Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 III 40



114 III 40

14. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 27.
Januar 1988 i.S. B. (Rekurs) Regeste

    Festsetzung des unpfändbaren Lohnbetrages (Art. 325 Abs. 1 OR).

    Das Betreibungsamt hat auf Ersuchen eines Beteiligten den unpfändbaren
Lohnbetrag auch dann festzusetzen, wenn der Arbeitnehmer nach der
Abtretung eines Teils der Lohnforderung in Konkurs gefallen ist und in
der darauffolgenden Betreibung des Gläubigers Rechtsvorschlag erhoben hat
(E. 2).

    Der Gemeinschuldner kann sich dabei nicht auf die Einrede des
mangelnden neuen Vermögens im Sinne von Art. 265 Abs. 2 und 3 SchKG berufen
(E. 2).

Auszug aus den Erwägungen:

Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Gemäss Art. 325 Abs. 1 OR kann der Arbeitnehmer künftige
Forderungen nur soweit gültig abtreten oder verpfänden, als sie pfändbar
sind; auf Ersuchen eines Beteiligten setzt das Betreibungsamt am Wohnort
des Arbeitnehmers den unpfändbaren Betrag fest.

    Strittig ist, ob das Betreibungsamt den unpfändbaren Betrag auch dann
festsetzen dürfe, wenn der Arbeitnehmer nach der Abtretung eines Teils der
Lohnforderung in Konkurs gefallen ist und in der darauffolgenden Betreibung
des Gläubigers Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens erhoben hat. Nach
Auffassung des Rekurrenten kann der unpfändbare Betrag in einem solchen
Fall nur von jenem Richter bestimmt werden, der gemäss Art. 265 Abs. 3
SchKG darüber zu befinden hat, ob der Gemeinschuldner zu neuem Vermögen
gekommen ist.

Erwägung 2

    2.- Die Auffassung des Rekurrenten ist nicht stichhaltig. Als
Beteiligte hat die Gläubigerin nach dem ausdrücklichen Wortlaut von
Art. 325 Abs. 1 OR das Recht, vom Betreibungsamt die Ermittlung des
unpfändbaren Betrages zu verlangen. Dass der Rekurrent gegen die Betreibung
Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens erhoben hat, steht dem nicht
entgegen. Dem Gläubiger ist es vielmehr freigestellt, ob er das durch den
Rechtsvorschlag gehemmte Betreibungsverfahren überhaupt weiterverfolgen
will. Der Rechtsvorschlag kann daher keinen Anlass geben, dem Gläubiger das
in Art. 325 Abs. 1 OR verankerte Recht abzusprechen, vom Betreibungsamt
die Festsetzung des unpfändbaren Betrages zu verlangen. Davon abgesehen
rechtfertigt sich die Zuständigkeit des Betreibungsamtes durch dessen
fachliche Kompetenz, da die Berechnung der unpfändbaren Lohnquote nach den
Regeln des Betreibungsrechts erfolgt (Art. 93 SchKG). Das Betreibungsamt
gewährleistet zudem ein einfaches, billiges und in der Regel rasches
Verfahren (vgl. REHBINDER, Berner Kommentar, N. 11 zu Art. 325 OR;
STAEHELIN, Zürcher Kommentar, N. 14 f. zu Art. 325 OR).

    Im übrigen scheint der Rekurrent zu übersehen, dass künftige
Lohnforderungen nicht in die Konkursmasse gemäss Art. 197 SchKG fallen
(BGE 111 III 76). Lohnforderungen bleiben vielmehr ungeachtet des
persönlichen Konkurses dem Arbeitnehmer vorbehalten. Über diese kann
er grundsätzlich weiterhin frei verfügen. Gerade deswegen kann sich der
Arbeitnehmer bezüglich eines nach dem Konkurs entstandenen, aber schon vor
der Konkurseröffnung abgetretenen Lohnanspruches aber auch nicht auf die
Einrede des mangelnden neuen Vermögens berufen (BGE 75 III 116; 114 III
27 E. 1). Die Befürchtung, dass das Betreibungsamt die pfändbare Quote
tiefer als der Richter ansetzen könnte, weil der Richter im Unterschied
zum Betreibungsamt die Bildung neuen Vermögens im Sinne von Art. 265
Abs. 2 und 3 SchKG berücksichtigen werde, ist daher gegenstandslos.

Erwägung 3

    3.- Die Festsetzung des Existenzminimums durch das Betreibungsamt
ist für die künftige Stellung des Rekurrenten bedeutsam. Wie dieser
zu Recht befürchtet, kann sich der Gläubiger ausserhalb eines
Betreibungsverfahrens gestützt auf die abgetretene Lohnforderung und
die vom Betreibungsamt festgesetzte unpfändbare Lohnquote direkt
an den Arbeitgeber wenden (vgl. hierzu BGE 76 III 116 f.; WALDER,
Lohnabtretung und Zwangsvollstreckung, S. 76-79). Dem Rekurrenten kann
daher ein rechtserhebliches Interesse, seine Sache von der zuständigen
Behörde entscheiden zu lassen, nicht abgesprochen werden. Die kantonale
Aufsichtsbehörde ist auf den kantonalen Rekurs zu Unrecht nicht
eingetreten. Im Ergebnis spielt dies jedoch keine Rolle, da durch
den Nichteintretensentscheid der inhaltlich zutreffende Beschluss der
unteren Aufsichtsbehörde vom 4. November 1987 in Kraft geblieben ist,
mit welchem das Betreibungsamt angewiesen worden ist, die unpfändbare
Quote festzusetzen.