Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IA 378



114 Ia 378

64. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
November 1988 i.S. S. gegen Politische Gemeinde Stäfa und Regierungsrat
des Kantons Zürich (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 88 OG, Legitimation von Eigentümern benachbarter Liegenschaften
zur Anfechtung von Nutzungsplänen.

    Die Beschwerdeführerin macht keine Verletzung von irgendwelchen Normen
geltend, die auch ihrem Schutze dienen und die mit der Festlegung der
angefochtenen Zone nicht mehr oder nur noch in geänderter Form gelten
würden. Im Hinblick auf die erhobenen Rügen kann daher auf die Beschwerde
nicht eingetreten werden.

Sachverhalt

    A.- Im Rahmen einer neuen Bauordnung mit Zonenplan schuf die
Politische Gemeinde Stäfa im Bereiche des SBB-Bahnhofes Uerikon eine neue
Gewerbezone. Diese Gewerbezone schliesst eine Fläche von rund 400 m Länge
und einer durchschnittlichen Breite von 45 m ein und umfasst das Gebiet
zwischen dem Bahntrassee und der nördlich verlaufenden Stationsstrasse. An
die Gewerbezone grenzt im Westen die regionale Freihaltezone mit dem
Rebgebiet "Sternenhalde" an; nördlich hangaufwärts und südlich gegen den
Zürichsee liegen zweigeschossige Wohnzonen, teilweise in empfindlichem
Gebiet.

    Frau S. ist Eigentümerin einer Liegenschaft in der nördlich
gelegenen zweigeschossigen Wohnzone. Sie erhob gegen die Schaffung der
neuen Gewerbezone erfolglos Rekurs bei der Rekurskommission II und beim
Regierungsrat des Kantons Zürich. Gegen den Entscheid des Regierungsrates
reichte Frau S. beim Bundesgericht staatsrechtliche Beschwerde ein.

    Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerde nicht ein und führt im
übrigen aus, dass sich die Beschwerde auch in materieller Hinsicht als
unbegründet erwiese.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführerin ist nicht Grundeigentümerin innerhalb
desjenigen Gebietes, das neu der Gewerbezone zugeteilt ist. Sie ist
lediglich Eigentümerin einer Liegenschaft oberhalb des betreffenden Areals
in der Zone WE1 (zweigeschossige Wohnzone in empfindlichem Gebiet). Gemäss
der Praxis des Bundesgerichtes ist zur Anfechtung eines Nutzungsplanes
mit staatsrechtlicher Beschwerde sowohl der Eigentümer eines vom Plan
erfassten Grundstückes befugt als auch der Eigentümer einer benachbarten
Liegenschaft, der geltend macht, die Planfestsetzung verletze ihn in seinen
verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen, die auch seinem Schutze
dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten würden oder weil sie
die Nutzung seiner Liegenschaft beschränke. In beiden Fällen reicht die
Anfechtungsbefugnis nur soweit, als die Auswirkungen des streitigen Planes
auf das eigene Grundstück in Frage stehen (BGE 112 Ia 93, 113 Ia 238 E. 2).

    b) Ob sich die Planänderung auf das Grundstück der Beschwerdeführerin
im Sinne dieser Rechtsprechung auswirken wird, kann offengelassen
werden. Im Hinblick auf die erhobenen Rügen kann auf die Beschwerde aus
den nachfolgenden Gründen nicht eingetreten werden.

    Die Beschwerdeführerin macht geltend, durch die Planänderung
vermindere sich der Wert ihres Grundstückes. Angesichts der benachbarten
Freihalte- und Wohnzonen erscheine die Zuteilung des betreffenden Areals
zur Gewerbezone geradezu als sinnwidrig. Die Eigentumsgarantie gemäss
Art. 22ter BV sei in erster Linie verletzt, weil es an der gesetzlichen
Grundlage fehle; weder der regionale noch der kantonale Richtplan
enthielten eine Grundlage für die Gewerbezone. Die Eigentumsgarantie
sei auch wegen Fehlens eines öffentlichen Interesses verletzt;
es könne unmöglich im öffentlichen Interesse liegen, empfindliches
Gebiet durch eine Gewerbezone zu unterbrechen. Zudem sei auch das
Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt, bestehe doch kein überwiegendes
öffentliches Interesse an der Festsetzung einer Gewerbezone im fraglichen
Gebiet. Die Einführung einer an ein Wohngebiet in empfindlicher Lage
sowie an eine Freihaltezone angrenzenden Gewerbezone sei willkürlich.

    Die Beschwerdeführerin macht mit diesen Rügen keine Verletzung von
irgendwelchen Normen geltend, die auch ihrem Schutze dienen und die nach
der Festlegung der Gewerbezone nicht mehr oder nur noch in geänderter Form
gelten würden. Insbesondere beruft sie sich nicht auf öffentlichrechtliche
Immissionsschutzbestimmungen, welche mit der Festsetzung der streitigen
Gewerbezone zu ihrem Nachteil aufgehoben oder gelockert würden. Mit ihren
Vorbringen rügt sie auch nicht, durch die Festlegung der Gewerbezone werde
die Nutzung ihrer Liegenschaft beschränkt. Die Richtplanung, der nach
dem Vorbringen der Beschwerdeführerin die Festlegung einer Gewerbezone
im fraglichen Gebiet widersprechen soll, bindet sowohl nach Bundesrecht
(Art. 9 RPG) als auch nach dem zürcherischen Recht nur die (nachgeordneten)
Instanzen, nicht aber direkt die privaten Grundeigentümer (vgl. §§ 18
ff. PBG; BGE 107 Ia 77). Aus diesem Grund kann die Beschwerdeführerin
daraus keine privaten Rechte bzw. Normen ableiten, die auch ihrem Schutze
dienen (unveröffentlichtes Urteil i.S. Halter vom 31. März 1988). Das
gleiche gilt wesensgemäss vom behaupteten Umstand, es fehle am öffentlichen
Interesse für die Festlegung einer Gewerbezone. Da die Beschwerdeführerin
die Verletzung des Verhältnismässigkeitsgrundsatzes ebenfalls mit dem
Fehlen eines hinreichenden öffentlichen Interesses begründet, fehlt
es auch diesbezüglich an Gründen, welche sie als Eigentümerin eines
ausserhalb der Planfestsetzung liegenden Grundstückes als legitimiert
erscheinen liessen. Auch insofern, als die Beschwerdeführerin in der
Planfestsetzung eine Verletzung des Willkürverbotes sieht, ist sie nicht
zur staatsrechtlichen Beschwerde legitimiert. Nach ständiger Rechtsprechung
verschafft nämlich das allgemeine Willkürverbot, das bei jeder staatlichen
Tätigkeit zu beachten ist, für sich allein dem Betroffenen noch keine
geschützte Rechtsstellung im Sinne von Art. 88 OG. Eine Legitimation zur
Willkürbeschwerde besteht erst dann, wenn der angefochtene Entscheid den
Beschwerdeführer in seiner vorhandenen Rechtsstellung berührt und damit
in seine rechtlich geschützten Interessen eingreift. Die Geltendmachung
des Willkürverbotes setzt somit eine Berechtigung in der Sache voraus
(BGE 112 Ia 178 E. 3c; 110 Ia 75 E. 2a, je mit Hinweisen). Auf die
Beschwerde kann deshalb mangels Legitimation der Beschwerdeführerin nicht
eingetreten werden.