Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IV 56



113 IV 56

17. Auszug aus dem Urteil des Kassationshofes vom 6. November 1987 i.S. M.
gegen Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Nichtigkeitsbeschwerde)
Regeste

    Art. 63 StGB; Art. 6 Ziff. 2 EMRK. Verhalten in der Untersuchung
als Strafzumessungsfaktor.

    Erschwert ein Angeklagter die Untersuchung durch hartnäckiges
Bestreiten, so darf daraus auf fehlende Reue und Einsicht geschlossen
und dies straferhöhend gewertet werden.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- ...

    b) Der Beschwerdeführer rügt, die nachstehende Passage des
obergerichtlichen Urteils sei bundesrechtswidrig bzw. mit Art. 63 StGB -
ausgelegt nach den Grundsätzen von Art. 6 Ziff. 2 EMRK - nicht vereinbar:

    "Auch ist ihm anzulasten, dass er die Durchführung der Untersuchung
sehr
   erschwert und sich nicht im geringsten kooperativ gezeigt hat. Er stritt
   eine Beteiligung an den ihm vorgehaltenen Straftaten kategorisch ab und
   stellte sich als völlig harmlosen Biedermann hin. Er lässt also jegliche

    Reue und Einsicht vermissen, was ein düsteres Licht auf ihn wirft."
   ...

    c) Nach Art. 63 StGB misst der Richter die Strafe nach dem Verschulden
des Täters zu; er berücksichtigt die Beweggründe, das Vorleben und die
persönlichen Verhältnisse des Schuldigen. Die persönlichen Verhältnisse
betreffen die Persönlichkeit des Täters, so wie sie sich zur Zeit der
Beurteilung zeigt (SCHULTZ, AT II, 4. Aufl., S. 77). Bei der Beurteilung
der Persönlichkeit sind unter anderem auch Einsicht und Reue bzw. deren
Fehlen mitzuberücksichtigen. Wohl wurde in der bundesgerichtlichen
Rechtsprechung festgehalten, dass Schweigen, Aussageverweigerung,
einfache Bestreitungen oder blosses Leugnen sich mit verfahrensrechtlich
anerkannten Grundsätzen vereinbaren lassen und dass dem Angeklagten daraus
keine Nachteile bezüglich der Anrechnung der Untersuchungshaft (BGE 103
IV 10), der Haftentschädigung (BGE 112 Ib 446) oder der Kostenauflage
bei Einstellung des Verfahrens (BGE 109 Ia 166) erwachsen dürfen. Dies
bedeutet aber nicht, dass ein entsprechendes Verhalten bei der Beurteilung
der Täterpersönlichkeit im Rahmen der Strafzumessung nicht berücksichtigt
werden dürfe. Indem die Vorinstanz aus dem Verhalten des Beschwerdeführers
in der Untersuchung auf das Fehlen jeglicher Reue und Einsicht schloss,
beantwortete sie eine Frage der Beweiswürdigung bezüglich seiner
Persönlichkeit, die vom Kassationshof in diesem Verfahren nicht zu prüfen
ist. Beizufügen bleibt, dass der Verurteilte sich nicht zum ersten Mal
als Hehler betätigte. Dass aber fehlende Reue und Einsicht straferhöhend
gewertet werden dürfen, lässt sich mit Art. 63 StGB vereinbaren. Die
Beschwerde erweist sich demnach auch in diesem Punkt als unbegründet.