Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 239



114 II 239

41. Urteil der I. Zivilabteilung vom 11. Oktober 1988 i.S. D. und St. gegen
Stockwerkeigentümergemeinschaft S. (Berufung) Regeste

    Partei- und Prozessfähigkeit sowie Aktivlegitimation der
Stockwerkeigentümergemeinschaft im Prozess über Gewährleistungsansprüche
wegen Mängeln an gemeinschaftlichen Bauteilen (Art. 712l Abs. 2 ZGB).

    Stellungnahme zur Kritik an BGE 111 II 458 Nr. 88 und Bestätigung
dieser Rechtsprechung.

Sachverhalt

    A.- Hans-Rudolf D. und Hans St., die sich zu einer einfachen
Gesellschaft zusammengeschlossen hatten, erstellten im Jahre 1973 in
Möhlin zwei Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 22 Wohnungen und einer
Autoeinstellhalle. Anschliessend verkauften sie die in Stockwerkeigentum
aufgeteilten Gebäude, wobei in den Kaufverträgen festgehalten wurde,
die Verkäufer leisteten Garantie gemäss SIA, ausgenommen Schwund-, Setz-
und Konstruktionsrisse. In den folgenden Jahren rügten die Käufer der
Eigentumswohnungen verschiedene Mängel insbesondere an gemeinschaftlichen
Bauteilen, über deren Behebung sie sich mit den Verkäufern teilweise
nicht einigen konnten.

    B.- Im April 1983 erhob die Stockwerkeigentümergemeinschaft S. beim
Bezirksgericht Rheinfelden Klage gegen D. und St. Die Klägerin machte
vor allem Ansprüche auf Ersatz des Minderwertes geltend und verlangte die
Zahlung von rund Fr. 409'000.-- nebst Zins. Das Bezirksgericht hiess die
Klage mit Urteil vom 23. April 1986 für Fr. 252'799.60 nebst Zins gut.

    Auf Appellation der Beklagten und Anschlussappellation der Klägerin
hob das Obergericht des Kantons Aargau am 30. Oktober 1987 das Urteil des
Bezirksgerichts auf und verpflichtete die Beklagten zur Zahlung von Fr.
302'705.45 nebst 5% Zins auf Fr. 296'949.85 ab 9. September 1980 und auf
Fr. 5'755.60 ab 11. Dezember 1978.

    C.- Die Beklagten haben gegen das Urteil des Obergerichts Berufung und
staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung von Art. 4 BV eingelegt. Mit
der vorliegenden Berufung stellen sie die Anträge, dieses Urteil aufzuheben
und die Klage abzuweisen, soweit überhaupt darauf einzutreten sei,
eventuell die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.

    Die Klägerin beantragt, auf die Berufung nicht einzutreten, eventuell
sie abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- a) Nach Auffassung der Klägerin ist auf die Berufung nicht
einzutreten, weil deren Begründung weitgehend mit derjenigen der
staatsrechtlichen Beschwerde übereinstimme. Sie verweist auf BGE 113
IV 45 und fordert, diese Praxis des Kassationshofs sei auch von den
Zivilabteilungen für Zivilprozesse zu bestätigen. Dazu besteht im
vorliegenden Fall jedoch kein Anlass, denn soweit die Streitsache im
Berufungsverfahren zu beurteilen ist, genügen die mit der Hauptbegründung
der Berufung erhobenen Rügen den Anforderungen von Art. 55 Abs. 1 lit. c OG
und werden auch nicht Mit Einwänden vermengt, die mit der staatsrechtlichen
Beschwerde vorgebracht werden müssen. Auf die Berufung kann deshalb
eingetreten werden.

    b) Gemäss Art. 57 Abs. 5 OG ist die staatsrechtliche Beschwerde in der
Regel vor der Berufung zu beurteilen. Eine Ausnahme rechtfertigt sich indes
dann, wenn die Berufung unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens
gutgeheissen werden kann (BGE 112 II 340 E. 1, 100 II 10 E. 1 mit
Hinweisen). Ein solcher Fall liegt hier vor, da über die vom Obergericht
bejahte, mit der Berufung aber bestrittene Aktivlegitimation der
Klägerin entschieden werden kann, ohne dass dabei auf mit der Beschwerde
angefochtene Feststellungen der Vorinstanz abgestellt werden müsste.

Erwägung 2

    2.- Das Obergericht hält die Prozessfähigkeit und Aktivlegitimation der
Klägerin im Widerspruch zu BGE 111 II 460 E. 3, aber in Übereinstimmung
mit einem Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen (SJZ 80 (1984)
S. 166 f.) für gegeben. Die Frage, ob die Gewährleistungsansprüche
wegen Mängeln gemeinschaftlicher Bauteile von Gesetzes wegen auf die
Stockwerkeigentümergemeinschaft übergingen, sei vom Bundesgericht im
zitierten Urteil unter einem rein obligationenrechtlichen Gesichtspunkt
geprüft worden, obschon die sachenrechtliche Betrachtungsweise näher
liege. Das Bundesgericht habe auch keinen gangbaren Weg für den Fall
aufgezeigt, dass Gewährleistungsklagen einzelner Miteigentümer auf
Nachbesserung mit solchen auf Minderung oder Ersatz des Mängelfolgeschadens
kollidierten. Zudem bestehe die Gefahr widersprüchlicher Urteile selbst
dann, wenn von den einzelnen Stockwerkeigentümern nur Ansprüche auf
Minderung oder Ersatz von Mängelfolgeschäden geltend gemacht würden.

    Nach Ansicht der Beklagten fehlt der Klägerin die
Aktivlegitimation. Sie machen mit der Berufung geltend, die gegenteilige
Annahme der Vorinstanz verletze Bundesrecht, insbesondere Art. 712l
ZGB. Die Klägerin ihrerseits betrachtet sich als zur Erhebung der Klage
legitimiert. Sie schliesst sich der Begründung der Vorinstanz an und
behauptet zudem, aus dem im Grundbuch angemerkten Reglement über die
Verwaltung ergebe sich, dass die einzelnen Stockwerkeigentümer ihre
Gewährleistungsansprüche an die Gemeinschaft abgetreten hätten. Auch aus
zwei Beschlüssen der Eigentümerversammlung lasse sich eine Abtretung der
Ansprüche ableiten. Schliesslich hätten die Beklagten mehrmals gegenüber
der Klägerin versprochen, die gerügten Mängel zu beheben, womit sie nach
BGE 106 II 20 E. 6 deren Aktivlegitimation anerkannt hätten.

Erwägung 3

    3.- Die Gemeinschaft der Stockwerkeigentümer ist aufgrund
gesetzlicher Vorschrift vermögensfähig (Art. 712l Abs. 1 ZGB)
sowie im Rahmen ihrer vermögensrechtlichen Zuständigkeit partei-
und prozessfähig und damit in bestimmtem Umfange auch handlungsfähig
(Art. 712l Abs. 2 ZGB). Diese Selbständigkeit kommt ihr indessen einzig
als Verwaltungsgemeinschaft, nicht etwa auch als Eigentumsgemeinschaft zu
(LIVER, Das Miteigentum als Grundlage des Stockwerkeigentums, FS Marxer,
Separatdruck S. 50 ff.; DERSELBE, SPR, Bd. V/1, S. 106 ff.; STEINAUER,
Les droits réels, Bd. I, S. 338 Rz. 1303; WEBER, Zur Prozessfähigkeit
der Stockwerkeigentümergemeinschaft, SJZ 75 (1979) S. 117 ff.; FRIEDRICH,
Hat sich das Stockwerkeigentum bewährt?, ZBGR 67 (1986) S. 76 f.).

    Zu den Verwaltungsaufgaben der Gemeinschaft zählen unter anderem
Unterhalt, Reparatur und Erneuerung der gemeinschaftlichen Bauteile
(Art. 712h Abs. 2 Ziff. 1 sowie Art. 712g Abs. 1 i.V. mit Art. 647
ff. ZGB). Dies schliesst die Befugnis mit ein, Mängel an diesen Bauteilen
zu beheben oder beheben zu lassen (BGE 106 II 20 E. 5 und 6; LIVER,
ZBJV 121 (1985) S. 140 und 123 (1987) S. 145). Aus welchem Rechtstitel
solche Massnahmen angeordnet und durchgesetzt werden, ist dabei für
die Rechtszuständigkeit grundsätzlich bedeutungslos. Die Gemeinschaft
kann insbesondere auch befugt sein, kauf- oder werkvertragliche
Gewährleistungsansprüche gegen Verkäufer und Unternehmer durchzusetzen
(BGE 111 II 460 E. 3a). Von dieser möglichen ist die tatsächliche
Rechtszuständigkeit im Einzelfall abzugrenzen. Es stellt sich mit
andern Worten die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Gemeinschaft
Trägerin solcher Gewährleistungsansprüche ist. Dies führt zur Frage nach
ihrer Aktivlegitimation, der Zuständigkeit am eingeklagten Anspruch als
materiellrechtliche Voraussetzung für dessen Durchsetzbarkeit (BGE 108
II 217 E. 1).

Erwägung 4

    4.- a) Keiner weiteren Erörterung bedarf, dass die Gemeinschaft
legitimiert ist, Gewährleistungsansprüche durchzusetzen, die ihr aufgrund
eigener, d.h. im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit abgeschlossener Werk-
oder Kaufverträge zustehen. Gleiches - gilt für Vertragsansprüche, welche
ihr ans direkter Verpflichtung eines an sich dem einzelnen Eigentümer
verantwortlichen Unternehmers erwachsen, und zwar unbesehen darum, ob
diese Ansprüche rechtlich als selbständige, vom Vertrag mit dem einzelnen
Eigentümer losgelöste Obligationen (so BGE 106 II 20 ff.) oder als diesem
entfliessende Gewährleistungsschulden betrachtet werden (so LIVER, ZBJV
121 (1985) S. 140 f. und 123 (1987) S. 145).

    Soweit die Gewährleistungsansprüche abtretbar sind, gibt die
Verwaltungskompetenz der Gemeinschaft auch die Möglichkeit, sie von den
einzelnen Stockwerkeigentümern durch Zession zu erwerben, soweit sie auf
Mängeln an gemeinschaftlichen Bauteilen gründen (BGE 109 II 426 E. 1e
und f). Voraussetzung eines solchen Rechtserwerbs ist jedoch nach der
Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass die Abtretung durch privatautonomes
Verfügungsgeschäft erfolgt; eine Legalzession wird nach geltendem Recht
abgelehnt (BGE 111 II 461 E. 3b).

    b) Die Rechtsprechung der kantonalen Gerichte ist uneinheitlich. Im
Ergebnis übereinstimmend mit BGE 111 II 460 E. 3 wird die Rechtslage von
der III. Zivilkammer des Zürcher Obergerichts (ZR 77 (1978) Nr. 116)
und vom Kantonsgericht Neuenburg (RJN 1982 S. 29 ff.) beurteilt. In die
gleiche Richtung wie der bereits zitierte Entscheid des Kantonsgerichts
St. Gallen und das hier angefochtene Urteil gehen dagegen Entscheide
des Thurgauer Obergerichts (Vorentscheid zu BGE 106 II 11, in RBOG 1980
Nr. 8) und des Kantonsgerichts Graubünden (PKG 1978 Nr. 1), welche die
Aktivlegitimation der Gemeinschaft ohne weiteres bejahen, wenn diese in
der personellen Zusammensetzung mit den Trägern der einzelvertraglichen
Gewährleistungsansprüche identisch ist. Zum gleichen Ergebnis führt die
in einem obiter dictum geäusserte Auffassung des Kantonsgerichts Wallis,
welches die Zuständigkeit der Gemeinschaft damit begründet, dass diese
bei Säumnis der Gewährspflichtigen vorerst die Nachbesserungskosten
vorzuschiessen habe, weshalb sie in die Lage zu versetzen sei, sich am
materiellen Schuldner schadlos zu halten (RVJ 21 (1987) S. 327 E. 8c).

    c) In der Literatur ist die Frage ebenfalls umstritten. So vertritt
GAUCH, BGE 111 II 458 ff. zustimmend, eine ausschliesslich schuldrechtliche
Auffassung (BR 1987, S. 70, Anmerkung zu Nr. 85). Die Frage des
Mangels wie diejenige der daraus fliessenden Ansprüche beantwortet er
einzig nach Massgabe der einzelnen Verträge der Stockwerkeigentümer,
diejenige nach dem Rechtsübergang auf die Gemeinschaft nach Massgabe
der Abtretbarkeit der Ansprüche und des Vorliegens rechtsgültiger
Verfügungsgeschäfte. Eine Legalzession wird von diesem Autor sowohl für
den Bereich des Kauf- wie des Werkvertrages abgelehnt. In dogmatisch
gleichem Sinne argumentieren REY (Baumängel bei Stockwerkeigentum,
recht 1984, S. 64 ff.), ZOBL (BR 1985, S. 18, Anmerkung zu Nr. 14) und
FRIEDRICH (aaO, S. 77). Einer ausgesprochen sachenrechtlichen Auffassung
sucht GROSSEN (La qualité pour exercer l'action en garantie en raison
des défauts de la chose vendue ou de l'ouvrage sous le régime français
et sous le régime suisse de la copropriété par étages, in: Mélanges
Guy Flattet, S. 275 ff.) das Wort zu reden, indem er - in Anlehnung an
die französische Lehre und Rechtsprechung - die Frage stellt, ob die
Gewährleistungsansprüche, insbesondere der Nachbesserungsanspruch,
nicht derart eng mit dem Sacheigentum verknüpft seien, dass sie mit
diesem gleichsam verschmelzen und an die jeweiligen Eigentümer übergehen
(S. 286). Daraus leitet er im wesentlichen die Aktivlegitimation der
Gemeinschaft ab, die er allerdings nicht als ausschliessliche, sondern
als mit derjenigen der einzelnen Stockwerkeigentümer konkurrierende
versteht (S. 285). Ebenfalls die dingliche Komponente stellt WEBER in
den Vordergrund, der eine unechte Lücke des Sachenrechts annimmt und eine
Legalzession befürwortet (SJZ 75 (1979) S. 124). Allerdings kommt er mit
der Differenzierung zwischen unteilbaren und teilbaren sowie abtretbaren
und nicht abtretbaren Gewährleistungsrechten zu einem für die verschiedenen
Ansprüche unterschiedlichen Ergebnis (Gewährleistungsansprüche beim
Stockwerkeigentum, BR 1985, S. 67 ff.). Sachenrechtlich argumentiert
schliesslich auch LIVER, der zusätzlich das körperschaftliche Element
berücksichtigt und die Durchsetzung von Nachbesserungsansprüchen unter
den Mehrheitsbeschluss der Gemeinschaft stellt, sich zum Schicksal der
übrigen Gewährleistungsansprüche dagegen nicht abschliessend äussert
(ZBJV 123 (1987) S. 147 f.). STEINAUER bejaht unter Hinweis auf Lehre und
Rechtsprechung die Aktivlegitimation der Gemeinschaft ebenfalls, nimmt
zur Frage des Rechtstitels dagegen nicht Stellung (aaO, S. 339 Rz. 1303 a).

Erwägung 5

    5.- Trotz dieser vielfältig abweichenden Meinungen ist aus den
folgenden Gründen an der Rechtsprechung gemäss BGE 111 II 548 ff.
festzuhalten.

    a) Abgesehen von der Streitfrage, ob beim Stückkauf die
Gewährleistungsklage eine besondere Form der Erfüllungsklage darstellt
oder auf einem erfüllungsunabhängigen Garantieanspruch gründet
(vgl. dazu GIGER, N. 16 ff. der Vorbemerkungen zu Art. 197-210
OR), haben die mit ihr verfolgten Ansprüche in jedem Fall eine
vertragliche Grundlage. Denn die Leistung einer mangelhaften Sache ist
bei vorausgesetzter oder zugesicherter Mängelfreiheit nie Erfüllung des
Kaufvertrages. Gewährleistungsansprüche sind damit stets Vertragsansprüche,
und zwar sowohl dem Bestand wie dem Inhalte nach.

    aa) Sachgewährleistungsansprüche erwachsen aus Mängeln der
Kaufsache oder des Werkes. Mangelhaft ist der Leistungsgegenstand,
wenn er vom Vertrag abweicht, wenn ihm eine zugesicherte oder nach
dem Vertrauensprinzip vorausgesetzte und voraussetzbare Eigenschaft
fehlt (GIGER, N. 52 zu Art. 197 OR; GAUCH, Der Werkvertrag, 3. Aufl.,
S. 264 f. Rz. 915 ff.; DERSELBE, BR 1987, S. 70, Anmerkung zu Nr. 85,
Ziff. 3). Mithin beurteilt sich ausschliesslich nach Massgabe des konkreten
Vertragsinhaltes, ob ein Mangel vorliegt oder nicht. Dabei versteht sich
von selbst, dass die einzelnen Veräusserungsverträge über verschiedene
Stockwerkeinheiten eines Gebäudes inhaltlich unterschiedlich gestaltet sein
können, derselbe Sachverhalt somit im einen Vertrag als Mangel erscheint,
im andern dagegen nicht.

    Bei Mangelhaftigkeit des Leistungsgegenstandes gibt das Gesetz dem
Käufer Anspruch auf Wandelung, Minderung oder Schadenersatz (Art. 205
und 208 OR), dem Besteller überdies auf Nachbesserung (Art. 368 OR).
Diese Ordnung ist aber weitgehend dispositiver Natur; sie kann im Rahmen
der Rechtsordnung vertraglich erweitert, aufgehoben oder beschränkt
werden (BGE 109 II 215; GIGER, N. 4 ff. zu Art. 199 OR; GAUCH, Der
Werkvertrag, 3. Aufl., S. 474 ff. Rz. 1798 ff.). Welche Ansprüche dem
Erwerber zustehen, beurteilt sich damit wiederum nach Massgabe seines
Vertrages. Auch hier sind unterschiedliche Regelungen in den einzelnen
Verträgen über das Stockwerkeigentum an einem Gebäude durchaus möglich.

    bb) Die Mängelrechte können durch Selbstverschulden des Erwerbers
(Art. 369 OR) sowie durch Verletzung der Prüfungs- und Rügepflicht
(Art. 201, 367 und 370 OR) untergehen oder zufolge Verjährung (Art. 210,
219 Abs. 3 und 371 OR) zu blossen Naturalobligationen werden. Auch diese
negativen Anspruchsvoraussetzungen beurteilen sich nach den einzelnen
Verträgen; der Rechtsverlust kann im einen Fall eingetreten sein, im andern
dagegen nicht. Die Gewährleistungsordnung ist daher bei Veräusserung von
Stockwerkeigentum nicht zwingend einheitlich, sondern geprägt durch die
mögliche Vielfalt der Vertragsabsprachen und Vertragsabwicklungen.

    b) Der Gewährleistungsanspruch beruht wie jede Forderung aus dem
vertraglichen Schuldverhältnis auf einer Sonderbeziehung zwischen
bestimmten Personen, berechtigt einzig den Gläubiger und verpflichtet
nur den Schuldner. Er erscheint damit als typischer Fall des relativen
Rechts. An dieser Relativität ändert auch die Sachbezogenheit des
Anspruchs nichts. Die das dingliche Recht charakterisierende unmittelbare
und absolut wirkende Sachherrschaft lässt die vertragliche Natur der
auf dem Erwerbsgeschäft gründenden Ansprüche aus Sachgewährleistung
unberührt. Die in verschiedener Hinsicht ebenfalls dingliche
Rechtsstellung der Stockwerkeigentümergemeinschaft vermag daher für
sich allein deren Zuständigkeit an Vertragsansprüchen ihrer Mitglieder
nicht zu begründen. Dies umso weniger, als wie vorne dargelegt -- die
Stockwerkeigentümergemeinschaft eine reine Verwaltungsgemeinschaft ist
und die eigentumsrechtliche Stellung des einzelnen Stockwerkeigentümers
nicht antastet.

    Vertragliche Rechte und Pflichten können durch Universalsukzession
oder Einzelrechtsnachfolge (Forderungsabtretung oder Schuldübernahme)
auf Dritte übergehen. Die Abtretung einer Forderung hat dabei in der von
Art. 165 OR vorgeschriebenen Form zu erfolgen, es sei denn, der Übergang
geschehe kraft Gesetzes oder durch richterliches Urteil (Art. 166 OR). Die
Annahme einer Legalzession an die Gemeinschaft hat das Bundesgericht für
die Gewährleistungsansprüche der Stockwerkeigentümer in BGE 111 II 461
E. 3b unter Verneinung der von einem Teil der Lehre und Rechtsprechung
bejahten Möglichkeit einer Lückenfüllung abgelehnt. An dieser Praxis ist
uneingeschränkt festzuhalten.

    Obschon der Gewährleistungsanspruch bei Mängeln an gemeinschaftlichen
Anlagen die Besonderheit aufweist, dass einer Mehrzahl individueller
Forderungen immer nur ein Gewährleistungsobjekt, nämlich das in
Stockwerkeigentum aufgeteilte Gebäude gegenübersteht (WEBER, BR 1985,
S. 68), und auch Praktikabilitätsgründe für eine darauf bezogene
Rechtszuständigkeit der Gemeinschaft sprechen, vermögen diese Umstände
dennoch keinen hinreichenden Grund abzugeben, um auf dem Wege der
Rechtsprechung eine im Gesetz nicht enthaltene Subrogationsordnung zu
schaffen. Die gesetzesübersteigende richterliche Rechtsfortbildung hat
von vornherein ihre Grenzen dort, wo eine Antwort im Rahmen der geltenden
Rechtsordnung mit spezifisch rechtlichen Erwägungen allein nicht gefunden
werden kann, insbesondere daher dort, wo es vorwiegend um Fragen der
Zweckmässigkeit geht (LARENZ, Methodenlehre der Rechtswissenschaft,
5. Aufl., S. 410). Die Rechtsprechung contra legem, welche nach Art. 1
ZGB von der richterlichen Lückenfüllung grundsätzlich ausgenommen ist
(BGE 107 Ib 106 E. 6b; MEIER-HAYOZ, Der Richter als Gesetzgeber, S. 124
ff.), kommt einzig über Art. 2 Abs. 2 ZGB und nur dann in Frage, wenn
das Auslegungsergebnis zu einer krassen Ungerechtigkeit führt und ein
darauf abgestütztes Verhalten als offenbarer Rechtsmissbrauch erscheint
(MEIER-HAYOZ, N. 295 ff. zu Art. 1 ZGB; DERSELBE, Der Richter als
Gesetzgeber, in FS Guldener, S. 195 ff.; DESCHENAUX, SPR, Bd. II, S. 99
f.; GYGI, Vom Anfang und vom Ende der Rechtsfindung, recht 1983, S. 80
f.). Darüber hinaus gibt es keine allgemeine Möglichkeit der Berichtigung
unbefriedigender Gebotsinhalte (MEIER-HAYOZ, N. 88 und 302 zu Art. 1 ZGB;
GYGI, aaO, S. 80 mit Hinweisen in Fn. 75); die Strategie der Rechtssetzung
hat der Richter dem Gesetzgeber zu überlassen (MEIER-HAYOZ, Strategische
und taktische Aspekte der Fortbildung des Rechts, JZ 1981, S. 417 ff.,
S. 423).

    c) Die Ablehnung einer Legalzession führt entgegen den in der Lehre
und Rechtsprechung teilweise vorgebrachten Bedenken bei keinem der
verschiedenen Gewährleistungsansprüche zu unhaltbaren Ergebnissen.

    aa) Die Wandelungs- und die Minderungsrechte sind als Gestaltungsrechte
nicht abtretbar; es können einzig die Forderungen auf ganze oder
teilweise Rückerstattung der geleisteten Vergütung zediert werden (GAUCH,
Der Werkvertrag, 3. Aufl., S. 470 f. Rz. 1781 f. mit Hinweisen). Der
Durchsetzung dieser Forderungen durch die einzelnen Stockwerkeigentümer
stehen aber keine unüberwindlichen Hindernisse entgegen. Ein
einheitliches Vorgehen mit bloss einer klägerischen Prozesspartei mag
im allgemeinen wohl ökonomischer sein; doch vermag dies allein eine
Gesetzeskorrektur über Art. 2 Abs. 2 ZGB nicht zu rechtfertigen. Eine
notwendige Streitgenossenschaft der einzelnen Stockwerkeigentümer,
deren Aktivitäten durch renitente Miteigentümer blockiert werden könnte,
besteht nicht; die Durchsetzung der einzelnen Ansprüche in formeller
Streitgenossenschaft oder durch die Gemeinschaft als rechtsgeschäftliche
Zessionarin ist ohne weiteres möglich und regelmässig ohne besondere
Schwierigkeiten auch realisierbar. Dabei ist wiederum zu beachten, dass
einzelne Stockwerkeigentümer mit ihrer Weigerung zum gemeinsamen Vorgehen
die Rechte der andern nicht zu schmälern vermögen.

    bb) Der werkvertragliche Nachbesserungsanspruch ist nach Lehre und
Rechtsprechung abtretbar (BGE 109 II 423 ff.; GAUCH, Der Werkvertrag,
3. Aufl., S. 471 Rz. 1783; DERSELBE, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85,
Ziff. 9). Dies gilt unbesehen darum, ob er realiter oder in Form der
Kosten einer Ersatzvornahme geltend gemacht wird (dazu BGE 107 II
55 E. 3). Eine Besonderheit für Mängel an gemeinschaftlichen Anlagen
eines in Stockwerkeigentum aufgeteilten Gebäudes ergibt sich daraus,
dass dieser Nachbesserungsanspruch unteilbar ist und grundsätzlich jeder
Erwerber - vorbehältlich einer vertraglichen Beschränkung seiner Ansprüche
oder deren Verwirkung oder Verjährung - Anspruch auf Nachbesserung der
gemeinschaftlichen Anlagen hat (WEBER, BR 1985, S. 69). Zu beachten ist
indessen, dass nach richtiger Auffassung der Anspruch auf unentgeltliche
Verbesserung des Werkes wiederum quotenbezogen ist, was zur Folge hat,
dass die eine Nachbesserung verlangenden Stockwerkeigentümer im externen
Verhältnis die Kosten ausserhalb ihrer Quotenanteile zu übernehmen haben
und es eine Frage der internen Auseinandersetzung ist, ob sie diese Kosten
auf die übrigen Miteigentümer - z.B. nach Art. 647 ff. ZGB überwälzen
können (in diesem Sinne GAUCH, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85,
Ziff. 8). Gleiches gilt für die Gemeinschaft. Verlangt sie - gestützt
auf einen Mehrheitsbeschluss der Stockwerkeigentümer gemäss Art. 647c
i.V. mit Art. 712g ZGB - die Nachbesserung, hat sie insoweit die Kosten zu
tragen oder vorzuschiessen, als sie sich nicht auf zedierte, quotenmässig
zu ermittelnde Gewährleistungsansprüche zu berufen vermag. Soweit keine
Zessionen stattgefunden haben oder nicht haben stattfinden können, hat sie
die Stockwerkeigentümer auf dem Wege der Beitragsforderung nach Art. 712h
ZGB zu belasten, wobei sie im Genusse der Sicherheiten nach Art. 712i
und k ZGB steht.

    Auf diesem Wege lassen sich auch Kollisionen der verschiedenen
Mängelrechte vermeiden. Die Vertragsnatur der Ansprüche bleibt gewahrt,
das Wahlrecht des einzelnen Käufers oder Bestellers wird nicht
beeinträchtigt. So kann ein Stockwerkeigentümer beispielsweise auf
Minderung beharren, obgleich andere die Nachbesserung verlangen; die
Auseinandersetzung verlagert sich auf den internen Kostenverteiler. Dies
wiederum führt zum Ergebnis, dass auch im Bereiche der Nachbesserung
weder ein gemeinsames Vorgehen noch eine Legalzession notwendig sind.

    cc) Ob die Gemeinschaft überhaupt fähig wäre, Ansprüche der einzelnen
Eigentümer auf Ersatz von Mängelfolgeschäden zessionsweise zu erwerben,
was angesichts des blossen Verwaltungszweckes zum mindesten nicht auf der
Hand liegt (zweifelnd auch GAUCH, BR 1987, S. 71, Anmerkung zu Nr. 85,
Ziff. 9), kann offenbleiben, da auch insoweit keine Gründe ersichtlich
sind, welche eine Legalzession der in sich geschlossenen, selbständigen
und gegenseitig unabhängigen Ansprüche als notwendig erscheinen lassen.

    d) Weiter ist zu beachten, dass eine Legalzession sich für einzelne
Stockwerkeigentümer auch nachteilig auswirken könnte. Einerseits würde
der Käufer oder Besteller seines Wahlrechtes unter den verschiedenen
Gewährleistungsansprüchen beraubt, anderseits verlöre er die Möglichkeit
der Verrechnung gegenüber einer Preis- oder Werklohnforderung des
Veräusserers (dazu ZOBL, BR 1985, S. 18, Anmerkung zu Nr. 14). Diese
Nachteile belegen insbesondere, dass es sich nicht rechtfertigt, in die
gesetzliche Ordnung mit einer korrigierenden Massnahme einzugreifen,
welche möglicherweise im Einzelfall zu einem sachgerechten Ergebnis
führen kann, in einem anders gelagerten Fall dagegen als der bestehenden
Ordnung unterlegen erscheint (MEIER-HAYOZ, JZ 1981, S. 421 f.). Die
Interessenlage ist keineswegs so einheitlich, wie sie von den Befürwortern
einer Legalzession dargestellt wird.

    e) Auch die Legalzession setzt sodann den Bestand einer
übergangsfähigen Forderung voraus. Stehen einzelnen Stockwerkeigentümern
zufolge Freizeichnung, anderweitiger Beschränkung der Gewährleistung oder
Rechtsverlusts keine Ansprüche zu, kann die Gemeinschaft solche von diesen
Miteigentümern auch nicht erwerben. Das Problem der unteilbaren Leistung
wird deshalb auch durch diese Auffassung nicht gelöst.

    f) Dass bei gesondertem Vorgehen der einzelnen Eigentümer die Gefahr
widersprüchlicher Urteile besteht, ist nicht zu verkennen, aber genau so
hinzunehmen wie in allen andern Fällen selbständiger Verfolgung inhaltlich
ganz oder weitgehend identischer Ansprüche. Ihr kann im übrigen durch
eine sachgerechte Handhabung des im kantonalen Prozessrecht verbreiteten
Instituts der Verfahrenseinstellung begegnet werden.

Erwägung 6

    6.- Im Gegensatz zur Auffassung der Vorinstanz ist demnach eine
Aktivlegitimation der Klägerin aus gesetzlichem Rechtserwerb zu verneinen,
was zur Aufhebung des angefochtenen Urteils führt. Da die Klägerin
eventualiter geltend macht, Gewährleistungsansprüche zessionsweise durch
Reglement oder Versammlungsbeschluss erworben und direkte Sanierungszusagen
der Beklagten erhalten zu haben, die tatsächlichen Feststellungen der
Vorinstanz aber nicht ausreichen, diese Rechtsfragen zu beantworten,
muss die Sache zur Neubeurteilung zurückgewiesen werden (Art. 64 Abs. 1
OG). Die Vorinstanz wird sich, prozesskonforme Vorbringen vorbehalten,
damit noch auseinanderzusetzen haben.