Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IB 11



114 Ib 11

3. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom
25. März 1988 i.S. F. AG gegen Regierungsrat des Kantons St. Gallen
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Grundstückerwerb durch Personen im Ausland. Verweigerung der
Erwerbsbewilligung wegen Gesetzesumgehung (Art. 12 lit. c BewG).

    1. Gestützt auf Art. 12 lit. c BewG kann eine Bewilligung auch dann
verweigert werden, wenn sich die Umgehungshandlungen während der Geltung
des alten Rechts zugetragen haben (E. 2c).

    2. Nicht jeder irgendwie geartete Verstoss gegen die Gesetzgebung
auf dem Gebiet des Grundstückerwerbs durch Personen im Ausland gilt als
Umgehung. Den Tatbestand von Art. 12 lit. c BewG erfüllt nur solches
Verhalten, das darauf abzielt, Rechte an schweizerischen Grundstücken zu
erwerben, obwohl dafür die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen (E. 3a).

    3. Subjektive Elemente der Gesetzesumgehung (E. 4).

Sachverhalt

    A.- Den Gebrüdern K. und G. F. - beide damals in Deutschland
wohnhafte deutsche Staatsangehörige - erteilte das Bezirksamt
Oberrheintal gestützt auf Art. 6 Abs. 2 lit. b des Bundesbeschlusses
über den Grundstückerwerb durch Personen im Ausland (sog. Lex Furgler,
BewB; AS 1974 83) am 17. September 1975 die Bewilligung zum Kauf der
teilweise mit Industrieanlagen überbauten Parzelle Nr. 1451 in der
Gemeinde R. Die Bewilligung wurde u.a. mit den Auflagen verbunden, dass
das Grundstück ausschliesslich für die angekündigte Industrienutzung
verwendet werden dürfe, dass die Produktion sogleich aufzunehmen sei
und der Bau der geplanten Werk- und Nebenhalle unverzüglich begonnen
und alsbald vollendet werden müsse. Für den Fall der Nichtbeachtung der
Auflage wurde der Widerruf der Bewilligung angedroht.

    Am 14. Februar 1983 widerrief das Bezirksamt die Bewilligung,
da die Erwerber die ihnen auferlegten Pflichten nicht eingehalten
hätten. Insbesondere hätten sie die Produktion nie aufgenommen und
stattdessen die erworbenen Gebäude als Lagerräume an Dritte vermietet.

    Der Regierungsrat des Kantons St. Gallen trat auf die hiegegen im
Namen von G. F. erhobene Beschwerde mangels gehöriger Vollmacht des
Rechtsvertreters nicht ein, und die Beschwerde von K. F. wies er ab. Das
Bundesgericht wies am 7. Juni 1985 die Verwaltungsgerichtsbeschwerde von
K. F., der inzwischen am 31. Mai 1984 verstorben war, ab.

    Am 30. Mai 1986 erhob das St. Galler Justiz- und Polizeidepartement
beim Bezirksgericht Oberrheintal Klage gegen G. F. sowie die Erben
des K. F. mit den Begehren, es sei die öffentliche Versteigerung des
Grundstücks Nr. 1451 anzuordnen und die Höhe der Gestehungskosten
festzustellen. Ferner sei anzuordnen, dass den Beklagten aus der
Versteigerung nur die Gestehungskosten ausgerichtet werden und ein
allfälliger Mehrerlös dem Kanton St. Gallen zufalle. Das Bezirksgericht
hiess die Klage am 31. März 1987 gut. Die Beklagten haben hiegegen beim
Kantonsgericht Berufung eingelegt.

    Am 26. September 1986 wurde die F. Maschinenfabrik AG mit Sitz
in R. gegründet. Von den insgesamt 250 Inhaberaktien à Fr. 1'000.--
hält G. F. deren 248. Die neue Gesellschaft bemüht sich seither darum,
das Grundstück Nr. 1451 freihändig oder - wenn nötig - im Rahmen der
allfälligen Zwangsversteigerung zu erwerben. Sie stellte am 31. Oktober
1986 beim Bezirksamt das Gesuch um Erteilung der dafür erforderlichen
Bewilligung. Begründet wurde das Begehren mit der Absicht der in der
Bundesrepublik Deutschland domizilierten F. GmbH & Co., zunächst in der
bestehenden Fabrikationshalle und später in noch zu errichtenden Gebäuden
die Warenproduktion aufzunehmen.

    Das Bezirksamt lehnte das Gesuch am 15. Januar 1987 im wesentlichen
mit der Begründung ab, dass G. F., mit welchem die Gesuchstellerin
wirtschaftlich identisch sei, durch die Nichteinhaltung von Auflagen die
Bestimmungen der Gesetzgebung gegen die Bodenüberfremdung umgangen und
damit den Verweigerungsgrund von Art. 12 lit. c des Bundesgesetzes über
den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (sog. Lex Friedrich,
BewG; SR 211.412.41) verwirklicht habe.

    Der von der Gesuchstellerin in der Folge angerufene Regierungsrat
des Kantons St. Gallen wies die Beschwerde ab.

    Die F. Maschinenfabrik AG führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit
den Begehren, es sei der Entscheid des Regierungsrates aufzuheben und
es sei ihr der Erwerb des 5081 m2 umfassenden Grundstücks Nr. 1451 zu
bewilligen. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin haben die kantonalen
Behörden ausser acht gelassen, dass nicht G. sondern K. F. die Geschäfte
des Familienunternehmens geführt und dabei über die strittige Parzelle
verfügt habe. Die Missachtung der Auflagen und damit der Widerruf der
Bewilligung könne daher keinesfalls G. F. angelastet werden. Es sei
deshalb unzulässig, ihn der Gesetzesumgehung zu bezichtigen und der
Beschwerdeführerin die Bewilligung mit dieser Begründung zu verweigern. Es
komme hinzu, dass der Wortlaut von Art. 12 lit. c BewG lediglich Umgehungen
im engeren Sinne, nicht jedoch andere Verstösse gegen das seit 1985 in
Kraft stehende Bundesgesetz erfasse. Werde diese Bestimmung ausserdem -
wie dies die kantonalen Behörden getan hätten - auf Sachverhalte angewandt,
die sich unter der Geltung des früheren Rechts verwirklicht hätten, so
verstosse dies gegen das in Art. 4 BV verankerte Willkürverbot sowie das
Verbot der Rückwirkung. Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Es ist unbestritten, dass der deutsche Staatsangehörige
G. F. die Beschwerdeführerin rechtlich und wirtschaftlich beherrscht. Die
Beschwerdeführerin ist demzufolge eine bewilligungspflichtige juristische
Person im Sinne von Art. 5 Abs. 1 lit. c BewG; dem von ihr beabsichtigten
Grunderwerb sind daher allenfalls auch solche Einwände entgegenzuhalten,
die erhoben werden müssten, wenn G. F. selbst als Gesuchsteller in
Erscheinung träte.

    b) Der Streit betrifft ausschliesslich die Frage, ob die kantonalen
Behörden zu Recht annahmen, die tatsächlichen und rechtlichen
Voraussetzungen der Anwendbarkeit von Art. 12 lit. c BewG seien
gegeben. Diese Bestimmung schreibt zwingend die Verweigerung einer
Bewilligung vor, "wenn der Erwerber versucht hat, dieses Gesetz zu
umgehen".

    c) Für den vorliegenden Fall ist vorab von Bedeutung, ob Art. 12
lit. c BewG bloss die versuchte Umgehungen der Lex Friedrich erfasst
oder ob auch entsprechende Verstösse gegen den bis zum 31. Dezember
1984 geltenden Bundesbeschluss darunter fallen. Bereits nach den damals
geltenden Bestimmungen waren Umgehungshandlungen verboten und führten
zur Nichtigkeit eines Geschäfts (BGE 107 II 445). Im Unterschied zum
heutigen Recht enthielt aber der Bundesbeschluss keine ausdrückliche Norm,
welche denjenigen vom Erwerb ausschloss, der versucht hatte, Rechte
an einem Grundstück auf unlautere Weise zu erwerben. Eine derartige
Vorschrift drängte sich auch nicht auf, da solche Personen in der Regel
schon deshalb nicht mehr als Erwerber in Frage kamen, weil sie kein
berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 6 BewB nachzuweisen in der
Lage waren. Mit dem Erlass der Lex Friedrich wurde die Voraussetzungen
der Bewilligungserteilung neu geregelt. Es widerspräche der ratio des
gegenüber dem Bewilligungsbeschluss in mehrfacher Hinsicht verschärften
Gesetzes (vgl. BBl 1981 III 618 ff.), wenn Personen, deren altrechtliche
Bewilligungen widerrufen werden mussten, nun nach neuem Recht auf ein
Grundstück greifen könnten, das sie durch Gesetzesumgehung erwerben
wollten. Bereits aus diesem Grund drängt sich die Anwendung von Art.
12 lit. c BewG auf Verstösse gegen den Bewilligungsbeschluss geradezu
auf. Im übrigen würde das Gebot der rechtsgleichen Behandlung missachtet,
wenn nur Gesetzesumgehungen berücksichtigt werden dürften, die sich seit
dem 1. Januar 1985, dem Inkrafttreten der Lex Friedrich, zugetragen haben.

Erwägung 3

    3.- a) Im Gesetz wird der Begriff der Umgehung nicht weiter
erläutert. Es stellt sich die Frage, ob darunter jedes irgendwie
geartete widerrechtliche Verhalten subsumiert werden muss. Nach einer
von der Lehre verwendeten und vom Bundesgericht in BGE 104 II 206 E. b
übernommenen Umschreibung besteht eine Gesetzesumgehung darin, dass der
Wortlaut einer Verbotsnorm beachtet, ihr Sinn dagegen missachtet wird. In
einem konkreten Fall, bei dem es um die Anwendung der Lex Furgler ging,
hat das Bundesgericht erkannt, dass als Gesetzesumgehung namentlich
jedes Rechtsgeschäft zu gelten hat, "das einer nicht im Besitze einer
Bewilligung befindlichen Person im Ausland eine eigentümerähnliche Stellung
an einem Grundstück in der Schweiz verschafft" (BGE 107 II 446). In dieser
Formulierung kommt zum Ausdruck, dass nur solches Handeln unter den Begriff
der Umgehung fällt, das darauf abzielt, Rechte an schweizerischem Boden zu
erwerben, obwohl dafür die gesetzlichen Voraussetzungen fehlen. Es besteht
keine Veranlassung, von dieser Umschreibung abzurücken. Das bedeutet,
dass widerrechtliches Handeln allein den Tatbestand von Art. 12 lit. c
BewG nicht verwirklicht. Es muss vielmehr hinzukommen, dass der Ausländer
(juristischer oder wirtschaftlicher) Eigentümer einer Liegenschaft wird,
obschon dafür nie eine Bewilligung erteilt wurde, oder dass die Bewilligung
durch Vorgabe von Gründen erwirkt wird, die zwar einen Erwerb gestatten,
aber im konkreten Fall nicht erfüllt sind.

    b) Den Gebrüdern F. wurde der Erwerb seinerzeit nur erlaubt,
weil sie sich entsprechend dem Bewilligungsgrund von Art. 6 Abs. 2
lit. b BewB verpflichtet hatten, das Grundstück ausschliesslich für
ihre Unternehmung zu verwenden, die Produktion in den bestehenden
Gebäulichkeiten unverzüglich aufzunehmen sowie mit dem Bau der geplanten
Werk- und Nebenhalle rasch zu beginnen und diese auch planmässig zu
vollenden. Es zeigte sich in der Folge schon bald, dass sie nicht gewillt
waren, den ihnen auferlegten Pflichten nachzukommen. Weder wurden die
angeblich geplanten Bauten in Angriff genommen, noch wurde die angekündigte
Produktion von Trockenapparaten je begonnen. Schon im April 1980 wurden -
nachdem das vorhandene Inventar liquidiert worden war - die bestehenden
Räume an eine andere Firma vermietet. Das Grundstück diente somit der
nach Art. 3 BewB verbotenen Vermögensanlage, d.h. einer Verwendung,
für die der Erwerb keinesfalls hätte gestattet werden dürfen. Mit der
Angabe eines unzutreffenden Zwecks haben die Gebrüder F. bewirkt, dass
ihnen entgegen der Verbotsnorm von Art. 6 Abs. 3 BewB eine Bewilligung
erteilt wurde. Dieses Verhalten erfüllt klarerweise den Tatbestand der
Umgehung nach Art. 12 lit. c BewG.

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin wendet ein, zur Annahme einer Umgehung
durch G. F. fehlten die von Art. 12 lit. c BewG verlangten subjektiven
Elemente. G. F. habe auf die Verwendung des fraglichen Grundstücks keinen
Einfluss gehabt, weil sein Bruder alle damit zusammenhängenden Geschäfte
geführt habe. Diese Behauptung würde der Beschwerdeführerin selbst dann
nicht helfen, wenn sie zuträfe. G. F. war als Verfügungsadressat persönlich
verpflichtet, für eine bewilligungsgemässe Nutzung zu sorgen. Seine
Stellung als Miteigentümer zur Hälfte gab ihm das Recht, die Erfüllung
der Auflagen auch gegenüber seinem Bruder durchzusetzen. So wäre es
ihm insbesondere möglich gewesen, die Vermietung der Liegenschaft zu
verhindern. Derartige Vorkehren von G. F. sind jedoch weder dargetan noch
von Amtes wegen zu erkennen. Der Umstand, dass er mit der Bewilligung
verbundene Pflichten nicht wahrnahm, kann deshalb nicht zu seiner
Entlastung angerufen werden; vielmehr ergibt sich ein Verschulden gerade
aus seiner Untätigkeit. Er hat um seine Pflichten gewusst und zumindest
in Kauf genommen, dass die Auflagen nicht beachtet wurden. Das von Art. 12
lit. c BewG vorausgesetzte Verschulden ist somit - jedenfalls in der Form
des Eventualvorsatzes - gegeben.

    Falls G. F. selbst kein Verschulden träfe, so hätte er jedenfalls
für die Handlungen seines Bruders einzustehen. Wirtschaftlich betrachtet
diente sowohl der seinerzeitige als auch der nun geplante Grundstückerwerb
der deutschen F. GmbH & Co. Diese Gesellschaft gehörte den Brüdern
gemeinsam; sie steht heute gemäss den Angaben in der Beschwerdeschrift im
Alleineigentum von G. F. Weil somit dieselbe (juristische) Person hinter
dem neuen Gesuch steht, deren Geschäftsführer für Umgehungshandlungen
verantwortlich war, muss sie und damit ihr heutiger Eigentümer, G. F.,
das frühere fraudulöse Handeln ihres Organs gegen sich gelten lassen.