Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 91



114 II 91

16. Urteil der I. Zivilabteilung vom 24. März 1988 i.S. Parfums Christian
Dior SA und Mitbeteiligte gegen Impo Import Parfümerien AG (Berufung)
Regeste

    Unlauterer Wettbewerb. Verletzung von Persönlichkeitsrechten.

    1. Prüfung des Streitwertes, der von der Vorinstanz ermittelt wird.
Anwendbares Recht; Bedeutung des neuen UWG (E. 1).

    2. Zulässigkeit und Schutz eines selektiven Vertriebssystems,
das ausschliesslich auf rechtsgeschäftlichen Bindungen beruht
(E. 2). Angebliche Verleitung zu Vertragsbruch und Ausnützung eines
solchen: Beweislast gemäss Art. 8 ZGB (E. 3).

    3. Art. 1 Abs. 1 aUWG. Die Beeinträchtigung relativer Rechte durch
Dritte lässt sich grundsätzlich nicht als widerrechtlich, folglich auch
nicht als wettbewerbswidrig ausgeben. Die Verleitung zu Vertragsbruch
und die Ausnützung eines solchen können dagegen, wenn besondere Umstände
vorliegen, das Verhalten Dritter als unlauter erscheinen lassen. Besondere
Umstände im Sinne der Ausnahme (E. 4).

    4. Umstände, unter denen das Verhalten eines Dritten nicht als
wettbewerbswidrig zu bezeichnen ist (E. 5).

    5. Art. 28 ZGB. Diese Bestimmung bildet keine Grundlage für Ansprüche,
die aus der Beeinträchtigung von wirtschaftlichen Interessen abgeleitet
werden und verleiht relativen Forderungsrechten auch keinen absoluten
Schutz (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Parfums Christian Dior SA, Paris, vertreibt seit 1947
Parfums und kosmetische Erzeugnisse, die sie selber herstellt. Ihr
Sortiment umfasst heute etwa 550 Markenartikel. Sie bedient sich eines
sogenannten selektiven Vertriebssystems für den französischen Markt,
bestehend aus einem Netz von ausgewählten Händlern, die ihr gegenüber
insbesondere verpflichtet sind, Dior-Erzeugnisse nur an Endverbraucher
zu verkaufen. Ihre gleichnamige Zweigniederlassung in Zürich ist
für den Vertrieb in der Schweiz verantwortlich. Sie hat hier durch
Verträge mit ausersehenen Fachgeschäften ein ähnliches Vertriebsnetz
aufgebaut. Diese Geschäfte sind als Depositäre verpflichtet, Dior-Produkte
nur in Detailhandelsmengen und in den Originalpackungen zu verkaufen;
Verkäufe an Wiederverkäufer, die für sie erkennbar als solche auftreten,
sind ihnen untersagt.

    Die Impo Import Parfümerien AG, Zürich, besteht seit 1978. Sie
handelt mit Parfümerie- und Kosmetikwaren und führt in Zürich, Basel,
Bern und Luzern Verkaufsgeschäfte. Sie vertreibt auch Dior-Erzeugnisse,
gehört aber nicht zum Vertriebssystem der Herstellerin; sie beschafft
sich diese Erzeugnisse auf dem sogenannten grauen Markt.

    B.- Im Januar 1986 erwirkten die Parfums Christian Dior SA und ihre
schweizerische Filiale eine vorsorgliche Massnahme gegen die Impo Import
Parfümerien AG, der damit verboten wurde, in ihrem Geschäft in Luzern
Dior-Produkte zu verkaufen; gleichzeitig wurden die Vorräte dieses
Geschäftes beschlagnahmt. Im September 1986 sodann klagten die beiden
Dior-Firmen gegen die Impo mit den Begehren, der Beklagten bei Strafe
zu verbieten, in ihrem Geschäft in Luzern Dior-Produkte anzubieten,
zu verkaufen oder dafür zu werben, die beschlagnahmten Erzeugnisse zu
vernichten, die Beklagte zu Schadenersatz von mindestens Fr. 10'000.--
nebst Zins zu verurteilen und das Urteil veröffentlichen zu lassen. Sie
warfen der Beklagten unlautere Wettbewerbshandlungen und Verletzung
ihrer Persönlichkeitsrechte vor. Die Beklagte widersetzte sich diesen
Begehren und verlangte insbesondere, dass die beschlagnahmten Produkte
freigegeben werden.

    Mit Urteil vom 20. Oktober 1987 wies das Obergericht des Kantons
Luzern die Klage ab und hob die Beschlagnahme auf.

    C.- Die Klägerinnen haben gegen dieses Urteil Berufung eingelegt,
mit der sie an ihren Rechtsbegehren festhalten; eventuell sei die Sache
zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen und das angefochtene
Urteil zu bestätigen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Das Obergericht ist bei der Ermittlung des Streitwertes vom
Bruttogewinn ausgegangen, den die Beklagte im Jahr aus dem Handel mit
Dior-Produkten erzielte; es hat diesen Gewinn auf Fr. 75'000.-- beziffert
und sodann kapitalisiert, was einen Streitwert von Fr. 1'500'000.--
ergibt. Die Beklagte äussert sich dazu nicht, während die Klägerinnen
die ermittelte Summe für übersetzt halten; sie verzichten aber darauf,
ihre Auffassung zu begründen, da der für eine Berufung erforderliche
Streitwert auf jeden Fall erreicht sei. Gegen die Annahme des Obergerichts
ist jedenfalls im Rahmen des Art. 36 OG nichts einzuwenden, weshalb es auch
im Berufungsverfahren dabei bleibt (BGE 104 II 126 E. 1 mit Hinweisen).

    Es ist unbestritten, dass die Rechtsbegehren der Klägerinnen aus
unlauterem Wettbewerb nicht bloss nach schweizerischem, sondern noch nach
den Bestimmungen des alten UWG zu beurteilen sind, das am 1. März 1988
durch die Novelle vom 19. Dezember 1986 (AS 1988 S. 223 ff.) abgelöst
worden ist. Es geht um Wettbewerbsverhältnisse in der Schweiz und
um Tatsachen, die unter der Herrschaft des alten Rechts eingetreten
sind. Das heisst nicht, das neue Recht sei vorliegend unbeachtlich;
es kann durchaus für die Auslegung des alten Rechts von Bedeutung sein,
zumal wenn neue Kriterien oder neu umschriebene Sondertatbestände geeignet
sind, dem Richter die Abgrenzung des lauteren vom unlauteren Wettbewerb zu
erleichtern, insbesondere die Schranken der Generalklausel gemäss Art. 1
Abs. 1 aUWG leichter zu erkennen (vgl. dazu TROLLER, Immaterialgüterrecht
II, 3. Aufl. S. 907/8 und 915).

Erwägung 2

    2.- Das selektive Vertriebssystem der Klägerinnen beruht
ausschliesslich auf rechtsgeschäftlichen Bindungen, welche die
Beteiligten in den Schranken der Vertragsfreiheit an sich selber
festlegen können. Solche Bindungen sind jedenfalls solange nicht
zu beanstanden, als sie nicht gegen Persönlichkeitsrechte verstossen
(Art. 27 ZGB), die Freiheit des Wettbewerbs durch kartellistische Abreden
nicht in unzulässiger Weise beschränken (Art. 6 ff. KG, SR 251), keine
volkswirtschaftlich oder sozial schädlichen Auswirkungen zeitigen (Art. 29
KG) oder einen wirksamen Wettbewerb nicht in anderer Weise, beispielsweise
durch Preismissbrauch im Sinne von Art. 12 f. des Preisüberwachungsgesetzes
(PüG, SR 942.20), beeinträchtigen (SCHLUEP, "Wirksamer Wettbewerb"
Schlüsselbegriff des neuen schweizerischen Wettbewerbsrechts, S. 43 ff.).

    Kartellistisch unzulässige Auswirkungen des streitigen Vertriebssystems
sind hier schon deshalb zu verneinen, weil von einer massgeblichen
Beeinflussung des Marktes durch die Klägerinnen nicht gesprochen werden
kann. Dem widerspricht auch die Beklagte nicht. Dagegen macht sie geltend,
das Absatzsystem der Klägerinnen erübrige sich warentechnisch und sei zudem
wettbewerbswidrig, da es bloss ihre Preise schützen solle. Wie sie indes
selbst einräumt, ändern diese Umstände an der Rechtmässigkeit des Systems
an sich nichts. Die Zulässigkeit markt- und wettbewerbsbezogener Abreden
beurteilt sich nicht positiv nach deren objektiven Notwendigkeit (z.B. aus
Qualitätsgründen), sondern negativ nach einer möglichen Beeinträchtigung
des wirksamen Wettbewerbs und nach Auswirkungen auf die Freiheit Dritter,
sich wirtschaftlich zu betätigen. Die volkswirtschaftliche Bedeutung
solcher Abreden kann dort relevant werden, wo das Gesetz zu einer
Interessenabwägung verpflichtet und Vor- und Nachteile einer Ordnung bei
der Prüfung deren Rechtmässigkeit einander gegenüberzustellen sind, wie
z.B. nach Art. 7 und 29 KG. Preisbindungen sodann vereiteln wirksamen
Wettbewerb nur, wenn sie die Abnehmer daran hindern, ohne erheblichen
Aufwand auf vergleichbare Angebote auszuweichen (Art. 12 Abs. 2 PüG;
BGE 112 II 276 E. 2c). Davon kann im Warenbereich, um den es hier geht,
keine Rede sein.

    Erweist sich das Vertriebsnetz der Klägerinnen aber als rechtmässig,
so ist es nach schweizerischem Recht auch geschützt. Es erübrigt sich daher
eine Auseinandersetzung mit der Auffassung der Beklagten, eine vertragliche
Marktordnung, welche nicht auf den Grundsätzen der Wettbewerbsfreiheit
beruhe, könne den Lauterkeitsschutz nicht geniessen und sei deshalb
im Verhältnis zu Dritten rechtlich von vornherein unbeachtlich. Zu
bemerken ist immerhin, dass die Rechtsgüter des Freiheits- und des
Lauterkeitsschutzes ohnehin nicht identisch sind und dieser nicht schon
dadurch begründet wird, dass jener fehlt und umgekehrt oder dass das Fehlen
des einen auch den andern ausschliesst (BGE 107 II 286 E. 5 mit Zitat).

    Das ist auch der Auffassung entgegenzuhalten, jeder Einbruch in ein
selektives Vertriebssystem beeinträchtige wegen des Prestigeverlustes, der
sich daraus ergebe, die Wettbewerbsrechte von Angehörigen des Systems und
sei widerrechtlich. Die Wettbewerbsfreiheit ist weder schrankenlos noch
ist sie absolut geschützt. Im Verhältnis zu Mitbewerbern begründet sie
bloss einen Lauterkeitsschutz, der nicht Beeinträchtigungen schlechthin,
sondern nur unlauteren Wettbewerbshandlungen Dritter eine Schranke
setzt. Auch zulässige Absatzsysteme geniessen wettbewerbsrechtlich keinen
weitergehenden Schutz. Daran ändert nichts, dass Systeme der streitigen
Art wettbewerbspolitisch bedeutsam und ein wirksames Mittel sein können,
in bestimmten Bereichen die Rolle des freien Wettbewerbs zu gewährleisten
(AHLERT, Die Bedeutung des vertraglichen Selektivvertriebs für den freien
Wettbewerb und die Funktionsfähigkeit von Märkten, in WRP (Wettbewerb in
Recht und Praxis) 33/1987 S. 215 ff.).

Erwägung 3

    3.- Nach dem angefochtenen Urteil haben die Klägerinnen eine einzige
Anfrage der Beklagten bei einem ihrer Vertragspartner nachgewiesen,
der die Bestellung aber nicht ausgeführt habe. Die Klägerinnen erblicken
darin eine Verletzung von Art. 8 ZGB, weil nicht sie zu beweisen hätten,
dass die Beklagte Vertragspartner zu Vertragsbruch verleitet oder einen
solchen ausgenützt habe, sondern weil die Beklagte nachweisen müsse,
dass sie die verkauften Produkte auf lauterem Wege bezogen habe.

    Die Rüge geht fehl. Für die Beweislast besteht im Haftpflichtrecht
gemäss Art. 41 ff. OR keine besondere, von Art. 8 ZGB abweichende
Ordnung. Wer aus einer unerlaubten Handlung Ansprüche ableitet, ist daher
ausschliesslich beweispflichtig dafür, dass die Voraussetzungen der
Haftung gegeben sind, dem Belangten insbesondere ein widerrechtliches
Verhalten vorzuwerfen ist. Andernfalls ist bei nicht bewiesenen
Sachbehauptungen gegen die beweispflichtige Partei zu entscheiden; blosse
Beweisschwierigkeiten rechtfertigen noch keine Überwälzung der Beweislast,
wie die Klägerinnen anzunehmen scheinen (BGE 108 II 186 E. 2 und 107
II 275 mit Hinweisen; KUMMER, N. 240 ff. zu Art. 8 ZGB). Im Bereich des
unlauteren Wettbewerbs, der als Teil des allgemeinen Deliktsrechts gilt,
verhält es sich nicht anders.

Erwägung 4

    4.- Die Beklagte kann sich als Aussenseiterin Dior-Produkte nur
beschaffen, wenn Vertragspartner der Klägerinnen sich über ihre Pflichten
hinwegsetzen. Nach Auffassung des Obergerichts liegt darin kein unlauterer
Wettbewerb, da die Beklagte nicht selbst zum Vertragsbruch verleitet habe
und die Ausnützung fremden Vertragsbruchs in der hier zu beurteilenden
Erscheinungsform nicht als wettbewerbswidrig anzusehen sei. Die Klägerinnen
beharren dagegen auf ihrem Standpunkt, dass der Einbruch der Beklagten
in ihr Vertriebsnetz die Voraussetzungen des unlauteren Wettbewerbs
erfülle; wenn das Verhalten der Beklagten, wie geboten, gesamthaft
betrachtet werde, fehle es namentlich nicht an besondern Umständen,
welche die Ausnützung fremden Vertragsbruchs nach der vorherrschenden
schweizerischen Rechtsauffassung unlauter machten.

    a) Nach der in Art. 1 Abs. 1 aUWG enthaltenen Generalklausel gilt
jeder Missbrauch des wirtschaftlichen Wettbewerbs durch täuschende oder
andere Mittel, die gegen Treu und Glauben verstossen, als unlauter. Die
Klägerinnen berufen sich vor allem auf die allgemeine Bestimmung, die
entgegen der Annahme des Obergerichts auch das Verhalten der Beklagten
erfasse, da diese auf fremde Vertragsbrüche angewiesen sei. Die Frage
nach den Rechtsfolgen eines solchen Verhaltens stellt sich nicht nur im
Wettbewerbsrecht, sondern in der ganzen Privatrechtsordnung. Zu prüfen
ist daher vorweg, inwiefern die Beeinträchtigung relativer Rechte durch
Dritte, die daran nicht beteiligt sind, überhaupt widerrechtlich sein
kann. Dies rechtfertigt sich umso mehr, als der Begriff der Unlauterkeit
des Wettbewerbs dem Deliktsrecht beizuordnen ist und seinerseits als eine
Form der Widerrechtlichkeit erscheint (TROLLER, II S. 914; OFTINGER/STARK,
Schweizerisches Haftpflichtrecht, II/1 S. 25 ff.).

    aa) Die subjektiven Rechte lassen sich nach dem Kreis ihrer
Adressaten in absolute und relative scheiden; Zwischenstufen sind nach
geltendem Recht nicht mehr anzunehmen. Absolute Rechte richten sich gegen
jedermann, relative gegen eine oder mehrere Personen, die bestimmt oder
bestimmbar sind. Die Forderung aus einem Schuldverhältnis, auch aus einem
vertraglichen, ist das typische Beispiel eines relativen Rechts, weil sie
auf einer Sonderbeziehung zwischen bestimmten Personen beruht und nur dem
Schuldner, nicht aber einem unbeteiligten Dritten entgegengehalten werden
kann. Das Bundesgericht hat es deshalb seit Jahrzehnten abgelehnt, in der
Verletzung vertraglicher Rechte durch Dritte eine widerrechtliche Handlung
im Sinne von Art. 41 Abs. 1 OR zu erblicken (BGE 52 II 376, 53 II 333,
63 II 21 f.); es hat daran auch in der neueren Rechtsprechung festgehalten
(BGE 108 II 312 E. 2c und 102 II 340), und die herrschende Lehre ist ihm
gefolgt (BECKER, N. 39 zu Art. 41 OR; OSER/SCHÖNENBERGER, N. 15 ff. zu
Art. 41 OR; VON TUHR/PETER, OR Allg. Teil I S. 410; GUHL/MERZ/KUMMER,
OR 6. Aufl. S. 10; OFTINGER I, 4. Aufl. S. 64 f. und 132 f.).

    Dass ein Dritter neben dem Schuldner, der den Vertrag unmittelbar
verletzt, zu Schadenersatz verpflichtet werden kann, wenn ihm die
vertragliche Bindung bekannt ist, wird nur vereinzelt angenommen, in
Anlehnung an Common Law und französisches Recht insbesondere von GROSSEN
(La responsabilité du tiers complice de la violation d'un contrat,
in Festgabe Schönenberger S. 121 ff.). Diese Auffassung vermochte sich
indes nicht durchzusetzen; sie stiess vielmehr auf berechtigte Kritik,
weil sie der Rechtsentwicklung zuwiderläuft (KRAMER, OR Allg. Einl. N. 56)
und dazu führen würde, zwischen absoluten und relativen Rechten wieder eine
Zwischenstufe anzunehmen (MERZ, Obligationenrecht, in Schweiz. Privatrecht
(SPR) VI/1 S. 58).

    Nach der angeführten Rechtsprechnung kann dagegen in der Verleitung
zum Vertragsbruch und in der Ausbeutung einer Vertragsverletzung
ein sittenwidriges Verhalten im Sinne von Art. 41 Abs. 2 OR erblickt
werden und eine Schadenersatzpflicht des Dritten deshalb als begründet
erscheinen. Dies setzt aber besondere Umstände voraus, welche die
Ausdehnung der Haftung rechtfertigen, was z.B. anzunehmen ist, wenn der
Vertrag mit Wissen des Dritten in Schädigungsabsicht verletzt wird (BGE
108 II 312 E. 2c, 53 II 332/33 und 52 II 376 f.). Auch diese Grundsätze
werden von der Lehre gebilligt, die jedoch mit Recht hervorhebt, dass
die Ausdehnung der Haftung als Ausnahme zu verstehen und davon nur mit
Zurückhaltung Gebrauch zu machen ist (vgl. nebst der hiervor zitierten
Lehre insbes. BREHM, N. 255 zu Art. 41 OR; GAUCH/SCHLUEP, OR Allg. Teil I
4. Aufl. Rz. 509; MERZ, aaO S. 59). Darauf zurückzukommen, besteht daher
kein Anlass.

    bb) Das Bundesgericht hat bereits in seiner Rechtsprechung zu
Art. 48 OR, der durch das UWG von 1943 ersetzt worden ist, den Begriff
des unlauteren Wettbewerbs in Anlehnung an seine Praxis zu Art. 41 OR
ausgelegt, wenn es um die Beeinträchtigung von Vertragsrechten durch
Dritte ging. Es hat den relativen Rechten auch in diesem Bereich keinen
umfassenden Schutz zuerkannt (BGE 53 II 332), aber eingeräumt, dass
in der fortgesetzten Ausnützung solchen Verhaltens unter Umständen ein
Verstoss gegen Treu und Glauben liegen kann, der den Verletzten berechtigt,
Abhilfe zu verlangen (BGE 52 II 380 E. 4). Das gilt, wie in BGE 57 II 338
unten beiläufig bemerkt worden ist, z.B. für die Abwerbung von Kunden,
die vertraglich gebunden sind.

    Das UWG von 1943 enthält in Art. 1 Abs. 2 über die Beeinträchtigung
fremder Schuldverhältnisse drei Sondertatbestände, nämlich das sogenannte
"Schmieren" (lit. e), die Verleitung zur Verletzung von Fabrikations- und
Geschäftsgeheimnissen (lit. f) sowie deren Ausnützung (lit. g). Im Bereich
der Geheimnisverletzung wird die Verleitung dazu schlechthin als unlauter
bezeichnet, die Ausnützung dagegen nur, wenn die Kenntnis der verwerteten
Geheimnisse wider Treu und Glauben, namentlich durch Auskundschaften,
erlangt wird. An diese Unterscheidung hat sich das Bundesgericht auch
bei der Auslegung der altrechtlichen Generalklausel (Art. 1 Abs. 1 aUWG)
gehalten, indem es festhielt, die Ausnützung einer solchen Verletzung
verstosse nicht ohne weiteres, sondern nur unter besondern Umständen gegen
Treu und Glauben; andernfalls würde das Recht des Aussenseiters auf freie
Berufsausübung unzulässig eingeengt (BGE 86 II 112/13; vgl. auch BGE 95
IV 100 f.). Auch dem hat sich die herrschende Lehre angeschlossen, die
übrigens zu Recht auf die Verwandtschaft zwischen Verstössen gegen Treu
und Glauben gemäss Art. 1 aUWG und unerlaubten Handlungen im Sinne von
Art. 41 OR verweist (GERMANN, Concurrence déloyale, S. 307 ff.; VON BÜREN,
Kommentar zum UWG, S. 10 N. 19 und S. 65 N. 62; L. DAVID, Schweizerisches
Wettbewerbsrecht, S. 24 ff.). Auf dem gleichen Grundgedanken beruht der
1962 ins alte UWG eingefügte Art. 1 Abs. 2 lit. k, wonach die Verleitung
zum Verzicht auf einen Abzahlungs- oder einen Vorauszahlungsvertrag nur
unlauter ist, wenn damit der Abschluss eines eigenen Vertrages bezweckt
wird.

    Das neue UWG befasst sich mit der Verleitung zum Vertragsbruch und
mit der Ausnützung eines solchen in Art. 4 und 6, die mit einer Ausnahme
Bestimmungen des bisherigen Rechts entsprechen. Teilweise neu ist, dass
nach Art. 4 lit. a unlauter handelt, wer Abnehmer zum Vertragsbruch
verleitet, um selber mit ihnen einen Vertrag abschliessen zu können,
wobei der Abnehmer kein Endverbraucher sein muss; die frühere Bestimmung
sollte in diesem Sinn erweitert werden (Botschaft zum Entwurf, in BBl
1983 II 1069; Sten.Bull. NR 1985 S. 841). Dass der Störer an die Stelle
des ausgebooteten Vertragspartners trete, verlangt die neue Bestimmung
nicht. Weitere Fälle der Verleitung zur Vertragsverletzung sollten
vielmehr wie bisher unter die Generalklausel fallen, wenn sie deren
Anwendung rechtfertigen (TROLLER, II S. 948). Von Art. 4 lit. a UWG nicht
erfasste Handlungen gelten daher auch nach neuem Recht nicht ohne weiteres
als unlauter, sondern nur dann, wenn sich dieses Merkmal aus besondern
Umständen ergibt. Das folgt übrigens auch aus den ausdrücklich geregelten
Sondertatbeständen, denen ebenfalls solche Umstände zugrunde liegen.

    cc) Eine Anlehnung an das Common Law oder an französisches Recht
fällt ausser Betracht, da danach die Verletzung fremder Vertragsrechte
schon nach dem allgemeinen Deliktsrecht als widerrechtlich gilt, weshalb
auch die wettbewerbsrechtliche Beurteilung solcher Handlungen auf andern
Grundlagen beruht (GROSSEN, aaO S. 121 ff.; zum französischen Recht ferner
R. KRASSER, Der Schutz vertraglicher Rechte gegen Eingriffe Dritter,
S. 10 ff. und 68). Ähnlich verhält es sich in den Beneluxstaaten, wo die
Ausnützung fremder Vertragsverletzungen deliktsrechtlich ebenfalls als
rechtswidrig erachtet wird, Verkäufe ausserhalb eines Vertriebssystems,
das vom Hersteller vorgeschrieben wird, davon aber wettbewerbsrechtlich
ausgenommen werden (VERKADE, Unlautere Ausnutzung und Beeinträchtigung
des guten Rufs bekannter Marken, Namen und Herkunftsangaben, in GRUR
Int. 1986 S. 17 ff. und 23; R. KRASSER, aaO S. 70 ff.).

    Nach österreichischer Rechtsprechung gelten die Verleitung zum
Vertragsbruch und die Beteiligung an fremdem Vertragsbruch bei Kenntnis der
Umstände nicht nur als widerrechtlich, sondern auch als wettbewerbswidrig;
bei Preisbindungen haftet selbst der Aussenseiter gemäss § 1 öUWG, was
in der Lehre allerdings als zu weitgehend kritisiert wird, weil solche
Bindungen keine Drittwirkungen zu entfalten vermöchten. Greift ein
Dritter in das Alleinvertriebsrecht eines andern ein, ist dies dagegen
nur zu beanstanden, wenn er sich die Ware auf unlautere Weise verschafft
(RUMMEL/KOZIOL, Österreichisches Haftpflichtrecht II, 2. Aufl. S. 280
mit Hinweisen in Anm. 135 f.).

    Nach deutscher Lehre und Rechtsprechung gelten Forderungsrechte
Dritter grundsätzlich nicht als "andere Rechte" im Sinne von § 823 BGB, die
Verleitung zum Vertragsbruch und die Ausnützung eines solchen folglich auch
nicht als rechtswidrig; besondere Umstände können solche Handlungen dagegen
im Sinne von § 826 BGB sittenwidrig machen (R. KRASSER, aaO S. 87 mit
Zitaten). Die deutsche Rechtsauffassung deckt sich deshalb im wesentlichen
mit der schweizerischen, zumal sie die beiden Tatbestände ebenfalls
auseinanderhält, indem sie die Verleitung zum Vertragsbruch allgemein als
wettbewerbswidrig erachtet, wenn damit Wettbewerbszwecke verfolgt werden,
das Ausnützen eines Vertragsbruchs dagegen nur, wenn besondere Umstände
für Sittenwidrigkeit sprechen (ULMER-REIMER, Das Recht des unlauteren
Wettbewerbs in den Mitgliedstaaten der EWG III, S. 247 ff. und 742 ff.;
BAUMBACH/HEFERMEHL, Wettbewerbsrecht, 15. Aufl. N. 643 ff. zu § 1 dtUWG;
VON GODIN, Wettbewerbsrecht, 2. Aufl. N. 174 zu § 1 dtUWG).

    dd) Für das schweizerische Recht ist daran festzuhalten, dass die
Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte auch wettbewerbsrechtlich
nur dann als unzulässig anzusehen ist, wenn besondere Umstände sie
als Verstoss gegen Treu und Glauben erscheinen lassen. Das folgt nicht
nur aus der Entwicklung des Wettbewerbsrechts, seinem Wesen als Teil
der Privatrechtsordnung sowie aus den gesetzlichen Sondertatbeständen,
die als Erläuterung der Generalklausel zu verstehen sind; das entspricht
auch ständiger Rechtsprechung und herrschender Lehre. Diesen Schutzbereich
auszudehnen, besteht jedenfalls nach dem alten Recht, das vorliegend noch
anwendbar ist, kein Anlass.

    Ob die Verleitung zum Vertragsbruch entsprechend der inhaltlich
verwandten Rechtsordnung Deutschlands grundsätzlich auch nach
schweizerischem Recht als unlauter zu gelten hat, kann dagegen
offenbleiben; für einen solchen Vorwurf liegt hier, wie das Obergericht
feststellt, schon in tatsächlicher Hinsicht nichts vor. Auch lässt sich
nicht sagen, die Vorinstanz habe dabei den Rechtsbegriff der Verleitung
verkannt; sie hat es vielmehr zu Recht abgelehnt, eine einfache Anfrage
der Beklagten bei einem Vertragspartner der Klägerinnen einer Verleitung
gleichzusetzen. Der Begriff der Unlauterkeit würde offensichtlich
überspannt, wollte man bereits den Versuch eines Aussenseiters, einen
Angehörigen eines Selektivvertriebes zu einer Lieferung zu veranlassen,
als sittenwidrig bezeichnen, wie dies von den Klägerinnen verlangt wird
(vgl. dazu TROLLER, II 948; BAUMBACH/HEFERMEHL, N. 708 zu § 1 dtUWG).

    b) Besondere Umstände, welche die Ausnützung eines fremden
Vertragsbruches als unlauter erscheinen lassen, können sich nach der
Rechtsprechung insbesondere aus der Art und dem Zweck des Vorgehens
ergeben, was z.B. bei Schädigungsabsicht aus blosser Rachsucht oder
arglistiger Täuschung des Lieferanten anzunehmen ist (BGE 57 II 339,
52 II 377). In Frage kommen ferner persönliche Beziehungen des Störers
zum Verpflichteten, wenn dieser sich z.B. mit Hilfe jenes über
ein Konkurrenzverbot hinwegsetzt (BGE 53 II 333/34). Die Ausnützung
eines Vertragsbruches, der in der blossen Umgehung einer geschlossenen
Marktordnung oder vertraglicher Preisbindungen besteht, reicht für sich
allein dagegen nicht aus, selbst wenn solche Bindungen sich zur Erhaltung
gesunder Verhältnisse in einem bestimmten Gewerbezweig strukturpolitisch
als notwendig erweisen (BGE 86 II 113/14, 52 II 381/82).

    Das schweizerische Schrifttum geht unter Hinweis auf diese
Rechtsprechung und Gesetzesmaterialien, insbesondere auf BBl 1934 II
533/34, von den gleichen Kriterien aus (VON BÜREN, aaO S. 65 N. 62;
GERMANN, aaO S. 308; P. H. EULAU, Verleitung zum Vertragsbruch und
Ausnutzung fremden Vertragsbruchs, Diss. Basel 1976, S. 71 und
97 ff.). In der Beurteilung der Umstände kommt es nach deutscher
Lehre und Rechtsprechung vor allem auf die Art und Weise an, wie der
Dritte sich durch die Ausnützung fremden Vertragsbruchs einen eigenen
Wettbewerbsvorteil zu verschaffen sucht. Bei Einbrüchen in lückenlose
Preis- oder Vertriebssysteme ist die Wettbewerbswidrigkeit in der
Regel dagegen schon zu bejahen, wenn der Aussenseiter sich gegenüber
gebundenen Konkurrenten oder andern Aussenseitern einen preis-
oder sortimentsbezogenen Vorteil zu sichern vermag, da diesfalls der
besondere Umstand bereits in der Lückenlosigkeit des Systems erblickt
wird (BAUMBACH/HEFERMEHL, N. 652 ff. und 748/49 zu § 1 dtUWG; VON GODIN,
N. 174 und 184 zu § 1 dtUWG).

    Eine solche Ausnahme für Preis- oder Vertriebssysteme ist nach
schweizerischem Recht abzulehnen, da die Lückenlosigkeit als solche
sich nicht als besondern Umstand ausgeben lässt und ein Einbruch in
eine fremde Ordnung sich jedenfalls als sittenwidrig erweisen muss, um
Wettbewerbswidrigkeit begründen zu können. Dies lässt sich von der blossen
Ausnützung eines fremden Vertragsbruchs aber nicht sagen, gleichviel
ob es um einen Einzelvertrag oder um ein System von Verträgen geht;
andernfalls würde die betroffene Bindung unbekümmert darum, dass sie
sich in relativen Rechten erschöpft, gegen jede Beeinträchtigung, also
absolut geschützt. Dass der Dritte dadurch einen wettbewerbsrechtlichen
Vorteil erlangen kann, vermag für sich allein den Vorwurf der Unlauterkeit
ebenfalls nicht zu begründen (BGE 86 II 113). Das Streben nach solchen
Vorteilen gehört zum Begriff des freien Wettbewerbs und ist nicht zu
beanstanden, solange es auf lauteren Mitteln beruht. Daran ändert auch
die mögliche markt- und strukturpolitische Bedeutung des Systems nichts.
Ob eine Handlung als lauter oder als unlauter anzusehen ist, beurteilt
sich nach dem Grundsatz von Treu und Glauben und nicht danach, von
wem die Handlung ausgeht oder wer von ihr betroffen wird (BGE 107 II
282). So wenig ein Preis, der betriebswirtschaftlich gerechtfertigt
ist, vor Unterbietungen durch Dritte geschützt ist, so wenig vermag ein
marktpolitisch erwünschtes Vertriebssystem seiner funktionalen Vorteile
wegen wettbewerbsrechtlich eine Sonderbehandlung zu rechtfertigen;
jedenfalls geht es nicht an, eine solche Behandlung im Wege der
Rechtsanwendung einzuführen.

Erwägung 5

    5.- Fragen kann sich somit bloss, ob vorliegend im Sinne der
Rechtsprechung und schweizerischen Schrifttums von besondern Umständen
gesprochen werden kann, die das Vorgehen der Beklagten als unlauter und
damit als wettbewerbswidrig erscheinen lassen. Dass die Beschaffung von
Dior-Produkten durch einen Aussenseiter nur unter solchen Umständen als
widerrechtlich bezeichnet werden kann, anerkennen auch die Klägerinnen,
weshalb dahingestellt bleiben mag, was sie mit dem Vorhalt, das Obergericht
verlange nicht bloss gravierende, sondern besonders gravierende Umstände,
dartun wollen. Sie machen ferner zu Recht nicht geltend, ihr Vertriebsnetz
sei wettbewerbsrechtlich absolut geschützt. Ihr Vorwurf sodann, die
Beklagte habe Vertragspartner zu Vertragsverletzungen verleitet, scheitert
schon an verbindlichen Feststellungen des Obergerichts, fällt folglich bei
der Prüfung der Begleitumstände ausser Betracht. Zu prüfen bleibt dagegen,
wie es sich mit der angeblichen Ausnützung von Vertragsverletzungen unter
diesem Gesichtspunkt verhält.

    a) Erschwerende Umstände, welche den Handel eines Aussenseiters mit
Erzeugnissen der streitigen Art unlauter machen sollen, erblicken die
Klägerinnen darin, dass die Beklagte Dior-Produkte bezogen und vertrieben
hat, auf denen die Kontrollnummern entfernt worden seien. Der Vertrieb von
Waren mit beseitigten Verkaufscodes gilt schon nach BGE 86 II 112 E. 2
nicht als unlauterer Wettbewerb. Ausnahmen sind zwar denkbar, z.B. wenn
die Veränderung die Qualität der Ware oder schutzwürdige Interessen des
Herstellers an einer unversehrten Ausstattung der Ware berührt (SJZ 53/1957
S. 367; K. TROLLER, in Schweiz. Mitteilungen über Immaterialgüterrechte
(SMI) 1987 S. 23 ff. insbes. S. 33; MARTIN-ACHARD, in SMI 1953 S. 119
ff.). Entgegen der Auffassung der Klägerinnen geht es aber nicht an,
den Lauterkeitsschutz des Wettbewerbsrechts leichthin auf die äussere
Aufmachung oder Kennzeichnung der Ware auszudehnen. Dies gilt umso mehr,
als Verkaufscodes zur Kontrolle des Warenweges oder zur Überwachung
eines Selektivvertriebs wettbewerbsrechtlich an sich nicht geschützt
sind. Die Auffassung der Klägerinnen läuft genau besehen darauf hinaus,
für relative Rechte und einen möglichen Imageverlust durch Einbrüche in
ihr Vertriebsnetz umfassenden Schutz zu beanspruchen, wofür sie sich aber
nicht auf Wettbewerbsrecht berufen können.

    Das ist auch den Einwänden entgegenzuhalten, welche die Klägerinnen
aus der Rolle der Fabrikationscodes ableiten. Selbst wenn diese Codes
unter anderem der Qualitätskontrolle dienen, lässt sich ihre Entfernung
nicht als Beeinträchtigung wettbewerbsrechtlicher Konsumenteninteressen
ausgeben, sind sie doch so verschlüsselt gehalten, dass sie vom Konsumenten
ohne weitere Angaben nicht zu verstehen sind. Wie es sich diesfalls mit
allgemein verständlichen Codes, z.B. mit geläufigen Verfalldaten, verhalten
würde, braucht nicht entschieden zu werden. Die Möglichkeit sodann, ganze
Serien wegen Gefährdung der Gesundheit zurückzurufen, erscheint nach der
Erfahrung zu entfernt, als dass sie eine Ausnahme von den allgemeinen
Grundsätzen des Wettbewerbsrechts zu rechtfertigen vermöchte.

    Wie aus den Akten erhellt, sind die Packungen durch das Entfernen von
Codes übrigens sehr geringfügig verändert worden; auffällige Beschädigungen
sind nicht zu ersehen, weshalb auch die Berufung auf Ausstattungsschutz
fehlgeht. Dazu kommt, dass Kunden von Discountgeschäften nicht nur
der Beratung und Bedienung, sondern auch der äussern Aufmachung und
Präsentation der Ware erfahrungsgemäss weniger Bedeutung beimessen, weil
sie in solchen Geschäften billiger einkaufen können, als in herkömmlichen
Fachgeschäften (vgl. BGE 94 IV 37 E. 1a). Dass dies bei Luxusartikeln
insbesondere wegen des sogenannten "Snob-Effektes" (AHLERT, aaO S. 223) zu
einem Prestigeverlust des Herstellers und seiner ausgewählten Fachhändler
führen kann, ist eine Folge des relativen Schutzes und rechtfertigt den
Vorwurf der Unlauterkeit schon deshalb nicht. Ähnlich verhält es sich
mit der Kritik der Klägerinnen an den Verkaufs- und Preisetiketten der
Beklagten. Klebeetiketten mit Angaben über Preis und Verkaufsgeschäft
sind wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden und selbst im gebundenen
Fachhandel üblich.

    b) Als unbehelflich erweist sich ferner der Einwand, dass die
Beklagte Produkte verkaufe, welche nach dem Hinweis auf der Verpackung
nur durch ausgewählte Händler vertrieben werden dürften; darin seien
Verstösse im Sinne von Art. 1 Abs. 2 aUWG zu erblicken. Gewiss kann
unter die vom Gesetz (Abs. 2 lit. b) verpönte Irreführung auch fallen,
wer sich eines Agentur- oder Vertretungsverhältnisses rühmt, das nicht
besteht (VON BÜREN, aaO S 79 N. 25). Das setzt indes mehr als den
Verkauf ausserhalb eines Selektivvertriebs voraus. Wettbewerbswidrig
wird auch ein solcher Verkauf erst, wenn besondere Umstände, z.B. die
werbehafte Vortäuschung eines Vertretungsverhältnisses, das Geschäft als
unlauter erscheinen lassen. Für eine Verwechslungsgefahr (Abs. 2 lit. d)
von Kennzeichnungsrechten sodann liegt schon nach den tatsächlichen
Feststellungen des Obergerichts nichts vor.

    Allgemeine marktpolitische, wirtschaftsethische und rechtsvergleichende
Überlegungen schliesslich, welche die Klägerinnen ergänzend
berücksichtigt wissen wollen, lassen sich zum vorneherein nicht als
besondere Umstände des Einzelfalles ausgeben, fallen folglich bei der
Prüfung der behaupteten Wettbewerbswidrigkeit ausser Betracht. Darüber
hilft auch eine "mosaikartige Betrachtungsweise des Gesamtverhaltens"
nicht hinweg, wie sie von den Klägerinnen befürwortet wird.

Erwägung 6

    6.- Die Klägerinnen werfen dem Obergericht eine Verletzung von Art. 28
ZGB vor, den es entgegen dem klaren Wortlaut der Bestimmung auslege; die
Herstellerfirma der streitigen Produkte sei auch in ihrer wirtschaftlichen
Persönlichkeit zu schützen, da für Rechtfertigungsgründe im Sinne von
Abs. 2 der Bestimmung nichts vorliege.

    Dem ist vorweg entgegenzuhalten, dass es grundsätzlich nicht angeht,
Lücken des Leistungsschutzrechtes auf dem Umweg über eine allgemeine
Norm ausfüllen zu wollen; dies gilt in Bereichen wie hier umso mehr, als
offensichtlich wirtschaftliche Interessen auf dem Spiele stehen und in
Art. 28 ZGB keine Rechtsgrundlage für derartige Ansprüche zu erblicken ist
(BGE 110 II 417 E. 3a mit Zitaten). Dazu kommt, dass auch das allgemeine
Persönlichkeitsrecht relativen Forderungsrechten keinen absoluten Schutz
zu verleihen vermag, es insoweit vielmehr beim Lauterkeitsschutz des
Wettbewerbsrechts sein Bewenden hat. Dass aber das Verhalten der Beklagten
die Klägerinnen in einer über diesen Schutz hinausgehenden Weise in ihren
Persönlichkeitsrechten beeinträchtigt hätte, wird mit Recht nicht geltend
gemacht. Die Frage, ob die Beklagte sich auf Rechtfertigungsgründe berufen
könnte, stellt sich daher nicht.

Entscheid:

              Demnach erkennt das Bundesgericht:

    Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann,
und das Urteil des Obergerichts (I. Kammer) des Kantons Luzern vom
20. Oktober 1987 wird bestätigt.