Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 V 353



113 V 353

57. Auszug aus dem Urteil vom 22. September 1987 i.S. G. AG gegen
Kantonales Amt für Industrie, Gewerbe und Arbeit, St. Gallen, und
Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen Regeste

    Art. 42 Abs. 1 AVIG, Art. 65 Abs. 1 AVIV: Schlechtwetterentschädigung.

    - Ein einzelner Betriebszweig innerhalb eines Unternehmens
kann grundsätzlich für sich allein zu den in der Liste gemäss
Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgezählten Erwerbszweigen mit Anspruch auf
Schlechtwetterentschädigung gehören; Voraussetzungen (Erw. 2c).

    - Während die Montage von Strassenleitplanken zum Strassenbau
gehört und unter den Tiefbau (Art. 65 Abs. 1 lit. a AVIV) zu
subsumieren ist (Erw. 2b), fällt ein Betrieb bzw. Betriebszweig, welcher
Strassenleitplanken produziert und montiert, in analoger Anwendung von BGE
111 V 397 Erw. 4d unter keine der in jener Liste aufgezählten Erwerbszweige
mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung (Erw. 3).

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Vorinstanz hat den Anspruch der Beschwerdeführerin
auf Schlechtwetterentschädigung gestützt auf BGE 111 V 390 verneint,
wonach ein auf die Fabrikation und die Montage von Metall- und Holzzäunen
spezialisierter Betrieb unter keine der in Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgezählten
Erwerbszweige subsumiert werden kann. Den Einwand, dass die Montage von
Strassenleitplanken ohne den Aushub von Löchern und das Einbetonieren
der Pfosten nicht möglich sei und insofern ein wesentlicher Unterschied
zur Zaunmontage bestehe, hat sie verworfen mit der Begründung, auch
bei der Errichtung von Metallzäunen sei ein Aushub der Sockelgruben
und das Einbetonieren, Versetzen und Richten der Pfosten unumgänglich,
weshalb eine unterschiedliche Behandlung der beiden Arbeitsvorgänge nicht
gerechtfertigt wäre.

    b) Dieser Argumentation kann nicht beigepflichtet werden. Die Montage
von Strassenleitplanken ist rechtlich dem Strassenbau zuzuordnen,
welcher im Sinne von Rz. 7.1 des Kreisschreibens des BIGA über die
Schlechtwetterentschädigung zum Bauhauptgewerbe gehört und unter den
Tiefbau gemäss Art. 65 Abs. 1 lit. a AVIV zu subsumieren ist. Indessen
ist im vorliegenden Fall zu beachten, dass die Beschwerdeführerin
nicht nur mit der Montage, sondern auch mit der Fabrikation von
Strassenleitplanken beschäftigt ist, wobei dieser gemischte Fabrikations-
und Montagebetriebszweig nur einen Teilbereich der Firma neben vielen
andern darstellt wie z.B. dem Betrieb von Werkstätten für die Herstellung
von Gewächshäusern, Gewächshausheizungen und elektronischen Regelgeräten,
Stahlkonstruktionen, Metallbauarbeiten, Lärmschutzeinrichtungen
usw. Es stellt sich daher zunächst die Frage, ob ein solcher einzelner
Betriebszweig eines Unternehmens für sich allein zu den in Art. 65 Abs. 1
aufgezählten Erwerbszweigen mit Anspruch auf Schlechtwetterentschädigung
gehören kann.

    c) Diese Frage ist grundsätzlich zu bejahen. Voraussetzung hiefür
ist, dass der einzelne Betriebszweig eine gewisse Grösse aufweist
und er damit für das Unternehmen wirtschaftlich von Bedeutung ist
und ihm auch organisatorisch ein bestimmtes Mass an Selbständigkeit
zukommt. Übernimmt ein Unternehmen nur nebenbei die Ausführung von
Arbeiten, die witterungsbedingten Behinderungen ausgesetzt sind, so
liegt kein selbständiger Betriebszweig im dargelegten Sinne vor. Ein
Indiz für die Bedeutung, welche ein bestimmter Teilbereich für das
gesamte Unternehmen hat, kann sich aus der Zweckumschreibung gemäss
Gründungsurkunde oder Statuten ergeben, wobei es für die Annahme eines
selbständigen Erwerbszweiges im Sinne der Arbeitslosenversicherung auf
die effektiv bestehenden betrieblichen Verhältnisse ankommt.

Erwägung 3

    3.- Im vorliegenden Fall befasst sich ein selbständiger
Betriebszweig im erwähnten Sinne mit der Fabrikation und Montage von
Strassenleitplanken. Es ist somit zu prüfen, ob dieser Betriebszweig
aufgrund der Art der ausgeübten Tätigkeit den Charakter eines
Erwerbszweiges aufweist, der nach Art. 65 Abs. 1 AVIV Anspruch auf
Schlechtwetterentschädigung hat.

    Dies muss in analoger Anwendung von BGE 111 V 397 Erw. 4d verneint
werden. Bei einem gemischten Fabrikations- und Montagebetrieb
bzw. Betriebszweig wie dem vorliegenden lassen sich nach der
Rechtsprechung in der Regel organisatorische Massnahmen treffen, damit
jene Arbeitnehmer, denen zufolge schlechten Wetters die Montage von
Strassenleitplanken unzumutbar ist, für die fragliche Zeit entweder
innerhalb des betreffenden Betriebszweiges oder aber im Rahmen des
gesamten Unternehmens anderweitig beschäftigt werden können. In
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird hiegegen eingewendet, es sei
angesichts der Besonderheit der Fabrikation von Strassenleitplanken,
welche durch speziell hiefür ausgebildetes Personal erfolgen müsse,
unmöglich, Montagearbeiter bei der Fabrikation einzusetzen. Indessen geht
es gemäss BGE 111 V 397 Erw. 4d nicht an, Fabrikationsbetriebe mit eigenen
Montageequipen gegenüber Fabrikationsbetrieben, die über keine speziellen
Montageabteilungen verfügen, zu bevorzugen. Eine solche Privilegierung
jener Betriebe wäre mit dem Gebot rechtsgleicher Behandlung von
grundsätzlich gleichartigen Betrieben nicht zu vereinbaren. Sodann wurde
in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht dargetan, weshalb es unmöglich
gewesen wäre, die drei vom schlechten Wetter betroffenen Arbeiter von
insgesamt 70 Monteuren des ganzen Betriebes mit insgesamt 130 Angestellten
für die fragliche Zeit anderweitig beschäftigen zu können. Selbst wenn
ein Ausweichen auf witterungsunabhängige Verrichtungen aber tatsächlich
nicht möglich gewesen sein sollte, so handelt es sich hiebei um ein
strukturelles Problem dieses konkreten Betriebes und mithin um ein von der
Beschwerdeführerin zu tragendes Unternehmerrisiko, das sie nicht auf die
Arbeitslosenversicherung abwälzen kann (BGE 111 V 397 f.). Schliesslich
erweist sich auch das Argument, dass die meisten Leitplankenmontagen durch
Tiefbaufirmen ausgeführt würden, denen bei wetterbedingtem Arbeitsausfall
Schlechtwetterentschädigung ausbezahlt wird, als unbehelflich. Denn die
Beschwerdeführerin übersieht, dass reine Montagebetriebe im Vergleich
zu gemischten Fabrikations- und Montagebetrieben einen wesentlich andern
Charakter aufweisen, auf welchen es gemäss BGE 111 V 394 Erw. 3 für die
Beurteilung des Anspruchs auf Schlechtwetterentschädigung ankommt.

    Nach dem Gesagten gehört ein Betrieb bzw. ein Betriebszweig,
welcher Strassenleitplanken fabriziert und montiert, nicht zu den
in Art. 65 Abs. 1 AVIV aufgezählten Erwerbszweigen mit Anspruch auf
Schlechtwetterentschädigung.