Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IA 427



114 Ia 427

70. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 20.
Dezember 1988 i.S. Heinz Aebi und Mitb. gegen den Grossen Rat des Kantons
Bern (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 85 lit. a OG; Volksabstimmung über die politische Zukunft des
Laufentals vom 11. September 1983, behördliche Intervention.

    1. Im Zusammenhang mit einer Abstimmungssache, wie sie hier
zur Diskussion steht, deckt sich der durch Art. 10 EMRK garantierte
Schutzbereich des Rechts auf freie Meinungs- und Willensbildung mit
demjenigen der politischen Rechte im Sinne von Art. 85 lit. a OG
(E. 1b/cc).

    2. Eine Intervention einer übergeordneten Körperschaft in
den Abstimmungskampf einer ihr untergeordneten Körperschaft ist
grundsätzlich unzulässig. Unter Berücksichtigung der Besonderheiten
des vorliegenden Falles und der Komplexität der die Laufentalfrage
betreffenden Verhältnisse durften indes die Voraussetzungen für eine
zusätzliche, die Abstimmungserläuterungen der Bezirkskommission ergänzende
kantonal-bernische Information zur Wiederherstellung der Chancengleichheit
im Meinungsbildungsprozess als grundsätzlich gegeben erachtet werden
(E. 4 und 5).

    3. Aufhebung des die Abstimmung schützenden Entscheides des
Grossen Rates des Kantons Bern, da von seiten des Regierungsrates in
rechtswidriger Weise - klare Werbung durch ein privates Abstimmungskomitee
anstatt objektive und sachliche Information, ohne gesetzliche Grundlage,
heimlich und in unverhältnismässigem Umfang - öffentliche Gelder in
den Abstimmungskampf eingesetzt wurden und da nicht gesagt werden kann,
die strittige Abstimmung wäre ohne Mangel nicht anders ausgefallen (E. 6
und 7).

    4. Gründe - namentlich auch solche der Rechtssicherheit -,
die erforderten, von einer Wiederholung der Abstimmung über einen
Anschlussvertrag des Laufentals mit dem Kanton Basel-Landschaft abzusehen,
fehlen (E. 8).

Sachverhalt

    A.- Im Herbst 1977 reichten ungefähr 60% der Stimmberechtigten des
bernischen Amtsbezirks Laufen gestützt auf Art. 5 des vom 1. März 1970
datierten Zusatzes zur Staatsverfassung des Kantons Bern hinsichtlich des
jurassischen Landesteiles eine Initiative ein, welche die Einleitung des
Anschlussverfahrens an einen der benachbarten Kantone bezweckte. Die in
der Folge durchgeführte Volksabstimmung vom 18. Juni 1978 ergab bei einer
Stimmbeteiligung von 79% 4164 Ja-Stimmen und 2234 Nein-Stimmen. In zwei
Evaluationsabstimmungen im Jahre 1980 entschieden sich die Stimmbürger
des Laufentals für den Kanton Basel-Landschaft als Anschlusskanton. Am
11. September 1983 wurde ihnen das Ergebnis der Anschlussverhandlungen
mit dem Kanton Basel-Landschaft zur Abstimmung vorgelegt. Das Resultat
über die Abstimmungsfrage "Wollt Ihr Euch aufgrund des vereinbarten
Vertrages dem Kanton Basel-Landschaft anschliessen?" ergab bei einer
Stimmbeteiligung von 92,9% 3575 Ja-Stimmen und 4675 Nein- Stimmen. Das
Abstimmungsergebnis wurde noch im Jahre 1983 erwahrt.

    Am 3. September 1985 erhoben Heinz Aebi, Konrad Düblin, Alfred
Jeker, Ernst Mani und Walter Schmidlin als Stimmberechtigte des
Amtsbezirks Laufen Abstimmungsbeschwerde "an die Staatskanzlei zuhanden
des zuständigen Entscheidsorgans" des Kantons Bern. Sie beantragten,
die Laufentalabstimmung sei nichtig zu erklären, eventuell aufzuheben,
und es sei über die gleiche Abstimmungsvorlage eine neue Abstimmung
durchzuführen. Zur Begründung wiesen sie darauf hin, dass sich aus
dem dem Grossen Rat des Kantons Bern am 2. September 1985 eröffneten
Untersuchungsbericht der Besonderen Untersuchungskommission (BUK) zum
Bericht Hafner ergebe, dass der Regierungsrat des Kantons Bern dem
Propaganda-Komitee "Aktion Bernisches Laufental" (ABL) heimlich und
ohne gesetzliche Grundlage nebst einem im Jahre 1980 aus allgemeinen
Staatsmitteln entrichteten Betrag von Fr. 60'000.-- weitere Fr. 273'281.--
aus den SEVA-Lotteriegeldern für Abstimmungspropaganda bezahlt habe.
Durch diese massive pro-bernische Propaganda sei das Abstimmungsergebnis
wesentlich verfälscht worden.

    Nachdem der Grosse Rat des Kantons Bern auf die Beschwerde nicht
eingetreten war, gelangten Heinz Aebi, Konrad Düblin, Alfred Jeker,
Ernst Mani und Walter Schmidlin mit staatsrechtlicher Beschwerde an
das Bundesgericht. Dieses stellte fest, dass der Grosse Rat wegen der
Erheblichkeit der neuentdeckten Tatsachen auf das Wiedererwägungsbegehren
hätte eintreten müssen, und es hiess die staatsrechtliche Beschwerde mit
Urteil vom 18. März 1987 im Sinne der Erwägungen gut, soweit es darauf
eintreten konnte (s. BGE 113 Ia 146 ff.).

    Gestützt auf das Bundesgerichtsurteil vom 18. März 1987 trat der
Grosse Rat des Kantons Bern auf die von Heinz Aebi, Konrad Düblin, Alfred
Jeker, Ernst Mani und Walter Schmidlin erhobene Abstimmungsbeschwerde
ein. Mit Entscheid vom 3. November 1987 wies er diese jedoch ab. Zur
Begründung führte der Grosse Rat im wesentlichen aus, dass die an die ABL
ausbezahlten Beträge dieser dazu dienen sollten, das im Laufental durch
die Propaganda der Anschlusskantone und durch das Komitee "Ja zur besten
Lösung" seit 1980 entstandene Bild - nämlich, dass das Laufental von Bern
weg wolle - zu korrigieren. Es sei im Interesse des Stimmbürgers gewesen,
wenn sich der Kanton Bern aus staatspolitischer Sicht zum Ausgleich dieses
Informationsdefizits verpflichtet gesehen habe. Das Engagement des Kantons
Bern sei nach Auffassung des Grossen Rates nicht geeignet gewesen, das
Abstimmungsresultat wesentlich zu beeinflussen, zumal die zur Verfügung
gestellte Summe von insgesamt rund Fr. 330'000.-- den Zeitraum von fünf
Jahren abgedeckt habe.

    Hiergegen erhoben Heinz Aebi, Konrad Düblin, Alfred Jeker, Ernst Mani
und Walter Schmidlin am 18. Dezember 1987 staatsrechtliche Beschwerde
beim Bundesgericht im wesentlichen wegen Verletzung des Stimmrechts
(Art. 85 lit. a OG) und wegen Verletzung von Art. 4 BV (Verstoss gegen
das Willkürverbot und Missachtung des Rechtsgleichheitsgebotes). Sie
stellen folgende Anträge:

    "1. Der Beschluss des Grossen Rates des Kantons Bern vom

    3. November 1987 über die Abstimmungsbeschwerde der Beschwerdeführer
vom

    3. September 1985 sei aufzuheben.

    2. Eventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, das Verfahren über die

    Abstimmungsbeschwerde vom 3. September 1985 wieder aufzunehmen.

    3. Subeventuell sei die Vorinstanz anzuweisen, Vorkehren zu treffen,
   damit im Amtsbezirk Laufen nochmals über den Anschlussvertrag mit dem
   Kanton Basel-Landschaft abgestimmt werden kann.

    4. Unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Kantons

    Bern."

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Sinne der Erwägungen
gut, soweit darauf eingetreten werden kann, und hebt den angefochtenen
Entscheid auf.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- b) cc) In ihrer Replikschrift rügen die Beschwerdeführer auch
Art. 10 EMRK als verletzt; sie machen geltend, die gemäss dieser Bestimmung
garantierte Meinungsfreiheit dürfe durch die staatlichen Behörden nicht
manipuliert werden.

    Der Regierungsrat erachtet diese Rüge als unzulässiges Novum; sie sei
weder im Verfahren vor dem Grossen Rat noch mit der staatsrechtlichen
Beschwerde, sondern eben erst im Rahmen des zweiten Schriftenwechsels
vor Bundesgericht und damit verspätet vorgetragen worden (s. in diesem
Zusammenhang BGE 105 Ib 40 E. 2 und 101 Ia 531 E. a, ferner 107 Ia 191;
ARTHUR HAEFLIGER, Alle Schweizer sind vor dem Gesetze gleich, Bern 1985,
S. 272). Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass die betreffende Rüge
jedenfalls bereits in der Beschwerde selber insofern enthalten ist, als
die Beschwerdeführer zwar noch nicht ausdrücklich Art. 10 EMRK angerufen,
jedoch schon damals geltend gemacht haben, die in Frage stehenden Zahlungen
des Regierungsrates an die ABL stellten einen unzulässigen Eingriff in
die freie Meinungs- und Willensbildung der Stimmberechtigten im Laufental
dar. Ob es sich gleichwohl um ein unzulässiges Novum handelt, weil die
Rüge nicht bereits im kantonalen Verfahren erhoben worden sein soll, kann
indes offenbleiben, denn im Zusammenhang mit einer Abstimmungssache,
wie sie im vorliegenden Fall zur Diskussion steht, deckt sich der
Schutzbereich des Rechts auf freie Meinungs- und Willensbildung mit
demjenigen der politischen Rechte, die von den Beschwerdeführern im Rahmen
ihrer staatsrechtlichen Beschwerde nach Art. 85 lit. a OG als verletzt
gerügt werden.

    c) Ein aktuelles praktisches Interesse (s. hiezu BGE 111 Ib 59 E. 2a
mit Hinweisen) an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides und damit der
Wiederholung der in Frage stehenden Abstimmung steht den Beschwerdeführern
zu, auch wenn die Verhältnisse im Falle einer Wiederholung der Abstimmung
nicht mehr dieselben sein können wie im Jahre 1983. Selbst wenn eine
neue Abstimmung das Ergebnis der früheren bestätigen sollte, so würde
die Wiederholung jedenfalls die aufgrund der Streitgegenstand bildenden
regierungsrätlichen Intervention verbliebenen Zweifel daran, ob das
damalige Ergebnis korrekt zustande gekommen sei, beseitigen können. Schon
dies für sich alleine begründet ein hinreichendes praktisches Interesse
an der Beschwerdeführung.

Erwägung 3

    3.- Die Beschwerdeführer machen im wesentlichen geltend, der Kanton
Bern habe als übergeordnete Behörde überhaupt kein Recht gehabt, in
die Meinungs- und Willensbildung der Stimmberechtigten des Laufentals
direkt oder indirekt einzugreifen. Er habe zudem das durch Art. 1
Zusatz KV garantierte Selbstbestimmungsrecht des Laufentals und auch
seine Neutralitätsverpflichtung verletzt. Auf triftige Gründe für ein
Eingreifen von seiten der kantonalen Behörden könne es daher gar nicht
ankommen. Im übrigen hätten gar keine solchen Gründe vorgelegen. Auch
die Art der Intervention sei unzulässig gewesen, indem diese heimlich und
mittels eines privaten Abstimmungskomitees erfolgt sei. Mit der Zahlung
von insgesamt rund Fr. 330'000.-- an die "Aktion Bernisches Laufental"
seien schliesslich auch der Grundsatz der Gesetzmässigkeit und das Gebot
der Verhältnismässigkeit verletzt worden.

Erwägung 4

    4.- a) Das vom Verfassungsrecht des Bundes gewährleistete
politische Stimmrecht gibt dem Bürger einen Anspruch darauf, dass kein
Abstimmungsergebnis anerkannt wird, das nicht den freien Willen der
Stimmberechtigten zuverlässig und unverfälscht zum Ausdruck bringt (BGE
114 Ia 43 E. 3; 113 Ia 45 E. 2b und 294 E. 3a; 112 Ia 211 E. 1b und 335
E. 4b, mit weiteren Hinweisen). Daraus folgt, dass jeder Stimmbürger seinen
Entscheid gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der
Meinungsbildung soll treffen können (BGE 113 Ia 294 E. 3a). Die Freiheit
der Meinungsbildung schliesst grundsätzlich jede direkte Einflussnahme
der Behörden aus, welche geeignet wäre, die freie Willensbildung der
Stimmbürger im Vorfeld von Wahlen und Abstimmungen zu verfälschen (BGE
113 Ia 294 E. 3b und 112 Ia 335 E. 4b, je mit Hinweisen). Eine solche
unerlaubte Beeinflussung liegt etwa dann vor, wenn die Behörde, die zu
einer Sachabstimmung amtliche Erläuterungen verfasst, ihre Pflicht zu
objektiver Information verletzt und über den Zweck und die Tragweite der
Vorlage falsch orientiert. Eine unerlaubte Beeinflussung der Stimmbürger
kann ferner vorliegen, wenn die Behörde in unzulässiger Weise in den
Abstimmungskampf eingreift und entweder positive, zur Sicherung der
Freiheit der Stimmbürger aufgestellte Vorschriften missachtet oder sich
sonstwie verwerflicher Mittel bedient (BGE 112 Ia 335 E. 4b mit Hinweisen).

    Als verwerflich gilt unter anderem, wenn eine Behörde
mit unverhältnismässigem Einsatz öffentlicher Mittel in den
Abstimmungskampf eingreift (s. BGE 108 Ia 157 E. 3b mit Hinweis;
ferner nicht veröffentlichtes Urteil vom 20. November 1985 i.S. Ausfeld
E. 2b/aa; BGE vom 19. Oktober 1983 i.S. Reist in BVR 1984, S. 102 E. 4a;
BGE vom 24. November 1982 i.S. Pfenninger in BVR 1983, S. 4 E. 3;
BGE vom 5. Januar 1982 i.S. Umfahrung Uster in ZBl 83/1982, S. 206;
BGE vom 11. Mai 1979 i.S. Bauert, in der amtlichen Sammlung [BGE 105 Ia
243 ff.] nicht veröffentlichte E. 3, publiziert in ZBl 81/1980, S. 21;
BGE vom 8. Juli 1964 i.S. Beuttner in ZBl 66/1965, S. 251).

    b) Nach dieser Rechtsprechung schliesst die Freiheit der
Meinungsbildung jedes Eingreifen der Behörden in einen Wahlkampf
aus. Hingegen gilt es nach schweizerischer Rechtsauffassung immerhin als
zulässig, dass eine Behörde ihre Sachvorlage den Stimmberechtigten zur
Annahme empfiehlt und Erläuterungen oder Berichte dazu beilegt, sofern
sie dabei ihre Pflicht zu objektiver Information nicht verletzt und über
den Zweck und die Tragweite der Vorlage nicht falsch orientiert (BGE 113
Ia 295 f. E. 3b; 112 Ia 335 E. 4c; s. auch nicht veröffentlichtes Urteil
vom 9. März 1988 i.S. Comité d'initiative "Sauver La Côte" E. 3d).

    c) Das Bundesgericht hat in seiner Rechtsprechung zu Fällen
behördlichen Eingreifens im Abstimmungskampf über eigene Vorlagen wie auch
zu solchen betreffend Interventionen einer Gemeinde in einen kantonalen
Abstimmungskampf Stellung genommen. Es hat dabei solches behördliches
Eingreifen nur als Ausnahme zugelassen und auf Fälle beschränkt, in denen
triftige Gründe für eine Tätigkeit der Behörden sprechen (BGE 113 Ia 296;
112 Ia 335 ff. E. 4d mit Hinweisen). Für den Fall des Eingreifens von
Gemeindebehörden in den kantonalen Abstimmungskampf hat es angenommen,
dass triftige Gründe jedenfalls dann vorliegen, wenn eine Gemeinde
und ihre Stimmbürger am Ausgang der Abstimmung ein unmittelbares und
besonderes Interesse haben, das jenes der übrigen Gemeinden des Kantons
bei weitem übersteigt (BGE 112 Ia 336 mit Hinweisen). Beim Eingreifen
der Behörden in den Abstimmungskampf über eigene Vorlagen gelten nach
bundesgerichtlicher Rechtsprechung strengere Massstäbe (BGE 112 Ia 337;
108 Ia 159 E. 4b). Triftig sind Gründe für eine zusätzliche Information,
Klarstellung usw. dann, wenn sie im Interesse einer unverfälschten
Willensbildung und Willensbetätigung der Stimmbürger als notwendig
erscheinen und so gewichtig sind, dass sie die Interessen an der freien,
unbeeinflussten Meinungsbildung überwiegen (BGE 113 Ia 296; 112 Ia 337
mit Hinweisen). Kein triftiger Grund kann in der Absicht gesehen werden,
die Stimmbürger zur Annahme einer Abstimmungsvorlage zu bewegen (s. die
soeben zitierten Urteile).

    Das Vorliegen triftiger Gründe ist vom Bundesgericht etwa im
erwähnten Urteil vom 24. November 1982 i.S. Pfenninger (BVR 1983,
S. 6 f.) angenommen worden. In jenem Urteil hat es eine Plakataktion
der Behörden noch als Information gewertet und darin im Gegensatz zur
Propaganda keine unzulässige Beeinflussung des Stimmbürgers gesehen,
und angesichts der Komplexität des Abstimmungsgegenstandes hat es
das Vorliegen wichtiger Gründe für eine Zusatzinformation bejaht. Im
ebenfalls schon genannten Urteil vom 20. November 1985 i.S. Ausfeld
(E. 2b/aa) hat das Bundesgericht triftige Gründe für die nochmalige
Veröffentlichung eines Teils der Abstimmungszeitung deshalb als gegeben
erachtet, weil sich die Abstimmungszeitung noch mit einem dahingefallenen
Gegenvorschlag befasst hatte. Ferner hat es im Falle einer kantonalen
Abstimmung über drei Vorlagen die Tatsache, dass hinsichtlich der von
einer dieser Vorlagen betroffenen Liegenschaft in einer früheren Abstimmung
ein Kredit für einen Umbau verworfen worden war, und die Befürchtung des
Regierungsrates, dass der Stimmbürger für die Teilnahme an der Abstimmung
zuwenig motiviert sein könnte, nicht als triftige Gründe anerkannt, um die
durch den Regierungsrat eine Woche vor dem Urnengang in zwei Zeitungen
veröffentlichte Informationsseite über die in Frage stehenden Vorlagen
zu rechtfertigen (BGE 112 Ia 337 f. E. 4d).

    d) Bei der hier zur Diskussion stehenden Abstimmung im bernischen
Amtsbezirk Laufen handelt es sich um eine solche einer dem Kanton Bern
untergeordneten Körperschaft. Die Frage der Zulässigkeit der Intervention
einer übergeordneten Körperschaft in den Abstimmungskampf einer ihr
untergeordneten Körperschaft war vom Bundesgericht - soweit ersichtlich -
bis heute nicht zu beurteilen. In der Literatur wird ein solcher Eingriff
als grundsätzlich unzulässig betrachtet (ETIENNE GRISEL, L'information
des citoyens avant les votations, in Festschrift für Hans Nef, Zürich
1981, S. 61; ULRICH WEDER, Die innenpolitische Neutralität des Staates,
Diss. Zürich 1981, S. 78; ANDREAS AUER, L'intervention des collectivités
publiques dans les campagnes référendaires, in Revue de droit administratif
et de droit fiscal [RDAF] 41/1985, S. 192; vgl. auch GEORG MÜLLER, Die
innenpolitische Neutralität der kantonalen öffentlichen Unternehmen,
in ZBl 88/1987, S. 435; ferner ALFRED KÖLZ, Gutachten an die Besondere
Untersuchungskommission [BUK] des Grossen Rates des Kantons Bern vom
20. März 1985, S. 8), ebenso vom Regierungsrat des Kantons Zürich, der
mit Entscheid vom 15. November 1978 i.S. Bauert feststellte (ZBl 80/1979,
S. 160), dass es unzulässig wäre, wenn der Kanton zur Beeinflussung einer
Gemeindeabstimmung staatliche Mittel einsetzen würde (diese Feststellung
bildete nicht Gegenstand des anschliessenden bundesgerichtlichen Verfahrens
i.S. Bauert, BGE 105 Ia 243 ff. bzw. ZBl 81/1980, S. 20 ff.). GRISEL (aaO,
S. 61) begründet dies damit, dass der Grosse Rat oder der Regierungsrat
vor einer Abstimmung in einer Gemeinde sowenig wie der Bundesrat vor einer
kantonalen Abstimmung Stellung zu nehmen haben, um so weniger, als sie
zum Entscheid über die Gültigkeit der Abstimmung angerufen werden könnten
und somit in der gleichen Sache Richter und Partei wären. Es erscheint
in der Tat als unzulässig, wenn sich ein Kanton in den Abstimmungskampf
einer Gemeinde oder eines Bezirks in Angelegenheiten einmischt, in welchen
diesen Körperschaften eine gewisse Autonomie zusteht (s. KÖLZ, aaO, S. 8).
Bezüglich der Gemeinde ergibt sich dies schon aus der ihr nach kantonalem
Verfassungs- und Gesetzesrecht eingeräumten Autonomie (vgl. MÜLLER,
aaO, S. 435, und AUER, aaO, S. 192). Aber auch hinsichtlich eines
als öffentlichrechtliche Körperschaft konstituierten Bezirks erscheint
ein solcher Eingriff durch den Kanton als grundsätzlich unzulässig. Im
vorliegenden Fall war es zudem aufgrund des genannten Verfassungszusatzes
alleiniges Recht des Laufentals, über seine politische Zukunft zu bestimmen
(s. in diesem Sinne auch BUK-Bericht, S. 74).

    Allerdings ist unbestreitbar, dass die in Frage stehende
Abstimmungsvorlage den Kanton Bern in seiner Existenz betroffen hat, ging
es doch um die Ablösung eines Teils seines Gebietes. Der Kanton Bern ist
somit ähnlich wie im Falle einer eigenen Vorlage betroffen gewesen.

Erwägung 5

    5.- Es stellt sich demnach zunächst die Frage, ob der Kanton Bern als
übergeordnetes Gemeinwesen unter den damaligen besonderen Verhältnissen
in den direktdemokratischen Prozess des ihm untergeordneten Amtsbezirks
eingreifen durfte. Der Grosse Rat des Kantons Bern hat diese Frage im
angefochtenen Entscheid bejaht im wesentlichen mit der Begründung, mit der
zur Diskussion stehenden finanziellen Intervention des Regierungsrates
hätten die ungleichlangen Spiesse im Laufental wiederhergestellt werden
müssen. Bei der damals gegebenen Situation einerseits aufgrund des
jahrelangen Abseitsstehens des Kantons Bern im Auswahlverfahren und
anderseits aufgrund der Mitfinanzierung einer öffentlichrechtlichen
Körperschaft [der Bezirkskommission Laufental, BKL], die vor allem im
Hinblick auf den Anschluss an den Kanton Basel-Landschaft tätig gewesen
sei - sei der Kanton Bern gegenüber dem Kanton Basel-Landschaft in einer
weit ungünstigeren Ausgangslage gewesen. Es habe durchaus im Interesse
des Stimmbürgers gelegen, wenn sich der Kanton Bern aus stark politischer
Sicht zum Ausgleich dieses Informationsungleichgewichts und -defizits
verpflichtet gesehen habe.

    a) Der Amtsbezirk Laufen ist als öffentlichrechtliche
Körperschaft organisiert, sinngemäss wie ein Gemeindeverband (Art. 2
des vom 19. November 1975 datierten Gesetzes über die Einleitung und
Durchführung des Anschlussverfahrens des Amtsbezirks Laufen an einen
benachbarten Kanton, Anschlussverfahrensgesetz). Der Kanton muss sich
daher mit der Rolle der Aufsichtsbehörde begnügen (Art. 19 f. des
Anschlussverfahrensgesetzes), dies selbst bei den Verhandlungen
mit dem Anschlusskanton (Art. 12 Abs. 2 und Art. 15 Abs. 2 des
Anschlussverfahrensgesetzes). Der Amtsbezirk Laufen ist - als eigene
politische Einheit - von Verfassungs wegen ermächtigt worden, in einer
Volksbefragung über den Anschluss an einen Nachbarkanton zu entscheiden
(Art. 1, 5 und 12 Zusatz KV). Es ist ihm in dieser Beziehung eingeräumt
worden, einen eigenen Willen zu bilden und ihn durchzusetzen, dies
selbst für den Fall, dass das Ergebnis den Vorstellungen des Kantons
zuwiderlaufen oder diesem gar Nachteile bringen würde. Durch die
Billigung der Zusatzbestimmungen zur Staatsverfassung überliessen
es die Stimmbürger des Kantons Bern den Jurassiern einerseits und den
Laufentalern anderseits, selbst über ihre Zukunft zu entscheiden; es sollte
somit allein vom Willen der Bevölkerung des jurassischen Landesteils
abhängen, ihren politischen Status zu bestimmen, ohne dass dem Kanton
Bern Einwirkungsmöglichkeiten oder gar ein Veto vorbehalten worden wäre
(DANIEL THÜRER, Das Selbstbestimmungsrecht der Völker, mit einem Exkurs
zur Jurafrage, Diss. Zürich 1976, S. 213). Damit wurde der Bevölkerung
des jurassischen Landesteils und entsprechend auch dem Laufental ein
eigentliches Selbstbestimmungsrecht eingeräumt (THÜRER, aaO, S. 211
ff.), wie dies der Grosse Rat des Kantons Bern in seiner Botschaft an die
Stimmbürger betreffend den Verfassungszusatz hinsichtlich des jurassischen
Landesteils im Dezember 1969 ausdrücklich festgehalten hatte. Entsprechend
lautete denn auch der Kommentar des vom 7. September 1971 datierten
Berichtes der Kommission der guten Dienste für den Jura: "Es rechtfertigt
sich..., festzuhalten, dass sie (die neuen Verfassungsbestimmungen)
den Jurassiern das Maximum dessen geben, was sie anstreben können,
indem sie das bedingungslose Recht auf Selbstbestimmung gewähren... Man
kann sich keine grosszügigere Anwendung des Rechts auf Selbstbestimmung
vorstellen." Nebstdem bekräftigten die Verhandlungsdelegationen der
Regierungsräte der Kantone Bern und Basel-Landschaft in einer vom
22./23. Juni 1982 datierten Absichtserklärung ausdrücklich, dieses
"Selbstbestimmungsrecht des Laufentals... in keiner Weise zu beeinflussen,
einzuschränken oder mit sachfremden Überlegungen zu belasten" (s. Vorlage
des Regierungsrates an den Landrat des Kantons Basel-Landschaft vom
8. Mai 1988, S. 6, in Beantwortung einer schriftlichen Anfrage und einer
Interpellation, die von zwei Landräten dieses Kantons im Zusammenhang
mit der Laufental-Abstimmung von 1983 eingereicht worden waren). Dieses
Selbstbestimmungsrecht schliesst es grundsätzlich aus, von seiten
des Kantons auf die den Laufentalern zugesicherte freie Willensbildung
einzuwirken; ein gewisser Vergleich mit der Gemeindeautonomie drängt sich
auf (vgl. MÜLLER, aaO, S. 435, und AUER, aaO, S. 192; ferner KÖLZ, aaO,
S. 8).

    b) Vom Grundsatz der Trennung der verschiedenen Ebenen der
Willensbildung macht die bundesgerichtliche Rechtsprechung - wie ausgeführt
worden ist (s. oben E. 4c) - im Falle von Gemeinden eine Ausnahme,
die von einer kantonalen Abstimmungsvorlage besonders betroffen sind
(s. BGE vom 5. Januar 1982 in ZBl 83/1982, S. 206 f.; BGE 108 Ia 160 f.;
105 Ia 244 ff.). Eine solche Ausnahme ist also nur dort gerechtfertigt,
wo es um die Erfüllung spezifischer örtlicher Anliegen, um die Sachnähe
der Aufgabenerfüllung oder um die Gewährleistung direkter, örtlicher
Demokratie geht (vgl. die soeben zitierten Urteile), wo die Gemeinde
eben wirklich "besonders" betroffen ist. Sie lässt sich indes nicht
ohne weiteres auf das Verhältnis des Kantons zur Gemeinde ausdehnen.
Unvorstellbar erscheint, dass der Kanton generell auf das politische
Zustandekommen der Gemeindebeschlüsse hin einwirken und diese nicht nur
von Aufsichts wegen kontrollieren würde.

    Ob im allgemeinen Ausnahmefälle als zulässig zu erachten sind, in
denen der Kanton vor einer Gemeindeabstimmung über seinen Standpunkt
informieren darf - man denke etwa an die sehr aktuellen Fälle von
kantonalen Infrastrukturanlagen (z.B. zur Abfallbeseitigung), zu deren
Erstellung der Kanton unter Umständen von Gesetzes wegen verpflichtet
ist (Art. 31 f. USG), deren Realisierung aber einer Zonenplanänderung
bedarf, kann hier offenbleiben, denn im vorliegenden Fall liegen die
Dinge speziell. Hier lässt sich von einer besonderen Betroffenheit
des Kantons (Bern) sprechen, da es um den Bestand seines Gebietes und
seines Volkes und damit um den Bestand der klassischen Merkmale eines
Staates schlechthin geht (s. in diesem Zusammenhang etwa HÄFELIN/ HALLER,
Schweizerisches Bundesstaatsrecht, 2. Auflage [1988], S. 49 ff. N. 155
ff.). Eine zusätzliche Besonderheit liegt in den Beziehungen des derart
betroffenen Kantons zu den Nachbarkantonen, namentlich zum Kanton
Basel-Landschaft. Darauf wird im folgenden einzugehen sein.

    c) Nach dem Ausgeführten soll jeder Stimmbürger seinen Entscheid
gestützt auf einen möglichst freien und umfassenden Prozess der
Meinungsbildung treffen können. Das bedeutet, dass möglichst alle Argumente
mit gleicher Chance geäussert, verbreitet, diskutiert sowie nach Vor-
und Nachteilen abgewogen werden können, bevor entschieden wird (BGE 113
Ia 295 E. 3a).

    Gerade diese Zielsetzung bedingt in der Regel, dass die Behörde
über ihre Stellungnahme informiert und ihre Auffassung der öffentlichen
Interessen wahrt (vgl. BGE 113 Ia 296), was sie namentlich mit ihren
Abstimmungserläuterungen macht. In diesem Sinne gab die Bezirkskommission
Laufental im Mai 1983 ihre "Erläuterungen zur Volksabstimmung vom
11. September 1983 betreffend den Vertrag vom 2. Februar 1983 über die
Aufnahme des Amtsbezirks Laufen in den Kanton Basel-Landschaft" heraus. Im
Juni 1983 veröffentlichte sie zudem den "Kommentar zum Anschlussvertrag",
der allerdings nicht von ihr selber, sondern vom Kanton Basel-Landschaft
zuhanden des Landrates Baselland und "weiterer interessierter Kreise"
erstellt worden war. Gemäss seiner Einleitung wurde dieser "Kommentar"
den Laufentaler Behörden und allen anderen daran interessierten
Stellen abgegeben, womit er der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt
wurde. Schliesslich bestand eine vom August 1983 datierte "Vergleichende
Darstellung der Kantone Bern und Basel-Landschaft", die ebenfalls von
der Bezirkskommission Laufental herausgegeben wurde. Im Vorwort der
"Erläuterungen" vom Mai 1983 wurden die Stimmberechtigten auf die beiden
soeben genannten zusätzlichen Dokumente verwiesen und darüber orientiert,
wie diese beschafft werden könnten.

    Es fragt sich, ob diese Information der Bezirkskommission Laufental der
für amtliche Erläuterungen geltenden Pflicht zu objektiver Information und
zur Orientierung über Zweck und Tragweite der Vorlage (s. BGE 108 Ia 157)
entspricht. Nach bernischem Recht muss die Erläuterung - jedenfalls auf
kantonaler Ebene - aus "einer kurzen sachlichen Erläuterung" bestehen,
"die auch den Gegenargumenten Rechnung trägt" (Art. 77 Abs. 1 lit. b des
bernischen Gesetzes über die politischen Rechte vom 5. Mai 1980, GPR). Die
Bezirkskommission bestand aus 25 Mitgliedern, die im Grossratswahlverfahren
gewählt wurden (Art. 4 und 5 des Anschlussverfahrensgesetzes). Sie
sprachen sich mit 14 gegen 11 Stimmen für den Anschlussvertrag mit
dem Kanton Basel-Landschaft aus. Die Kommission diskutierte, ob sie
sich im übrigen neutral zu verhalten habe, entschied sich dann aber
mit gleicher Mehrheit dafür, eine Empfehlung auf Zustimmung abzugeben,
also für den Anschlussvertrag einzutreten. Gegenargumente finden sich
in den "Erläuterungen" nicht. Wohl darf auch eine bernische Behörde
in den Abstimmungserläuterungen die Annahme der Vorlage empfehlen und
die Gründe darlegen, die ihre Mehrheit zu einer Befürwortung veranlasst
haben. Anderseits ist nicht vorgesehen, dass die Gegner bei der Redaktion
der Erläuterungen ihre Argumente selbst wörtlich formulieren dürfen. Das
heisst aber noch lange nicht, dass diese überhaupt verschwiegen werden
dürfen (s. BGE vom 19. Oktober 1983 i.S. Reist in BVR 1984, S. 106). Diese
Anforderungen an das kantonale Abstimmungsverfahren, wie sie im soeben
zitierten Urteil beschrieben sind, sind im vorliegenden Fall analog
anzuwenden, geht es doch hier um eine gleiche Art der Urnenabstimmung
auf überkommunaler Ebene.

    Nach dem Gesagten erscheint die Behauptung des Berner Regierungsrates
in seiner Vernehmlassung vom 24. Februar 1988, es habe der Eindruck
entstehen können, die Bezirkskommission Laufental stehe einseitig hinter
der Vorlage, jedenfalls nicht als völlig unbegründet.

    Unter diesen Umständen spricht einiges dafür, das Vorliegen triftiger
Gründe für eine zusätzliche, über die Abstimmungserläuterungen der
Bezirkskommission Laufental hinausgehende kantonal-bernische Information
über die Gegenargumente zu bejahen. Eine solche zusätzliche Information
wäre im Interesse einer unverfälschten Willensbildung und Willensbetätigung
der Stimmbürger durchaus zumindest wünschbar gewesen.

    d) Eine andere Frage ist indes, ob ein so gewichtiges Interesse
daran bestand, dass es das Anliegen an der freien, unbeeinflussten
Meinungsbildung überwog (vgl. BGE 113 Ia 296).

    aa) Um das Anschlussverfahren an sich auf Berner Seite zu ermöglichen,
wendete der Kanton Bern für die Arbeiten der Bezirkskommission
Laufental aus öffentlichen Geldern insgesamt Fr. 1'365'000.-- auf
(dies also unabhängig von den Beträgen, die der Regierungsrat der
"Aktion Bernisches Laufental" hatte zukommen lassen). Allerdings macht
der Regierungsrat geltend, die Bezirkskommission Laufental habe sich
mehrheitlich für einen Anschluss an den Kanton Basel-Landschaft eingesetzt,
was - wie ausgeführt (oben E. 5c) - jedenfalls nicht ausgeschlossen
werden kann. Anderseits wurden natürlich auch durch den Kanton Basel-
Landschaft selber Mittel für die Vorbereitung und die Durchführung der den
Anschluss des Laufentals betreffenden Volksabstimmung im eigenen Kanton
eingesetzt. Im angefochtenen Grossratsentscheid wird die Intervention des
Kantons Bern denn auch nicht nur mit der behaupteten Einseitigkeit der
Bezirkskommission Laufental gerechtfertigt, sondern der Grosse Rat des
Kantons Bern macht zudem geltend, der Kanton Basel-Landschaft habe zur
Annahme seiner verfassungsrechtlichen Grundlagen für einen eventuellen
Anschluss des Laufentals eine eigene interne Öffentlichkeitsarbeit
entfaltet und dazu Fr. 239'000.-- ausgegeben. Diese Öffentlichkeitsarbeit
habe eine grenzüberschreitende Wirkung in das Laufental hinein gehabt. Der
Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft habe sich zudem im eigenen
Kanton sehr engagiert für die Annahme des Anschlussvertrages eingesetzt. Da
die Kampagne in der stark nach Basel orientierten, im Laufental sehr
verbreiteten Presse ("Nordschweiz", "Basler Zeitung") erschienen sei,
sei dies einer eigentlichen zusätzlichen Werbung für einen Anschluss
gleichgekommen.

    Der basellandschaftliche Regierungsrat beziffert die kantonalen
Ausgaben, die für die Vorbereitung und die Durchführung der Volksabstimmung
im eigenen Kanton - hauptsächlich für die Abstimmungserläuterungen
an die eigenen Stimmberechtigten - ausgegeben worden seien, auf rund
Fr. 117'000.--. Die restlichen Zahlungen bis auf rund Fr. 239'000.--
hätten sich auf die vorangehenden Phasen, namentlich auf die Auswahl
unter den verschiedenen Kantonen, verteilt.

    Beizufügen ist, dass das "Baselbieter Laufental-Komitee" nach Ausweis
des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft über einen Kredit von Fr.
50'000.-- verfügte, welchen es im Verlaufe seiner Tätigkeit praktisch voll
ausschöpfte, so dass ihm nach der entscheidenden Abstimmung ein Fehlbetrag
in der Höhe von rund Fr. 50'000.-- verblieb. An diesen Fehlbetrag leistete
die Basellandschaftliche Kantonalbank dem Komitee auf Beschluss ihres
Bankrates hin einen Beitrag von Fr. 25'000.--, dies allerdings erst
nach der Abstimmung von 1983 (s. die bereits erwähnte, vom 8. März 1988
datierte Vorlage des Regierungsrates des Kantons Basel-Landschaft an den
Landrat dieses Kantons, S. 9 f.). Ob bzw. welche Beziehungen zwischen
dem "Baselbieter Laufental-Komitee" und dem Laufentaler Komitee "Ja zur
besten Lösung" bestanden, lässt sich den Akten nicht entnehmen, kann hier
aber offenbleiben.

    Wie es sich mit den soeben genannten, im Kanton Basel-Landschaft im
Hinblick auf die Abstimmung von 1983 geleisteten Zahlungen im einzelnen
verhält, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu beurteilen. Immerhin kann
festgestellt werden, dass keinerlei Hinweis dafür besteht, dass diese
Zahlungen in irgendeiner Weise unkorrekt erfolgt wären.

    bb) Ebenfalls am 11. September 1983, an dem im Laufental entschieden
wurde, fand die Abstimmung im Kanton Basel-Landschaft statt. Auch in
diesem Kanton war - wie erwähnt - eine Abstimmungskampagne durchgeführt
worden. Es wurden nicht nur Abstimmungserläuterungen verteilt, sondern
wie üblich öffentliche Diskussionen durchgeführt, unter Beteiligung der
Medien. Wird in Betracht gezogen, dass das Laufental und das Baselbiet
aneinander angrenzen und der gleichen Region angehören, in der die Bürger
hin- und herpendeln, dieselben Zeitungen und Medien konsultieren usw.,
so lässt sich ein erheblicher tatsächlicher Einfluss - eine Fernwirkung
- von der Meinungsbildung im Kanton Basel-Landschaft auf diejenige im
Laufental nicht ausschliessen.

    Dies spricht wiederum eher für die bernische These von einem gewissen
Ungleichgewicht zu Gunsten des Kantons Basel-Landschaft.

    cc) Im vorliegenden Fall gibt es also nicht nur interne Gründe für
eine die Abstimmungserläuterungen der Bezirkskommission ergänzende
Zusatzinformation seitens der kantonal-bernischen Behörden. Gründe
hiefür sind ausserdem zu bejahen, wenn sie - wie hier - von aussen
gesetzt wurden. Die Besonderheit liegt im vorliegenden Fall darin,
dass das Abstimmungsobjekt ein Vertrag mit einem Partner ist, der
ebenfalls in einer Volksabstimmung entschied, und zwar am gleichen Tag,
am 11. September 1983. Dieser Besonderheit wird man allein mit dem Hinweis
auf das Selbstbestimmungsrecht nach der bernischen Kantonsverfassung nicht
gerecht, bezieht sich doch dieses nur auf das interne Verhältnis zwischen
dem Laufental und dem Kanton Bern. Der Aussenaspekt der Beziehungen
zum Nachbarkanton Baselland wird durch das Selbstbestimmungsrecht
nicht erfasst. Die Natur des Entscheidungsgegenstandes beeinflusst
aber den Gehalt der darauf gerichteten Volks- und Parlamentsrechte,
was aus dem Bundesstaats-, dem interkantonalen und dem interkommunalen
Recht bekannt ist; vor allem ist bei Verträgen das Antragsrecht des
Parlamentariers und des Bürgers in der Gemeindeversammlung, d.h. sein
Recht zur inhaltlichen Mitgestaltung einer Vorlage, beschränkt. Wie der
vorliegende Fall zeigt, erstrecken sich diese Einflüsse unter Umständen
auch auf den Meinungsbildungsprozess.

    e) Unter Berücksichtigung aller dieser Besonderheiten des
vorliegenden Falles und der Komplexität der damaligen Verhältnisse,
wie sie vorstehend aufgezeigt worden sind, durften die Voraussetzungen
für eine zusätzliche, die Erläuterungen der Bezirkskommission ergänzende
kantonal-bernische Information zur Wiederherstellung der Chancengleichheit
im Meinungsbildungsprozess als grundsätzlich gegeben erachtet werden. Dies
gilt um so mehr, wenn man sich die starke Stellung in Erinnerung ruft,
welche die schweizerischen Kantone unter der bundesstaatsrechtlichen
Bestandes- und Gebietsgarantie besitzen (vgl. HÄFELIN/HALLER, aaO,
S. 63 ff. N. 203 ff.).

    Eine ganz andere Frage ist dagegen, auf welche Art, mit welchen
Mitteln und in welchem Umfang eine solche Intervention durch die kantonalen
Behörden erfolgen durfte. Diese Frage braucht indes hier nicht im einzelnen
abschliessend beantwortet zu werden, da die Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens bildenden Zahlungen von rund Fr. 330'000.--, die der bernische
Regierungsrat der "Aktion Bernisches Laufental" geleistet hatte, jedenfalls
in unzulässiger Weise erfolgt waren, wie nachfolgend aufzuzeigen ist.

Erwägung 6

    6.- a) Bei der "Aktion Bernisches Laufental" handelt es sich um ein
privates Abstimmungskomitee. Es stellt sich daher vorerst die Frage,
ob es zulässig ist, ein solches Komitee mit öffentlichen Geldern zu
unterstützen. Das Bundesgericht hatte im schon erwähnten Urteil vom
19. Oktober 1983 i.S. Reist (BVR 1984 S. 97 ff., insbesondere S. 102
ff. E. 4) zur Frage der Leistung öffentlicher Mittel durch verschiedene
Gemeinden an ein Abstimmungskomitee in einem kantonalen Abstimmungskampf
Stellung zu nehmen. Es erklärte die Grundsätze der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung bezüglich anderer Fälle des Eingreifens einer Gemeinde in
einen kantonalen Abstimmungskampf als auf den Fall anwendbar. Zur Tatsache
der mittelbaren Beteiligung am Abstimmungskampf führte es lediglich aus,
der Umstand, dass die Abstimmungspropaganda nicht von einer einzelnen
Gemeinde geführt worden sei, sondern von einem Komitee, in dem die
interessierten Gemeinden vertreten gewesen seien, ändere nichts an den
wesentlichen Fragen. Entscheidend für die Zulässigkeit der Zahlung an das
betreffende Komitee war offensichtlich die Tatsache, dass die verschiedenen
Gemeinden im betreffenden Komitee vertreten waren. Ob an jener Auffassung
festgehalten werden könnte, kann hier offenbleiben. Anders als im Fall
Reist handelt es sich im vorliegenden Fall um die Unterstützung eines
rein privaten Komitees mit grösstenteils verdeckten Zahlungen durch
eine übergeordnete Behörde im Abstimmungskampf einer Vorlage einer
ihr untergeordneten Körperschaft. Aus dem bundesgerichtlichen Urteil
vom 24. November 1982 i.S. Pfenninger (BVR 1983, S. 6) ist e contrario
zu schliessen, dass das Bundesgericht eine indirekte Werbung mittels
öffentlicher Mittel über ein privates Aktionskomitee grundsätzlich
als unzulässig erachtet hat. Diese Auffassung ist klarerweise zu
bestätigen. Bei der finanziellen Unterstützung privater Komitees hat die
Behörde keine hinreichende Kontrolle über die zweckkonforme Verwendung der
öffentlichen Geldmittel und über die Wahrung der gebotenen Objektivität
und Zurückhaltung (s. Urteil des Regierungsrates des Kantons Aargau
vom 20. August 1984 in ZBl 86/1985, S. 201 ff., S. 210; LUCAS DAVID,
Schweizerisches Werberecht, Zürich 1977, S. 351; KÖLZ, aaO, S. 18).
Aktionskomitees betreiben Werbung und wollen den Stimmbürger für
oder gegen eine Abstimmungsvorlage überzeugen. Behörden in einer
sie selber betreffenden Abstimmungsvorlage dürfen aber lediglich im
Interesse einer unverfälschten Willensbildung und Willensbetätigung der
Stimmbürger zusätzliche Informationen, Klarstellungen, Richtigstellungen
usw. vornehmen, und dies - wie ausgeführt - nur bei Vorliegen triftiger
Gründe. Zudem haben sie auch in der Wahl der Mittel äusserste Zurückhaltung
zu wahren. Auf indirektem Wege über private Abstimmungskomitees Werbung
und Abstimmungspropaganda vorzunehmen, ist somit ebensowenig wie auf
direktem Wege zulässig (s. auch BGE vom 19. Oktober 1983 i.S. Reist in
BVR 1984, S. 102 ff.; MÜLLER, aaO, ZBl 88/1987, S. 426 und S. 436 ff.;
vgl. ferner KÖLZ, aaO, S. 19).

    Bei der Intervention des Regierungsrates des Kantons Bern handelte es
sich nun aber keinesfalls mehr um objektive und sachliche Information,
sondern um klare Werbung. Es wurden nicht nur objektiv und sachlich
Grundlagen geliefert und mit der einer Behörde auferlegten Zurückhaltung
Empfehlungen abgegeben (s. in diesem Zusammenhang BGE 113 Ia 295 f. E. 3b;
112 Ia 335 E. 4c; ferner nicht veröffentlichtes Urteil vom 9. März 1988
i.S. Comité d'initiative "Sauver La Côte" E. 3d), sondern durch die
"Aktion Bernisches Laufental" in der Art privater, politischer Werbung
Schlagworte und Abstimmungsparolen vertreten, womit die Stimmbürger
hätten überzeugt werden sollen, ein Nein in die Urne zu legen. Nach dem
Gesagten ist aber solche politische Propaganda unzulässig. Die Entgegnung
des Regierungsrates, mit der finanziellen Unterstützung sei erreicht
worden, dass die überparteiliche private Organisation ABL die Haltung des
Kantons Bern ins Licht habe stellen können, dass sie ebenso beleuchtet
worden sei wie der zuletzt durch Flutlicht ins Blickfeld gestellte Kanton
Basel-Landschaft, vermag dagegen nicht aufzukommen. Auch die Verfolgung
dieses Anliegens des Regierungsrates hätte keine Werbung, sondern bloss
objektive und sachliche Information bedingt. Die erwähnten Besonderheiten
des vorliegenden Falles vermochten aber weder eine Intervention über ein
privates Komitee, die zudem heimlich erfolgte (s. hiezu nachf. lit. b),
noch politische Werbung zu rechtfertigen. Insbesondere besteht ja -
wie erwähnt - keinerlei Hinweis dafür, dass der Kanton Basel-Landschaft
seinerseits den Meinungsbildungsprozess in seinem eigenen Gebiet oder
in der Region Laufental in irgendeiner Weise unkorrekt beeinflusst
hätte. Anhaltspunkte für andere Annahmen fehlen. Es hätte am Kanton Bern
gelegen, die entsprechenden Abklärungen vorzunehmen oder wenigstens dem
Bundesgericht dahingehend lautende Anträge zu stellen. Dies ist aber
nicht geschehen, so dass sich weitere Untersuchungen erübrigen.

    b) Eine verdeckte Einflussnahme ist in besonderem Masse verpönt
(s. BGE 113 Ia 296).

    Die zur Diskussion stehenden Mittel, die der bernische Regierungsrat
der "Aktion Bernisches Laufental" hatte zukommen lassen, wurden zum
grössten Teil (ungefähr Fr. 270'000.-- der der ABL insgesamt bezahlten
Summe von rund Fr. 330'000.--) der SEVA-Kasse entnommen. Sie stammten
somit aus einer Quelle, über deren Mittel nicht öffentlich abgerechnet
wurde. Die Geldentnahme wurde in der Öffentlichkeit nicht nur nicht
zugegeben, sondern sogar noch abgestritten. Eine derartige Unterstützung
ist jedenfalls verwerflich, weil sie heimlich, d.h. für die Stimmbürger
nicht erkennbar und ohne demokratische Kontrolle erfolgt. Solches Vorgehen
bewirkt in hohem Masse die Gefahr, dass die demokratische Willensbildung
verfälscht wird.

    Dazu kommt, dass auch finanzielle Leistungen an Abstimmungskämpfe
im allgemeinen einer gesetzlichen Grundlage bedürfen, weil nur so die
demokratische Legitimation gewährleistet ist und auch die Minderheiten
entsprechend zum Wort kommen (vgl. BGE 108 Ia 164; in diesem Sinne auch
KÖLZ, aaO, S. 24 ff.). Deshalb hat das Bundesgericht verschiedentlich -
unausgesprochen - vorausgesetzt, dass sich die Kreditbewilligung auf
einen Gemeindeversammlungs- oder Parlamentsbeschluss stützen müsse
(BGE 113 Ia 291 ff.; 108 Ia 155 ff.; 105 Ia 243 ff.; im bereits
erwähnten Urteil vom 24. November 1982 i.S. Pfenninger [BVR 1983,
S. 1 ff.] brauchte die Frage, ob es einer gesetzlichen Ermächtigung für
behördliche Information ausserhalb der Abstimmungsbotschaft bedürfe, nicht
entschieden zu werden, nachdem GRISEL [aaO, S. 59/60] die Feststellung
im Urteil Beuttner vom 8. Juli 1964 [ZBl 66/1965, S. 247], dass der
Erlass von Abstimmungsempfehlungen wie jedes Verwaltungshandeln eine
gesetzliche Ermächtigung voraussetze, kritisiert hatte, doch standen
eben im letztgenannten Urteil anders als im vorliegenden Verfahren blosse
behördliche Abstimmungsempfehlungen und nicht von einer Behörde über die
üblichen amtlichen Empfehlungen oder Erläuterungen hinausgehend erbrachte
finanzielle Leistungen zur Diskussion).

    Für die Zahlungen in der Höhe von rund Fr. 330'000.--, die der
Regierungsrat der "Aktion Bernisches Laufental" verdeckt überwiesen
hatte, fehlt eine gesetzliche Grundlage. Auch die Motion Mast, die beim
Grossen Rat des Kantons Bern zwischen der ersten und der zweiten der
regierungsrätlichen Zahlungen an die ABL eingereicht wurde, vermag die
gesetzliche Grundlage nicht zu ersetzen; sie war in dieser Hinsicht
zu unbestimmt formuliert, hatte sie doch - soweit hier wesentlich -
lediglich folgenden Wortlaut:

    "Der Grosse Rat des Kantons Bern bezeugt den Laufentalern
   seine Verbundenheit und Freundschaft... Der Regierungsrat wird
   beauftragt, die Öffentlichkeit in diesem Sinn zu informieren und dafür
   die nötigen Mittel zur Verfügung zu stellen."
Im übrigen handelte es sich bei rund Fr. 270'000.-- der der "Aktion
Bernisches Laufental" zur Verfügung gestellten Gelder - wie erwähnt -
um solche des SEVA-Fonds, die nicht für die Zwecke bestimmt waren, für
die sie dann tatsächlich eingesetzt wurden. Der Regierungsrat war somit
ebenfalls aus diesem Grunde zu den betreffenden Ausgaben nicht befugt.

    c) Der Einsatz öffentlicher Gelder für die "Aktion Bernisches
Laufental" war auch unverhältnismässig. Laut ihrer geprüften
Vereinsrechnung hatte die ABL im Zeitraum vom 1. Juli 1979 bis 2. Oktober
1984 Einnahmen in der Höhe von Fr. 338'323.60, während die Ausgaben
Fr. 428'866.45 ausmachten. Von diesen Einnahmen stammten Fr. 333'281.--
(85,83%) aus öffentlichen Geldern des Kantons Bern; die Eigenmittel der
ABL betrugen somit Fr. 55'042.60 (14,17%). Auch wenn man berücksichtigen
wollte, dass der Ausgabenüberschuss einmal durch private Mittel
bezahlt werden muss bzw. musste, so ergibt sich immer noch, dass 75,64%
des gesamten Aufwandes der ABL aus öffentlichen Mitteln stammten. Die
Tätigkeit der ABL und ihre Propaganda für die Abstimmung vom 11. September
1983 waren somit klarerweise in erheblichem Masse durch den Kanton Bern
finanziert worden. Dabei kann nicht ins Gewicht fallen, dass die zwei
ersten Zahlungen durch den bernischen Regierungsrat, Fr. 60'000.-- im
Jahre 1980 und Fr. 123'281.-- im Jahre 1982, noch vor dem am 10. Februar
1983 erfolgten Abschluss des Vertrags mit dem Kanton Basel-Landschaft
geleistet wurden. Immerhin kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass
bereits ein Teil dieser Gelder im Hinblick auf den Abstimmungskampf
für die Abstimmung im September 1983 verwendet wurde. Entscheidend ist
indes, dass wenigstens die Summe von Fr. 100'000.-- im Jahre 1983 für
die betreffende Abstimmungskampagne bezahlt wurde und dass auch der
nachträglich im Jahre 1984 - geleistete Betrag von Fr. 50'000.-- diesem
Zwecke diente, dass die "Aktion Bernisches Laufental" also wenigstens
Fr. 150'000.-- aus öffentlichen Geldern zur Verfügung gestellt erhielt. Der
Eingriff des Regierungsrates des Kantons Bern in den Abstimmungskampf im
Laufental erweist sich demnach auch unter dem Gesichtswinkel des Umfangs
der eingesetzten öffentlichen Gelder als unzulässig.

Erwägung 7

    7.- Zu prüfen bleibt, welche Folgen der rechtswidrigen Intervention
des Regierungsrates des Kantons Bern zu geben sind.

    a) Die Auswirkungen der unzulässigen Unterstützung der "Aktion
Bernisches Laufental" mit öffentlichen Mitteln lassen sich zwar nicht
ziffernmässig feststellen. Dies bedeutet indes nicht, dass der Mangel
schon deswegen als erheblich zu erachten und der angefochtene Entscheid
aufzuheben bzw. die Abstimmung neu durchzuführen sei. Vielmehr ist
nach den gesamten Umständen zu beurteilen, ob eine Beeinflussung des
Abstimmungsergebnisses möglich gewesen ist. Dabei ist namentlich auf die
Grösse des Stimmenunterschieds, die Schwere des festgestellten Mangels und
dessen Bedeutung im Rahmen der gesamten Abstimmung abzustellen. Erscheint
die Möglichkeit, dass die Abstimmung ohne den Mangel anders ausgefallen
wäre als derart gering, dass sie nicht mehr ernsthaft in Betracht kommt,
so kann von der Aufhebung des Urnenganges abgesehen werden (BGE 113 Ia
302 E. 4a; 112 Ia 338 E. 5; 105 Ia 155 E. 5b, mit weiteren Hinweisen).

    b) Die Abstimmung ergab 3575 Ja-Stimmen (43,33%) und 4675 Nein-Stimmen
(56,67%). Die Differenz betrug somit 1100 Stimmen oder 13,34%. Diese
Differenz ist relativ gross. Damit bei gleicher Zahl der Stimmberechtigten
eine die Vorlage annehmende Mehrheit zustande gekommen wäre, hätten
mindestens 551 der mit Nein stimmenden - also 6,68% der an der Abstimmung
teilnehmenden - Stimmbürger anders stimmen müssen. Die Stimmbeteiligung
zeigte ein Rekordergebnis von 92,9%. Es lässt sich dabei nicht mit
Sicherheit feststellen, ob und auf welcher Seite die Stimmbeteiligung ohne
Mangel geringer gewesen wäre. Auch darf nicht unbeachtet gelassen werden,
dass die Abstimmung vom 18. Juni 1978 über die Initiative auf Einleitung
des Trennungsverfahrens bei einer Stimmbeteiligung von 79% 4164 Ja-Stimmen
(65,08%) und 2234 Nein-Stimmen (34,92%) ergeben hatte. Allerdings muss
bei der Beurteilung des letztgenannten Resultats berücksichtigt werden,
dass eine Zustimmung zur Einleitung des Trennungsverfahrens noch nicht
notwendigerweise eine Zustimmung zum tatsächlichen Anschluss an den Kanton
Basel-Landschaft bedeutete, welches Argument übrigens auch die Befürworter
eines Anschlusses an einen andern Kanton bei jener Abstimmung vorgebracht
hatten. Dazu kommen ebenfalls der lange Zeitablauf (fünf Jahre) und die
um rund 13,9% höhere Stimmbeteiligung. Welches schliesslich die Motive
für den Stimmungswandel waren, ist nicht leicht feststellbar. Allerdings
kann aufgrund der von der angefochtenen Abstimmung vorhandenen Zahlen
nicht schon zum vornherein gesagt werden, dass bei Fehlen des Mangels ein
anderes Abstimmungsresultat nicht ernsthaft in Betracht gekommen wäre. In
einem Falle einer Abstimmung im Rahmen einer Gemeindeversammlung nahm
das Bundesgericht im Jahre 1986 bei einem Ergebnis von 156 Ja-Stimmen
und 131 Nein-Stimmen und bei einem notwendigen Meinungsumschwung von
13 Stimmberechtigten (4,3% der 300 Anwesenden) an, dass ein anderes
Abstimmungsergebnis nicht zum vornherein ausgeschlossen gewesen wäre
(BGE 112 Ia 134 f. E. 3b). Und im Falle einer Gemeindewahl in der
Gemeinde Kleinandelfingen stellte das Bundesgericht fest, dass für
eine Wahl der Kandidatin praktisch eine Verdoppelung der erzielten 196
Stimmen notwendig gewesen wäre. Es machte den Entscheid daher von einer
qualitativen Würdigung der gesamten Umstände des Falles abhängig und hiess
die Beschwerde gut, da es die zu beurteilende behördliche Intervention als
schwerwiegend erachtete, indem diese wegen ihrer Erheblichkeit geeignet
war, die Willensbildung der Wähler zu verfälschen (BGE 113 Ia 303).

    Entsprechend hängt auch der hier zu treffende Entscheid von einer
qualitativen Würdigung der gesamten Umstände des Falles ab.

    Nach dem Gesagten wiegt die im vorliegenden Fall zur Diskussion
stehende Intervention durch den bernischen Regierungsrat schwer. Er hat als
kantonale Behörde in rechtswidriger Weise in die den Anschlussvertrag mit
dem Kanton Basel-Landschaft betreffende Abstimmung des Amtsbezirks Laufen
eingegriffen, indem er sich nicht nur eines zu eigentlicher politischer
Propaganda eingesetzten privaten Abstimmungskomitees bediente, sondern
diesem auch heimlich und im Verhältnis zu seinen Mitteln unverhältnismässig
hohe Beträge aus öffentlichen Geldern zukommen liess und dabei diese
grossenteils mit Geldern aus dem SEVA-Fonds erbrachte Unterstützung
kurze Zeit vor der Abstimmung noch offen in Abrede stellte. Es liegt
somit eine Kumulation von schweren Fehlern vor, angesichts derer eine
Beeinflussung der Stimmberechtigten als durchaus möglich erscheint. Auch
ist nicht zu übersehen, dass es der "Aktion Bernisches Laufental" ohne
die massive finanzielle Unterstützung durch den bernischen Regierungsrat
gar nicht möglich gewesen wäre, die aufwendige Abstimmungspropaganda
durchzuführen. Ebenso kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine
beträchtliche Anzahl von Stimmbürgern der Abstimmungspropaganda der ABL
nicht gefolgt wäre, wenn sie gewusst hätten, dass diese vorwiegend aus
öffentlichen Mitteln des Kantons Bern finanziert wurde.

    Unter diesen Umständen, in Anbetracht der Schwere der vorgefallenen
Fehler, die durchaus geeignet waren, das Abstimmungsergebnis zu
verfälschen, ist es in Nachachtung der aufgezeigten bundesgerichtlichen
Rechtsprechung nicht zu umgehen, die Beschwerde gutzuheissen und den
Entscheid des Grossen Rates des Kantons Bern vom 3. November 1987
aufzuheben.

Erwägung 8

    8.- Der Regierungsrat des Kantons Bern wendet gegen eine Aufhebung
der Abstimmung allerdings auch ein, es stehe nicht fest, ob sämtliche der
damals vertraglich vereinbarten Gegenstände noch heute gleichen Regelungen
unterstehen würden, und zudem sei offen, ob der Vertragspartner, der
Kanton Basel-Landschaft, rechtlich überhaupt noch in der Lage wäre, das
Laufental aufzunehmen. Nachdem seit den mit dem Kanton Basel-Landschaft
geführten Verhandlungen und der Abstimmung im Jahre 1983 mehrere Jahre
vergangen seien, gelte es zwischen den Interessen an einer erneuten
Volksabstimmung und der Rechtssicherheit abzuwägen.

    a) Dem bernischen Regierungsrat ist insoweit beizupflichten, als
eine Aufhebung der Abstimmung dann zu unterbleiben hätte, wenn eine
Wiederholung ausgeschlossen wäre. Zwar muss davon ausgegangen werden, dass
der Anschlussvertrag den Stimmberechtigten nicht mehr in genau derselben
Form, in der er der zur Diskussion stehenden Abstimmung zugrunde lag,
wird vorgelegt werden können, da sich die Verhältnisse in der Zwischenzeit
verändert haben. Dieser Umstand vermag jedoch nicht zu bewirken, dass
eine neue Volksabstimmung undurchführbar wäre. Vielmehr ist das bisherige
Ergebnis der Anschlussverhandlungen den veränderten Verhältnissen im
Rahmen neuer Verhandlungen zwischen den Betroffenen anzupassen. Zu
diesem Zweck wird allenfalls zunächst eine neue Bezirkskommission zu
wählen sein (s. Art. 4 ff., insbesondere auch Art. 7, 10 und 14 ff. des
Anschlussverfahrensgesetzes).

    Dabei ist nicht zu übersehen, dass Art. 18 Abs. 4 des bereits
genannten Anschlussverfahrensgesetzes vom 19. November 1975 bestimmt,
dass das Anschlussverfahren abgeschlossen ist, wenn binnen vier Jahren
seit der Ermittlung des Anschlusskantons kein Anschlussvertrag zustande
gekommen ist. Es ist jedoch auch vorgesehen, dass diese Frist durch den
Regierungsrat auf ein entsprechendes Ersuchen der Bezirkskommission hin um
zwei Jahre verlängert wird. Schliesslich sieht die genannte Bestimmung in
ihrem letzten Satz vor, dass die Frist im Falle höherer Gewalt unterbrochen
wird. Der Regierungsrat hat sich in seiner Vernehmlassung zu Recht nicht
auf den Abschluss des Verfahrens infolge Zeitablaufs berufen, obwohl
seit der Ermittlung des Anschlusskantons mehr als sechs Jahre vergangen
sind. Art. 18 Abs. 4 letzter Satz des Anschlussverfahrensgesetzes kann
im vorliegenden Fall analog angewendet werden. Wie bei höherer Gewalt,
so ist auch bei einem rechtswidrigen behördlichen Eingreifen in den
Abstimmungskampf davon auszugehen, dass eine Frist, wie sie hier zur
Diskussion steht, unterbrochen wird. Als Zeitpunkt dieses Unterbruchs ist
spätestens das Datum der aufzuhebenden Abstimmung in Betracht zu ziehen. Es
erscheint richtig, die Frist erst in dem Zeitpunkt weiter laufen zu
lassen, in dem die allfällig erforderliche Neuwahl der Bezirkskommission
vorgenommen sein bzw. das Anschlussverfahren wiederaufgenommen
werden wird. Dafür, dass der Kanton Basel-Landschaft rechtlich nicht
mehr in der Lage wäre, das Laufental aufzunehmen, hat der bernische
Regierungsrat keine substantiierten Behauptungen aufgestellt. Ebenso
sind von seiten des Kantons Basel-Landschaft keine Äusserungen bekannt,
wonach dies ausgeschlossen wäre. Insbesondere lässt auch die bereits
erwähnte, vom 8. März 1988 datierte Vorlage des Regierungsrates des
Kantons Basel-Landschaft an den Landrat dieses Kantons keinen solchen
Schluss zu. Ob der Kanton Basel- Landschaft auch heute noch gewillt und
rechtlich in der Lage ist, das Laufental aufzunehmen, wird sich erst im
Rahmen neuer Verhandlungen erweisen können. Ebenfalls im Hinblick auf den
Kanton Basel-Landschaft fehlen somit Gründe, die erforderten, von einer
Wiederholung der Abstimmung über einen Anschlussvertrag abzusehen.

    b) Der bernische Regierungsrat macht geltend, dass das Interesse
an einer erneuten Volksabstimmung und das Rechtssicherheitsinteresse
gegeneinander abzuwägen seien. Für die Rechtssicherheit und gegen eine neue
Abstimmung spreche, dass der politische Alltag im Laufental als Amtsbezirk
des Kantons Bern inzwischen wieder eingetreten sei, die Mitwirkungsrechte
durch den Bezirksrat genutzt würden und ein erneutes Abstimmungsverfahren
die Bevölkerung der Talschaft tief spalten würde.

    Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Zwar besteht aus der Natur
der Sache ein erhebliches Interesse an der Aufrechterhaltung des bisherigen
Zustandes und des Einvernehmens unter den Kantonen und soll ganz allgemein
ein einmal gefällter Volksentscheid möglichst aufrechterhalten werden
(s. VITO PICENONI, Die Kassation von Volkswahlen und Volksabstimmungen
in Bund, Kantonen und Gemeinden, Aarau 1945, S. 139 ff.); Nichtigkeit
eines Staatsaktes darf dann nicht angenommen werden, wenn überwiegende
Rechtssicherheitsinteressen bestehen (vgl. etwa BGE 104 Ia 176 und 102
Ib 298, s. auch BGE 113 Ia 154; FRITZ GYGI, Zur Rechtsbeständigkeit von
Verwaltungsverfügungen, in ZBl 83/1982, S. 154 ff.; ferner IMBODEN/RHINOW,
Schweizerische Verwaltungsrechtsprechung, 6. Auflage [1986], Band I,
S. 241 f.; PETER SALADIN, Das Verwaltungsverfahrensrecht des Bundes,
Basel 1979, S. 100). Entgegen der Auffassung des Regierungsrates ist im
vorliegenden Fall ein solches überwiegendes Rechtsschutzinteresse nicht
gegeben. Es geht hier insbesondere nicht darum, dass ein rechtmässig
zustande gekommenes Abstimmungsresultat bereits nach kurzem Zeitablauf
durch eine neue Abstimmung in Frage gestellt werden soll, sondern darum,
einen unrechtmässigen Zustand zu beheben, der von den Beschwerdeführern
jedenfalls noch rechtzeitig vor dem Ablauf einer Verjährungs- oder
Verwirkungsfrist angefochten werden konnte (s. in diesem Zusammenhang BGE
113 Ia 154, mit Hinweisen); einzig eine neue Abstimmung wird die wegen
der in rechtswidriger Weise erfolgten regierungsrätlichen Intervention
verbliebenen Zweifel daran, ob das Abstimmungsergebnis im Jahre 1983 durch
diese Intervention nicht verfälscht worden sei, beseitigen können. Dass
die damalige Abstimmung erst im September 1985 und damit erst einige Zeit
nach Ablauf der für eine Abstimmungsbeschwerde gesetzlich vorgesehenen
dreitägigen Frist (Art. 89 Abs. 2 GPR) angefochten werden konnte, ist
einzig auf die Tatsache zurückzuführen, dass der bernische Regierungsrat
die Zahlungen aus dem SEVA-Fonds verheimlicht und in Abrede gestellt hatte,
so dass sie der Öffentlichkeit erst mit der im September 1985 erfolgten
Veröffentlichung des eingangs genannten BUK-Berichtes bekannt wurden.
Derartiges Verhalten einer Behörde verdient nach dem Gesagten keinen
Schutz. Zudem wurde im Nachgang zur streitigen Volksabstimmung noch gar
nichts verändert; vielmehr hat die Wiederholung des Urnenganges die Frage
zum Gegenstand, ob nun, erstmals, eine neue Ordnung einzuführen sei. Somit
ist der Einwand des Regierungsrates, das Rechtssicherheitsinteresse
überwiege das Interesse an einer neuen Abstimmung, unbegründet.