Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IA 129



114 Ia 129

21. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 19. Februar 1988
i.S. M. R. gegen Regierungsrat des Kantons Zürich (staatsrechtliche
Beschwerde) Regeste

    Art. 49 und 50 BV, Art. 9 EMRK; Schuldispensation für Laubhüttenfest
der Weltweiten Kirche Gottes.

    Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit im Rahmen des
Schulobligatoriums (E. 3).

    Benötigen Angehörige einer stark auf dem Alten Testament basierenden
Religionsgemeinschaft pro Jahr insgesamt nicht mehr Tage Schuldispensation,
als der Kanton Zürich den - meistbegünstigten - Angehörigen der jüdischen
Religion zugesteht, so wird das Verhältnismässigkeitsgebot verletzt, wenn
die Schuldispensation für 5 (oder, je nach Jahr, 6) aufeinanderfolgende
Tage mit der Begründung verweigert wird, dass Schüler jüdischen Glaubens
nie mehr als 4 aufeinanderfolgende Tage Schuldispensation beanspruchen
müssen (E. 5).

Sachverhalt

    A.- M. R. gehört der Weltweiten Kirche Gottes an, die das Alte und
das Neue Testament als verbindlich betrachtet und damit insbesondere
auch die jüdischen Feste feiert. Am 3. September 1986 ersuchte er die
Primarschulpflege K., seine Tochter A., geboren 23. Juli 1979, vom
Schulbesuch am Samstag und für 5 Tage während des Laubhüttenfestes 1986
zu dispensieren. Die Primarschulpflege K. bewilligte die Dispensation
vom Schulbesuch am Samstag, gewährte jedoch nur 4 freie Schultage für
das Laubhüttenfest.

    Rekurse wurden sowohl von der Bezirksschulpflege als auch vom
Erziehungsrat des Kantons Zürich abgewiesen. Der Erziehungsrat führte in
seinem Entscheid vom 10. März 1987 aus, da die Mitglieder der Weltweiten
Kirche Gottes die gleichen Festtage feierten wie die Angehörigen des
jüdischen Glaubens, sei § 58 Abs. 2 der Verordnung betreffend das
Volksschulwesen des Kantons Zürich vom 31. März 1900 (Schulverordnung)
analog anzuwenden; unter diesen Umständen sei eine Dispensation von 4
Tagen für das Laubhüttenfest angemessen.

    Am 3. und 5. April 1987 erhob M. R. Rekurs an den Regierungsrat des
Kantons Zürich. Er machte geltend, die Weltweite Kirche Gottes sei eine
christliche und keine jüdische Glaubensgemeinschaft; die Mitglieder dieser
Kirche müssten das Laubhüttenfest und anschliessend den Letzten Grossen
Tag für eine Dauer von 8 Tagen an einem gemeinsamen Ort feiern.

    Am 10. Juni 1987 wies der Regierungsrat den Rekurs kostenfällig ab.

    Mit rechtzeitiger staatsrechtlicher Beschwerde vom 17. August 1987
beantragt M. R., der Beschluss des Regierungsrats sei aufzuheben, unter
Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten des Beschwerdegegners.

Auszug aus den Erwägungen:

                          Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Gemäss Art. 88 OG steht das Recht zur Beschwerdeführung einem
Privaten bezüglich solcher Rechtsverletzungen zu, die er durch allgemein
verbindliche oder ihn persönlich treffende behördliche Anordnungen erlitten
hat. Die Beschränkung der Schuldispensation für das Laubhüttenfest
auf 4 Tage stellt offensichtlich eine den Beschwerdeführer im Sinne
dieser Bestimmung belastende Anordnung dar. Nach der Rechtsprechung des
Bundesgerichts zu Art. 88 OG ist der Beschwerdeführer jedoch nur dann
zur Beschwerdeführung legitimiert, wenn er ein aktuelles praktisches
Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheides hat (BGE 110 Ia
141 E. 2a mit Hinweisen); dieses Erfordernis soll sicherstellen, dass das
Bundesgericht konkrete und nicht bloss theoretische Fragen entscheidet,
und es dient damit der Prozessökonomie (ebenda).

    b) Wie bereits der Regierungsrat feststellte, war das aktuelle
Interesse an einem Entscheid über die Gewährung der Schuldispensation
für das Laubhüttenfest des Jahres 1986 schon zum Zeitpunkt seines
Beschlusses nicht mehr gegeben. Da aber die Frage sich alle Jahre für
den Beschwerdeführer wieder stellen kann und die Gefahr besteht, dass
nie rechtzeitig sämtliche Instanzen durchlaufen werden könnten, ist der
Regierungsrat trotzdem auf die Beschwerde eingetreten. Dasselbe gilt
für die Legitimation zur staatsrechtlichen Beschwerde. Im Blick auf
künftige Wiederholungen der gleichen Fragestellung kann also auch auf
die staatsrechtliche Beschwerde eingetreten werden, wobei sich aber der
Entscheid auf das konkrete Dispensationsbegehren für das Jahr 1986 zu
beschränken hat. Es ist zu prüfen, ob die Gewährung einer Dispensation
von bloss 4 Tagen anstelle einer solchen von 5 Tagen verfassungswidrig war.

    Trotzdem ist - um auch die Tragweite für die Zukunft zu erfassen - zu
beachten, dass der Bedarf an Schuldispensation für das Laubhüttenfest,
das bis und mit dem Letzten Grossen Tag jeweils 8 Tage dauert, von
Jahr zu Jahr verschieden sein kann. So bestand 1987 überhaupt kein
Bedarf, da das Fest in die Herbstferien fiel. 1988 dauert das Fest von
Montag dem 26. September bis Montag den 3. Oktober, so dass - unter
Berücksichtigung des bereits frei gegebenen Samstags - 6 schulfreie Tage
benötigt werden. 1989 (Samstag 14. Oktober bis Samstag 21. Oktober)
werden es wiederum - wie 1986 - 5 Tage sein. Mehr als 6 Tage werden nie
benötigt, weil in den Zeitraum von 8 Tagen stets ein Wochenende (mit dem
bereits bewilligten schulfreien Samstag) fällt.

Erwägung 2

    2.- Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 49 und 50 BV
sowie Art. 9 EMRK.

    a) Gemäss Art. 49 BV ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit
unverletzlich (Abs. 1); die Ausübung bürgerlicher oder politischer
Rechte darf aber durch keinerlei Vorschriften oder Bedingungen
kirchlicher oder religiöser Natur beschränkt werden (Abs. 4), und
Glaubensansichten entbinden nicht von der Erfüllung bürgerlicher Pflichten
(Abs. 5). Art. 50 BV gewährleistet die freie Ausübung gottesdienstlicher
Handlungen (Kultusfreiheit) innerhalb der Schranken der Sittlichkeit
und der öffentlichen Ordnung (Abs. 1); den Kantonen und dem Bund bleibt
vorbehalten, zur Handhabung der Ordnung und des öffentlichen Friedens unter
den Angehörigen der verschiedenen Religionsgenossenschaften sowie gegen
Eingriffe kirchlicher Behörden in die Rechte der Bürger und des Staates
die geeigneten Massnahmen zu treffen (Abs. 2). Art. 9 der Konvention
zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950
(SR. 0.101; EMRK) gibt jedermann Anspruch auf Gedanken-, Gewissens-
und Religionsfreiheit, insbesondere die Freiheit, seine Religion oder
Weltanschauung einzeln oder in Gemeinschaft mit andern öffentlich oder
privat, durch Gottesdienst, Unterricht, Andachten und Beachtung religiöser
Gebräuche auszuüben (Ziff. 1); die Religions- und Bekenntnisfreiheit
darf nicht Gegenstand anderer als vom Gesetz vorgesehener Beschränkungen
sein, die in einer demokratischen Gesellschaft notwendige Massnahmen
im Interesse der öffentlichen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung,
Gesundheit und Moral oder für den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer
sind (Ziff. 2). Die Bundesverfassung und die EMRK enthalten die gleichen
Garantien. Deren Einschränkung ist schon in den entsprechenden Verfassungs-
bzw. Konventionsbestimmungen vorgesehen. Die Bundesverfassung behält
die Einhaltung von Bürgerpflichten vor - eine solche stellt die Pflicht
zum Besuch des obligatorischen Schulunterrichts dar (BGE 66 I 158 E. 2)
- und die EMRK u.a. die öffentliche Ordnung und den Schutz der Rechte
und Freiheiten anderer (Besucher der öffentlichen Schule).

    b) Gemäss Art. 27 Abs. 2 BV haben die Kantone für genügenden
Primarunterricht zu sorgen, welcher ausschliesslich unter staatlicher
Leitung steht; derselbe ist obligatorisch und in den öffentlichen Schulen
unentgeltlich; die öffentlichen Schulen sollen von den Angehörigen aller
Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit
besucht werden können (Abs. 3). Die Verfassung selber statuiert in
Art. 27 somit eine Bürgerpflicht und schränkt insofern die von ihr selber
garantierte Glaubens- und Gewissensfreiheit ein; die gleiche Bestimmung
selbst wiederholt aber den Grundsatz, dass dieses Grundrecht durch das
Schulobligatorium nicht beeinträchtigt werden darf. Es ist vorab zu prüfen,
welche Bedeutung der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit im Rahmen des
verfassungsrechtlichen Schulobligatoriums zukommt (E. 3), und im Anschluss
daran, ob die Voraussetzungen für einen Grundrechtseingriff gegeben sind;
der angefochtene Entscheid muss sich auf eine gesetzliche Grundlage stützen
(E. 4), im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein (E. 5)
(BGE 112 Ia 320 E. 2a mit Hinweisen).

Erwägung 3

    3.- a) Es versteht sich von selbst, dass eine öffentliche Schule
sowohl in der Vermittlung des Lehrstoffes wie auch bei der Gewährung von
Dispensationen sich an einen möglichst breiten gemeinsamen Nenner halten
muss. Wenn einzelne Glaubensüberzeugungen oder Religionsvorschriften
so sehr davon abweichen, dass bei deren Berücksichtigung ein geordneter
und effizienter Schulbetrieb nicht mehr gewährleistet ist, kann deren
Berücksichtigung auch nicht unter Berufung auf die Glaubens-, Gewissens-
und Kultusfreiheit verlangt werden. In solchen Fällen ist diesem Grundrecht
dadurch Rechnung getragen, dass der obligatorische Primarschulunterricht
nicht nur in öffentlichen Schulen absolviert werden kann: Art. 27 Abs. 2
BV bestimmt lediglich, dass er in öffentlichen Schulen unentgeltlich
ist. Wenn also individuelle Glaubens- und Gewissensüberzeugungen
derart vom Landesüblichen abweichen, dass ihnen nur schwer oder nicht
in der öffentlichen Schule Rechnung getragen werden kann, garantiert
die Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit nicht die entsprechende
Ausgestaltung der öffentlichen Schule, sondern gegebenenfalls das
Recht auf Privatunterricht, der den Anforderungen an den staatlich
vorgeschriebenen Primarunterricht genügt. Daraus kann aber nicht -
wie dies der Beschwerdeführer offenbar meint - abgeleitet werden, dass
man die öffentliche Schule zwar besuchen, ihr aber in einem praktisch
unbeschränkten Ausmass fern bleiben kann - sei es zur Vermeidung nicht
genehmer Lehrveranstaltungen, sei es zur Feier religiöser Feste -, wenn
nur durch private Nachhilfe im Elternhaus für den Fortschritt des Schülers
gesorgt wird. So ist die Alternative des Privatunterrichts zur öffentlichen
Schule nicht zu verstehen. Nur der Besuch der öffentlichen Schule oder
aber einer Privatschule garantiert eine genügende Kontrolle darüber, ob
den minimalen Anforderungen an den obligatorischen Unterricht genügt wird.

    Die Vorschrift in Art. 27 Abs. 3 BV, wonach die öffentlichen
Schulen von den Angehörigen aller Bekenntnisse ohne Beeinträchtigung
ihrer Glaubens- und Gewissensfreiheit sollen besucht werden können, kann
also nur so verstanden werden, dass für die Gestaltung des Unterrichts
bzw. das Fernbleiben davon ein in der Schweiz relevanter, allgemeiner
Konsens massgebend ist. Die Rücksichtnahme auf jede davon abweichende
Individualüberzeugung im Schulbetrieb selbst ist schon aus praktischen
Gründen nicht möglich. Auch die traditionell in der Schweiz verwurzelten
Bekenntnisse haben sich diesbezüglich Beschränkungen zu unterziehen. Die
Glaubens- und Gewissensfreiheit ist eine geistige Freiheit und muss in der
Schule vor allem durch Toleranz gewährleistet werden. Die Kultusfreiheit
sodann besteht primär darin, dass die Ausübung des Kultus nicht gestört
oder verunmöglicht wird, nicht aber darin, dass auch alle zeitlichen
Kollisionen durch Veranstaltungen, die das gesellschaftliche und
bürgerliche Leben erfordert, zu vermeiden sind.

    b) In BGE 66 I 158 wurde gestützt auf die Bestimmung in Art. 49 Abs. 4
BV, wonach Glaubensansichten nicht von der Erfüllung bürgerlicher Pflichten
entbinden, ausgeführt: Eine bürgerliche Pflicht sei der obligatorische
Schulbesuch im Rahmen der staatlichen Gesetzgebung, und damit auch der
Schulbesuch am Samstag; sofern das kantonale Schulgesetz keine Ausnahme vom
Schulbesuch am Samstag vorsehe, dürfe daher das Gesuch eines Adventisten
um Bewilligung einer Ausnahme abgelehnt werden; dieser Entscheid verstosse
auch nicht gegen die Kultusfreiheit, denn die Ausübung gottesdienstlicher
Handlungen sei nur gewährleistet innerhalb der Schranken der öffentlichen
Ordnung (Art. 50 Abs. 1 BV), womit die staatliche Schulgesetzgebung
ebenfalls vorbehalten sei.

    Hinsichtlich des Schulbesuchs am Samstag sieht § 59 Schulverordnung
für den Kanton Zürich - anders als die gesetzliche Ordnung im erwähnten
Urteil - eine grosszügige Lösung vor. Aus den Erwägungen jenes Urteils ist
jedoch auch für den vorliegenden Fall festzuhalten, dass für die Frage,
in welchem Ausmass für Feiertage der Religionsgemeinschaft, der der
Beschwerdeführer angehört, Dispensation zu erteilen sei, vorab auf die
konkrete Regelung in den kantonalen schulrechtlichen Erlassen abzustellen
ist. Unmittelbar gestützt auf die Verfassung lässt sich jedenfalls ein
Anspruch auf die beantragte Schuldispensation nach dem bisher Gesagten
nicht herleiten, wenn die zürcherischen Normen über die Schuldispensation
grundsätzlich der Glaubens-, Gewissens- und Kultusfreiheit in genügendem
Ausmass Rechnung tragen.

Erwägung 4

    4.- a) Die Regeln der zürcherischen Gesetzgebung über die
Schuldispensation kommen den Schülern bzw. ihren Eltern weit entgegen,
um ihnen die möglichst ungehinderte Ausübung religiöser Handlungen
zu ermöglichen. Schüler, deren Eltern als strenggläubige Juden
oder Adventisten den Sabbat als religiösen Feiertag achten, sind auf
Gesuch und nach Wahl des gesetzlichen Vertreters am Samstag entweder
von manuellen Arbeiten und Leibesübungen oder vom Besuch der Schule
überhaupt zu befreien (§ 59 Abs. 1 Schulverordnung). Schüler jüdischen
Glaubens sind zudem an folgenden Tagen dispensiert: Passahfest (an vier
Tagen innert acht Tagen), Wochenfest (zwei Tage), Neujahrsfest (zwei
Tage), Versöhnungstag, Laubhüttenfest (an vier Tagen innert acht Tagen)
(§ 58 Abs. 2 Schulverordnung). Schüler anderer Bekenntnisse sind auf
Verlangen des Besorgers an Hohen Feiertagen zu dispensieren (§ 58 Abs. 3
Schulverordnung).

    Diese Regelung ist grundsätzlich geeignet, den religionsrelevanten
Grundrechten im Rahmen des Schulobligatoriums gerecht zu
werden. Der Regierungsrat hat seinen Entscheid denn auch auf diese
Verordnungsbestimmungen gestützt und darin eine gesetzliche Grundlage für
die Grundrechtsbeschränkung erblickt. Im folgenden ist seine Anwendung
und Auslegung der kantonalen Normen zu prüfen.

    b) Da die Schulverordnung keine ausdrückliche Regelung für die
Angehörigen der Weltweiten Kirche Gottes enthält, ist von § 58 Abs. 3
auszugehen, wonach Schüler anderer Bekenntnisse auf Verlangen des
Besorgers an Hohen Feiertagen zu dispensieren sind. Der Regierungsrat
hat dies nicht verkannt, vertritt aber die Auffassung, dass die für
Schüler jüdischen Glaubens gemäss § 58 Abs. 2 und § 59 Abs. 1 möglichen
Dispensationen - die am weitesten gehen - die absolute oberste Grenze
bei der Bewilligungspraxis hinsichtlich der Befreiung vom Unterricht aus
religiösen Gründen bildeten. Geht man davon aus, dass hinsichtlich der
Ausnahmen von der Verpflichtung, den Unterricht zu besuchen, Schranken
gesetzt werden müssen (vgl. E. 3), ist diese Auslegung des Regierungsrats
auch bei freier Prüfung grundsätzlich nicht zu beanstanden. Es entspricht
dem Legalitätsprinzip am besten, wenn die Grenze für Schuldispensationen
bspw. bezüglich Anzahl Tage bei der in der Verordnung selbst enthaltenen
grosszügigsten Regelung angesetzt wird. Die Freistellung von Kindern
anderer Bekenntnisse soll dann keinen grösseren Umfang annehmen, aber
entsprechend dem Bekenntnis andere Tage erfassen.

    c) Der angefochtene Entscheid scheint davon auszugehen, das Gesuch
des Beschwerdeführers führe rein zahlenmässig zu mehr Dispensationen,
als sie bei Kindern jüdischen Glaubens möglich sind. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Neben der - dem Beschwerdeführer ebenfalls gewährten
- Dispensation an allen Samstagen sind für jüdische Kinder in § 58
Abs. 2 insgesamt 13 schulfreie Tage vorgesehen. Auch für die Feier der
"Gottes Heiligen Tage" nach der Lehre der Weltweiten Kirche Gottes sind
nicht mehr als maximal 13 Schuldispensationen erforderlich, wenn man
berücksichtigt, dass von den 8 Tagen für das Laubhüttenfest bis und
mit Letztem Grossen Tag infolge des dazwischen fallenden Wochenendes
höchstens 6 Tage eine Schuldispensation erfordern (für das Passahfest
werden im Gegensatz zu den Juden - und entgegen der irrtümlichen Annahme
im angefochtenen Entscheid - nicht 4 Tage beansprucht). Damit besteht
der einzige Unterschied hinsichtlich des Umfangs der Schuldispensation
darin, dass den Juden - entsprechend den Erfordernissen ihres Glaubens
- für das Laubhüttenfest höchstens 4 zusammenhängende schulfreie Tage
gewährt werden, vom Beschwerdeführer aber für dieses Fest je nach den
kalendarischen Gegebenheiten auch 5 oder 6 Tage beansprucht werden. In der
Vernehmlassung des Regierungsrats wird denn auch das Schwergewicht darauf
gelegt, dass bei längeren Abwesenheiten als an 4 aufeinanderfolgenden
Tagen die Einhaltung der lehrplanmässigen Stoffvermittlung nicht mehr
gesichert sei; erfahrungsgemäss ergäben sich für den Schulbetrieb immer
dann nicht mehr bloss geringfügige Unzukömmlichkeiten, wenn ein Schüler
länger als 4 Tage dem Unterricht fern bleibt.

    Ob § 58 Abs. 3 Schulverordnung, der immerhin für Schüler anderer
Bekenntnisse eine gesonderte Dispensationsregelung vorsieht, auch
bloss hinsichtlich der Anzahl zusammenhängender schulfreier Tage nicht
über das für jüdische Schüler geltende Mass um nur einen oder zwei Tage
hinauszugehen erlaubt, ist letztlich nicht mehr eine Frage der gesetzlichen
Grundlage, sondern eine Frage der Verhältnismässigkeit.

Erwägung 5

    5.- a) Das Verhältnismässigkeitsprinzip verlangt, dass ein
Grundrechtseingriff sich auf ein die privaten Interessen überwiegendes
öffentliches Interesse stützt und sich auf das zum Schutz des öffentlichen
Interesses Notwendige beschränkt (BGE 112 Ia 320 E. 2a mit Hinweisen).

    Das öffentliche Interesse an der Einhaltung des Schulobligatoriums
ist unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung (geregelter
Schulbetrieb) und des Schutzes der Interessen der anderen Schüler
gewichtig. Kommt eine kantonale Regelung über die Schuldispensation den
Interessen von Angehörigen von Religionsgemeinschaften weit entgegen,
so dürfte das öffentliche Interesse daran, dass nicht über den Willen
des Gesetzgebers hinausgehende Schuldispensationen beansprucht werden,
regelmässig überwiegen. Die gestützt auf die einschlägigen Bestimmungen
verfügte Bewilligungsverweigerung ist dann das unerlässliche Mittel zur
Durchsetzung des Schulobligatoriums.

    b) Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass das kantonale Recht
Schuldispensationen zur Begehung religiöser Feste in grosszügiger Weise
gewährt, indem der Kanton dafür nebst den schulfreien Samstagen bis zu
13 Tage vorsieht, entsprechend der Regelung für jüdische Kinder. Im hier
fraglichen Jahr 1986 beanspruchte der Beschwerdeführer für seine Tochter
bloss 12 Tage Schuldispensation, im Maximum sind im einzelnen Jahr 13
Tage erforderlich.

    Es mag zutreffen, dass die Beeinträchtigung des Schulbetriebes - eher
wohl des Lernerfolges für den betreffenden Schüler - grösser ist, wenn sich
die Dispensationen nicht auf einzelne bzw. je auf wenige zusammenhängende
Tage verteilen, sondern jeweils grössere Zeitabschnitte erfassen. Es ist
jedoch schwer vorstellbar, dass diese Beeinträchtigung wesentlich stärker
ist, wenn - nicht jedes Jahr - zusammenhängende Abwesenheiten von 5 bis
6 Tagen anstelle von bloss 4 Tagen anfallen.

    Dagegen ist zu berücksichtigen, dass die an sich grosszügige Gewährung
von 4 Tagen Dispensation dem Beschwerdeführer praktisch nichts nützt,
da es ihm dadurch nicht ermöglicht wird, mit seiner Tochter dem Gebot
seiner Religionsgemeinschaft nachzuleben, das Laubhüttenfest an allen
8 Tagen in der Gemeinschaft zu feiern, was regelmässig im Ausland -
normalerweise in Bonndorf in der Bundesrepublik Deutschland - geschieht. Um
dies tun zu können, bedurfte er für das - hier streitige - Jahr 1986 eines
zusätzlichen Tages, in späteren Jahren würden es höchstens 2 Tage sein. Für
den Beschwerdeführer stellt es damit einen entscheidenden Unterschied dar,
ob bloss für 4 oder für 5 Tage (1986) Dispensation erteilt wird. Wegen
eines einzigen zusätzlichen Tages, für den nicht Dispensation erteilt
wird, steht die Einhaltung des 8tägigen Laubhüttenfestes als Ganzes in
Frage. Der Beschwerdeführer wird in seiner Glaubens-, Gewissens- und
Kultusfreiheit in schwerwiegender Weise getroffen. Zu berücksichtigen ist
vor allem auch, dass durch seine Auseinandersetzung mit der Schulbehörde
seine Tochter stark betroffen und unweigerlich in den Konflikt zwischen
Schule und Elternhaus miteinbezogen wird. Demgegenüber erscheint die
allfällige zusätzliche Beeinträchtigung der Schulordnung - welche die
kantonale Regelung zum Schutze der religiösen Grundrechte ohnehin in
beträchtlichem Masse hinnehmen will - nicht als bedeutend. Die Verweigerung
der Ausnahmebewilligung erweist sich damit als unverhältnismässig.

    Der angefochtene Entscheid verletzt die Glaubens- und Gewissensfreiheit
sowie die Kultusfreiheit. Er ist dementsprechend aufzuheben.