Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 114 IA 114



114 Ia 114

20. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 15.
September 1988 i.S. B. und Mitb. sowie P. und Mitb. gegen Einwohnergemeinde
Burgdorf und Regierungsrat des Kantons Bern (staatsrechtliche Beschwerden)
Regeste

    Art. 4 und 22ter BV, Art. 6 EMRK; Zonenplanänderung; Umzonung eines
für die Erstellung einer kommunalen Schiessanlage benötigten Areals von der
Landwirtschaftszone in eine "Freifläche mit Zweckbestimmung Schiessanlage",
formelle Rechtsverweigerung.

    1. a) Mit der rechtskräftigen Genehmigung der in Frage stehenden Zone
steht dem zuständigen Gemeinwesen das Enteignungsrecht zu (Art. 96 BauG/BE
vom 7. Juni 1970, Art. 128 Abs. 1 lit. a BauG/BE vom 9. Juni 1985). Die
Überprüfung des betreffenden Planfestsetzungsbeschlusses hat sich daher
auch auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Enteignung und des
Enteignungsverfahrens zu erstrecken (E. 3).

    b) An die Zonenplanänderung für die Verwirklichung einer Schiessanlage
dürfen nach den für die Raumplanung massgebenden Grundsätzen keine
geringeren Anforderungen als für eine Baubewilligung nach Art. 24 RPG
gestellt werden (E. 4cf).

    c) Die Unterlassung der auch von Art. 33 RPG verlangten umfassenden
Überprüfung stellt eine formelle Rechtsverweigerung dar (E. 4).

    2. Der von der Erteilung des Enteignungsrechts betroffene Bürger kann
verlangen, dass nicht nur über das Mass der Entschädigung, sondern auch
über die Frage, ob eine Enteignung gerechtfertigt ist, ein Richter urteilt,
welcher den Anforderungen von Art. 6 EMRK genügt; ob das Bundesgericht
als Staatsgerichtshof diesen Anforderungen genügt, ist fraglich (E. 4ch).

Sachverhalt

    A.- Mit Beschluss vom 9. September 1987 wies der Regierungsrat
des Kantons Bern mehrere Beschwerden ab, welche gegen die durch die
Baudirektion genehmigte Zonenplanänderung "Grafeschüre", Gemeinde Burgdorf,
eingereicht worden waren. Mit der umstrittenen Zonenplanänderung wurde
das für die Erstellung einer kommunalen Schiessanlage benötigte Areal
von der Landwirtschaftszone in eine "Freifläche mit Zweckbestimmung
Schiessanlage" umgezont.

    Gemäss der Vorlage des Stadtrates Burgdorf an die Stimmbürger der
Gemeinde war die Umzonung nötig, weil die betroffenen Landeigentümer
nicht bereit waren, das Baugesuch für die Schiessanlage mitzuunterzeichnen
(Vorlage zur Gemeindeabstimmung vom 22. September 1985, S. 5).

    Gemäss Art. 96 des Baugesetzes des Kantons Bern vom 7. Juni 1970 (BauG
1970), das gemäss dem Entscheid des Regierungsrates für die umstrittene
Freifläche mit Zweckbestimmung Schiessanlage anwendbar ist, wird mit
der Genehmigung der Zone, deren Verwendungszweck festgelegt ist, das
Enteignungsrecht erteilt. Die entsprechende Regelung gilt auch gemäss
Art. 128 Abs. 1 lit. a des neuen Berner Baugesetzes vom 9. Juni 1985
(BauG 1985).

    B. und S. als betroffene Landeigentümer führen
staatsrechtliche Beschwerde beim Bundesgericht, mit der sie
beantragen, der Regierungsratsbeschluss vom 9. September 1987 sei
aufzuheben. Staatsrechtliche Beschwerde mit demselben Antrag führen
ebenfalls P. und W., die als Eigentümer benachbarter, in der Gemeinde
Wynigen gelegener Liegenschaften von dem zu erwartenden Schiesslärm
betroffen sind.

    Ihre Einwendungen begründen die Beschwerdeführer namentlich damit,
dass das betroffene Areal bestes landwirtschaftliches Kulturland sei,
weshalb sich ebenfalls die kantonale Landwirtschaftsdirektion gegen die
Schiessanlage ausgesprochen habe. Auch wegen des Schiesslärms sei das
Areal nicht für einen Schiessstand geeignet. Ausserdem käme die Anlage in
ein in hohem Masse landschaftlich schutzwürdiges Gebiet zu liegen. Die
vom Regierungsrat vorgenommene Interessenabwägung sei unhaltbar. Mit
der Abweisung der Beschwerden habe der Regierungsrat verfassungsmässige
Rechte der Beschwerdeführer verletzt, insbesondere ihr gemäss Art. 22ter
BV gewährleistetes Eigentum sowie das Willkürverbot gemäss Art. 4
BV. Die Verletzung der Eigentumsgarantie erblicken die Beschwerdeführer
u.a. auch darin, dass die Gemeinde Burgdorf im Chänerech-Täli in der
Gemeinde Wynigen das "Aebi-Heimet" besitzt, auf welchem ursprünglich die
Schiessanlage gestützt auf Art. 24 des eidgenössischen Raumplanungsgesetzes
(RPG) hätte erstellt werden sollen. Die entsprechende Baubewilligung war
letztinstanzlich vom Bundesgericht mit Urteil vom 25. März 1981 geschützt
worden. Dass der Regierungsrat keine andern möglichen Standorte geprüft
habe, erachten die Beschwerdeführer als formelle Rechtsverweigerung.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Ob die Festsetzung einer Freiflächenzone für eine bestimmte
öffentliche Nutzung durch ausreichende öffentliche Interessen, welche
die entgegenstehenden privaten Interessen überwiegen, gerechtfertigt
ist, prüft das Bundesgericht grundsätzlich frei, doch auferlegt es sich
Zurückhaltung, soweit örtliche Verhältnisse zu würdigen sind, welche die
kantonalen Behörden besser kennen und überblicken als das Bundesgericht,
und soweit sich ausgesprochene Ermessensfragen stellen (BGE 113 Ia 33 E. 2;
110 Ia 172 E. b/aa; 109 Ia 259 E. 4 und 270 E. 5c, je mit Hinweisen).

    In der vorliegenden Sache ist wesentlich, dass die Umzonung des
umstrittenen Areales von der Landwirtschaftszone in eine Freifläche
mit Zweckbestimmung Schiessanlage zur Folge hat, dass die betroffenen
Eigentümer verpflichtet werden, ihr Land, soweit dies für die Erstellung
der Anlage nötig ist, abzutreten, im übrigen das Überschiessen ihrer
Parzellen als Eigentumsbeschränkung zuzulassen und den Schiesslärm, soweit
sie als Nachbarn betroffen werden, zu dulden. Schon mit der Rechtskraft
der Planfestsetzung steht dem zuständigen Gemeinwesen das Enteignungsrecht
zu (Art. 96 Abs. 1 BauG 1970, Art. 128 Abs. 1 lit. a BauG 1985). Die
Freifläche, deren öffentliche Nutzung im Plan verbindlich festgelegt wird,
führt somit zu einem schweren Eingriff in das Eigentum. Das Bundesgericht
prüft ohne Beschränkung seiner Kognition, ob die Voraussetzungen hiefür
erfüllt sind (s. BGE 110 Ia 169 E. 7a; 108 Ia 35 E. 3a; 104 Ia 338 E. 2;
102 Ia 115 E. 4 mit Hinweisen). Umfassend zu prüfen ist somit, ob die
für den Eingriff erforderliche klare gesetzliche Grundlage gegeben ist
(BGE 110 Ib 139 E. 3). Desgleichen ist umfassend zu prüfen, ob die für die
Rechtfertigung der Enteignung und der Eigentumsbeschränkungen geforderten
öffentlichen Interessen vollständig ermittelt und mit den entgegenstehenden
privaten Interessen richtig abgewogen wurden (BGE 107 Ib 336 E. 2c). In
gleicher Weise ist die Verhältnismässigkeit des angefochtenen Beschlusses,
mit welchem das Enteignungsrecht verbunden ist, zu prüfen (BGE 110 Ib 33
E. 4). Schliesslich ist auch ohne Beschränkung der Kognition zu prüfen,
ob das kantonale Recht den betroffenen Eigentümern den bundesrechtlich
gebotenen Rechtsschutz gewährt.

Erwägung 4

    4.- Die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall führt
zu folgendem Ergebnis:

    a) Die gesetzliche Grundlage sowohl für die Planung als auch das
Enteignungsrecht wird nicht bestritten. Sie ist eindeutig gegeben.
Die Gemeinden sind nach dem in der vorliegenden Sache anwendbaren
Baugesetz vom 7. Juni 1970 befugt, im Zonenplan Freiflächen für
öffentliche Werke und Anlagen festzulegen (Art. 20 und 27). Mit der
Genehmigung der entsprechenden Planung ist das Enteignungsrecht erteilt
(Art. 96). Das neue Berner Baugesetz vom 9. Juni 1985 hat an dieser
Rechtslage festgehalten (Art. 77 und 128). Für das Enteignungsrecht
präzisiert Art. 128 Abs. 2 des nun geltenden Baugesetzes, es erstrecke
sich auf die dinglichen und obligatorischen Rechte sowie Nachbarrechte,
die zur Ausführung der geplanten Bauten, Anlagen oder Massnahmen benötigt
werden oder ihr entgegenstehen.

    b) Dass ein allgemeines öffentliches Interesse an der
Erstellung von Gemeindeschiessanlagen besteht, wird ebenfalls nicht
bestritten. Die Gemeinden sind von Bundesrechts wegen verpflichtet,
Schiessplätze zur Verfügung zu stellen (Art. 32 des Bundesgesetzes
über die Militärorganisation vom 12. April 1907 [MO, SR 510.10];
Art. 22 ff. der eidgenössischen Verordnung vom 29. November 1935
über das Schiesswesen ausser Dienst [SR 512.31]; s. hiezu auch nicht
publ. Urteil vom 16. September 1987 i.S. F. D. c. Gemeinde Galgenen
und EMD, E. 4). Hiefür können sie nötigenfalls das Enteignungsrecht
beanspruchen, wobei gemäss Art. 32 Abs. 2 MO (in der Fassung vom 22. Juni
1984) primär das kantonale Enteignungsrecht zum Zuge kommt. Steht den
Gemeinden das Enteignungsrecht nach kantonalem Recht nicht zu, so kann
ihnen das Eidgenössische Militärdepartement das Enteignungsrecht nach dem
Bundesgesetz über die Enteignung vom 20. Juni 1930 (SR 711) erteilen. Im
vorliegenden Fall gelangt das kantonale Enteignungsrecht zur Anwendung.

    c) Die Beschwerdeführer bestreiten jedoch das konkrete öffentliche
Interesse für die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums und für die nach
ihrer Meinung drohende Enteignung ihrer Nachbarrechte. Sie bezeichnen
die "Grafeschüre" nicht als geeignet für eine Schiessanlage im Sinne
von Art. 25 der Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst. Die
öffentlichen Interessen der Landwirtschaft und des Landschaftsschutzes
stünden der Errichtung des Schiessplatzes entgegen. Mit diesen Interessen
würden sich ihre privaten Interessen an der ungeschmälerten Erhaltung
ihres Eigentums decken. Der Regierungsrat habe die entgegenstehenden
Interessen ungenügend berücksichtigt, die Interessenabwägung nicht richtig
vorgenommen und damit auch das Verhältnismässigkeitsprinzip verletzt,
namentlich wegen der Gefährdung der Existenz des Beschwerdeführers S. Er
habe in unzulässiger Weise zur Frage der Enteignung nicht Stellung
genommen und es abgelehnt, sich einlässlich mit Ersatzstandorten zu
befassen. Hierin erblicken die Beschwerdeführer auch eine formelle
Rechtsverweigerung. Sie betonen, dass die Zulässigkeit der Enteignung
im späteren Enteignungsverfahren nicht mehr zur Diskussion gestellt
werden könne.

    ca) Die Mindestanforderungen für den Rechtsschutz, denen das kantonale
Recht gegenüber Nutzungsplänen gemäss Art. 33 RPG zu genügen hat,
sehen wenigstens ein Rechtsmittel vor. Für dieses muss die Legitimation
mindestens im gleichen Umfang wie für die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht und die volle Überprüfung durch wenigstens eine
Beschwerdebehörde gewährleistet sein (Art. 33 Abs. 3 lit. a und b RPG).

    Diesen Mindestanforderungen entspricht das im Berner Recht angeordnete
Planauflage- und Genehmigungsverfahren, an das sich die Beschwerde an den
Regierungsrat anschliesst (BGE 106 Ia 72 f. E. 2). Die Nutzungspläne werden
im Genehmigungsverfahren hinsichtlich ihrer Recht- und Zweckmässigkeit
und des öffentlichen Interesses überprüft (ALDO ZAUGG, Kommentar zum
BauG vom 7. Juni 1970, N. 1 ff. zu Art. 44, und Kommentar zum BauG vom
9. Juni 1985, N. 2 zu Art. 61). Die Rechtmässigkeitskontrolle umfasst die
Prüfung der Pläne und des Planungsverfahrens auf ihre Übereinstimmung
mit den sich aus dem Verfassungsrecht ergebenden Schranken. Die
Genehmigungsbehörde ist verpflichtet, ihre Überprüfungsbefugnis voll
auszuschöpfen, ansonst sie eine formelle Rechtsverweigerung begeht. Sie
darf für die Genehmigung wesentliche Fragen nicht auf ein nachfolgendes
Verfahren verweisen. Anderseits darf sie mit ihrem Beschluss nicht Fragen
regeln, die gar nicht Gegenstand des Planverfahrens sind (ALDO ZAUGG,
aaO, Kommentar BauG 1985, N. 7 zu Art. 61 mit Hinweis auf N. 28 ff. der
Einleitung, und N. 16 zu Art. 61).

    cb) Das Baugesetz hat mit den Vorschriften über das
Enteignungsrecht, das mit der Nutzungsplanung verbunden ist,
enteignungsrechtliche Vorschriften erlassen. Die Überprüfung eines
Planfestsetzungsbeschlusses für bestimmte öffentliche Anlagen, mit dessen
Genehmigung das Enteignungsrecht erteilt wird, hat sich daher bereits
auch auf die verfassungsrechtlichen Anforderungen der Enteignung und
des Enteignungsverfahrens zu erstrecken. Diese Voraussetzungen zählen
zu den für die Plangenehmigung wesentlichen Fragen. Insbesondere ist
der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu beachten (ALDO ZAUGG, aaO,
Kommentar BauG 1985, N. 36 der Einleitung, und N. 2 zu Art. 127).

    Das Verhältnismässigkeitsprinzip lässt die Enteignung nur zu, wenn
und soweit sie zur Erreichung des öffentlichen Zweckes notwendig ist
und der Enteigner nachweist, dass Verhandlungen über einen freihändigen
Erwerb nicht zum Ziele führten (Art. 3 Abs. 2 des Berner Gesetzes über
die Enteignung vom 3. Oktober 1965). Die zweite Voraussetzung ist im
vorliegenden Falle erfüllt, setzen sich doch die Beschwerdeführer mit ihrer
Weigerung, ein Baugesuch für die Schiessanlage zu unterzeichnen, gegen
die Enteignung zur Wehr (Vorlage zur Gemeindeabstimmung vom 22. September
1985, S. 5). Die erste Voraussetzung - die Notwendigkeit der Enteignung -
wird hingegen mit Hinweis auf Ersatzstandorte bestritten, welche für eine
Schiessanlage besser geeignet sein sollen.

    Nach dem Gebot der Notwendigkeit der Enteignung ist darauf zu
achten. dass private Rechte nur in Anspruch genommen werden, wenn
das angerufene Interesse des Gemeinwesens sich im konkreten Fall als
überlegen erweist und sich nicht auf anderem Wege befriedigen lässt
(ARTHUR MEIER-HAYOZ, Berner Kommentar zum Sachenrecht, 5. Auflage,
1. Teilband, Systematischer Teil, N. 509, S. 201; ULRICH ZIMMERLI, Der
Grundsatz der Verhältnismässigkeit im öffentlichen Recht, ZSR 1978 II
S. 13 f. und S. 77 f.). Das geltend gemachte öffentliche Interesse muss
um so stärker sein, je intensiver eine staatliche Massnahme in private
Rechte eingreift (ARTHUR MEIER-HAYOZ, aaO, S. 202). Besitzt die Gemeinde
für die Verwirklichung der öffentlichen Nutzung eigenes geeignetes Land,
so wäre das aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip fliessende Gebot der
Notwendigkeit der Enteignung verletzt, wenn sie ohne sachlichen Grund nicht
ihre eigenen Landreserven ausschöpfen, sondern sich auf dem Enteignungsweg
zusätzliches Land verschaffen würde (nicht publ. BGE vom 3. Juli 1985
i.S. A. B. c. Gemeinde Eischoll und Staatsrat des Kantons Wallis, E. 3c).

    cc) Im vorliegenden Falle haben sich weder die Baudirektion noch der
Regierungsrat einlässlich mit den verfassungsrechtlichen Voraussetzungen
der Enteignung, die mit der Genehmigung der Zone ermöglicht wird,
befasst. Der Regierungsrat hält in seinem Entscheid vielmehr fest, er habe
es in konstanter Praxis abgelehnt, im Rahmen von Plangenehmigungsverfahren
bereits zu den Enteignungsproblemen Stellung zu nehmen. In ihrer im
Namen des Regierungsrates erstatteten Vernehmlassung bestätigt dies die
Justizdirektion. Sie bemerkt, die Frage einer allfälligen Enteignung sei
hier nicht zu prüfen; es stehe im Plangenehmigungsverfahren noch nicht
fest, ob überhaupt eine Enteignung zu erfolgen habe. Diese Frage werde
namentlich davon abhängen, "welche Haltung die zukünftig betroffenen
Grundeigentümer gegenüber einem heute noch nicht bekannten Kaufangebot
der Stadt Burgdorf einnehmen werden".

    Diese Praxis des Regierungsrates scheint zu übersehen, dass
mit der Plangenehmigung das Enteignungsrecht verbindlich erteilt
wird. Dadurch, dass - wie im vorliegenden Fall - der "Verwendungszweck
(schon) im Plan festgelegt ist" (Art. 96 BauG 1970) und darüber
hinaus auch bereits der Standort der in Frage stehenden öffentlichen
Anlage feststeht, wird offensichtlich ein Teil des Enteignungsproblems
bereits mit der Plangenehmigung entschieden. Entsprechend müssen auch die
Enteignungsvoraussetzungen ebenfalls schon bei der Plangenehmigung erfüllt
sein (ALDO ZAUGG, aaO, Kommentar BauG 1985, N. 7a und 10 zu Art. 127/128),
denn in diesem Zeitpunkt werden die Eigentümer vom Enteignungsrecht
betroffen und sind nicht mehr frei, nach ihrem Belieben über ihr Eigentum
zu verfügen. Sie müssen vielmehr, falls sie zu einer Verständigung nicht
Hand bieten, die Enteignung in Kauf nehmen. Hiezu können sie jedoch
nur gehalten werden, wenn feststeht, dass die verfassungsrechtlichen
Voraussetzungen für die Enteignung erfüllt sind.

    cd) Sowohl die Baudirektion wie der Regierungsrat scheinen freilich
davon auszugehen, dass mit der Genehmigung des Planes auf Grund der Rechts-
und Zweckmässigkeitskontrolle auch die Zulässigkeit der Enteignung bejaht
sei, obschon dies nicht ausdrücklich gesagt wird. Aus dem angefochtenen
Entscheid ergibt sich, dass der Regierungsrat die Eignung der "Grafeschüre"
für die Erstellung einer Schiessanlage bejaht, allerdings nur unter
Vorbehalten und mit Rücksicht auf die Autonomie der Gemeinde Burgdorf.

    Die Vorbehalte leitet der Regierungsrat aus der Unterscheidung
zwischen der Zonenplanänderung und dem konkreten Schiessanlageprojekt
her. Nach seiner Auffassung ist es nicht erforderlich, dass bereits im
Plangenehmigungsverfahren feststehen muss, dass das von der Gemeinde
gewünschte Projekt, dem die Freiflächenzone dienen soll, auch so,
wie es die Gemeinde begehrt, realisiert werden kann. Er führt aus, im
Genehmigungsverfahren sei nur die Frage zu beantworten, ob sich auf dem
umgezonten Terrain überhaupt eine Schiessanlage, die der Öffentlichkeit
diene, realisieren lasse. Erst bei der Prüfung des konkreten Projektes
könnten die Fragen nach der Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen
Bewirtschaftung und nach den zu erwartenden Lärmimmissionen beurteilt
werden. Und erst im Baubewilligungsverfahren könne beantwortet werden,
ob sich eine Anlage, wie sie die Stadt Burgdorf wünsche, erstellt werden
könne.

    Aus der Respektierung der Gemeindeautonomie leitet der Regierungsrat
her, dass er nicht obere Planungsbehörde sei und daher nicht selber nach
neuen Lösungen suche. Er beschränke sich darauf zu untersuchen, ob sich
der kommunale Hoheitsakt mit vernünftiger Begründung halten lasse. Die
Justizdirektion verdeutlicht diese Rücksichtnahme mit dem Hinweis darauf,
dass es nicht um ein Baubewilligungsverfahren gehe, in welchem - allenfalls
bei der Prüfung der Standortgebundenheit im Sinne von Art. 24 RPG -
sämtliche möglichen Varianten zu überprüfen seien. Die Betrachtungsweise
der Beschwerdeführer, welche als formelle Rechtsverweigerung rügen, dass
der Regierungsrat nicht andere mögliche Standorte mitberücksichtigt
habe, sei zu verwerfen. Anders entscheiden würde heissen, dass die
Gemeindeautonomie in der Ortsplanung aufgehoben wäre.

    Dieses Verständnis des Regierungsrates von einer Plangenehmigung,
welche das Enteignungsrecht für eine Freifläche einschliesst, deren
Verwendungszweck im Plan festgelegt ist (Art. 96 Abs. 1 BauG 1970),
überzeugt nicht.

    ce) Aus der Vorlage an die Stimmberechtigten für die Abstimmung
vom 22. September 1985 ergibt sich klar, dass die Zonenänderung für
ein präzis umschriebenes, gegenüber den früheren Plänen reduziertes
Projekt beschlossen wurde. Es sollte den rund 1500 Schützen der sechs
städtischen Schützenvereine ermöglichen, das obligatorische Schiessen,
das Feldschiessen sowie sportliche Wettkämpfe durchzuführen. Wenn - was der
Regierungsrat nicht ausschliesst - das vorgesehene, der Abstimmungsvorlage
zugrundeliegende Projekt mit 18 elektronischen Scheiben, 25 Parkplätzen und
einer Belastung von 70 Schiesshalbtagen sowie einem Munitionsverbrauch von
96 000 Schuss nicht realisiert werden kann, so wird ein Teil der Burgdorfer
Schützen weiterhin Schiessplätze in anderen Gemeinden benützen müssen.

    Der Vorlage, welcher die Stimmberechtigten zugestimmt haben, ist
nicht zu entnehmen, dass möglicherweise mit einer weiteren Reduktion
des Projektes gerechnet werden muss. Dass dies nicht auszuschliessen
ist, ergibt sich aus dem von der Justizdirektion eingeholten Bericht
der EMPA zur Lärmsituation im Bereich der geplanten Schiessanlage
"Grafeschüre". Dieses Gutachten geht von dem genannten Projekt und
von 70 Schiesshalbtagen aus. Es gelangt zum Ergebnis, dass beim
Weiler Stöckacker und der Häusergruppe h (Grafeschüre) der von der
Lärmschutzverordnung verlangte Planungswert, bei der Häusergruppe h
auch der Immissionsgrenzwert, überschritten wird. Die Beschwerdeführer
wenden ein, die Annahme von 70 Schiesshalbtagen sei unzutreffend, weil
der Schiessoffizier nicht zwischen Werktags- und Sonntagsschiessen
unterschieden habe. Nach ihrer Ansicht würde bei richtiger Berechnung
jedenfalls bei der Häusergruppe h der Alarmwert überschritten. Die
Justizdirektion anerkennt in ihrer Vernehmlassung, dass vermutlich die
Benützung an 70 Halbtagen eher an der oberen Grenze des Bewilligungsfähigen
liege.

    Für das öffentliche Interesse, welches die Enteignung rechtfertigen und
das um so stärker sein muss, je intensiver in private Rechte eingegriffen
wird, ist entgegen der Meinung des Regierungsrates die Grösse des
Projektes von erheblicher Bedeutung. Kann es nicht im vorgesehenen
Mindestumfange verwirklicht und betrieben werden, ist nicht nur fraglich,
ob der Stimmbürger der Zonenänderung zugestimmt hätte, sondern auch das
Gewicht des geltend gemachten öffentlichen Interesses ist geringer, wenn
die Anlage nicht allen Schützen von Burgdorf Platz bieten würde. Dass
eine Gemeindeschiessanlage jedenfalls im Regelfalle den Schützen der
Gemeinde dienen soll, geht auch aus den Vorschriften der eidgenössischen
Verordnung über das Schiesswesen ausser Dienst hervor (Art. 22 ff.). Im
vorliegenden Falle ist offenbar nicht auszuschliessen, dass das von der
Gemeinde gewünschte Projekt namentlich im Hinblick auf die Lärmbelastung
reduziert werden muss und dass daher weiterhin Schützen von Burgdorf andern
Schiessplätzen zugewiesen werden müssen. Für die Interessenabwägung, bei
welcher wie auch bei der Prüfung der Verhältnismässigkeit ein strenger
Massstab anzulegen ist (BGE 101 Ia 221 E. 6), ist jedoch die Frage
der Realisierbarkeit der von der Gemeinde für alle Burgdorfer Schützen
gewünschten Anlage von wesentlichem Gewicht. Indem der Regierungsrat die
Prüfung dieser Frage auf das spätere Baubewilligungsverfahren verschoben
hat, hat er eine für die Plangenehmigung, mit welcher das Enteignungsrecht
erteilt wird, wesentliche Frage in ein nachfolgendes Verfahren verwiesen,
was nicht angeht (ALDO ZAUGG, aaO, Kommentar BauG 1985, N. 16 zu Art. 61).

    cf) Für die Frage, ob das mit der Plangenehmigung erteilte
Enteignungsrecht dem sich aus dem Verhältnismässigkeitsprinzip ergebenden
Grundsatz der Notwendigkeit der Enteignung entspricht, muss sodann
feststehen, dass sich das vorgesehene Areal für die Verwirklichung der
öffentlichen Nutzung eignet und dass die Gemeinde mit sachgerechten
Erwägungen andere Standorte, namentlich solche, an denen sie selbst
Grundeigentum besitzt, ausschliessen durfte (vgl. HESS/WEIBEL, Das
Enteignungsrecht des Bundes, N. 10 zu Art. 35).

    Aus der Vorlage an die Stimmbürger ergibt sich, dass die Gemeinde
17 Standorte in Betracht gezogen hat. Die Prüfung führte zunächst
zum Ergebnis, dass der Gemeinderat das Stadtbauamt beauftragte, eine
Umzonungsvorlage für eine Freifläche mit Zweckbestimmung Schiessanlage
auf dem Binzberg vorzubereiten, eine Vorlage, welcher die erweiterte
Baukommission, die Finanzkommission und der Gemeinderat zustimmten,
doch wurde sie am 17. Dezember 1984 vom Stadtrat abgelehnt.

    Aus der Vorlage an die Stimmbürger ergibt sich ferner, dass
der Standort "Chänerech" in Wynigen, für welchen letztinstanzlich
das Bundesgericht mit Entscheid vom 25. März 1981 die auf Art. 24
RPG gestützte Baubewilligung geschützt hatte, aufgehoben wurde, weil
die Stimmbürger einen nötigen Zusatzkredit am 6. Juni 1982 abgelehnt
hatten. Dieser Kredit war allerdings für ein wesentlich grösseres Projekt
als das nun vorgesehene verlangt worden. In seinem Entscheid hatte sich
das Bundesgericht eingehend mit der Standortfrage befasst und auf die
damalige Stellungnahme des Stadtpräsidenten verwiesen, mit welcher
die Ablehnung anderer Lösungen begründet wurde. Das Urteil verweist
auch auf den vom Bundesamt für Raumplanung eingeholten Bericht, welcher
insgesamt acht Standorte einlässlich prüfte und auf Grund der Evaluation
zum Ergebnis gelangte, dass der Standort "Chänerech" am besten geeignet
sei. Der Standort "Grafeschüre" wurde auch als geeignet bezeichnet,
doch wurde auf die zu erwartende Lärmbelastung für die Weiler Stöckacker
und Grafeschüre hingewiesen. Die Gemeinde gab gemäss der Eingabe ihres
Vertreters vom 5. Dezember 1980 dem Standort "Chänerech" den Vorzug
und lehnte den Standort "Grafeschüre" mit folgender Begründung ab:
"Die Lage neben der Hauptstrasse nach Langenthal und die SBB-Linie
Bern-Olten verhindern den Neubau. Notwendige Schutzmassnahmen würden ein
Ausmass erreichen, das wegen Verletzung des Ortschaftsschutzes der Höfe
Grafenscheuren und Bickigen, des Landschafts- und Heimatschutzes nicht
bewilligt werden könnte."

    Die Vorlage an die Stimmberechtigten belegt eindrücklich, wie sehr
sich der Gemeinderat um eine Lösung der Schiessplatzfrage bemühte. Doch
kann ihr nur in begrenztem Rahmen entnommen werden, aus welchen
planerischen Erwägungen einzelne der in Betracht kommenden Standorte
abgelehnt wurden. Für die meisten Standorte ergibt sich aus der Vorlage
einzig, dass die Landbesitzer nicht bereit seien, ihre Zustimmung zur
Landinanspruchnahme zu geben. Dass diese Begründung zu einem sachgerechten
Vergleich nicht genügt, liegt auf der Hand, kann doch - wie dies nun auch
bei "Grafeschüre" vorgesehen ist - für einen geeigneten Standort eines für
die Schützen der Gemeinde notwendigen Schiessplatzes das Enteignungsrecht
beansprucht werden.

    Der Regierungsrat hat es im angefochtenen Entscheid ausdrücklich
abgelehnt, andere Standorte zu prüfen. Er hat einzig zum Verzicht auf
"Chänerech" Stellung genommen, veränderte Verhältnisse (kleineres Projekt),
bessere Erkenntnisse und bisher offenbar zu wenig berücksichtigte
Vorteile der "Grafeschüre" wie kürzere Wegdistanz für die Schützen
geltend gemacht. Er ist der Meinung, er dürfe es dabei bewenden lassen,
weil es nicht um eine Baubewilligung nach Art. 24 RPG gehe, sondern um
eine Zonenplanung. Diese Auffassung ist als irrtümlich zu bezeichnen. Die
Festsetzung einer Freifläche für eine Schiessanlage hat in gleicher
Weise den für die Raumplanung massgebenden Grundsätzen zu entsprechen
und auf Grund einer umfassenden, die Prüfung von Alternativstandorten
einschliessenden Interessenabwägung zu erfolgen (s. Art. 1 Abs. 1
Satz 2 und Art. 2 Abs. 1 RPG), wie dies für eine allenfalls mögliche
Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG zutrifft (BGE 113 Ib 229 ff. und 373
E. 5; vgl. auch BGE 111 Ib 88 E. 3). Bei der Bewertung aller Alternativen
sind der Schutz des landwirtschaftlichen Bodens und der Landschaftsschutz
mitzuberücksichtigen (Art. 3 Abs. 2 lit. a und d RPG). Schliesslich
muss der hinsichtlich Standort und Zweck zu treffende planerische
Grundsatzentscheid, um den es im Moment erst geht, auch bereits nach
den heute massgebenden umweltschutzrechtlichen Bestimmungen ausgerichtet
werden und namentlich den Schutz gegen schädliche und lästige Einwirkungen
umfassen (Art. 3 Abs. 3 lit. b RPG, BGE 113 Ib 231 ff. mit Hinweisen).

    cg) Der Auffassung, eine entsprechende Überprüfung würde in
die Gemeindeautonomie eingreifen, kann ebenfalls nicht gefolgt
werden. Eine solche Prüfung gehört vielmehr zur Rechtskontrolle,
namentlich zur Kontrolle der Planung auf ihre Übereinstimmung mit
den aus der Verfassung fliessenden rechtsstaatlichen Grundsätzen; die
Kontrollfunktion der kantonalen Behörden soll so weit reichen, als es der
Schutz der Grundrechte und die Wahrung der übergeordneten Interessen -
im vorliegenden Falle also z.B. des Interesses daran, dass überhaupt
eine Schiessanlage erstellt und hiezu nur das notwendige Land enteignet
wird - erfordert. Ein Nutzungsplan für die gezielte Verwirklichung einer
bestimmten öffentlichen Anlage, mit welchem das Enteignungsrecht erteilt
wird, kann auch nicht wie die Justizdirektion in ihrer Vernehmlassung
vorträgt - der Abgrenzung verschiedener Bauzonen für private Nutzungen in
einem Zonenplan gleichgestellt werden. Er kommt einer Enteignungsverfügung
zur Sicherstellung des Landerwerbs für ein bestimmtes öffentliches Werk
gleich und bedingt daher zur Wahrung des Verhältnismässigkeitsprinzips
und zur Abklärung der Notwendigkeit der Enteignung die Prüfung allfälliger
weiterer Standorte. Die vom Regierungsrat betonte Zurückhaltung steht dem
nicht entgegen. Auch wenn der Regierungsrat nicht obere Planungsbehörde
ist und nicht sein Ermessen an die Stelle desjenigen der Gemeinde
setzen darf, so hat er im Beschwerdeverfahren auf die entsprechenden
Einwendungen hin zu prüfen, ob die Gemeinde mit planerisch sachgerechten
Erwägungen die weiteren, in Frage kommenden Standorte ausgeschlossen
hat. Zu einer solchen Prüfung hätte um so mehr Anlass bestanden, als -
wie dargelegt - die Gemeinde den Standort "Grafeschüre" ursprünglich als
ungeeignet verworfen und der Gemeinderat nach dem Verzicht auf das Projekt
"Chänerech" zunächst eine andere Lösung (Binzberg) befürwortet hatte. Die
vom Regierungsrat betonte Zurückhaltung kommt nur dann zum Zuge, wenn
es um die Auswahl unter mehreren, gleich gewichtigen Alternativen geht,
wenn es um Ortskenntnis und örtliche Demokratie geht (Art. 1 Abs. 1 und
Art. 4 Abs. 2 RPG).

    Weder aus der Genehmigung durch die Baudirektion noch aus dem
Beschwerdeentscheid des Regierungsrates geht hervor, dass eine umfassende
Prüfung im aufgezeigten Sinne vorgenommen wurde. Diese Unterlassung bezieht
sich auf wesentliche Punkte, welche von Amtes wegen hätten geprüft werden
müssen (ALDO ZAUGG, aaO, Kommentar BauG 1985, N. 3 zu Art. 61), lässt
sich doch die Notwendigkeit der Enteignung ohne Prüfung der möglichen
Alternativstandorte gar nicht beurteilen. Die von den kantonalen Instanzen
vorgenommene Beschränkung der Überprüfungsbefugnis stellt daher - wie die
Beschwerdeführer zutreffend vortragen - eine formelle Rechtsverweigerung
dar (ALDO ZAUGG, aaO, Kommentar BauG 1985, N. 40 der Einleitung).

    ch) Demnach ist der angefochtene Regierungsratsbeschluss in
Gutheissung der Beschwerden aufzuheben, ohne dass geprüft werden
muss, ob die Einwendungen in materieller Hinsicht begründet sind. Es
ist Sache der kantonalen Instanzen, die notwendigen Abklärungen
nachzuholen. Dabei werden sie auch zu berücksichtigen haben, dass die
Beschwerdeführer S. und B. beanstanden, dass sie die Streitfrage der
Notwendigkeit der Enteignung auf kantonaler Ebene keinem unabhängigen
Richter vortragen können. Wird beachtet, dass die Festsetzung einer
Freifläche mit Zweckbestimmung Schiessanlage durch speziellen Beschluss
- wie dargelegt - einer Enteignungsverfügung gleichkommt, so ist daran
zu erinnern, dass das Bundesgericht wiederholt festgestellt hat, dass
ein von einer Enteignung betroffener Bürger verlangen kann, dass nicht
nur über das Mass der Entschädigung, sondern auch über die Frage,
ob eine Enteignung gerechtfertigt ist, ein Richter urteilt, welcher
den Anforderungen des Art. 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention
genügt (BGE 114 Ia 19 E. 2c; betreffend Ausübung eines einer Enteignung
gleichkommenden Vorkaufsrechtes 112 Ib 178 E. 3a, 294 E. 8a; 111 Ib 231
E. 2e mit Hinweisen, insbesondere auf den Entscheid des Europäischen
Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. September 1982 i.S. Sporrong
und Lönnroth c. Schweden, Publications série A, vol. 52, Ziff. 59-83, in
deutscher Übersetzung in der Europäischen Grundrechtszeitschrift 1983,
S. 523 ff.; zur Rechtsprechung der EMRK-Organe auch DANIEL THÜRER,
EMRK und schweizerisches Verwaltungsverfahren, ZBl 87/1986, S. 241,
insb. S. 249 ff., sowie DANIEL THÜRER, Neuere Entwicklungen im Bereich der
Europäischen Menschenrechtskonvention, ZBl 89/1988 S. 377 ff., insb. S. 383
ff.). In einem Falle wie dem vorliegenden, der nicht einer umfassenden
Nutzungsplanung zur Festsetzung von Rahmen- oder Sondernutzungsplänen,
bei welcher die planerischen Gesamtzusammenhänge für die örtliche
Begrenzung der Nutzungsanordnungen bestimmend sind (vgl. BGE 112 Ib
167 E. 4), gleichgestellt werden kann, genügen die Baudirektion und der
Regierungsrat diesen Anforderungen nicht. Anderseits ist nach dem Entscheid
des Europäischen - Gerichtshofes für Menschenrechte vom 29. April 1988
i.S. Belilos c. die Schweiz (zur Veröffentlichung bestimmt in: Publications
série A, vol. 132) anzunehmen, dass in einem solchen Falle auch das
Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde den Anforderungen von Art. 6
EMRK wohl nicht zu genügen vermag, da das Bundesgericht die Feststellung
des Sachverhalts im Rahmen einer staatsrechtlichen Beschwerde, selbst
wenn es - wie hier - um einen schweren Eingriff in das Eigentum geht,
nur unter dem Gesichtswinkel der Willkür prüft (s. etwa BGE 105 Ia 19
f. E. 3). Welche Bedeutung die Strassburger Organe der im Anschluss an das
Urteil i.S. Belilos mit Wirkung ab 29. April 1988 erfolgten Änderung der
Auslegenden Erklärung der Schweiz zu Art. 6 Abs. 1 EMRK (AS 1988 S. 1264)
beimessen werden, ist zur Zeit noch offen.

Erwägung 5

    5.- Nach dem Ausgeführten sind die beiden staatsrechtlichen Beschwerden
gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist, und der Entscheid des
Regierungsrates des Kantons Bern vom 9. September 1987 ist aufzuheben.