Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 V 298



114 V 298

55. Auszug aus dem Urteil vom 31. Oktober 1988 i.S. Schweizerische
Unfallversicherungsanstalt gegen T. und Versicherungsgericht des Kantons
Basel-Stadt Regeste

    Art. 6 Abs. 2 UVG, Art. 9 Abs. 2 UVV: Bedeutung und Auslegung des
Begriffs "unfallähnliche Körperschädigung".

    - Bei den in Art. 9 Abs. 2 UVV aufgezählten unfallähnlichen
Körperschädigungen müssen mit Ausnahme der ungewöhnlichen äusseren
Einwirkung sämtliche Unfallbegriffsmerkmale erfüllt sein, damit eine
Leistungspflicht der obligatorischen Unfallversicherung besteht (Erw. 3b).

    - Unter dieser Voraussetzung gelten die in Art. 9 Abs. 2 lit. b
bis h UVV erwähnten gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch dann als
unfallähnliche Körperschädigungen, wenn sie im übrigen ganz oder teilweise
auf Krankheits- oder Degenerationserscheinungen beruhen (Erw. 3c).

    - Die Aufzählung der unfallähnlichen Körperschädigungen in Art. 9
Abs. 2 UVV ist abschliessend. Sehnenzerrungen lassen sich nicht unter
den Begriff "sehnenrisse" subsumieren (Erw. 3d).

    - Ausnahmebestimmungen sind weder restriktiv noch extensiv,
sondern nach ihrem Sinn und Zweck im Rahmen der allgemeinen
Regelung auszulegen. Eine Erweiterung der Liste der unfallähnlichen
Körperschädigungen durch Analogieschlüsse ist nicht zulässig (Erw. 3e).

    - Der Ausschluss der Sehnenzerrungen von der in Art. 9 Abs. 2 UVV
enthaltenen Liste ist gesetzes- und verfassungskonform (Erw. 4).

    - Sehnenzerrungen zählen so lange nicht zu den Sehnenrissen im Sinne
von Art. 9 Abs. 2 lit. f UVV, als eine Sehnenteilruptur nicht mit dem
Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit nachgewiesen ist (Erw. 5).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- a) Art. 6 Abs. 2 UVG ermächtigt den Bundesrat, Körperschädigungen,
die den Folgen eines Unfalles ähnlich sind, in die Versicherung
einzubeziehen.

    Dem Bericht der Expertenkommission für die Revision der
Unfallversicherung vom 14. September 1973 ist zu entnehmen, dass es sich
im Interesse einer allgemein verständlichen Grenzziehung gegenüber der
Krankenversicherung aufdrängte, auch Schädigungen mit Verletzungscharakter
in den Bereich der obligatorischen Unfallversicherung einzubeziehen;
gemeint waren Beeinträchtigungen, die zwar nicht alle Merkmale des
Unfallbegriffes erfüllen, im Hinblick auf ihre Entstehungsart und ihr
Beschwerdebild jedoch näher beim Unfall als bei der Krankheit liegen;
als Beispiele erwähnte die Expertenkommission namentlich nicht durch
eine äussere Einwirkung verursachte Sehnenrisse, Muskelzerrungen und
Frakturen (S. 72). Solche Schädigungen wurden von der Schweizerischen
Unfallversicherungsanstalt (SUVA) bereits unter der Herrschaft des
bis Ende 1983 massgeblich gewesenen KUVG freiwillig übernommen,
sofern keine Krankheit mit beteiligt war (MAURER, Recht und Praxis
der Schweizerischen obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl.,
1963, S. 99 f.; derselbe, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht,
S. 201). Die Praxis, bei bestimmten unfallähnlichen Verletzungen trotz
Fehlens eines Unfalles im Rechtssinne Leistungen auszurichten, wurde in
Art. 6 Abs. 2 UVG gesetzlich verankert (vgl. Botschaft des Bundesrates
zum Bundesgesetz über die Unfallversicherung vom 18. August 1976, BBl
1976 III 165). Dabei wurde der bisher von der SUVA verwendete Begriff
"Schädigung mit Verletzungscharakter" durch die Bezeichnung "unfallähnliche
Körperschädigung" ersetzt.

    b) Aufgrund der in Art. 6 Abs. 2 UVG enthaltenen Delegation stellte
der Bundesrat in Art. 9 Abs. 2 UVV eine Liste der zu den unfallähnlichen
Körperschädigungen zählenden Beeinträchtigungen auf. Auch ohne
ungewöhnliche äussere Einwirkung sind den Unfällen danach gleichgestellt:

    a. Knochenbrüche, sofern sie nicht eindeutig auf eine Erkrankung
        zurückzuführen sind; b. Verrenkungen von Gelenken;

    c. Meniskusrisse;

    d. Muskelrisse;

    e. Muskelzerrungen;

    f. Sehnenrisse;

    g. Bandläsionen;

    h. Trommelfellverletzungen.

    Aus Art. 9 Abs. 2 UVV ergibt sich a contrario, dass auch bei diesen
Verletzungen - mit Ausnahme der ungewöhnlichen äusseren Einwirkung -
sämtliche Unfallbegriffsmerkmale erfüllt sein müssen. Damit eine
Leistungspflicht der Unfallversicherung entsteht, muss somit ein
plötzliches, schädigendes und nicht beabsichtigtes Ereignis vorliegen
(MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 202).

    c) Gemäss Art. 9 Abs. 2 lit. a UVV gelten Knochenbrüche dann nicht
als unfallähnliche Schädigung, wenn sie eindeutig auf eine Erkrankung
zurückzuführen sind. Für die übrigen in der Verordnungsbestimmung genannten
Verletzungen ist eine solche Einschränkung nicht vorgesehen. Dem Wortlaut
nach können somit die in Art. 9 Abs. 2 lit. b bis h UVV aufgezählten
Läsionen auch dann eine unfallähnliche Körperschädigung darstellen, wenn
sie ganz oder teilweise auf einer Krankheits- oder Degenerationserscheinung
beruhen (MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 203). Diese
wörtliche Auslegung deckt sich mit dem Zweck der Bestimmung, welche
einerseits dem Umstand, dass ein die aufgezählten Schädigungen auslösendes
äusseres Moment häufig zu gering ist, um vom Versicherten wahrgenommen
zu werden, Rechnung tragen und andererseits die oft schwierige Abgrenzung
zwischen Unfall und Krankheit zugunsten des Unfallversicherten vermeiden
soll.

    Dagegen kann die ausschliesslich aufgrund eines pathologischen
Prozesses erfolgte Läsion nicht als unfallähnliche Schädigung anerkannt
werden. Aus dem Erfordernis, dass ausser dem ungewöhnlichen äusseren
Faktor die üblichen Begriffsmerkmale eines Unfalles erfüllt sein müssen,
folgt, dass auch bei einer auf Krankheits- oder Abnützungserscheinungen
basierenden Beeinträchtigung eine plötzliche schädigende Einwirkung
eintreten muss, welche die Verletzung verursacht. Der Auslösungsfaktor
kann alltäglich und diskret sein; wesentlich ist, dass ein plötzliches
Ereignis, beispielsweise eine heftige Bewegung oder das plötzliche
Aufstehen aus der Hocke, einen der in Art. 9 Abs. 2 lit. b bis h UVV
erwähnten Verletzungszustände hervorruft. Auch in zeitlicher Hinsicht ist
dieses die Körperschädigung verursachende Moment als "Unfallereignis"
zu betrachten. Fehlt es an einem solchen unmittelbaren Geschehen und
ist die Läsion vielmehr wiederholten, im täglichen Leben erfolgten
Mikrotraumata zuzuschreiben, die eine allmähliche Abnützung bewirkten,
welche schliesslich das Ausmass einer eine Behandlung erfordernden
Schädigung erreichte, liegt kein Unfall, sondern eine Krankheit vor.

    d) Das Eidg. Versicherungsgericht hat wiederholt festgehalten, dass
der in Art. 9 Abs. 2 UVV enthaltenen Aufzählung der unfallähnlichen
Körperschädigungen abschliessender Charakter zukommt (RKUV 1988
Nr. U 57 S. 372 und Nr. U 58 S. 375,; MAURER, Schweizerisches
Unfallversicherungsrecht, S. 202; HOPPLER, Krankenversicherung und
unfallähnliche Körperschädigungen, SKZ 1988, S. 128).

    Die Liste enthält nebst den Muskelrissen (lit. d) die Muskelzerrungen
(lit. e), nebst den Sehnenrissen (lit. f) jedoch nicht auch
die Sehnenzerrungen. Bezüglich der Bänderverletzungen (lit. g)
verwendet sie den generellen Begriff "Läsion", worunter sowohl Risse
als auch Zerrungen und blosse Dehnungen zu verstehen sind (RAMSEYER,
Unfallähnliche Körperschädigungen, Therapeutische Umschau, 1985,
S. 576). Nachdem Muskelzerrungen in der in Art. 9 Abs. 2 UVV enthaltenen
Liste aufgeführt werden, hätte der Verordnungsgeber, sofern dies seinem
Willen entsprochen hätte, auch die Sehnenzerrungen ausdrücklich erwähnt.
Dass er dies unterliess, ist, wie die SUVA zutreffend darlegt, als
qualifiziertes Schweigen zu interpretieren. Es lässt sich deshalb
nicht rechtfertigen, Sehnenzerrungen unter den Begriff "Sehnenrisse" zu
subsumieren. Angesichts der differenzierten Wortwahl für die unter den
Begriff der unfallähnlichen Körperschädigungen fallenden Muskel-, Sehnen-
und Bänderverletzungen kann das Fehlen der Sehnenzerrungen entgegen den
Ausführungen des kantonalen Gerichts keineswegs auf eine "unsorgfältige
Redaktion" der Verordnungsbestimmung zurückgeführt werden.

    Dass sich der Verordnungsgeber der durch die präzise Formulierung
in Art. 9 Abs. 2 UVV getroffenen Unterscheidungen durchaus bewusst war,
zeigt auch die Entstehungsgeschichte dieser Bestimmung. Nach dem Vorentwurf
vom 20. März 1980 hätten lediglich "Risse der Strecksehnen an Fingern oder
der Achillessehne" in die Liste aufgenommen werden sollen (Art. 11 lit. f
des Vorentwurfes). Diese Einschränkung wurde in der Folge auf Antrag der
SUVA jedoch fallengelassen, womit die Sehnenrisse generell, nicht aber
die Sehnenzerrungen als unfallähnliche Körperschädigungen bezeichnet
wurden (Protokoll der Kommission zur Vorbereitung der Verordnung über
die obligatorische Unfallversicherung, Sitzungen vom 29./30. April und
vom 5. Mai 1981, S. 23).

    e) Art. 9 Abs. 2 UVV kommt Ausnahmecharakter zu. Nach neuerer Lehre
und Rechtsprechung sind Ausnahmebestimmungen weder restriktiv noch
extensiv, sondern nach ihrem Sinn und Zweck im Rahmen der allgemeinen
Regelung auszulegen (BGE 99 Ia 744 Erw. 3; 99 Ib 395 Erw. 2a,
IMBODEN/RHINOW, Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 5. Aufl.,
S. 132; GERMANN, Probleme und Methoden der Rechtsfindung, 2. Aufl.,
S. 61). Der in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde erwähnte Grundsatz,
wonach Ausnahmebestimmungen restriktiv auszulegen seien (vgl. auch BGE
110 V 246 Erw. 2b, 107 V 4 Erw. 4, 105 V 49, 96 V 64 Erw. 1; ARV 1981
Nr. 20 S. 87 Erw. 2), ist überholt (RKUV 1988 Nr. U 45 S. 215 Erw. 3;
vgl. auch BGE 109 V 260). Da die Aufzählung in Art. 9 Abs. 2 UVV als
abschliessend gilt, ist es indessen nicht angängig, die Liste der
unfallbedingten Körperschädigungen durch Analogieschlüsse zu erweitern
(MAURER, Schweizerisches Unfallversicherungsrecht, S. 202).

Erwägung 4

    4.- Können die Sehnenzerrungen somit unter keine der in Art.  9 Abs. 2
UVV aufgezählten Verletzungen subsumiert werden, so stellt sich die Frage,
ob die Nichtaufnahme dieser Läsionen in die Liste der unfallähnlichen
Körperschädigungen gesetz- und verfassungsmässig ist.

    a) Nach der Rechtsprechung kann das Eidg. Versicherungsgericht
Verordnungen des Bundesrates grundsätzlich, von hier nicht in Betracht
fallenden Ausnahmen abgesehen, auf ihre Rechtmässigkeit hin überprüfen. Bei
(unselbständigen) Verordnungen, die sich auf eine gesetzliche Delegation
stützen, prüft es, ob sie sich in den Grenzen der dem Bundesrat im Gesetz
eingeräumten Befugnisse halten. Wird dem Bundesrat durch die gesetzliche
Delegation ein sehr weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung
auf Verordnungsebene eingeräumt, muss sich das Gericht auf die Prüfung
beschränken, ob die umstrittenen Verordnungsvorschriften offensichtlich aus
dem Rahmen der dem Bundesrat im Gesetz delegierten Kompetenzen herausfallen
oder aus andern Gründen verfassungs- oder gesetzwidrig sind. Es kann
jedoch sein eigenes Ermessen nicht an die Stelle desjenigen des Bundesrates
setzen, und es hat auch nicht die Zweckmässigkeit zu untersuchen. Die vom
Bundesrat verordnete Regelung verstösst allerdings dann gegen Art. 4 BV,
wenn sie sich nicht auf ernsthafte Gründe stützen lässt, wenn sie sinn-
oder zwecklos ist oder wenn sie rechtliche Unterscheidungen trifft, für
die sich ein vernünftiger Grund nicht finden lässt. Gleiches gilt, wenn die
Verordnung es unterlässt, Unterscheidungen zu treffen, die richtigerweise
hätten berücksichtigt werden sollen (BGE 112 V 178 Erw. 4c, 111 V 284
Erw. 5a, 395 Erw. 4a, 110 V 256 Erw. 4a und 328 Erw. 2d, je mit Hinweisen).

    b) Gemäss Art. 6 Abs. 2 UVG wurde der Bundesrat ermächtigt,
Körperschädigungen, die den Folgen eines Unfalles ähnlich sind, in
die Versicherung einzubeziehen. Diese Delegationsnorm enthält keine
Richtlinien über die Art und Weise, wie von der Ermächtigung Gebrauch
zu machen sei. Mit einer solchen Delegation wurde dem Bundesrat ein sehr
weiter Spielraum des Ermessens für die Regelung auf Verordnungsstufe und
namentlich die Kompetenz eingeräumt, die unfallähnlichen Körperschädigungen
unter Beachtung der durch das Willkürverbot gesetzten Grenzen in einer
abschliessenden Liste zu umschreiben. Aufgrund dieser Befugnis war der
Bundesrat frei, im Sinne einer Abgrenzung Körperschädigungen in die
Liste aufzunehmen, "die juristisch nicht den Unfällen und medizinisch
nicht den Krankheiten" (MAURER, Recht und Praxis der Schweizerischen
obligatorischen Unfallversicherung, 2. Aufl., 1963, S. 100) zugezählt
werden können. Dass er sich dabei aufgrund von Sinn und Zweck von Art. 6
Abs. 2 UVG, nämlich Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden, auch von
medizinischen Erkenntnissen und Erfahrungen leiten liess, erscheint als
selbstverständlich.

    c) In Anbetracht des dem Bundesrat eingeräumten Auswahlermessens (vgl.
IMBODEN/RHINOW, aaO, S. 405) sowie des Umstandes, dass der Beachtung
medizinischer Erfahrungen bei der Bezeichnung der unfallähnlichen
Körperschädigungen wesentliche Bedeutung beizumessen war, übt das Eidg.
Versicherungsgericht bei der Überprüfung von Art. 9 Abs. 2 UVV auf die
Gesetz- und Verfassungsmässigkeit grundsätzlich Zurückhaltung.

    Aus den medizinischen Unterlagen ist ersichtlich, dass Sehnenzerrungen
- im Gegensatz zu Sehnenrissen - schwierig zu diagnostizieren
und namentlich kaum von Erkrankungen des Sehnenbegleitgewerbes
zu unterscheiden sind. Zudem stellen sie, sofern sie nicht als
Begleitaffektion ernsthafterer Verletzungen auftreten, relativ harmlose
Erscheinungen dar. Der Bundesrat durfte daher im Rahmen der ihm in
Art. 6 Abs. 2 UVG delegierten Kompetenz die streitige Körperschädigung,
die auch Folge einer Erkrankung sein kann, im Hinblick auf die praktikable
Anwendung von Art. 9 Abs. 2 UVV von der Liste ausnehmen. Eine unbegründete
rechtliche Unterscheidung ist darin angesichts der medizinischen Fakten
nicht zu erblicken. Die Nichtaufnahme der Sehnenzerrungen in die Liste
der unfallähnlichen Körperschädigungen erweist sich somit entgegen der
Auffassung der Vorinstanz weder als gesetzwidrig noch als rechtsungleich
oder willkürlich.

Erwägung 5

    5.- a) Gemäss den medizinischen Unterlagen liegt eine Sehnenzerrung
sowohl bei überproportionaler Streckung bzw. Spannung der Sehne
als auch bei Zerreissung einzelner Sehnenfaserbündel (Teilruptur)
vor. Ein eigentlicher Sehnenriss besteht erst dann, wenn die Sehne
vollständig gerissen ist. Nach der Praxis der SUVA werden indessen
nicht nur vollständige Sehnenrisse als unfallähnliche Körperschädigungen
übernommen, sondern auch Teilrupturen, sofern sie, was in der Regel nur
operativ oder durch Kontrastmitteldarstellung geschehen kann, eindeutig
nachgewiesen sind.

    Im Hinblick auf diese Praxis der SUVA erkannte die Vorinstanz,
solange in einem konkreten Fall eine medizinische Feststellung fehle,
wonach das Vorliegen eines Teilrisses nicht wahrscheinlich, sondern
allenfalls bloss möglich sei, müsse die Diagnose einer blossen Zerrung
ebenfalls zur Annahme eines Sehnenrisses im Sinne von Art. 9 Abs. 2 lit. f
UVV führen. Dieser Auffassung kann nicht beigepflichtet werden. Nach
den zutreffenden Ausführungen der SUVA besteht zwar kein Anlass, die
Sehnenteilruptur nicht als unfallähnliche Körperschädigung im Sinne
von Art. 9 Abs. 2 lit. f UVV zu qualifizieren. Weil die Diagnose eines
Teilrisses mangels eines Funktionsausfalles jedoch klinisch schwierig
zu stellen ist und nach Sehnenteilrupturen sehr rasch eine Irritation
des Begleitgewerbes entsteht, so dass ein Teilriss nicht mehr von der
Pathologie des Sehnenbegleitgewerbes unterschieden werden kann, sind an
den Nachweis eines Teilrisses strenge Anforderungen zu stellen. Nur unter
dieser Voraussetzung bleibt eine klare Abgrenzung der Sehnenteilrupturen
von den Sehnenzerrungen gewährleistet.

    b) Praxisgemäss sind die einzelnen Umstände des Unfallgeschehens
vom Leistungsansprecher glaubhaft zu machen. Kommt er dieser Forderung
nicht nach, indem er unvollständige, ungenaue oder widersprüchliche
Angaben macht, die das Bestehen eines unfallmässigen Schadens als
unglaubwürdig erscheinen lassen, besteht keine Leistungspflicht
des Unfallversicherers. Im Streitfall obliegt es dem Richter, zu
beurteilen, ob die einzelnen Voraussetzungen des Unfallbegriffes
erfüllt sind. Der Untersuchungsmaxime entsprechend hat er von Amtes
wegen die notwendigen Beweise zu erheben und kann zu diesem Zwecke auch
die Parteien heranziehen. Wird aufgrund dieser Massnahmen das Vorliegen
eines Unfallereignisses nicht wenigstens mit Wahrscheinlichkeit erstellt
- die blosse Möglichkeit genügt nicht -, so hat dieses als unbewiesen zu
gelten, was sich zu Lasten des Leistungsansprechers auswirkt (BGE 111 V
201 Erw. 6b, 107 V 164 Erw. 3a, 103 V 66 Erw. 2a und 175 mit Hinweisen).
Diese Grundsätze gelten auch bezüglich des Nachweises unfallähnlicher
Körperschädigungen.

    c) Zusammenfassend ergibt sich somit, dass sich die Leistungspflicht
der obligatorischen Unfallversicherung für unfallähnliche
Körperschädigungen aufgrund von Art. 9 Abs. 2 lit. f UVV nach
Sinn und Zweck dieser Vorschrift streng auf Sehnenrisse beschränkt
(Erw. 5a). Ausgeschlossen ist insbesondere der Einbezug der übrigen
Sehnenpathologie, einschliesslich der Krankheiten des Begleitgewerbes. Weil
sich die partiellen Sehnenrisse in der Regel klinisch nicht von sekundären
entzündlichen Reaktionen (Tendinitis, Peritendinitis, Paratenonitis,
Tendovaginitis) unterscheiden lassen (RAMSEYER, aaO, S. 576), fällt
eine Qualifikation als unfallähnliche Körperschädigung nur in Betracht,
wenn die Teilruptur als solche medizinisch eindeutig festgestellt ist,
sei dies intraoperativ oder durch Kontrastmitteldarstellung. Kann dieser
Nachweis nicht erbracht werden, so hat der Leistungsansprecher die Folgen
zu tragen (Erw. 5b).

    d) Vorliegend fehlt ein hinreichender Nachweis für einen am
3. September 1986 erfolgten Sehnenteilriss. Entgegen den Ausführungen des
Beschwerdegegners kann insbesondere das von ihm wahrgenommene "Geräusch"
in seiner linken Ferse das Fehlen einer entsprechenden ärztlichen
Diagnose nicht ersetzen. Da sich somit die Annahme einer unfallähnlichen
Körperschädigung im Sinne von Art. 9 Abs. 2 UVV nicht rechtfertigen lässt,
lehnte die SUVA ihre Leistungspflicht zu Recht ab.