Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IV 110



114 IV 110

32. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 30. September 1988
i.S. B. gegen Generalprokurator des Kantons Bern (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    Art. 144 StGB. Hehlerei; Konsum von Deliktsgut.

    Wer sich durch Diebstahl erworbene Nahrungsmittel unentgeltlich zum
Verzehr vorsetzen lässt und sie in der Folge zu sich nimmt, lässt sich
diese im Sinne des Art. 144 StGB schenken.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 144 StGB macht sich der Hehlerei schuldig, wer
eine Sache, von der er weiss oder annehmen muss, dass sie durch eine
strafbare Handlung erlangt worden ist, erwirbt, sich schenken lässt,
zum Pfande nimmt, verheimlicht oder absetzen hilft. Der Hehler wird mit
Strafe bedroht, weil er die Wiederherstellung des durch die strafbare
Vortat gestörten rechtmässigen Zustandes erschwert, die durch jene
geschaffene rechtswidrige Lage perpetuiert, insbesondere den Berechtigten
an der Wiedererlangung seiner Sache hindert (BGE 83 IV 150; vgl. auch
STRATENWERTH, BT I, S. 286).

    a) Im Entscheid vom 2. August 1978 (JdT 127/1979 IV, S. 107) hat der
Kassationshof erkannt, wer sich durch Diebstahl erworbene Genussmittel
unentgeltlich zum Konsum vorsetzen lasse, sie in der Folge zu sich
nehme und sie dadurch ihrer natürlichen Zweckbestimmung zuführe, der
lasse sich diese offensichtlich schenken. An dieser Rechtsprechung
ist festzuhalten, da sie dem Sinn des Art. 144 StGB (BGE 83 IV 150)
entspricht. Insbesondere wird durch den Konsum des Diebesgutes die
Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes vereitelt (vgl. dazu
STRATENWERTH, BT I, S. 286). Ob bereits das Tatbestandsmerkmal des
Erwerbens einer Sache gegeben wäre, das nach dem ursprünglichen Wortlaut
der Entwürfe zum StGB einen weiten, jede Art des entgeltlichen oder
unentgeltlichen Erwerbs umfassenden Sinn hatte (WAIBLINGER, ZStrR 61/1945,
S. 269), kann offengelassen werden.

    b) Dem Beschwerdeführer wird vorgeworfen, er habe sich unentgeltlich
gestohlenes Fleisch vorsetzen lassen und in der Folge verzehrt. Dieser
Sachverhalt stimmt mit dem im angeführten Entscheid beurteilten im
wesentlichen überein; deshalb hat die Vorinstanz den Beschwerdeführer
zu Recht der Hehlerei schuldig gesprochen. Unter diesen Umständen
kann offengelassen werden, ob das vorgeworfene Verhalten auch das
Tatbestandsmerkmal der Absatzhilfe erfüllt (JdT 127/1979 IV S. 107). Der
Beschwerdeführer bringt vor, es fehle an der in der Literatur geforderten
Verfügungsmacht über das Diebesgut (REHBERG, Strafrecht III, 4. Auflage,
S. 78). Dazu kann mit WAIBLINGER gesagt werden, dass man eine Sache
nicht besser erwerben kann, als sie nicht nur an sich, sondern in sich
zu bringen, d.h. sie zu verzehren (ZStrR 61/1945, S. 270). Wer eine
Sache bestimmungsgemäss ge- beziehungsweise verbraucht, verfügt über
sie. Dabei spielt es keine Rolle, ob deliktisch erlangtes Gut sofort oder
erst nachträglich und eventuell an einem andern Ort bestimmungsgemäss
verbraucht wird. Der Hinweis des Beschwerdeführers auf den Fall des
Einspritzenlassens von Rauschgift ist nicht vergleichbar, da sich der
"Täter" lediglich passiv verhält und somit nicht über die Sache verfügt.