Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 404



114 II 404

78. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 17. November
1988 i.S. A. gegen Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Bürgerrecht der verheirateten Frau; Art. 161 ZGB und Art. 8b SchlT ZGB.

    Art. 161 ZGB und Art. 8b SchlT ZGB beziehen sich nicht nur auf die
Bürgerrechte, welche die Frau vor ihrer ersten Heirat besessen hat,
sondern auch auf diejenigen, die sie als Witwe oder geschiedene Frau
durch Einbürgerung erhalten hat. Die Frau kann sogar ein während einer
früheren Ehe durch Einbürgerung erworbenes Kantons- und Gemeindebürgerrecht
beibehalten, wenn sie bei der Wiederverheiratung kein Ledigenbürgerrecht
besitzt.

Sachverhalt

    A.- M. A. erwarb nach Auflösung ihrer ersten Ehe durch Einbürgerung
das Bürgerrecht der Gemeinde Riehen BS. Am 6. Mai 1988 ging sie mit R. B.,
Bürger von Rapperswil BE, eine zweite Ehe ein. In der Rubrik "Heimatorte
der Frau nach der Eheschliessung" im Eheregister vermerkte der zuständige
Zivilstandsbeamte nur den Heimatort des Mannes, ohne auch das von der
Ehefrau erworbene Bürgerrecht der Gemeinde Riehen aufzuführen.

    B.- Dagegen erhob M. A. beim Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt
Beschwerde. Sie verlangte, dass ihr gestattet werde, nach ihrer zweiten
Heirat das nach Auflösung der ersten Ehe durch Einbürgerung erworbene
Bürgerrecht beizubehalten.

    Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt wies die Beschwerde
mit Entscheid vom 15. Juni 1988 ab.

    C.- Mit Eingabe vom 12. Juli 1988 erklärte M. A. "Einspruch" gegen
diesen Entscheid. Sie vertrat nach wie vor die Auffassung, dass ihr das
Bürgerrecht der Gemeinde Riehen nach ihrer Wiederverheiratung zustehen
sollte.

    Das Justizdepartement des Kantons Basel-Stadt beantragt, die Beschwerde
abzuweisen und den angefochtenen Entscheid zu bestätigen.

    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement verzichtet in seiner
Vernehmlassung zur Beschwerde auf einen ausdrücklichen Antrag.

    Das Bundesgericht heisst die Verwaltungsgerichtsbeschwerde gut.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Art. 161 ZGB bestimmt, dass die Ehefrau das Bürgerrecht des
Ehemannes erhält, ohne das Bürgerrecht zu verlieren, das sie als ledig
hatte. Desgleichen sieht Art. 8b SchlT ZGB als Übergangsbestimmung vor,
dass die Schweizerin, die sich unter dem bisherigen Recht verheiratet
hat, binnen Jahresfrist seit Inkrafttreten des neuen Rechts gegenüber
der zuständigen Behörde ihres ehemaligen Heimatkantons erklären kann, sie
nehme das Bürgerrecht, das sie als ledig hatte, wieder an. Im vorliegenden
Fall geht es nicht um die Anwendung dieser Übergangsbestimmung, sondern
unmittelbar um jene von Art. 161 ZGB. Indessen kommt der Frage, wie
Art. 161 ZGB auszulegen sei, auch Bedeutung für die übergangsrechtlichen
Verhältnisse zu, stimmen doch beide Vorschriften in ihrem Wortlaut
überein. Desgleichen muss davon ausgegangen werden, dass ihr Sinn
und Zweck, soweit sie bei der Auslegung eine Rolle spielen, sich
entsprechen. Es rechtfertigt sich daher, auch Art. 8b SchlT ZGB in die
Betrachtung miteinzubeziehen.

    a) Das kantonale Justizdepartement ist der Ansicht, dass der Wortlaut
von Art. 161 ZGB klar und eindeutig sei und somit keinen Spielraum
für eine Interpretation zulasse. Die Ehefrau könne entsprechend diesem
Wortlaut nur das Bürgerrecht behalten, das sie als ledig, d.h. vor ihrer
ersten Heirat, besessen habe. Das Justizdepartement gibt zwar zu, dass
diese Auffassung, die mit jener des Zivilstandsamtes übereinstimmt,
zu teilweise unbefriedigenden Konsequenzen führe, weil danach eine
Frau, die ihr Bürgerrecht nach Auflösung einer ersten Ehe willentlich
durch Einbürgerung erworben hat, dieses bei Eingehung einer weiteren
Ehe verliert, während sie ihr "angestammtes" Bürgerrecht, zu dem sie
möglicherweise keine oder weniger enge Beziehungen hat, behält bzw. wieder
annehmen muss. Diese unter Umständen widersinnige Folge des neuen Rechts
muss nach Auffassung der Vorinstanz aber aufgrund des unzweideutigen und
daher nicht auslegungsbedürftigen Gesetzestextes in Kauf genommen werden.

    b) Dem kantonalen Justizdepartement ist beizupflichten, dass der
Wortlaut von Art. 161 ZGB mit dem Ausdruck "das Bürgerrecht, das sie als
ledig hatte", auf das Bürgerrecht hinweist, das die Frau vor Eingehen
ihrer ersten Ehe besessen hat. Da dieses enge Verständnis des Art. 161
ZGB sowie des Art. 8b SchlT ZGB der Auffassung des Bundesrates und des
Eidgenössischen Zivilstandswesens entsprach, fand es Eingang in die
Verordnung über die Zivilstandsformulare vom 29. August 1987 und seinen
Niederschlag im Formular der Zivilstandsämter betreffend Eheverkündigung
(Verkündakt). Nach diesem Formular ist abzuklären, ob die bereits
verheiratet gewesene Verlobte schon als ledig Bürgerin einer Gemeinde des
Zivilstandskreises war. Die Auffassung des kantonalen Justizdepartementes
stimmt somit mit der Betrachtungsweise des Bundesrates überein.

Erwägung 3

    3.- Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist eine
Gesetzesbestimmung in erster Linie nach ihrem Wortlaut auszulegen (BGE
110 Ib 61 E. b, 108 V 240 E. b und 105 II 138 E. a mit Hinweis). An einen
klaren und unzweideutigen Gesetzeswortlaut ist die rechtsanwendende Behörde
grundsätzlich gebunden. Indessen gilt dieser Grundsatz nicht unbeschränkt,
da es möglich ist, dass der Wortlaut einer Norm nicht ihren wirklichen
Sinn wiedergibt (BGE 103 Ia 117 mit Hinweisen). Eine Interpretation
gegen den Wortlaut einer Bestimmung muss demnach zulässig sein, wenn
auch nur in Ausnahmefällen (BGE 108 Ib 401). Bei der Auslegung einer
zivilrechtlichen Norm, wozu Art. 161 ZGB in formeller Hinsicht gehört, auch
wenn er materiell öffentliches Bundesrecht enthält, ist zudem Art. 1 Abs. 1
ZGB zu beachten. Diese Bestimmung sieht vor, dass durch Auslegung aus dem
Gesetz eine Regel abgeleitet werden darf, die über den Wortlaut hinausgeht
(BGE 108 Ib 401). Scheinen demnach die Folgen der Anwendung einer Norm
der Absicht des Gesetzgebers nicht zu entsprechen oder ist eine Bestimmung
trotz ihres scheinbar klaren Wortlauts unklar, so ist nach dem wahren Sinn
und Zweck der Norm zu suchen. Dieser wird sich in erster Linie aus der
Entstehungsgeschichte und dem Willen des Gesetzgebers ergeben. Vermögen
indessen die Gesetzesmaterialien hierüber keinen hinreichenden Aufschluss
zu erteilen, hat der Richter die wahre Tragweite der Norm zu ermitteln,
wie sie sich aus dem Zusammenhang mit andern Gesetzesbestimmungen oder aus
den dem Gesetzestext zugrundeliegenden Wertungen ergibt (BGE 101 Ia 207,
104 II 14 und 52, 105 II 138 E. a und 108 V 240).

Erwägung 4

    4.- Dass im Zusammenhang mit der Revision des Eherechts auch Art. 161
aZGB abgeändert werden musste, war vor allem eine Folge der Bestrebungen
um Gleichberechtigung der Geschlechter, die in Art. 4 Abs. 2 BV ihren
Niederschlag gefunden haben. Der Verlust ihres bisherigen Bürgerrechts war
für die Ehefrau oftmals auch mit einer Einschränkung von für die konkrete
Lebensgestaltung entscheidenden Rechten verbunden, wie die Zulassung zur
Anwaltsprüfung, Teilhabe am Ortsbürgernutzen, Anspruch auf Stipendien,
Stimmrecht in Bürgerrechtsangelegenheiten usw. Zudem kann dieser Verlust
den Bereich ideeller Verbundenheit oder Verwurzelung berühren, dem der
Gesetzgeber im neuen Recht ebenfalls Rechnung zu tragen hatte.

    Das Parlament war sich bei den Beratungen zum geltenden Art. 161
ZGB bewusst, dass es vorerst einmal zwischen der Gleichstellung der
Ehegatten im Bürgerrecht und dem Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts
in der Familie zu entscheiden galt. Jenen Kreisen, die eine vollständige
Gleichstellung der Ehegatten in dem Sinne anstrebten, dass jeder Gatte
sein bzw. seine bisherigen Bürgerrechte behält, musste bei Beginn der
parlamentarischen Beratungen die Verfassungsvorschrift von Art. 54
Abs. 4 BV entgegengehalten werden. Sie bestimmte, dass die Frau durch
den Abschluss der Ehe das Heimatrecht des Mannes erwirbt. Lehre
und Rechtsprechung hatten aus dieser Verfassungsnorm gleichzeitig
abgeleitet, dass die Schweizerin, die einen Schweizer heiratete, ihr
bisheriges Bürgerrecht verlor (BGE 108 Ib 402). Nachdem Art. 54 Abs. 4
BV am 4. Dezember 1983 aufgehoben worden war, wollte das Parlament
auf den Grundsatz der Einheit des Bürgerrechts in der Familie nicht
mehr zurückkommen. Es sollte dabei bleiben, dass für die verheiratete
Frau hinsichtlich ihrer bisherigen Bürgerrechte eine Sonderregelung
zu treffen sei, mindestens bis aufgrund des neuen Verfassungsrechts
die Bürgerrechtsgesetzgebung einer Überprüfung unterzogen werde
(vgl. Amtl.Bull. NR 1983 S. 641 f.: Votum Petitpierre).

    Der Ständerat hatte vorerst beschlossen, der Ehefrau neben
dem durch die Ehe erworbenen die bisherigen Bürgerrechte zu belassen
(Amtl.Bull. StR 1981 S. 71). Diese Lösung hätte jedoch zu einer Anhäufung
von Bürgerrechten geführt, wenn eine Frau mehrere Ehen eingeht, was
verhindert werden wollte. Eine Minderheit der vorberatenden Kommission
des Nationalrates folgte daher dem Vorschlag des Eidgenössischen Justiz-
und Polizeidepartementes, die Frau solle nur jene Bürgerrechte behalten
können, die sie als ledig besass. Ein Antrag, der klargestellt hätte,
dass die durch Einbürgerung erworbenen Bürgerrechte beibehalten werden,
wurde von der nationalrätlichen Kommission nicht weiter verfolgt,
weil sie der Meinung war, eine solche Klarstellung sei wegen der
Verschiedenartigkeit der Sachverhalte kaum möglich; zudem könnten wegen
der bevorstehenden Revision des Bürgerrechtsgesetzes nur vorübergehende
Lösungen getroffen werden (HAUSHEER/REUSSER/GEISER, Kommentar zum Eherecht,
N. 18 zu Art. 161 ZGB). Der Nationalrat schloss sich dem Minderheitsantrag
seiner vorberatenden Kommission an. Es wurde argumentiert, dieser Antrag
habe gegenüber dem Beschluss des Ständerates den Vorteil, dass eine Frau,
die sich mehrmals verheirate, nicht Bürgerrechte kumulieren könne, weil
die Formulierung "ledig" das verhindere. Nationalrat Petitpierre brachte
indessen in seinen Erläuterungen des nationalrätlichen Kommissionsantrags
im Hinblick auf die zukünftige Auslegung der Bestimmung eine Präzisierung
an. Er wies darauf hin, dass der Begriff "ledig" in weitem Sinne auszulegen
sei und auch ein Bürgerrecht, welches die Frau durch Einbürgerung während
einer früheren Ehe erworben habe, dazu gehören müsse. Schliesslich übernahm
auch der Ständerat die vom Nationalrat beschlossene Formulierung, was
zum heutigen Gesetzestext führte (vgl. HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 4-7
zu Art. 161 ZGB), und dies trotz der inzwischen erfolgten Aufhebung von
Art. 54 Abs. 4 BV.

Erwägung 5

    5.- Auch die Lehre hat sich schon verschiedentlich mit der Auslegung
des neuen Art. 161 ZGB auseinandergesetzt. Doch stehen sich in der
Literatur unterschiedliche Meinungen gegenüber. HAUSHEER/REUSSER/GEISER
(N. 19 zu Art. 161 ZGB und N. 20 zu Art. 8b SchlT ZGB), GEISER (Der
Name und das Bürgerrecht im neuen Eherecht, VSIV Bd. 26, S. 105) und
DESCHENAUX/STEINAUER (Le nouveau droit matrimonial, S. 48) sind der
Auffassung, Art. 161 ZGB sei in dem Sinne auszulegen, dass die Frau mit der
Trauung auch jene Bürgerrechte behalte, die sie zwar noch nicht besass,
als sie die erste Ehe einging, die aber an die Stelle jenes Bürgerrechts
getreten sind, das sie als ledig hatte. Sie behält somit nach dieser
Lehrmeinung auch jenes Bürgerrecht, das sie nach einer ersten Heirat
durch Einbürgerung erworben hat, sofern sie wegen dieser Einbürgerung
alle ihre Bürgerrechte, die sie als ledig besass, verloren oder darauf
verzichtet hat.

    Demgegenüber geht HEGNAUER (Grundriss des Eherechts, 2. Aufl.,
S. 139 f.) in der Auslegung des Art. 161 ZGB einen Schritt
weiter. Er unterscheidet zwischen Stamm- und Zusatzbürgerrechten. Das
Stammbürgerrecht hat die Frau als ledig besessen und behält es auch bei
Zivilstandsänderungen, während sie das Zusatzbürgerrecht mit der Heirat
erwirbt und bei einer späteren Ehe wieder verliert. Das Bürgerrecht,
welches die Frau durch Einbürgerung, sei es mit ihrem Ehemann zusammen
oder sei es als Witwe oder geschiedene Frau, allein erworben hat, gehört
nach dieser Auffassung zum Stammbürgerrecht, das sie bei einer späteren
Ehe nicht mehr verliert (HEGNAUER, aaO, S. 140; derselbe, Das Kantons- und
Gemeindebürgerrecht der Ehefrau im neuen Eherecht, ZBl 88/1987 S. 251 f.).

Erwägung 6

    6.- Der Entstehungsgeschichte von Art. 161 ZGB lässt sich nicht
eindeutig entnehmen, wie die in dieser Bestimmung enthaltene Wendung
"ledig" zu verstehen sei. Dass sie nicht im technischen Sinn des
Zivilstandswesens (nach DUDEN, Das grosse Wörterbuch der deutschen Sprache,
Bd. 4, S. 1650, ist "ledig" gleichbedeutend mit "nicht verheiratet")
aufzufassen ist, geht schon daraus hervor, dass der Gesetzgeber die
Frage, was mit den Bürgerrechten, welche die Frau ab der ersten Heirat
durch Einbürgerung erworben hat, zu geschehen habe, nicht einfach
übersehen hat, dass er aber glaubte, eine befriedigende Lösung setze
mehr Klarheit über die bevorstehenden Änderungen im Bürgerrechtsgesetz
voraus. Deshalb sollte der Auslegung von Art. 161 ZGB vorerst ein gewisser
Spielraum belassen werden. Diese Bestimmung sollte gleichzeitig zum
Schutz der Persönlichkeitsrechte der Frau beitragen und - angesichts
des einheitlichen Bürgerrechts in der Familie - soweit als möglich die
Gleichstellung von Mann und Frau verwirklichen helfen. Anderseits macht
die Entstehungsgeschichte von Art. 161 ZGB aber auch deutlich, dass eine
blosse Anhäufung von Bürgerrechten, welche die Frau durch den Abschluss
mehrerer Ehen erwirbt, ausgeschlossen werden wollte.

    Das Bundesgericht hat beim Entscheid, welche Auslegung dem Sinn
und Zweck von Art. 161 ZGB am besten entspreche, die dargelegten
gesetzgeberischen Bestrebungen zu berücksichtigen. Dies führt zum Schluss,
dass der Frau bei der Heirat nicht nur jene Bürgerrechte, die sie vor
ihrer ersten Ehe besass, sondern auch jene, die sie in unverheiratetem
Zustand, d.h. als Witwe oder als geschiedene Frau, durch Einbürgerung
erworben hat, zu belassen sind. Darüber hinaus stellt sich aber auch
die Frage, was bei einer späteren Heirat mit Bürgerrechten geschehen
soll, welche die Frau während einer früheren Ehe durch Einbürgerung,
sei es zusammen mit ihrem Ehemann, sei es allein, erworben hat. Solche
Bürgerrechte können nämlich an die Stelle aller bisherigen Bürgerrechte
treten, sofern mit der Einbürgerung ein freiwilliger Verzicht auf die
vorhandenen Bürgerrechte oder aber von Gesetzes wegen ein entsprechender
Verlust verbunden ist. Bei einer Wiederverheiratung besteht somit kein
Bürgerrecht mehr, das die Braut als unverheiratete Frau erworben hätte. Es
kann nun aber nicht dem Sinn des Gesetzes entsprechen, dass die Frau bei
einer Wiederverheiratung ein solches Bürgerrecht verlieren würde, das
an die Stelle des Ledigenbürgerrechts im dargelegten Sinn getreten ist
(HAUSHEER/REUSSER/GEISER, N. 19 zu Art. 161 ZGB; GEISER, aaO, S. 105).

    Schliesslich bleibt noch die in der Lehre umstrittene Frage zu
beantworten, ob der Frau gestützt auf Art. 161 ZGB Bürgerrechte bei
der Heirat zu belassen sind, die sie durch Einbürgerung während einer
früheren Ehe erworben hat, ohne dass diese Bürgerrechte ersetzen,
die sie als unverheiratete Frau besass. Sie wird - wie dargelegt - von
HEGNAUER (aaO, S. 140) bejaht, von HAUSHEER/REUSSER/GEISER (N. 19 zu
Art. 161 ZGB), GEISER (aaO, S. 105) und DESCHENAUX/STEINAUER (aaO, S. 48)
hingegen verneint. Hier ist in Betracht zu ziehen, dass ein wesentliches
Anliegen des Gesetzgebers bei der Revision darin bestanden hat, eine
Anhäufung von Bürgerrechten der Frau, die in früheren Ehen erworben
wurden, zu vermeiden. Die Auffassung von HEGNAUER hätte indessen zur
Folge, dass die Frau Bürgerrechte, die ihr während bestehender Ehe durch
Einbürgerung zufallen, ohne dass sie selber die Voraussetzungen hiefür
erfüllt hätte, gestützt auf Art. 161 ZGB behalten könnte. Es spräche
zwar einiges dafür, der Ehefrau jene Bürgerrechte zu belassen, die sie
während der Ehe aus eigenem Recht bzw. selbständig durch Einbürgerung
erworben hat. Dies aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes und weil hier
die Ehe als solche in den Hintergrund tritt (siehe auch den Entscheid der
Waadtländer Zivilstandsbehörde in Zeitschrift für das Zivilstandswesen 1988
S. 174). Eine solche Lösung hat aber nicht nur den Wortlaut des Gesetzes
gegen sich, sondern liesse sich in der Praxis auch kaum verwirklichen; denn
nachträglich liesse sich oft nicht mehr feststellen, ob eine Einbürgerung
der Frau während der Ehe aus eigenem Recht erfolgte oder nur, weil der
Ehemann allein die entsprechenden Voraussetzungen erfüllte. Auch wäre
es für den Zivilstandsbeamten unzumutbar, bei einer Wiederverheiratung
der Frau die erforderliche Abklärung vorzunehmen. Diese Überlegungen
führen dazu, einen Anspruch der Frau auf Beibehaltung ihrer während einer
früheren Ehe durch Einbürgerung gewonnenen Bürgerrechte, die nicht ein
Ledigenbürgerrecht ersetzten, zu verneinen.

Erwägung 7

    7.- Die Auslegung von Art. 161 ZGB nach Sinn und Zweck, welche auch
für Art. 8b SchlT ZGB Geltung hat, führt zum Ergebnis, dass sich diese
Bestimmungen nicht nur auf jene Bürgerrechte beziehen, welche die Frau
schon vor ihrer ersten Heirat besessen hat, sondern auch auf diejenigen,
die sie als Witwe bzw. als geschiedene Frau durch Einbürgerung erhalten
hat. Ferner soll eine Frau auch ein während einer früheren Ehe durch
Einbürgerung erworbenes Kantons- und Gemeindebürgerrecht beibehalten
können, wenn sie bei der Wiederverheiratung kein Ledigenbürgerrecht
besitzt, sei es, weil sie vor der ersten Heirat gar nicht Schweizerin
war, oder aber, weil mit einer Einbürgerung während einer früheren
Ehe oder später alle Bürgerrechte, die vor der ersten Ehe bestanden,
verlorengegangen sind.

Erwägung 8

    8.- Im vorliegenden Fall war die Beschwerdeführerin ursprünglich eine
Ausländerin, die auch in erster Ehe mit einem Ausländer verheiratet
war. Wann sie Schweizerin geworden ist, ist den Akten nicht zu
entnehmen. Hingegen steht fest, dass sie nach der Scheidung ihrer ersten
Ehe das Bürgerrecht der Gemeinde Riehen BS erwarb. Dieses Bürgerrecht hat
sie somit in unverheiratetem Zustand durch Einbürgerung erworben. Nach
der vom Bundesgericht vorgenommenen Auslegung von Art. 161 ZGB kann die
Beschwerdeführerin dieses Bürgerrecht deshalb bei einer Wiederverheiratung
behalten. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn sie das Schweizer- und damit
auch das Kantons- und Gemeindebürgerrecht zusammen mit ihrem Ehemann durch
Einbürgerung während ihrer ersten Ehe erhalten hätte und kein Bürgerrecht,
das sie als unverheiratete Frau erworben hätte, vorhanden gewesen wäre. An
dessen Stelle hätte dann das im Zusammenhang mit der Ehe erworbene Kantons-
und Gemeindebürgerrecht zu treten.

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde ist unter diesen Umständen
gutzuheissen und der angefochtene Entscheid des kantonalen
Justizdepartementes aufzuheben. Im Eheregister sind die beiden Bürgerrechte
der Beschwerdeführerin, nämlich dasjenige von Rapperswil BE und dasjenige
von Riehen BS, aufzuführen.