Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IV 168



114 IV 168

47. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 3. Oktober 1988 i.S. X.
gegen Bundesamt für Zivilluftfahrt und Staatsanwaltschaft des Kantons
Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde) Regeste

    Art. 48 LFV; Aussenlandungen von Luftfahrzeugen zu Ausbildungszwecken.

    Nicht jede Aussenlandung, die ein noch relativ unerfahrener Inhaber
eines Ausweises für Privat-Hubschrauberpiloten, der den Erwerb einer
Erweiterung für Landungen im Gebirge anstrebt, in Begleitung eines
Fluglehrers ausführt, erfolgt zu Ausbildungszwecken. Offengelassen, ob
Aussenlandungen auf einer Höhe von weniger als 1100 m ü.M. Bestandteil
einer Ausbildung zum Zweck des Erwerbs der Erweiterung für Landungen im
Gebirge sein können.

Sachverhalt

    A.- Mit Strafverfügung vom 30. März 1987 bestrafte das Bundesamt
für Zivilluftfahrt (BAZL) X. wegen Übertretung von Art. 48 Abs. 1 der
Verordnung über die Luftfahrt vom 14. November 1973 (LFV; SR 748.01)
und Art. 7 der Verordnung über die Rechte und Pflichten des Kommandanten
eines Luftfahrzeuges vom 22. Januar 1960 (Kommandantenreglement, VKL, SR
748.225.1) in Anwendung von Art. 91 des Bundesgesetzes über die Luftfahrt
vom 21. Dezember 1948 (LFG; SR 748.0) und Art. 1 VStrR mit einer Busse
von Fr. 100.--. X. wurde vorgeworfen, er habe am 21. und am 25. August
1986 sowie am 6. September 1986 in Ringlikon/ZH mit einem Hubschrauber
Aussenlandungen durchgeführt, ohne im Besitz einer Aussenlandebewilligung
bei nicht gewerbsmässigen Flügen gewesen zu sein; er sei Kommandant
des Hubschraubers auf dem rechten Sitz gewesen, während der Fluglehrer
Z. auf dem linken Sitz, als Passagier, mitgeflogen sei. Der Einzelrichter
in Strafsachen am Bezirksgericht Zürich bestätigte am 30. Oktober 1987
nach Ergänzung der Untersuchung die Strafverfügung des BAZL im Schuld-
und im Strafpunkt.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Wer vorsätzlich oder fahrlässig den Bestimmungen des
Luftfahrtgesetzes, zwischenstaatlicher Vereinbarungen über die Luftfahrt,
der Vollziehungsvorschriften oder einer auf Grund solcher Bestimmungen
unter Hinweis auf die Strafandrohung dieses Artikels an ihn gerichteten
Einzelverfügung zuwiderhandelt, wird mit Haft oder mit Busse bis
Fr. 20'000.-- bestraft (Art. 91 Ziff. 1 Abs. 1 LFG). Für Aussenlandungen
von Luftfahrzeugen, d.h. für Landungen ausserhalb der Flugplätze (Art. 47
LFV), ist, unter Vorbehalt der Artikel 50-54 LFV, eine im Einzelfall oder
auf bestimmte Zeit erteilte Bewilligung erforderlich. Aussenlandungen
zu Ausbildungszwecken werden nur im Einzelfall bewilligt (Art. 48
Abs. 1 LFV). Zuständig für die Erteilung der Bewilligung ist das BAZL,
für Aussenlandungen zu Ausbildungszwecken der Fluglehrer (Art. 48 Abs. 2
LFV). Gemäss Art. 7 des Kommandantenreglements ist der Kommandant für
die Führung des Luftfahrzeuges nach den gesetzlichen Bestimmungen, den
Vorschriften der Luftfahrthandbücher, den anerkannten Regeln der Luftfahrt
und den Weisungen des Halters verantwortlich.

    Der Beschwerdeführer war zur Zeit der inkriminierten Landungen
Inhaber eines seit dem 31. Juli 1986 gültigen provisorischen Ausweises
mit Kommandantenberechtigung und als solcher befugt, die inkriminierten
Landungen alleine, ohne Begleitung eines Fluglehrers, durchzuführen;
der (definitive) Ausweis für Privat- Hubschrauberpiloten wurde am
14. September 1986 ausgestellt. Z. ist Inhaber des Ausweises für
Hubschrauberfluglehrer; er war aber damals nicht als Fluglehrer bei
einer Flugschule registriert. Der Beschwerdeführer trug die drei Flüge,
die mit den inkriminierten Landungen in Ringlikon endeten, als Soloflüge
("S") mit der Bemerkung "Training Aussenland." in sein Flugbuch ein.

    Es ist eine Tatfrage, aus welchem Grund bzw. zu welchem Zweck der
Beschwerdeführer die fraglichen Aussenlandungen durchführte; Rechtsfrage
ist dagegen, ob der angestrebte Zweck als "Ausbildung" im Sinne von
Art. 48 Abs. 2 LFV zu qualifizieren sei.

    a) Es mag zutreffen, dass der Beschwerdeführer im August/September 1986
eine Ausbildung zwecks Erwerbs einer sog. Erweiterung für Landungen im
Gebirge (vgl. Art. 122 des Reglements über die Ausweise für Flugpersonal
vom 25. März 1975 (RFP; SR 748.222.1)) absolvierte; darauf deuten
die verschiedenen Gebirgslandungen unter 2000 m hin, die er gemäss
dem Eintrag in seinem Flugbuch am 6. September 1986 auf dem Rückflug
von Ringlikon nach Samedan durchführte. Das bedeutet indessen nicht,
dass auch die inkriminierten drei Aussenlandungen in Ringlikon/ZH
im Sinne von Art. 48 Abs. 2 LFV zu Ausbildungszwecken erfolgten.
Als Aussenlandungen zu Ausbildungszwecken im Sinne dieser Bestimmung
sind grundsätzlich nur diejenigen Landungen zu qualifizieren, welche im
Rahmen einer Ausbildung zum Zweck des Erwerbs eines bestimmten Ausweises
bzw. einer Erweiterung oder einer Sonderbewilligung etc. (vgl. Art. 1
Abs. 2 RFP) oder zur Auffrischung einer ungenügenden Flugpraxis
durchgeführt werden. Ob Aussenlandungen auf einer Höhe von weniger
als 1100 m ü.M. (vgl. dazu Art. 50 LFV) entgegen der Ansicht des BAZL
überhaupt Bestandteil einer Ausbildung zwecks Erwerbs der Erweiterung
für Landungen im Gebirge sein können, kann mit der Vorinstanz vorliegend
offengelassen werden. Die inkriminierten drei Aussenlandungen, die alle
an der gleichen Stelle in Ringlikon/ZH, auf einer Höhe von nur 633
m ü.M., erfolgten, erscheinen nicht als Bestandteil einer Ausbildung
zwecks Erwerbs der Gebirgserweiterung, sondern als ganz gewöhnliche,
vergleichsweise einfache Aussenlandungen, die vor allem den Zweck hatten,
eine Begleiterin des Beschwerdeführers aussteigen zu lassen. Wohl
mögen auch durch die inkriminierten Aussenlandungen in Ringlikon
die Kenntnisse des Beschwerdeführers gefestigt und vertieft worden
sein. Das ist indessen als gewissermassen zwangsläufige Folge einer jeden
Aussenlandung entgegen den Ausführungen in der Nichtigkeitsbeschwerde für
die Beantwortung der Frage, ob die Landungen im Sinne von Art. 48 Abs. 2
LFV zu Ausbildungszwecken erfolgten, ebenso unerheblich wie die Tatsache,
dass sich der Beschwerdeführer, der kurz nach Bestehen der Prüfung, im
Besitz eines seit dem 31. Juli 1986 gültigen provisorischen Ausweises
mit Kommandantenberechtigung, noch über relativ wenig Erfahrung verfügte,
von einem Inhaber des Fluglehrerausweises begleiten liess. Entgegen den
Ausführungen in der Beschwerdeschrift kann keine Rede davon sein, dass
jeder Flug bzw. jede Landung in Begleitung eines bezahlten Fluglehrers
im Sinne von Art. 48 Abs. 2 LFV zu Ausbildungszwecken erfolgt. Die
inkriminierten Aussenlandungen bildeten nicht Bestandteil einer Ausbildung,
sondern waren, entsprechend den zutreffenden Bemerkungen im Flugbuch des
Beschwerdeführers, "Training"; sie dienten mithin nicht Ausbildungs-,
sondern Übungszwecken (vgl. die diesbezügliche Unterscheidung z.B. in
Art. 8 LFG und Art. 51 LFV), und der Fluglehrer Z. begleitete den
Beschwerdeführer als fachkundiger Passagier.

    Da die inkriminierten Aussenlandungen somit nicht im Sinne von Art. 48
Abs. 2 LFV zu Ausbildungszwecken erfolgten, konnte die erforderliche
Bewilligung nicht von Z. sondern nur vom BAZL erteilt werden. Diese
Bewilligung fehlte. Der objektive Tatbestand von Art. 48 Abs. 1 LFV in
Verbindung mit Art. 91 LFG ist daher erfüllt.

    b) Der Beschwerdeführer war als Kommandant gemäss Art. 7 des
Kommandantenreglements für die Führung des Luftfahrzeuges nach den
gesetzlichen Bestimmungen und damit für das Vorliegen der erforderlichen
Aussenlandebewilligung des BAZL verantwortlich. Er war sich nach den
hinreichend deutlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil seiner
Kommandanteneigenschaft bewusst. Die diesbezügliche Feststellung der
Vorinstanz beruht nach den Ausführungen im Urteil des Kassationshofes zur
staatsrechtlichen Beschwerde gegen den Beschluss des Zürcher Obergerichts
als Kassationsinstanz auf einer vertretbaren Beweiswürdigung. Die
allfällige irrtümliche Annahme des Beschwerdeführers, dass jede
Aussenlandung im Sinne von Art. 48 Abs. 2 LFV zu Ausbildungszwecken
erfolgt, wenn sie von einem noch relativ unerfahrenen Inhaber des
Privatpilotenausweises im Beisein eines bezahlten Fluglehrers durchgeführt
wird, wäre ein rechtlich unerheblicher Subsumtionsirrtum.