Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 V 33



114 V 33

9. Urteil vom 25. Februar 1988 i.S. Personalfürsorgestiftung X AG gegen H.
und Versicherungsgericht des Kantons Thurgau Regeste

    Art. 27 Abs. 2, 39 Abs. 2 BVG, Art. 331a Abs. 1 OR:
Freizügigkeitsleistung.

    - Zur Entstehung des Anspruchs auf Freizügigkeitsleistung (Erw. 2).

    - Der Anspruch auf Freizügigkeitsleistung darf grundsätzlich auch bei
absichtlicher Schadenszufügung nicht mit der von der Arbeitgeberfirma
an die Stiftung abgetretenen Schadenersatzforderung verrechnet werden
(Erw. 3).

Sachverhalt

    A.- Der 1933 geborene Adolf H. war seit 1. März 1973 bei der
Maschinenfabrik X AG (nachfolgend Arbeitgeberin) als Einkaufschef tätig. Ab
1975 gehörte er der Versicherungskasse der Personalfürsorgestiftung
(nachfolgend Stiftung) seiner Arbeitgeberin an. Auf Ende März 1985 kam es
zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses wegen Veruntreuungen zum Nachteil
der Arbeitgeberin im Schadensbetrag von mindestens Fr. 250'000.--. Auf
diesen Zeitpunkt wurde ein Freizügigkeitsanspruch des Destinatärs gegenüber
der Stiftung von Fr. 34'021.15 errechnet.

    In der Folge trat Adolf H. eine neue Stelle bei der G. AG
an. Damit wurde er bei der Pensionskasse Y vorsorgeversichert. Diese
Pensionskasse ersuchte die Stiftung am 26. August 1985 um Überweisung des
Freizügigkeitsanspruches von Adolf H. Die Stiftung weigerte sich jedoch,
die Überweisung an die Pensionskasse Y vorzunehmen, weil die frühere
Arbeitgeberin Anspruch auf die Freizügigkeitsleistung erhebe.

    Die frühere Arbeitgeberin ersuchte am 7. Januar 1986 die Stiftung um
Streichung von Adolf H. als Versicherungsnehmer und meldete ihren Anspruch
auf dessen Freizügigkeitsguthaben an. Mit Schreiben vom gleichen Tag trat
sie ihre Schadenersatzforderungen gegen Adolf H. "gemäss Verlustschein
vom 30. August 1985 mit allen Rechten in der Höhe eines allfälligen
Guthabens von Herrn H." an die Stiftung ab und ersuchte in diesem Umfang um
Verrechnung. Die Zessionserklärung erfolgte eventualiter für den Fall, dass
überhaupt ein Freizügigkeitsanspruch bestanden habe, was bestritten werde.

    B.- Adolf H. liess am 4. Februar 1986 beim Versicherungsgericht des
Kantons Thurgau gegen die Stiftung Klage einreichen mit dem Begehren,
diese sei zu verpflichten, der Pensionskasse Y die ihm zustehende
Freizügigkeitsleistung im Betrag von Fr. 34'021.15 zu bezahlen. Die
beklagte Stiftung erhob in der Klageantwort die Einrede der sachlichen
Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts. In der Sache selber trug sie
auf Abweisung der Klage an. In der Replik und Duplik hielten die Parteien
an ihren Standpunkten fest.

    Das Versicherungsgericht des Kantons Thurgau schützte die Klage nach
Bejahung seiner sachlichen Zuständigkeit und verpflichtete die Stiftung
zur Bezahlung der dem Kläger zustehenden Freizügigkeitsleistung von
Fr. 34'021.15 an die Pensionskasse Y (Entscheid vom 23. Januar 1987).

    C.- Die Stiftung lässt Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem
Antrag, es sei der vorinstanzliche Entscheid aufzuheben und die Klage
abzuweisen.

    Adolf H. und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV) schliessen
auf Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

       Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 73 Abs. 1 BVG bezeichnet jeder Kanton als letzte
kantonale Instanz ein Gericht, das über die Streitigkeiten zwischen
Vorsorgeeinrichtungen, Arbeitgebern und Anspruchsberechtigten
entscheidet. Der Bundesrat hat diese Bestimmung laut Art. 98
Abs. 2 BVG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 der Verordnung über die
Inkraftsetzung und Einführung des BVG auf den 1. Januar 1985 in Kraft
gesetzt. Art. 73 BVG findet auf den obligatorischen, vor-, unter- und
überobligatorischen Bereich registrierter privat- und öffentlichrechtlicher
Vorsorgeeinrichtungen Anwendung (Art. 49 Abs. 2 BVG), ferner auf nicht
registrierte Personalvorsorgestiftungen (Art. 89bis Abs. 6 ZGB; BGE 112 V
358 Erw. 1a). Das Eidg. Versicherungsgericht hat in BGE 112 V 359 Erw. 3
die zeitlichen Grenzen der Anwendbarkeit von Art. 73 BVG festgelegt. Dessen
Geltungsbereich ist auf die Beurteilung von Streitsachen beschränkt, in
welchen der Versicherungsfall nicht vor dem 1. Januar 1985 eingetreten
oder die in Frage stehende Forderung bzw. Verpflichtung nicht vor dem
Inkrafttreten des neuen Rechts entstanden ist. Der Umstand, dass in
einem solchen Fall Sachverhalte aus der Zeit vor und nach dem 1. Januar
1985 zu beurteilen sind, ändert an der BVG-Rechtspflegezuständigkeit
nichts (BGE 113 V 200 Erw. 1b und 292; MEYER-BLASER, Die Rechtswege
nach dem Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und
Invalidenvorsorge (BVG), in: ZSR 106/1987 I S. 627 f.).

    b) Bei der Stiftung handelt es sich um eine registrierte
Vorsorgeeinrichtung im Sinne von Art. 48 BVG. Sodann steht fest, dass der
Beschwerdegegner bis Ende März 1985 bei der Firma X AG angestellt war. Der
Anspruch auf eine Freizügigkeitsleistung gegenüber der Stiftung konnte erst
mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehen (Art. 27 Abs. 2 BVG;
Art. 331a Abs. 1 OR sowie Art. 6 Abs. 1 des Reglementes der Stiftung). Da
das Arbeitsverhältnis zwischen Adolf H. und der Maschinenfabrik X AG auf
Ende März 1985 aufgelöst wurde, ist der Freizügigkeitsfall folglich nach
dem Inkrafttreten des BVG (1. Januar 1985) eingetreten. Somit ist das
Eidg. Versicherungsgericht nach dem in Erw. 1a Gesagten für die Beurteilung
der vorliegenden Streitsache zuständig.

    In der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird die angebliche
Unzuständigkeit des kantonalen Versicherungsgerichts u.a. damit begründet,
dass Art. 49 Abs. 2 BVG eng auszulegen sei; die Bestimmungen betreffend
Rechtspflege gelangten nur in bezug auf die im Katalog von Art. 49
Abs. 2 BVG enthaltenen Vorschriften zur Anwendung. Nicht darunter
falle die Frage, ob ein Freizügigkeitsanspruch des Beschwerdegegners
gültig entstanden sei und ob die entsprechende Freizügigkeitsleistung
allenfalls herausgegeben werden müsse. Diese Auffassung findet indessen
im Gesetz keine Stütze. Durch die Verweisung in Art. 49 Abs. 2 BVG wird
der sachliche Geltungsbereich des Art. 73 BVG auf Vorsorgeeinrichtungen
ausgeweitet, die mehr als die Mindestleistungen erbringen (BGE 112 V 359
Erw. 3). Ferner sind die Rechtspflegebestimmungen des BVG nach der in der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde vertretenen Ansicht nicht anwendbar, weil das
BVG nicht rückwirkend gelte und im vorliegenden Fall ein (nicht erworbener)
Freizügigkeitsanspruch aus vorobligatorischer Zeit zur Diskussion stehe,
auf welchen das OR Anwendung finde. Dieser Auffassung kann im Hinblick auf
die dargestellte klare Rechtslage ebenfalls nicht beigepflichtet werden.
Entscheidend ist, dass das den Freizügigkeitsfall auslösende Ereignis
der Beendigung des Arbeitsverhältnisses unter der Herrschaft des BVG
eingetreten ist. Dass die Freizügigkeitsleistung auch und überwiegend
in vorobligatorischer Zeit finanziert wurde, ändert nach dem Gesagten an
der Rechtsprechungszuständigkeit nach Art. 73 BVG nichts. Mithin hat die
Vorinstanz ihre sachliche Zuständigkeit zu Recht bejaht.

    c) Beim Prozess um Freizügigkeitsleistungen (Entstehung, Höhe,
Erfüllung usw.) handelt es sich um einen Streit um Versicherungsleistungen,
weshalb sich die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts nach
Art. 132 OG richtet. Danach ist die Kognition nicht auf die Verletzung von
Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch des Ermessens
beschränkt, sondern sie erstreckt sich auch auf die Angemessenheit der
angefochtenen Verfügung. Das Gericht ist dabei nicht an die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden und kann über die
Begehren der Parteien zu deren Gunsten oder Ungunsten hinausgehen. Ferner
ist das Verfahren regelmässig kostenfrei (Art. 134 OG).

Erwägung 2

    2.- a) Im Obligatoriumsbereich gewährleistet die Freizügigkeitsleistung
dem Versicherten bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Erhaltung des
Vorsorgeschutzes (Art. 27 Abs. 1 BVG). Der Versicherte hat Anspruch auf
eine Freizügigkeitsleistung, wenn sein Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines
Versicherungsfalles aufgelöst wird und er die Vorsorgeeinrichtung verlässt
(Art. 27 Abs. 2 BVG). Art. 28 BVG regelt die (vorliegend nicht umstrittene)
Höhe der Freizügigkeitsleistung und Art. 29 BVG deren Übertragung von einer
Vorsorgeeinrichtung auf eine andere. Abs. 1 dieser Bestimmung hält fest,
dass der Betrag der Freizügigkeitsleistung der neuen Vorsorgeeinrichtung
zu überweisen ist. Diese schreibt ihn dem Versicherten gut.

    Bezüglich des unter-, über- und vorobligatorischen Bereichs, somit der
weitergehenden Vorsorge, hält Art. 331a Abs. 1 OR bei Spareinrichtungen
fest:

    Hat der Arbeitnehmer für die Alters-, Hinterlassenen- oder

    Invalidenvorsorge Beiträge an eine Spareinrichtung geleistet und
erhält er
   bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses von ihr keine Leistungen,
   so hat er gegen sie eine Forderung, die mindestens seinen Beiträgen
   samt Zins entspricht.

    Art. 331c Abs. 1 OR mit dem Randtitel "Erfüllung der Schuldpflicht"
lautet:

    Die Personalfürsorgeeinrichtung hat ihre, der Forderung des
Arbeitnehmers
   entsprechende Schuldpflicht in der Weise zu erfüllen, dass sie zu dessen

    Gunsten eine Forderung auf künftige Vorsorgeleistungen gegen die

    Personalfürsorgeeinrichtung eines anderen Arbeitgebers, gegen eine der

    Versicherungsaufsicht unterstellte Unternehmung oder, unter voller
Wahrung
   des Vorsorgeschutzes, gegen eine Bank oder Sparkasse begründet, welche
   die vom Bundesrat festgesetzten Bedingungen erfüllt.

    Art. 6 Abs. 1 des Reglementes der Stiftung, deren Kasse sich
nach Art. 1 Abs. 3 aus einer betriebseigenen Sparkasse und einer
Ergänzungsversicherung zusammensetzt, hält für den Fall des vorzeitigen
Dienstaustritts fest:

    Wird das Arbeitsverhältnis eines Mitglieds vor Erreichen des
ordentlichen

    Rücktrittstermins aufgelöst, ohne dass ein Anspruch auf Leistungen
gemäss
   den Abschnitten B und C besteht, so endet gleichzeitig dessen

    Mitgliedschaft bei der Kasse. In diesem Falle hat das ausscheidende

    Mitglied Anrecht auf eine Austrittsleistung, welche weiterhin dem

    Fürsorgezweck gewidmet bleiben muss.

    Art. 6 Abs. 3 lit. b des Reglementes bestimmt zur Abgeltung der
Austrittsleistung folgendes:

    Falls das ausscheidende Mitglied ein neues Arbeitsverhältnis eingeht
und
   beim neuen Arbeitgeber in eine Fürsorgeeinrichtung eintritt, kann die

    Austrittsleistung zur Begründung einer Forderung auf künftige

    Vorsorgeleistungen an diese Einrichtung überwiesen werden, anstelle der

    Bestellung einer Freizügigkeitsversicherung.

    b) Die Vorinstanz ging in ihrem Entscheid davon aus, dass Adolf H. vom
1. März 1973 bis 31. März 1985 bei der Firma X AG angestellt war. Seine
Arbeitsleistungen hätten die Pflicht der Arbeitgeberin zur Entrichtung des
vereinbarten Lohnes begründet. Seit 1975 sei er Destinatär der Stiftung
gewesen. Dementsprechend seien ihm die seinerseits zu leistenden Beiträge
von der Arbeitgeberin jeweils bei der Lohnauszahlung in Abzug gebracht
und der Kasse überwiesen worden; im gleichen Umfang sei aber auch die
Arbeitgeberin selber beitragspflichtig gewesen.

    Dass diese Abrechnung lediglich "rein buchmässig zur Quantifizierung
und Abgrenzung" erstellt worden sei, jedoch im Sinne der Klageantwort
jeder materiellen Grundlage entbehre, sei unzutreffend, wie die Vorinstanz
weiter erwog. Aus der Tatsache, dass Adolf H. der Arbeitgeberin grossen
finanziellen Schaden zugefügt habe, könne nicht abgeleitet werden, dass
die Lohnzahlungspflicht mit allen ihren Nebenfolgen wie der Pflicht
zur Leistung von BVG-Beiträgen nie bestanden habe. Ebenso unbehelflich
sei der Einwand, Adolf H. habe wegen seiner Veruntreuungen im Endeffekt
gar keine eigenen Prämien bezahlt, habe doch die Arbeitgeberin selber
zugegeben, auch bei ihm den reglementarisch vorgeschriebenen Lohnabzug
vorgenommen zu haben. Entscheidend sei einzig, dass Adolf H. seit Frühling
1973 bei der früheren Arbeitgeberin beschäftigt und während dieser Zeit
teilweise vorsorgeversichert gewesen sei bzw. dass ihm die Arbeitgeberin
von 1975 bis 1984 insgesamt Fr. 19'423.40 und vom 1. Januar bis 31. März
1985 Fr. 936.-- vom Lohn abgezogen habe. Wenn die Arbeitgeberin heute
Schadenersatzansprüche gegen Adolf H. geltend mache, so habe dies nicht
zur Folge, dass die früher gestützt auf Gesetz und Reglement erbrachten
Beiträge irrtümlich erfolgt seien. Es stelle sich höchstens die Frage, ob
und in welchem Umfang der Arbeitnehmer nach Art. 321e OR für den Schaden
verantwortlich sei, den er der Arbeitgeberin zugefügt habe. Dieses Problem
stehe aber mit dem hier zu beurteilenden in keinem Zusammenhang.

    c) Wie schon im erstinstanzlichen Verfahren vertritt die Stiftung
in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erneut den Standpunkt, der
Beschwerdegegner habe keinen rechtsgültigen Freizügigkeitsanspruch
erworben. Die Begründung geht dahin, dass die Beitragspflicht der
Arbeitgeberin die Lohnzahlungspflicht voraussetze. Der Beschwerdegegner
habe wegen schwerer Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten gar
keinen Lohnanspruch gehabt. Der Rechtsgrund für die Gegenleistung Lohn
mit allen Nebenfolgen sei ex tunc entfallen. Die Arbeitgeberin könne
daher ihre Leistungen zurückverlangen. Mangels Lohnanspruches habe
der Beschwerdegegner der Stiftung auch keine eigenen Prämienmittel zur
Verfügung gestellt bzw. habe die Arbeitgeberin ohne Rechtsgrund "Beiträge"
für den Beschwerdegegner an die Stiftung geleistet. Wohl habe diese die
von der Arbeitgeberin als Inkassostelle überwiesenen Beitragszahlungen
gebucht und abgegrenzt. Weder die blosse Tatsache der Beitragsleistung
noch die formale Buchung, sondern nur ein Lohnanspruch aufgrund korrekter
arbeitsvertraglicher Erfüllung begründe einen rechtsgültigen Anspruch
des Beschwerdegegners auf eine Freizügigkeitsleistung. Der Arbeitnehmer
habe lediglich dann einen Beitrag aus eigenen Mitteln geleistet, wenn er
bei Geltendmachung des Freizügigkeitsanspruches eine "Entreicherung"
in der Höhe mindestens seiner Beiträge nachweisen könne. Dies sei
beim Beschwerdegegner nicht der Fall, weshalb diesem mangels eigener
Beitragsleistung bei der Stiftung kein Freizügigkeitsanspruch entstanden
sei.

    d) Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Wie das
BSV zutreffend ausführt, beurteilt sich die Frage der Entstehung des
Freizügigkeitsanspruches im Obligatoriumsbereich nach Art. 27 Abs. 2
BVG und in der weitergehenden Vorsorge nach Art. 331a Abs. 1 OR sowie
Art. 6 des Stiftungsreglementes. Da die entsprechenden Voraussetzungen -
im Obligatoriumsbereich das Bestehen der Versicherungspflicht (vgl. dazu
Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 10 Abs. 1 BVG) bzw. im über-
und vorobligatorischen Bereich die Bezahlung der Beiträge, sodann in
beiden Bereichen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt
des Versicherungsfalles und das Verlassen der Vorsorgeeinrichtung -
beim Beschwerdegegner erfüllt sind, ist ein Freizügigkeitsanspruch
entstanden. Als unbehelflich erweist sich insbesondere der Einwand der
Beschwerdeführerin, die Beiträge des Beschwerdegegners seien wohl faktisch
der Vorsorgeeinrichtung überwiesen worden - dies jedoch zu Unrecht, wie
sich später herausgestellt habe, da sich die Arbeitgeberin bezüglich der
Lohnzahlungspflicht in einem Irrtum befunden habe. Als Gegenleistung für
die Leistung der vertraglich übernommenen Arbeit durch den Arbeitnehmer
(Art. 321 OR) hatte ihm der Arbeitgeber dafür nach Art. 322 Abs. 1 OR den
entsprechenden Lohn zu entrichten. Die in Art. 323b Abs. 2 OR vorgesehene
und von der Arbeitgeberin bzw. der Beschwerdeführerin geltend gemachte
Verrechnungseinrede bei Ersatzforderungen für absichtlich zugefügten
Schaden setzt den Bestand einer Lohnforderung gerade voraus. Ob bei
rechtzeitiger Kenntnis des Schadens die Lohnforderung allenfalls
durch Verrechnung mit der Schadenersatzforderung erloschen wäre
und insofern im Sinne der Ausführungen der Beschwerdeführerin keine
Lohnzahlungspflicht mehr bestanden hätte, ist daher im vorliegenden
Zusammenhang unerheblich. Für die Entstehung einer Forderung nach
Art. 331a Abs. 1 OR ist vielmehr entscheidend, dass gestützt auf den
massgebenden Lohn Beiträge geschuldet (vgl. Art. 13 des Reglementes) und
demzufolge - wie im vorliegenden Fall - zu Recht überwiesen wurden. Im
übrigen endete die für die Entstehung eines Freizügigkeitsanspruches
(stillschweigend) vorausgesetzte Versicherungspflicht im seit 1. Januar
1985 geltenden Obligatoriumsbereich nach Art. 10 Abs. 2 BVG erst
mit der Auflösung des Arbeitsverhältnisses Ende März 1985. Bei der
Argumentation der Beschwerdeführerin wird im übrigen der Unterschied
zwischen den Rechtsbeziehungen aus dem Arbeitsverhältnis einerseits
und dem gesetzlichen bzw. vertraglichen Vorsorgeverhältnis (d.h. dem
BVG-Obligatoriumsbereich bzw. dem über- und vorobligatorischen Bereich)
anderseits verkannt (zu den Vorsorgebeteiligten und ihren gegenseitigen
Rechtsbeziehungen, insbesondere bei der Personalfürsorgestiftung als
Trägerin der Personalvorsorge, vgl. RIEMER, Berufliche Vorsorge, §
4 N 1 ff.; ferner SCHNEITER, Die Rechtsbeziehungen zwischen Dienst-
und Vorsorgeverhältnis bei privatrechtlichen Wohlfahrtseinrichtungen,
Diss. Zürich 1966, S. 49 ff.; WALSER, Die Personalvorsorgestiftung,
Diss. Zürich 1975, S. 101 ff.).

Erwägung 3

    3.- Im weiteren ist streitig, ob der vom Beschwerdegegner erworbene
(masslich unbestrittene) Freizügigkeitsanspruch durch Verrechnung
mit der von der ehemaligen Arbeitgeberin an die Stiftung abgetretenen
Schadenersatzforderung untergegangen ist.

    a) Dies ist nach Auffassung der Beschwerdeführerin zu bejahen. Es
müsse zwischen den Interessen des Destinatärs an der Erhaltung von
Vorsorgeansprüchen und jenen des Arbeitgebers und damit verbunden der
Personalfürsorgestiftung, eine Schadenersatzforderung verrechnen zu
können, abgewogen werden. Da die AHV/IV existenzsichernd sei und Art. 323b
Abs. 2 OR die Verrechnung von Ersatzforderungen des Arbeitgebers bei
absichtlicher Schadenszufügung in der Gegenwart unbeschränkt zulasse,
könne nicht das gleiche Gesetz die Verrechnung mit Guthaben, die
künftig die Fortführung der gewohnten Lebenshaltung sichern sollen,
verbieten. Eine "Inkassozession" von Schadenersatzforderungen an die
Personalfürsorgestiftung sei durch den Stiftungszweck gedeckt und liege
im Interesse sowohl der Stiftung als auch ihrer Destinatäre. Die analoge
Anwendung von Art. 39 Abs. 2 und 3 BVG in der weitergehenden Vorsorge
verstosse wegen indirekter Rückwirkung gegen Art. 91 BVG. Der Schutz des
Freizügigkeitsanspruches des einzelnen sei relativ und finde seine Grenze
beim "Straffälligen". Es könne nicht Sinn und Zweck der Rechtsordnung
sein, Vermögensteile eines Delinquenten vor dem berechtigten Zugriff
eines vorsätzlich Geschädigten zu schützen. Art. 39 Abs. 2 und 3 BVG, die
scheinbar eine Regelung zugunsten des Beschwerdegegners träfen, enthielten
für Fälle der vorliegenden Art eine unechte Lücke. Es widerspreche Treu
und Glauben, sei rechtsmissbräuchlich und verstosse gegen Sinn und Zweck
der Rechtsordnung, wenn der Beschwerdegegner den Freizügigkeitsanspruch
geltend mache.

    b) Wie die Vorinstanz und das BSV zutreffend festgestellt haben,
darf im Obligatoriumsbereich der Leistungsanspruch mit Forderungen,
die der Arbeitgeber der Vorsorgeeinrichtung abgetreten hat, nur
verrechnet werden, wenn sie sich auf Beiträge beziehen, die nicht vom
Lohn abgezogen worden sind (Art. 39 Abs. 2 BVG). Rechtsgeschäfte, die
dieser Bestimmung widersprechen, sind nichtig (Abs. 3). Damit schliesst
das Gesetz die Verrechnung mit Forderungen, welche der Arbeitgeber seiner
Vorsorgeeinrichtung abgetreten hat, von der erwähnten Ausnahme abgesehen,
generell und zwingend aus (BGE 111 II 169 Erw. 2c; RIEMER, aaO, § 5 N
30). Besteht nach dem Gesagten ein generelles Verrechnungsverbot bezüglich
Forderungen, die der Vorsorgeeinrichtung abgetreten wurden (Botschaft des
Bundesrates zum Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen-
und Invalidenvorsorge vom 19. Dezember 1975, BBl 1976 I 251), so verbietet
sich eine Lückenfüllung im Sinne der Vorbringen der Beschwerdeführerin. Die
gesetzliche Konzeption mit dem Barauszahlungsverbot und eng begrenzten
Ausnahmen (Art. 30 BVG) sowie dem Verrechnungsverbot bei Nichtigkeit
der damit in Widerspruch stehenden Rechtsgeschäfte (Art. 39 Abs. 2 und
3 BVG) beruht auf einer Interessenabwägung des Gesetzgebers zugunsten
der Erhaltung des Vorsorgeschutzes. Diesem kommt Vorrang zu gegenüber
anderen Interessen, weshalb die für die berufliche Vorsorge geäufneten
Mittel nicht zweckentfremdet werden dürfen.

    c) Das Bundesgericht hat in BGE 111 II 168 Erw. 2 die Verrechnung von
Schadenersatzansprüchen einer Personalfürsorgestiftung mit Forderungen des
Destinatärs auf künftige Vorsorgeleistungen der Stiftung gemäss Art. 331c
Abs. 1 und 2 OR als grundsätzlich unzulässig erklärt (vgl. auch BGE 112
II 39 Erw. 3). Das Gericht führte aus:

    Anders als beim Lohn (Art. 323b Abs. 2 OR) hat der Gesetzgeber bei den

    Leistungen der Fürsorgeeinrichtung nur die Abtretung und Verpfändung,
   nicht aber die Verrechenbarkeit ausdrücklich ausgeschlossen (Art. 331c

    Abs. 2 OR). Daraus ist in der Literatur zum Teil auf die Zulässigkeit
der

    Verrechnung geschlossen worden... Diese Betrachtungsweise
   wird indes dem Zweck der gesetzlichen Regelung nicht gerecht. Art. 331c
   OR will die Beiträge dem Vorsorgezweck erhalten, soweit nicht ein

    Ausnahmefall von Abs. 4 vorliegt. Art. 331c Abs. 1 und 2 OR enthält
   deshalb ein zwingendes Barauszahlungsverbot. Zweck der starren
   Bindung einer Freizügigkeitspolice ist es, unter allen Umständen dem
   Arbeitnehmer eine Vorsorge zu gewährleisten. Daraus ist abgeleitet
   worden, bis zum

    Eintritt des Vorsorgefalls seien die betreffenden Forderungen der

    Destinatäre diesen gegenüber gar nicht erfüllbar, was eine Verrechnung
   ausschliesse... In der Literatur wird überdies angenommen, der Anspruch
   des Destinatärs auf Geldzahlung an die neue Personalfürsorgeeinrichtung
   schliesse die Verrechnung auch mangels Gleichartigkeit der Forderungen
   aus... Entscheidend ist jedoch, dass eine Zweckentfremdung der

    Vorsorgemittel im Anwendungsbereich des Art. 331c Abs. 1 und 2 OR
   ausgeschlossen werden muss. Eine Verrechnung ist daher unzulässig,
   soweit sie eine solche Zweckentfremdung bewirkt (BGE 111 II 168
   Erw. 2a).

    Auch bei einer ursprünglichen (d.h. nicht abgetretenen) Forderung der

    Stiftung führt die Verrechnung im Ergebnis zu einer zweckwidrigen

    Verwendung des Stiftungsvermögens. Daran ändert nichts, dass die Mittel
   zur Abdeckung von Schadenersatzforderungen aus unerlaubter Handlung
   verwendet werden sollen. Ob allenfalls in Analogie zu Art. 323b Abs. 2
   OR davon bei absichtlicher Schädigung eine Ausnahme zu machen ist,
   braucht hier nicht entschieden zu werden (BGE 111 II 169 Erw. 2c).

    d) Wie sich dem zitierten Entscheid des Bundesgerichts entnehmen
lässt, ist für den Ausschluss der Verrechnung die Zweckbindung der
Vorsorgemittel ausschlaggebend. Dabei kann im vorliegenden Fall die Frage,
ob die Verrechnung noch an andern, spezifisch verrechnungsmässigen
Voraussetzungen wie Gleichartigkeit der geschuldeten Leistungen und
Fälligkeit der Forderungen (vgl. Art. 120 Abs. 1 OR sowie VIRET, La
prévoyance en faveur du personnel selon le nouveau droit du contrat de
travail, in: ZSR 94/1975 I S. 169 ff.) scheitern müsste, dahingestellt
bleiben. Die vom Bundesgericht offengelassene Frage, ob bei absichtlicher
Schädigung in Analogie zu Art. 323b Abs. 2 OR die Zweckbindung aufgehoben
und die Verrechnungsmöglichkeit ausnahmsweise zugelassen werden sollen,
ist zu verneinen. Kommt dem Vorsorgeschutz hohe Priorität zu, so ist kein
überzeugendes Argument dafür ersichtlich, die Verrechnungsmöglichkeit bei
Schadenersatzforderungen aus unerlaubter Handlung nach Art. 41 OR bei
(leichter und grober) Fahrlässigkeit zu verneinen, bei absichtlicher
Schadenszufügung die Freizügigkeitsleistungen dagegen aus der strengen
gesetzlichen Zweckbindung der Vorsorgemittel zu entlassen. Dabei muss der
Schutz aller Destinatäre, auch der der Angehörigen des Arbeitnehmers, im
Auge behalten werden. Entgegen der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde
vertretenen Auffassung steht somit bei einer punktuellen Aufhebung des
Verrechnungsverbots nicht nur der Vorsorgeschutz des "Straffälligen"
auf dem Spiel.

Erwägung 4

    4.- (Parteientschädigung.)

Entscheid:

        Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird abgewiesen.