Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 III 1



114 III 1

1. Auszug aus dem Entscheid der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer
vom 20. Februar 1988 i.S. Ramedo AG (Rekurs) Regeste

    Organisation der Konkursämter (Art. 1 ff. SchKG).

    Es lässt sich von Bundesrechts wegen nicht beanstanden, dass das
Konkursamt von Luzern-Land und jenes von Luzern-Stadt am gleichen
Amtssitz vereinigt sind und dass beiden Ämtern derselbe Konkursbeamte
vorsteht. Diese Anordnung fällt in die den Kantonen belassene Kompetenz,
die Organisation der Konkursämter und deren personelle Besetzung
grundsätzlich selber zu bestimmen.

Sachverhalt

    A.- Mit Dekret vom 16. Juni 1987 eröffnete der Amtsgerichtspräsident
III von Luzern-Land über Gabriella K., die eine Insolvenzerklärung
abgegeben hatte, den Konkurs und ordnete das summarische Verfahren
an. Kurz zuvor, am 5. Juni 1987, hatte sich die Konkursitin verheiratet,
wobei noch vor Eheschluss der Güterstand der Gütertrennung vereinbart
worden war. Anlässlich der Inventaraufnahme in der ehemaligen Wohnung
der Konkursitin beschlagnahmte das Konkursamt Luzern-Land sieben Bilder.

    B.- Mit Beschwerde vom 27. August 1987 wandte sich die Ramedo AG,
Glarus, die sich als Eigentümerin der beschlagnahmten Bilder bezeichnete,
an die untere kantonale Aufsichtsbehörde im Schuldbetreibungs- und
Konkurswesen. Sie verlangte die Rückschaffung dieser Bilder oder,
sofern das Konkursamt auf deren Admassierung bestehen sollte, dass die
Bilder mittels Vindikationsklage zur Konkursmasse zu ziehen seien. Der
Amtsgerichtspräsident III von Luzern-Land wies die Beschwerde am 8. Oktober
1987 ab.

    C.- Die Ramedo AG zog die Sache an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskommission des Obergerichts des Kantons Luzern weiter. Mit einem
gegenüber dem erstinstanzlichen Verfahren zusätzlichen Antrag begehrte
sie, "das Konkursamt Luzern-Land im Konkurskreis Luzern-Stadt sei als
unzuständig für die Durchführung des Konkurses der Gabriella K. zu
erklären". Der Beschwerdeweiterzug wurde mit Entscheid der oberen
kantonalen Aufsichtsbehörde vom 31. Dezember 1987 abgewiesen.

    Hiegegen rekurrierte die Ramedo AG an die Schuldbetreibungs- und
Konkurskammer des Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) Die Rekurrentin beschränkt sich in ihrer dem Bundesgericht
eingereichten Rekursschrift darauf, die Zuständigkeit des Konkursamtes
Luzern-Land für die Durchführung des Konkurses über die in Gisikon
wohnhafte Gabriella K. zu bestreiten. Sie stösst sich daran, dass das
Konkursamt Luzern-Land seinen Amtssitz an der gleichen Adresse hat wie
das Konkursamt Luzern-Stadt und dass die beiden Konkursämter überdies in
Personalunion geleitet werden.

    Zur Begründung ihrer Auffassung führt die Rekurrentin im wesentlichen
aus, aus Art. 1 ff. SchKG folge von Bundesrechts wegen "eine klare,
territoriale Gliederung der Zuständigkeit der Betreibungs- und Konkursämter
in dem Sinne, dass jeder Betreibungskreis sein Betreibungsamt und jeder
Konkurskreis sein Konkursamt haben und dass jedes Amt innerhalb seines
Kreises gelegen sein muss". Es sei nicht zulässig, die Aufgaben der Ämter
verschiedener Konkurskreise der nämlichen Amtsstelle zu übertragen. Art. 3
SchKG setze voraus, dass das Konkursamt eines jeden Konkurskreises im
betreffenden Konkurskreis seinen Amtssitz habe. Die Tatsache, dass
im Gerichtskreis Luzern-Land kein Konkursamt liege, verstosse gegen
Bundesrecht.

    § 33 des Gesetzes über die Gerichtsorganisation und die
Zivilprozessordnung des Kantons Luzern, der vorsieht, dass der gleiche
Konkursbeamte für mehrere Kreise gewählt werden kann, verstösst
nach der Meinung der Rekurrentin gegen Art. 3 und 4 SchKG. Ebenso
verletzt "die Annahme, dass das im Konkurskreis Luzern-Stadt gelegene
Konkursamt Luzern-Land auf dieser kantonalrechtlichen Grundlage ohne
Rechtshilfebegehren im Konkurskreis Luzern-Land wirken dürfe", nach ihrem
Dafürhalten gegen Art. 221 Abs. 2 SchKG.

Erwägung 2

    2.- Die Auffassung der Rekurrentin vermag sich weder auf das Gesetz
noch auf die Rechtsprechung zu stützen. In der Literatur lässt sich,
soweit ersichtlich, keine unmittelbare Antwort auf die Frage finden, ob die
Konkursämter mehrerer Konkurskreise an demselben Amtssitz zusammengelegt
werden dürfen und ob es überdies zulässig ist, dass derselbe Konkursbeamte
Vorsteher über mehr als ein Konkursamt ist.

    a) Auszugehen ist bei der Beantwortung der aufgeworfenen Frage davon,
dass die Behördenorganisation in Schuldbetreibungs- und Konkurssachen
Sache der Kantone ist und dass das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und
Konkurs nur in einzelnen organisatorischen Belangen zwecks einheitlicher
Anwendung des Bundesrechts den Charakter eines Rahmengesetzes hat (AMONN,
Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 3. Auflage Bern 1983,
§ 4 Rz. 2).

    Rahmenbedingungen setzen im vorliegenden Fall die Art. 1 und
insbesondere Art. 3 SchKG, der vorschreibt, dass in jedem Konkurskreis
ein Konkursamt bestehe, jedoch dessen Organisation als Sache der Kantone
bezeichnet, In keiner Weise lässt sich aus Art. 3 SchKG herauslesen, "dass
jedes Amt innerhalb seines Kreises gelegen sein muss", wie die Rekurrentin
behauptet. Das lässt sich auch nicht den von der Rekurrentin angerufenen
Literaturstellen (AMONN, aaO, § 4 Rz. 3 und 9; BÜCHI/MEIER/BOSSHARD,
Grundzüge des schweizerischen Schuldbetreibungsrechts, I. Band, 2. Auflage
Zürich 1981, S. 18) entnehmen. Richtig ist vielmehr, dass die kantonalen
Einführungsgesetze die Einteilung des Kantonsgebietes in Betreibungs-
und Konkurskreise, die Art und Weise der Besetzung der Ämter sowie
deren Einrichtung regeln (BLUMENSTEIN, Handbuch des Schweizerischen
Schuldbetreibungsrechtes, Bern 1911, S. 34). Dazu gehört die Kompetenz der
Kantone, den Amtssitz der Konkursämter zu bestimmen, also auch vorzusehen,
dass mehr als ein Konkursamt an ein und demselben Amtssitz geführt
wird. Sofern die bundesrechtskonforme Durchführung der Konkursverfahren
dadurch nicht beeinträchtigt wird, ist auch nicht einzusehen, weshalb
es den Kantonen verwehrt sein sollte, demselben Amtsinhaber die Leitung
mehr als eines Konkursamtes zu übertragen. Aus den bundesrechtlichen
Vorschriften lässt sich nur ableiten, dass dem Konkursbeamten gleich wie
dem Betreibungsbeamten ein Stellvertreter beizuordnen ist (Art. 6 Abs. 1
KOV; GILLIERON, Poursuite pour dettes, faillite et concordat, Lausanne
1985, S. 43).

    Gemäss Art. 4 SchKG können Verrichtungen des Betreibungs- und
des Konkursamtes der nämlichen Amtsstelle übertragen werden. Daraus
lässt sich nicht - was offenbar die Meinung der Rekurrentin ist -
der Umkehrschluss ziehen, es dürften nicht zwei Konkursämter am
gleichen Amtssitz zusammengezogen werden. Wenn schon die Kumulation des
Konkursamtes mit dem Betreibungsamt und weiteren Amtsstellen (Notariat,
Bezirksgerichtsschreiberei u.ä.; BLUMENSTEIN, aaO, S. 39) als zulässig
erachtet wird, so kann es auch nicht untersagt sein, zwei Konkursämter
an einem Amtssitz zusammenzufassen, ja deren Führung einem einzigen
Konkursbeamten zu übertragen.

    Es kann schliesslich auch keine Rede von einer Verletzung von Art. 221
Abs. 2 SchKG sein, wonach das Konkursamt eines andern Konkurskreises
mitzuwirken hat, wenn sich dort Vermögensstücke des Konkursiten
befinden. Diese Vorschrift berührt weder die Frage des Amtssitzes eines
Konkursamtes noch jene der Personalunion.

    b) Es haben denn auch - wie dem Verzeichnis der schweizerischen
Betreibungs- und Konkurskreise (im Druck befindliche Ausgabe 1987)
zu entnehmen ist - neben Luzern einzelne Kantone von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht, die Amtssitze von mehr als einem Konkursamt örtlich
zusammenzulegen: Das Konkursamt von Oberwinterthur-Winterthur und jenes von
Wülflingen-Winterthur befinden sich an derselben Adresse in Winterthur. In
Obwalden ist der Amtssitz des Konkursamtes Engelberg von Engelberg nach
Sarnen verlegt worden, wo sich auch das Konkursamt für die sechs Gemeinden
des alten Landes befindet. Im Kanton Solothurn, wo die Konkursämter mit
den Amtsschreibereien verbunden sind, sind die Konkursämter Solothurn,
Lebern und Bucheggberg, die je ihren eigenen Vorsteher haben, im Amtshaus
2 in Solothurn untergebracht (Solothurner Jahrbuch 88, S. 91, 177).
Der Kanton Aargau hat den Konkursämtern der Bezirke Aargau, Kulm und
Zofingen den Amtssitz in Oberentfelden zugewiesen, die Konkursämter Baden
und Bremgarten sind in Baden untergebracht, und die Konkursämter der
Bezirke Brugg, Laufenburg, Muri, Rheinfelden und Zurzach befinden sich
in Brugg; für diese fünf Konkursämter sind zwei Konkursbeamte gewählt
worden (Staatskalender des Kantons Aargau 1984/1985, S. 120 f.). Lugano
schliesslich ist in zwei Konkurskreise eingeteilt, die beide ihren Amtssitz
an der gleichen Adresse in Lugano haben.

    Wie im angefochtenen Entscheid zutreffend ausgeführt wird, hat sich
die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts nie veranlasst
gesehen, diese organisatorischen Vorkehren zu beanstanden. Sie fallen in
die den Kantonen belassene Kompetenz, die Organisation der Konkursämter
und deren personelle Besetzung grundsätzlich selber zu bestimmen.