkung; mit dem Erlass des Schweizerischen Strafgesetzbuches
ist die Zuständigkeit der Kantone zur materiellen Strafgesetzgebung
grundsätzlich erloschen (vgl. PETER SALADIN, BV-Kommentar, N. 201
ff. zu Art. 3; BLAISE KNAPP, BV-Kommentar, N. 24 zu Art. 64bis; ULRICH
HÄFELIN/WALTER HALLER, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Aufl. 1988,
N. 296 ff.). Diese verfassungsrechtliche Ordnung wird durch das
Strafgesetzbuch näher ausgeführt. Art. 400 Abs. 1 StGB bestimmt, dass
mit dem Inkrafttreten des Gesetzes die strafrechtlichen Bestimmungen der
Kantone aufgehoben sind; vorbehalten bleiben nach Art. 400 Abs. 2 StGB
die strafrechtlichen Bestimmungen der Kantone über Gegenstände, die der
kantonalen Gesetzgebung ausdrücklich überlassen werden. Diese Gegenstände
sind in Art. 335 StGB umschrieben. Es handelt sich um das Übertretungs-
oder Polizeistrafrecht (Ziff. 1 Abs. 1), das Verwaltungsstrafrecht (Ziff. 1
Abs. 2), die Übertretungen von Prozessvorschriften (Ziff. 1 Abs. 2) sowie
die Strafbestimmungen zum Schutze des kantonalen Steuerrechts (Ziff. 2).

    In Auslegung der verfassungsrechtlichen Ordnung und der
bundesrechtlichen Regelung des Strafrechts insgesamt ist im Einzelfall zu
bestimmen, ob kantonale Strafbestimmungen Gültigkeit haben (vgl. BGE 89
IV 94; YVO HANGARTNER, Die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen,
Bern und Frankfurt a.M. 1974, S. 101 ff.).

    c) aa) Bei den Strafbestimmungen von Art. 11 GRB handelt es
sich klarerweise nicht um solche, welche der Sicherung von kantonalen
Prozessvorschriften oder dem Schutz des kantonalen Steuerrechts dienen. Sie
können daher insofern nicht auf Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 bzw. Art. 335
Ziff. 2 StGB abgestützt werden.

    bb) Nach Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB bleibt die Gesetzgebung über das
Übertretungsstrafrecht den Kantonen insofern vorbehalten, als es nicht
Gegenstand der Bundesgesetzgebung ist. Wie sich aus der französischen
und italienischen Fassung sowie aus dem Marginale zum deutschen Text
ergibt, handelt es sich dabei nicht um beliebige Übertretungen, sondern
um Polizeistrafrecht. Ferner zeigt die Entstehungsgeschichte, dass der
Ausdruck "Polizeiübertretung", der sich noch im bundesrätlichen Entwurf
von 1918 (E 1918) fand, wegen der Bedenken, er könnte nicht alle den
Kantonen zu überlassenden Tatbestände erfassen, zugunsten des allgemeineren
Ausdrucks "Übertretungen" weggelassen wurde; mit Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1
StGB sollten auch solche Tatbestände erfasst werden können, welche zwar
nicht eigentliche Polizeiübertretungen darstellen, die aber wegen der
Besonderheit der lokalen Verhältnisse oder mangels eines Bedürfnisses nach
einheitlicher Regelung den Kantonen belassen werden sollten (ERNST HAFTER,
Das eidgenössische Strafrecht und die Vorbehalte zugunsten der Kantone im
Sinne des Art. 335 des Schweizerischen Strafgesetzbuches, in: ZSR 58/1939
S. 12a ff.). Diese Überlegungen zeigen, dass die Kantone nicht irgendwelche
Übertretungen unter diesem Titel unter Strafe stellen können. Art. 335
Ziff. 1 Abs. 1 StGB will demnach die kantonale Zuständigkeit nicht nur
nach der Art der Sanktion (Haft oder Busse als Höchststrafe im Sinne von
Art. 101 StGB), sondern auch in der Sache selbst beschränken (vgl. ANDRE
PANCHAUD, Le droit pénal réservé aux cantons par l'art. 335 du code pénal
suisse, in: ZSR 58/1939 S. 59a f.; PHILIPP THORMANN, Die Übertretungen
im Strafrecht des Bundes und der Kantone, in: ZStrR 61/1946 S. 17 ff.;
HANS SCHULTZ, Einführung in den allgemeinen Teil des Strafrechts, Band I,
4. Aufl. 1982, S. 75). Die Zulässigkeit der streitigen Strafnormen ergibt
sich daher entgegen der Auffassung des Regierungsrates nicht schon allein
aus dem Umstand, dass Art. 11 GRB als Höchststrafe nur Haft vorsieht.

    Bei den Tatbeständen in Art. 11 GRB handelt es sich nicht um
eigentliche Polizeiübertretungen oder um Übertretungen, die wegen der
Besonderheit der lokalen Verhältnisse oder mangels eines Bedürfnisses nach
einheitlicher Regelung in die Zuständigkeit der Kantone fallen würden. Die
streitigen Strafbestimmungen von Art. 11 GRB können sich daher auch nicht
auf den Vorbehalt von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 1 StGB abstützen.

    cc) Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB behält weiter Übertretungen kantonaler
Verwaltungsvorschriften vor und überlässt den Kantonen damit die Kompetenz
zur Regelung des Verwaltungsstrafrechts. Als Verwaltungsstrafrecht gelten
jene Strafrechtssätze, welche der Durchführung verwaltungsrechtlicher
Bestimmungen dienen; die zugrundeliegende Norm ergibt sich aus einem
verwaltungsrechtlichen Erlass (vgl. HAFTER, aaO, S. 24a). Um einen
solchen handelt es sich beim angefochtenen Grossratsbeschluss. Nach
der bundesverfassungsrechtlichen Kompetenzordnung (Art. 3 BV)
ist das Gesundheitswesen Sache der Kantone. Damit sind sie zur
Regelung dieses Sachgebietes mittels öffentlichrechtlicher oder
verwaltungsrechtlicher Normen befugt. Solche Bestimmungen können sich
nicht nur an Medizinalpersonen wie Ärzte richten (vgl. etwa BGE 111 Ia
184, 109 Ia 180), sondern ebensosehr das Verhalten des einzelnen regeln,
soweit das Sachgebiet des Gesundheitswesens betroffen ist. Daran vermag
im Lichte der bundesverfassungsrechtlichen Ordnung der Umstand nichts zu
ändern, dass es sich bei der Fortpflanzungsmedizin um einen Bereich des
Gesundheitswesens handelt, der erst in neuester Zeit aktuell geworden
ist und erst jetzt der rechtlichen Regelung bedarf. Entgegen einer in der
Literatur geäusserten Auffassung handelt es sich daher beim angefochtenen
Grossratsbeschluss um kompetenzmässiges kantonales Verwaltungsrecht aus
dem Bereiche des Gesundheitswesens (vgl. AUBERT, aaO, S. 13 f.). Abgesehen
von der in Erwägung 4 behandelten Rüge wird nicht vorgebracht, diese
öffentlichrechtlichen Normen widersprächen dem Bundesrecht und dem
Bundesstrafrecht oder dessen Sinn und Geist (vgl. BGE 101 Ia 580, 99 Ia
507 f., 74 I 143 f.).

    Daraus ist zu schliessen, dass die Kantone auch befugt sind, solche
verwaltungsrechtliche Normen mit Strafsanktionen zu belegen. Diese
Kompetenz ergibt sich sowohl aus der verfassungsrechtlichen
Kompetenzausscheidung als auch aufgrund von Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2
StGB. Die entsprechenden Strafnormen im angefochtenen Grossratsbeschluss
dienen der Sicherung der materiellen Bestimmungen und sind daher als
Verwaltungsstrafrecht im Sinne des Strafgesetzbuches zu bezeichnen. Es
kann daher nicht gesagt werden, die Möglichkeit, die angefochtenen
Strafbestimmungen auf Art. 335 Ziff. 1 Abs. 2 StGB abzustützen, entfalle
ohnehin (in diesem Sinne NIKLAUS SCHMID, Strafnormen gegen unerwünschte
Techniken der Fortpflanzungsmedizin, in: NZZ vom 20. Januar 1988 S. 23).

    Neben strafrechtlichen Normen können die Kantone zur Durchsetzung ihrer
öffentlichrechtlichen Normen auch Verwaltungsmassnahmen vorsehen. Solche
sind im angefochtenen Erlass nicht vorgesehen und brauchen daher nicht
näher geprüft zu werden.

    Demnach erweist sich die Rüge, der kantonale Gesetzgeber sei zur
strafrechtlichen Ahndung generell nicht zuständig und habe durch den
Erlass der Strafbestimmungen in Art. 11 GRB Art. 2 ÜbBest. BV verletzt,
als unbegründet.

    dd) Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich demnach, dass der st.
gallische Gesetzgeber grundsätzlich zum Erlass der Strafbestimmungen in
Art. 11 GRB zuständig ist und demnach Art. 2 ÜbBest. BV nicht verletzt
hat. Soweit mit den Beschwerden diese kantonale Kompetenz als solche
angefochten wird, sind sie daher abzuweisen.

    d) In den Erwägungen 6-11 ist dargelegt worden, dass verschiedene
materielle Bestimmungen des angefochtenen Grossratsbeschlusses vor der
Verfassung nicht standhalten. Soweit diese Regelungen die Grundlage der
Strafbestimmungen in Art. 11 GRB bilden, vermögen auch die entsprechenden
Strafnormen vor der Verfassung nicht zu bestehen. In diesem Umfang
sind daher die Beschwerden gutzuheissen und die Strafbestimmungen
aufzuheben. Aufgrund der Beurteilung von Art. 4 lit. a GRB sind in Art. 11
lit. a GRB die Worte "oder unter Verwendung von Samenzellen eines Dritten
die künstliche Insemination oder" aufzuheben. Die teilweise Aufhebung
von Art. 9 GRB führt in Art. 11 lit. f GRB zur Streichung der Worte
"Keimzellen und". Schliesslich hat die Verfassungswidrigkeit von Art.
4 lit. f GRB die Annullierung von Art. 11 lit. i GRB zur Folge.

Erwägung 13

    13.- Aufgrund der vorstehenden Erwägungen sind die beiden
staatsrechtlichen Beschwerden im Sinne der Erwägungen teilweise
gutzuheissen. Demnach sind verschiedene Bestimmungen des angefochtenen
Grossratsbeschlusses aufzuheben. Im übrigen sind die Beschwerden
abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    1. Die staatsrechtlichen Beschwerden werden teilweise im Sinne der
Erwägungen gutgeheissen.

    Der Beschluss des Grossen Rates des Kantons St. Gallen vom 24. Februar
1988 über Eingriffe in die Fortpflanzung beim Menschen wird in folgendem
Umfang aufgehoben:

    - Art. 4 lit. a;

    - Art. 4 lit. f;

    - Art. 6, insofern die künstliche Insemination mit Keimzellen des
Ehemannes auf das Kantonsspital St. Gallen beschränkt wird;

    - in Art. 7 die Worte "des Ehemannes" und "während der Dauer der
Behandlung";

    - in Art. 9 die Worte "Keimzellen und";

    - in Art. 11 lit, a die Worte "oder unter Verwendung von Samenzellen
eines Dritten die künstliche Insemination oder";

    - in Art. 11 lit. f die Worte "Keimzellen und";

    - Art. 11 lit. i;

    - Art. 12.

    Im übrigen werden die staatsrechtlichen Beschwerden abgewiesen,
soweit darauf eingetreten werden kann.