Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 167



114 II 167

27. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 23. Februar 1988 i.S.
Frei gegen Staat Zürich (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Einspruch gegen den Verkauf einer landwirtschaftlichen Liegenschaft
(Art. 19 Abs. 1 EGG).

    Kauf eines landwirtschaftlichen Grundstücks durch einen
Kiesausbeutungsunternehmer in der Absicht, es zur Nutzung dem Pächter
einer Parzelle zu überlassen, die gegen kieshaltigen Boden eingetauscht
werden soll: Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG (Spekulation)
in Anbetracht der konkreten Umstände bejaht.

Sachverhalt

    A.- Die Erben des Walter Landolt-Wyss sind Eigentümer des in der
Landwirtschaftszone der Gemeinde Kleinandelfingen gelegenen Grundstücks
Kat. Nr. 162 (177,28 Aren Wiesen und Acker). Durch einen am 3. April 1987
öffentlich beurkundeten Vertrag verkauften sie das Grundstück zum Preis
von Fr. 398'880.-- (d.h. für Fr. 22.50 je m2) an Hansjörg Frei-Saller,
Inhaber eines Kieswerks mit Kiesaufbereitungs- und Betonherstellungsanlage
auf dem Gebiet der Gemeinden Kleinandelfingen und Marthalen.

    Am 24. April 1987 erhob das Landwirtschaftsamt des Kantons
Zürich gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG Einspruch gegen dieses
Rechtsgeschäft. Hansjörg Frei-Saller widersetzte sich dem Einspruch.

    In Gutheissung der Klage des Landwirtschaftsamtes bestätigte das
Landwirtschaftsgericht des Kantons Zürich am 3. September 1987 den
Einspruch gegen den Verkauf des Grundstücks Kat. Nr. 162.

    Gegen dieses Urteil hat Hansjörg Frei-Saller
Verwaltungsgerichtsbeschwerde an das Bundesgericht erhoben mit dem Antrag,
jenes sei aufzuheben und der Einspruch des Staates Zürich gegen den
Verkauf des Grundstücks Kat. Nr. 162 an ihn sei zu beseitigen.

    Während das Landwirtschaftsgericht auf eine Vernehmlassung verzichtet
hat, schliesst das kantonale Landwirtschaftsamt auf Abweisung der
Beschwerde.

    Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement vertritt ebenfalls
die Auffassung, die Beschwerde sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Gemäss dem vom Staat Zürich angerufenen Art. 19 Abs. 1 lit. a
EGG kann gegen Kaufverträge über landwirtschaftliche Heimwesen
und landwirtschaftliche Liegenschaften Einspruch erhoben werden,
wenn der Käufer diese offensichtlich zum Zweck der Spekulation oder
des Güteraufkaufs erwirbt. Was unter offensichtlicher Spekulation zu
verstehen ist, beurteilt sich nach Sinn und Zweck des landwirtschaftlichen
Bodenrechts (vgl. BGE 90 I 271), wobei die gesamten Umstände des einzelnen
Falles zu berücksichtigen sind. Das EGG will unter anderem den bäuerlichen
Grundbesitz als Träger eines gesunden und leistungsfähigen Bauernstandes
schützen und die Bodennutzung fördern (vgl. Art. 1). Ein Mittel, dieses
Ziel zu erreichen, ist, zu verhindern, dass landwirtschaftlich genutzter
Boden (in der Regel unter Bezahlung eines entsprechend höheren Preises) zu
anderen als landwirtschaftlichen Zwecken erworben wird. In der Gesetzgebung
hat dieses Bestreben nicht nur in der Möglichkeit des Einspruchs gegen
Kaufverträge betreffend landwirtschaftliche Liegenschaften im Sinne von
Art. 19 EGG, sondern etwa auch in der Beschränkung der Vertragsfreiheit
gemäss Art. 218 Abs. 1 OR (Sperrfrist) seinen Niederschlag gefunden.

    Im Gegensatz zu den beiden andern Tatbeständen von Art. 19
Abs. 1 EGG (lit. b und c) gilt der Einspruchsgrund der Spekulation
bzw. des Güteraufkaufs gemäss lit. a in dem Sinne uneingeschränkt,
als keine Rechtfertigungsgründe vorbehalten sind. Die Interessen des
Beschwerdeführers wie auch diejenigen der übrigen durch den Einspruch
des Staates Zürich hier unmittelbar oder mittelbar betroffenen Personen
sind demnach von vornherein unerheblich. Dass der in Frage stehende
Grundstückkauf für die Weiterführung des Betriebs des Beschwerdeführers
von Bedeutung ist, spielt bei der Beurteilung des Einspruchs mit anderen
Worten keine Rolle.

Erwägung 2

    2.- Spekulation im Sinne der Landwirtschaftsgesetzgebung liegt gemäss
der Rechtsprechung des Bundesgerichts vor, wenn mit dem Erwerb eines
Grundstücks ein Gewinn durch Weiterveräusserung innert kurzer Zeit oder
durch andere Verwendung des bisher landwirtschaftlich genutzten Bodens,
insbesondere durch Erstellen von Miethäusern und Vermietung von Wohnungen,
angestrebt wird (vgl. BGE 110 II 217 E. 5a mit Hinweisen). Das gilt
auch dann, wenn zwischen dem in Frage stehenden Rechtsgeschäft und dem
verpönten Erfolg nur ein mittelbarer Zusammenhang besteht. So hielt das
Bundesgericht schon in BGE 88 I 334 E. 2 den Tatbestand der Spekulation für
erfüllt in einem Fall, da ein Bauunternehmen landwirtschaftlichen Boden
erwarb in der Absicht, ihn in der Folge gegen Bauland zu tauschen. Zum
gleichen Ergebnis gelangte die erkennende Abteilung kürzlich, als es um
ein landwirtschaftliches Grundstück gegangen war, das ein Kiesunternehmen
in der Erwartung erworben hatte, es zu einem späteren Zeitpunkt als
Realersatz anbieten zu können und damit seine Stellung in künftigen
Verhandlungen über den Erwerb von kieshaltigem Boden zu verstärken (BGE
113 II 537 E. 3). Ähnlich liegen die Dinge hier:

    a) Zwar soll das Grundstück Kat. Nr. 162 nicht gekauft werden, um zu
gegebener Zeit gegen kieshaltiges Land abgetauscht werden zu können; der
Beschwerdeführer will es zur (landwirtschaftlichen) Nutzung dem Pächter
des zur Zeit noch ihm gehörenden Grundstücks Kat. Nr. 1349 (im Halte
von 158,92 Aren) in Marthalen überlassen; damit strebt er weiter an,
dieses Land gestützt auf den mit Paul Spalinger bereits abgeschlossenen
Vertrag frei vom bestehenden Pachtverhältnis gegen das für den Kiesabbau
benötigte, ebenfalls in Marthalen gelegene Grundstück Kat. Nr. 1017 (im
Halte von 50,81 Aren) tauschen zu können. Für den in Frage stehenden Boden
(Parzelle Kat. Nr. 162) wurde mit Fr. 22.50 je m2 ein Kaufpreis vereinbart,
der deutlich über dem liegt, was für einen Landwirt tragbar ist. Nach
den Angaben der Verkäufer der strittigen Parzelle werden im Zürcher
Weinland für entsprechendes Land von Bauern Fr. 15.-- bis Fr. 17.--
je m2 bezahlt, nach denjenigen des Beschwerdeführers liegt das Niveau
für gutes landwirtschaftliches Kulturland in Kleinandelfingen bei über
Fr. 20.-- je m2. Der Beschwerdeführer räumt jedoch selbst ein, dass er mit
dem Pachtertrag, der sich auf dem Grundstück Kat. Nr. 162 werde erzielen
lassen, seine Kapitalkosten bei weitem nicht werde decken können. Seine
Bereitschaft, den für landwirtschaftlichen Boden überhöhten Preis zu
zahlen, lässt sich vernünftigerweise nur damit erklären, dass ihm daran
gelegen ist, durch den Erwerb von Ersatzland für den bisherigen Pächter des
Grundstücks Kat. Nr. 1349 die Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu räumen,
die der Vollzug des mit Paul Spalinger abgeschlossenen Tauschvertrags -
d.h. letztlich der Erwerb der für den Kiesabbau bestimmten Parzelle -
andernfalls mit sich bringen würde. Der Beschwerdeführer erklärt denn auch,
dass er die strittige Parzelle allein zur Sicherung und Konsolidierung
seines Kieswerks erwerben wolle.

    Wohl steht der Kaufvertrag über das Grundstück Kat. Nr. 162 rechtlich
in keinem und auch sonst nur in einem losen Zusammenhang mit dem
Tauschgeschäft betreffend die Grundstücke Kat. Nrn. 1017 und 1349. Das
strittige Rechtsgeschäft ist indessen in Würdigung sämtlicher Umstände
zu beurteilen. Werden somit die Interessen des Beschwerdeführers und
die wirtschaftlichen Auswirkungen des Kaufvertrags in ihrer Gesamtheit in
Betracht gezogen, so erscheint der Tatbestand von Art. 19 Abs. 1 lit. a
EGG (Spekulation) als erfüllt.

    b) Aus dem Gesagten erhellt, dass der verpönte Erfolg bereits
aufgrund einer pachtweisen Übertragung des Nutzungsrechts am
fraglichen Land (Kat. Nr. 162) eintreten würde. Der Einwand des
Beschwerdeführers, er habe nicht die Absicht, das Grundstück, das ohnehin
der Veräusserungsbeschränkung gemäss Art. 218 Abs. 1 OR (Sperrfrist)
unterstehe, in absehbarer Zeit weiterzuveräussern, stösst deshalb ins
Leere. Den Kern der Sache verkennt der Beschwerdeführer ebenso mit seinem
weiteren Vorbringen, die Betrachtungsweise des Landwirtschaftsgerichts
habe zur Folge, dass nur noch Landwirte landwirtschaftliches Kulturland
erwerben könnten: Es geht in Art. 19 Abs. 1 lit. a EGG nicht um die
Person des Erwerbers eines landwirtschaftlichen Grundstücks, sondern
darum, ob das Rechtsgeschäft in seinen Auswirkungen den Zielsetzungen
des landwirtschaftlichen Bodenrechts entgegenstehe.

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