Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 II 144



114 II 144

23. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 31. Mai 1988 i.S. André
M. und Konsorten gegen X. Versicherungs-Gesellschaft (Berufung) Regeste

    Versorgerschaden und Genugtuung beim Unfalltod eines Verlobten.

    1. Art. 45 Abs. 3 OR; Versorgereigenschaft von Verlobten und
Konkubinatspartnern (E. 2a und b).

    2. Art. 47 OR; Genugtuungsanspruch des Verlobten. Frage offengelassen,
ob auch ein Konkubinatsverhältnis Grundlage eines Genugtuungsanspruchs
bilden kann (E. 3a).

    3. Bemessung der Genugtuungssumme für Verlobte (E. 3b und c).

    4. Art. 157 und Art. 159 Abs. 6 OG; Regelung der Kosten- und
Entschädigungsfolgen des kantonalen Verfahrens durch das Bundesgericht. Ist
die Änderung in der Sache gering, so kann das Bundesgericht auf eine
Neufestsetzung der Kosten- und Entschädigungsfolgen verzichten (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Am 31. Juli 1984 fuhr H. in angetrunkenem Zustand mit
seinem Personenwagen gegen Mitternacht von A. kommend in Richtung
B. H. geriet auf die Gegenfahrbahn, wo er mit den Schwestern Doris
und Beatrice V. zusammenstiess, die mit ihren Motorrädern korrekt in
Richtung A. fuhren. Doris V. starb zweieinhalb Stunden später an den beim
Unfall erlittenen Verletzungen. Ihrer Schwester musste der linke Fuss
abgenommen werden.

    H. wurde mit Urteil des Strafgerichts des Kantons A. wegen fahrlässiger
Tötung und Körperverletzung, grober Verletzung von Verkehrsregeln, Fahrens
in angetrunkenem Zustand, Führens eines nicht betriebssicheren Fahrzeugs
und Fahrens ohne Haftpflichtversicherung zu acht Monaten Gefängnis sowie
einer Busse von Fr. 300.-- verurteilt.

    Im Mai 1985 klagten die Eltern und Geschwister von Doris V. sowie
André M., mit dem sie in einer gemeinsamen Wohnung zusammengelebt hatte,
beim Kantonsgericht des Kantons A. gegen die Versicherungs-Gesellschaft
X. als geschäftsführender Versicherer im Sinne von Art. 76 Abs. 5
SVG. Die Kläger verlangten Schadenersatz und Genugtuung von insgesamt
Fr. 205'000.-- abzüglich Fr. 70'000.--, die von der Beklagten bereits
bezahlt worden waren.

    Das Kantonsgericht hiess die Klage teilweise gut und sprach den Klägern
insgesamt Fr. 86'350.-- nebst Zins abzüglich der bereits bezahlten Fr.
70'000.-- zu.

    Auf Appellation von André M., den Eltern von Doris V. sowie ihrer
Schwester Beatrice erhöhte das Obergericht des Kantons A. die ihnen vom
Kantonsgericht zugesprochenen Genugtuungssummen auf je Fr. 25'000.--
für die Eltern, auf Fr. 25'000.-- für André M. und auf Fr. 12'000.--
für die Schwester.

    André M., die Eltern von Doris V. sowie ihre Schwester Beatrice
haben das Urteil des Obergerichts mit Berufung angefochten. Sie stellen
insbesondere den Antrag, dem Kläger André M. weitere Fr. 31'881.60 nebst
Zins für Versorgerschaden zuzusprechen.

    Die Beklagte hat Anschlussberufung eingereicht.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts, die sich
insbesondere auf den Wortlaut von Art. 45 Abs. 3 OR abstützt,
ist eine gesetzliche Unterstützungspflicht nicht Voraussetzung
der Versorgereigenschaft. Entscheidend ist vielmehr, dass
tatsächlich Versorgungsleistungen erbracht worden sind und mit grosser
Wahrscheinlichkeit in Zukunft erbracht worden wären (BGE 112 II 92 mit
Hinweisen, 82 II 39, 54 II 17 E. 2, 53 II 52 E. 3 mit Hinweisen). Verlobten
wurde die Versorgereigenschaft dann zuerkannt, wenn eine spätere Heirat
als sehr wahrscheinlich erschien (BGE 66 II 219 E. 3 mit Hinweisen).

    Nach Auffassung des Obergerichts waren Doris V. und André M. zur Zeit
des Unfalles noch nicht verlobt. Es führt dazu aus, das Verlöbnis sei
zwar an keine Form gebunden und die beiden hätten die Absicht bekundet,
sich zu heiraten; aus der Aussage von André M. an der Parteibefragung,
sie hätten sich im Oktober 1984 verloben wollen, ergebe sich indessen,
dass sie sich selbst noch nicht als verlobt betrachtet hätten und sich
in diesem Sinne noch nicht als gebunden fühlten. Der Frage komme aber
keine entscheidende Bedeutung zu, da es grundsätzlich unerheblich sei,
ob der Kläger mit der Verstorbenen verlobt gewesen sei oder in einem
besonders engen Freundschaftsverhältnis (Konkubinatsverhältnis) gestanden
habe. Wesentlich sei, ob die Beziehung eheähnlichen und dauerhaften
Charakter aufgewiesen habe.

    Der Frage, ob Doris V. und André M. sich verlobt hatten, ist in
Anbetracht der zitierten Rechtsprechung zur Versorgereigenschaft von
Verlobten entgegen der Meinung der Vorinstanz nicht von vornherein jede
Erheblichkeit abzusprechen. Sie muss deshalb geprüft werden. Ein Verlöbnis
setzt gemäss Art. 90 Abs. 1 ZGB nicht eine formelle Verlobungsfeier,
sondern lediglich ein formloses gegenseitiges Eheversprechen voraus
(BGE 83 II 489). Nach den Feststellungen des Obergerichts hatten Doris
V. und André M. beabsichtigt, sich im Oktober 1984 zu verloben, das
heisst offensichtlich, eine offizielle Verlobungsfeier zu veranstalten,
und später zu heiraten. Das Kantonsgericht hat präzisiert, die Heirat
hätte im Frühjahr 1985 stattfinden sollen. Daraus ergibt sich aber, dass
sie sich gegenseitig die Ehe versprochen hatten und damit ein Verlöbnis
im Sinne des Gesetzes eingegangen waren. Mit dem gegenteiligen Schluss
verkennt das Obergericht, dass sich die Aussage von André M. auf die
Verlobungsfeier bezog. Die Versorgereigenschaft der Verstorbenen ergibt
sich demnach bereits aus der Tatsache des Verlöbnisses und der hohen
Wahrscheinlichkeit einer späteren Heirat.

    b) Dem angefochtenen Urteil wäre indessen auch dann zuzustimmen, wenn
nicht von einem Verlöbnis auszugehen wäre. Die Frage, ob Konkubinatspartner
grundsätzlich einen Anspruch auf Ersatz des Versorgerschadens geltend
machen können, wird in der neueren Literatur überwiegend bejaht (STARK,
ZSR 105/1986, I, S. 374; ALFRED KELLER, Haftpflicht im Privatrecht,
Bd. II, S. 74; ZEN-RUFFINEN, La perte de soutien, S. 46 ff.; BREHM,
N. 150-153 zu Art. 45 OR; MERZ, SPR, Bd. VI/1, S. 206; GIRSBERGER, in:
Die eheähnliche Gemeinschaft (Konkubinat) im schweizerischen Recht,
S. 173 ff.; ENGEL, Traité des obligations, S. 351; STAUFFER/SCHAETZLE,
Barwerttafeln, 3. A., S. 69; J.-F. Egli, in: Mélanges André Grisel,
S. 340; SCHNYDER, Der Körperschaden, Strassenverkehrsrechts-Tagung
1982, S. 17 f.; DROIN, Sem.jud. 1979, S. 163 f.; anderer Ansicht
ist GROSSEN, Le ménage de fait devant la loi suisse, in: Travaux de
l'Association Henri Capitant, Bd. XI (1957), Supplément, S. 13 ff.).
Wie bereits dargelegt, ist gemäss der Praxis des Bundesgerichts die
Versorgereigenschaft dann gegeben, wenn tatsächlich Versorgungsleistungen
erbracht worden sind und mit grosser Wahrscheinlichkeit in Zukunft erbracht
worden wären. Das Bestehen einer gesetzlichen Unterstützungspflicht ist
dagegen nicht erforderlich. Dementsprechend steht der Umstand, dass die
unterstützte Person Konkubinatspartner des oder der Verstorbenen war,
ihrem Anspruch auf Ersatz des Versorgerschadens grundsätzlich nicht
entgegen. Das Obergericht fordert mit Hinweis auf MERZ (aaO, S. 206)
als weitere Voraussetzung einen eheähnlichen und dauerhaften Charakter
des Konkubinatsverhältnisses. Gleiche oder ähnliche Einschränkungen
werden von allen zitierten Autoren postuliert. Damit sollen einerseits
Konkubinatsverhältnisse ausgeschlossen werden, bei welchen es als nicht
wahrscheinlich erscheint, dass sich die Konkubinatspartner auch in Zukunft
unterstützt hätten. Andererseits soll ein Konkubinatspartner dann keinen
Anspruch auf Entschädigung für den Versorgerschaden erheben können,
wenn das Verhältnis rechtswidrig war oder die Versorgungsleistungen
aus unmoralischen Gründen erfolgten (BREHM, N. 151 ff. zu Art. 45 OR;
GIRSBERGER, aaO, S. 174 ff.).

    Ob letztere Einschränkung gerechtfertigt ist, braucht hier nicht
entschieden zu werden, da ein derartiger Einwand von der Beklagten nicht
erhoben wird. Sie macht dagegen geltend, die tatsächlichen Feststellungen
der Vorinstanz liessen den Schluss nicht zu, die beiden Konkubinatspartner
kämen als gegenseitige Versorger in Betracht. Die Beziehung sei lediglich
während zehn Monaten eheähnlich gewesen. Daraus folgert die Beklagte
mit Hinweis auf BGE 109 II 188, die Lebensgemeinschaft sei nicht derart
stabil und eng gewesen, dass sie wirtschaftlich ähnliche Vorteile wie
eine Ehe habe bieten können. Der Vergleich mit der Rechtsprechung zu den
Voraussetzungen, unter denen einem geschiedenen Konkubinatspartner der
Anspruch auf die Scheidungsrente wegen Rechtsmissbrauchs abgesprochen
werden kann, ist indes hier nicht angebracht. In jenen Fällen ist
massgebend, ob die Lebensgemeinschaft in dem Sinne eheähnlich sei, dass
der Konkubinatspartner des Rentenberechtigten bereit wäre, diesem Beistand
und Unterstützung zu gewähren, wie es für einen Ehegatten gestützt auf
Art. 159 Abs. 3 ZGB gesetzliche Pflicht ist (BGE 109 II 190/191). Die
Frage der Versorgereigenschaft von Konkubinatspartnern ist dagegen nach
anderen rechtlichen Grundlagen zu beurteilen. Der Vergleich mit der
ehelichen Treue- und Beistandspflicht tritt hier in den Hintergrund;
ausschlaggebend ist vielmehr die rein tatsächliche Frage, ob sich die
Konkubinatspartner während der Dauer der Lebensgemeinschaft unterstützt
haben und auch in Zukunft mit grosser Wahrscheinlichkeit unterstützt
hätten. Ein schematisches Abstellen auf eine bestimmte Mindestdauer
des Konkubinatsverhältnisses fällt deshalb ausser Betracht. Im
übrigen waren es vor allem für die Art des Prozesses charakteristische
Beweisschwierigkeiten, welche zur Tatsachenvermutung von BGE 109 II 188
geführt haben. Auch aus diesem Grund rechtfertigt sich eine Übernahme
dieser Tatsachenvermutung für Verfahren wie das vorliegende nicht.

    Nach Auffassung des Obergerichts hatte das Konkubinatsverhältnis
zwischen Doris V. und André M. eheähnlichen und dauerhaften Charakter. Es
stellt dazu fest, die beiden hätten nach glaubwürdiger Sachdarstellung
von André M. seit 1981 in einer sehr engen Beziehung gestanden und
André M. habe regelmässig bei Doris V. übernachtet, bis sie im Oktober
1983 die gemeinsame Wohnung in C. bezogen. Der Bezug der Wohnung
nach mehrjähriger Bekanntschaft sei ein starkes Indiz dafür, dass die
Beziehung nach der Meinung der Partner auf Dauer angelegt war und dass sie
tatsächlich beabsichtigten, sich zu verloben und später zu heiraten. Es
bestünden keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sich an ihren Absichten
in der Zeit bis zum Tode von Doris V. irgend etwas geändert hätte. Diese
Tatsachenfeststellungen sind für das Bundesgericht verbindlich (Art. 63
Abs. 2 OG). Die rechtliche Folgerung der Vorinstanz, die Konkubinatspartner
seien gegenseitig als Versorger zu betrachten, verstösst unter diesen
Umständen nicht gegen Bundesrecht.

Erwägung 3

    3.- Mit der Anschlussberufung beantragt die Beklagte, die dem Kläger
André M. zugesprochene Genugtuungssumme von Fr. 25'000.-- sei auf Fr.
15'000.-- herabzusetzen. Die Beklagte wirft dem Obergericht vor, die von
der Rechtsprechung erarbeiteten Bemessungskriterien zumindest teilweise
falsch angewendet und damit das ihr in Art. 47 OR in Verbindung mit Art. 4
ZGB zugestandene Ermessen verletzt zu haben.

    a) Die Vorinstanz hat sich nicht zur Frage geäussert, ob André M.
grundsätzlich einen Genugtuungsanspruch wegen des Todes von Doris
V. geltend machen könne, da dies im kantonalen Berufungsverfahren nicht
umstritten war. Im Verfahren vor Bundesgericht wird der Genugtuungsanspruch
von M. von der Beklagten grundsätzlich und in der Höhe von Fr. 15'000.--
anerkannt. Obschon die Parteien somit davon ausgehen, es bestehe eine
rechtliche Grundlage für den Genugtuungsanspruch, ist diese Rechtsfrage
dennoch von Amtes wegen zu prüfen (BGE 111 II 369 mit Hinweisen).

    Wie bereits dargelegt, waren André M. und Doris V. im Zeitpunkt
ihres Todes verlobt. Verlobte werden aber nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts und der Lehre als Angehörige im Sinne von Art. 47 OR
betrachtet (BGE 66 II 221 E. 4, 57 II 57; BREHM, N. 159 zu Art. 47 OR;
KELLER, aaO, S. 131; HÜTTE, Die Genugtuung, 2. A. 1986, I/45, Ziff. 2.2.6.;
derselbe, Genugtuungsrecht im Wandel, SJZ 84 (1988), S. 175). Die in der
Literatur umstrittene Frage, ob auch ein Konkubinatsverhältnis Grundlage
eines Genugtuungsanspruchs bilden könne, braucht deshalb nicht entschieden
zu werden (vgl. dazu BREHM, N. 160 zu Art. 47 OR; KELLER, aaO, S. 131/2;
HÜTTE, Genugtuungsrecht im Wandel, SJZ 84 (1988) S. 175; TERCIER, Die
Genugtuung, Strassenverkehrsrechts-Tagung 1988, S. 20).

    b) Nach Auffassung der Vorinstanz sind analog der neuesten
Rechtsprechung zu den Fällen mit Körperverletzungen, die schwerwiegende
Dauerschäden zur Folge haben, auch die Genugtuungssummen wegen des Todes
eines Angehörigen generell höher anzusetzen als früher. Das Bundesgericht
hat eine derartige allgemeine Erhöhung mit der Begründung abgelehnt, diese
Rechtsprechung lasse sich, von der Anpassung an die Teuerung abgesehen,
nicht auf den Unfalltod eines Angehörigen übertragen, der mit der Zeit
doch leichter überwunden werden könne als eine lebenslängliche schwere
Invalidität (BGE 113 II 339 E. 6). Obschon der Vorinstanz insoweit
nicht beizustimmen ist, kommt dem keine entscheidende Bedeutung zu,
da die weiteren angeführten Gründe ihren Entscheid auch allein zu
tragen vermögen. Sie hat mit Recht insbesondere das schwere Verschulden
von H. und das Fehlen eines Mitverschuldens auf seiten der Getöteten
sowie die Intensität der Beziehung zwischen den beiden Verlobten
berücksichtigt. Sodann trifft entgegen der Behauptung der Beklagten
nicht zu, dass diese Beziehung nicht auf Dauer ausgerichtet und völlig
unverbindlich gewesen sei. Das Obergericht hat gegenteils und für das
Bundesgericht verbindlich festgestellt, die Beziehung sei auf Dauer
angelegt gewesen.

    Die Beklagte macht zudem geltend, bei der Bemessung der Genugtuung
sei eine Abstufung nach dem Grad der familiären Beziehung vorzunehmen;
in der Literatur werde die Meinung vertreten, dass bei Verlobten die
Genugtuung kaum mehr als die Hälfte der bei Ehegatten geschuldeten
Summe erreiche. Richtig ist, dass der Grad der Verwandtschaft bei der
Bemessung der Genugtuung zu berücksichtigen ist. Gerade im Fall von
Verlobten besteht jedoch in der Literatur nur insoweit Übereinstimmung,
als die Meinung vertreten wird, die Genugtuung solle niedriger bemessen
werden als diejenige für einen Ehegatten. Dagegen ist umstritten, ob sie
niedriger oder höher sein soll als die Genugtuung der Eltern beim Tod
eines Kindes. Während HÜTTE sie je nach Dauer und Intensität der Beziehung
auch höher ansetzen will als die der Eltern (Die Genugtuung, 2. A. 1986,
I/45, Ziff. 2.2.6.; SJZ 84 (1988), S. 175), soll die Genugtuung nach BREHM
niedriger sein als die einer Mutter für den Verlust ihres einzigen Kindes
(N. 160 zu Art. 47 OR). Schliesslich ergibt sich aus der Aufstellung
von KELLER, auf die sich die Beklagte beruft, dass dieser Autor die
Genugtuung für Verlobte bei derjenigen von Kindern beim Tod von Vater oder
Mutter einstufen will (aaO, S. 132). Auch die wenigen Urteile, welche
Genugtuungen für Verlobte betrafen, zeigen kein einheitliches Bild. Das
Kantonsgericht von Graubünden hat in einem Urteil aus dem Jahre 1978
festgehalten, die Genugtuungssumme sei für eine Braut tiefer anzusetzen
als jene für eine Frau oder Mutter, die ihren Ehemann oder ihr einziges
Kind verliere, und es hat der Verlobten eine Genugtuung von Fr. 10'000.--
zuerkannt (PKG 1978 Nr. 3 S. 23). Sodann waren im Fall von BGE 57 II 54
vom kantonalen Richter dem Vater des verstorbenen Sohnes Fr. 1'000.--
und der Verlobten Fr. 500.-- Genugtuung zugesprochen worden. Das
Bundesgericht hatte dort die Höhe der Genugtuungssummen jedoch nicht
zu überprüfen. Schliesslich bezog sich BGE 66 II 221 E. 4 auf einen
Sachverhalt, der mit dem vorliegenden insoweit vergleichbar ist, als
die Beziehung zwischen den Verlobten mehrere Jahre gedauert hatte und
diese beabsichtigten, wenige Monate nach dem Unfall zu heiraten. Das
Bundesgericht betrachtete damals Genugtuungen von je Fr. 2'500.-- für
die Eltern und von Fr. 3'000.-- für die Verlobte als angemessen.

    Alle diese Literaturmeinungen und Urteile zeigen, dass die
Abstufung nach dem Verwandtschaftsgrad im Falle von Verlobten nur einen
unsicheren Anhaltspunkt dafür bieten kann, in welchem Rahmen eine
Genugtuung als angemessen erscheint. Jedenfalls liegt im Entscheid
der Vorinstanz, die Genugtuung für den Verlobten gleich hoch wie
diejenige für die Eltern zu bemessen, keine Ermessensverletzung. Das
lässt sich in Anbetracht der Umstände des Falles, insbesondere wegen der
Intensität der Gefühlsbeziehungen zwischen den Verlobten und der grossen
Wahrscheinlichkeit einer späteren Heirat durchaus rechtfertigen. Dafür
spricht aber auch der Vergleich mit BGE 66 II 221 E. 4, wo bei einem
ähnlichen Sachverhalt der Verlobten eine höhere Genugtuung zugesprochen
wurde als den Eltern.

    Mit dem weiteren Einwand der Beklagten, die den Eltern zuerkannten
Genugtuungssummen lägen an der obersten noch vertretbaren Grenze,
lässt sich ebenfalls keine Ermessensverletzung darlegen. Vorab ist
festzuhalten, dass die Beklagte das Urteil der Vorinstanz in diesem
Punkt nicht angefochten hat. Es ist daher lediglich zu prüfen, ob die
Genugtuungssummen für die Eltern dermassen aus dem üblichen Rahmen
fallen, dass sie als Anhaltspunkt für die Bemessung der Genugtuung an
den Verlobten ausser Betracht bleiben müssen. Das trifft indes nicht zu,
wie sich aus neueren Urteilen kantonaler Gerichte ergibt, mit welchen
den Eltern Genugtuungssummen zwischen Fr. 20'000.-- und Fr. 35'000.--
zugesprochen wurden (JdT 1984 I Nr. 46 S. 441, 1985 I Nr. 46 S. 429;
GVP 1983 Nr. 35 S. 82; RBOG 1987 Nr. 5 S. 61).

    c) Das Obergericht hat somit die nach der Rechtsprechung
massgebenden Kriterien entgegen der Rüge der Beklagten nicht falsch
angewendet. Beizustimmen ist der Vorinstanz aber auch insoweit, als sie
das jugendliche Alter von M., der zur Zeit des Todes seiner Verlobten
fünfundzwanzig Jahre alt war, und die verhältnismässige kurze Dauer
des engen Zusammenlebens der Verlobten für die obere Begrenzung der
Genugtuungssumme berücksichtigt hat. In Würdigung all dieser Umstände
erscheint die vom Obergericht zugesprochene Genugtuung von Fr. 25'000.--
als angemessen.

    Die Anschlussberufung ist demnach in diesem Punkt unbegründet.

Erwägung 4

    4.- Die Kläger beantragen, die Kosten beider kantonalen Verfahren
der Beklagten aufzuerlegen und diese zu verpflichten, ihnen eine
Parteientschädigung von Fr. 14'683.-- für beide Prozesse zu bezahlen.

    Gemäss Art. 157 und Art. 159 Abs. 6 OG kann das Bundesgericht die
Kosten des kantonalen Verfahrens und die Parteientschädigungen anders
festsetzen, falls es das angefochtene Urteil in der Sache abändert. Nach
dem Sinn dieser Vorschriften kann eine Neuverteilung der Kosten dann
vorgenommen werden, wenn und soweit die Änderungen in der Sache dies
rechtfertigen. Das bedeutet, dass das Bundesgericht lediglich zu beurteilen
hat, welche Auswirkungen sich aus der von ihm vorgenommenen Korrektur in
der Sache selbst für die Kostenfrage ergeben können. Eine selbständige,
davon losgelöste Überprüfung der auf kantonalem Recht beruhenden
Kostenregelung ist dagegen im Berufungsverfahren ausgeschlossen (BGE 96 II
63 mit Hinweisen). Im vorliegenden Fall ist die Änderung in der Sache mit
Fr. 2'500.-- so gering, dass es sich nicht rechtfertigt, die Kosten des
kantonalen Verfahrens und die Parteientschädigungen neu festzusetzen. Das
angefochtene Urteil ist deshalb im Kostenpunkt zu bestätigen.