Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 484



113 II 484

85. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 5. November 1987 i.S.
Halter gegen Kuster (Berufung) Regeste

    Bäuerliches Erbrecht: Zuweisung eines landwirtschaftlichen Heimwesens
zum Ertragswert (Art. 620 Abs. 1 ZGB).

    1. Für den Entscheid, ob eine bestimmte Grundstückfläche von
der Integralzuweisung auszunehmen sei, sind die Auswirkungen auf die
Rentabilität des landwirtschaftlichen Gewerbes ohne Belang (Erw. 5).

    2. Zuweisungsrechtliche Behandlung einer in der Industriezone gelegenen
Grundstückfläche:

    - Einfluss des Zonenplanes auf den Zuweisungsentscheid (Erw. 6a);

    - Grad der Erschliessung, der für den Ausschluss einer Grundstückfläche
von der Integralzuweisung erreicht sein muss (Erw. 6d);

    - Gesichtspunkt der Sicherstellung hinreichender Fruchtfolgeflächen
(Erw. 6e).

Sachverhalt

    A.- Der am 22. Februar 1984 verstorbene Ernst Kuster-Ludwig
hinterliess als gesetzliche Erben seine Ehefrau Charlotte Kuster-Ludwig
sowie den Sohn Ernst Kuster-Straub und die Tochter Charlotte Halter-Kuster.
Hauptbestandteil des Nachlasses bildet das in der Stadtgemeinde St. Gallen
gelegene landwirtschaftliche Gewerbe "Oberschachen", bestehend aus
der Hauptparzelle Nr. 1939 im Halte von rund 9,4 Hektaren sowie drei
Waldparzellen, wovon eine in Untereggen. Der nördlichste Teil von Parzelle
Nr. 1939 ist mit rund zwei Hektaren der Industriezone zugewiesen. Das
Heimwesen wurde bis 1967 durch den Erblasser bewirtschaftet; seither hat
es der Sohn Ernst Kuster-Straub, der seit 1945 auf dem Hof mitgearbeitet
hatte, in Pacht; dessen dreissigjähriger Sohn Martin ist ebenfalls
gelernter Landwirt und im Betrieb tätig. Zur Zeit werden rund zwanzig
Hektaren an verschiedenen Orten gelegenen Pachtlandes mitbewirtschaftet, so
dass der Landwirtschaftsbetrieb gesamthaft rund dreissig Hektaren umfasst.

    Am 23. Mai 1985 erhob Ernst Kuster-Straub beim Vermittleramt St. Gallen
Klage gegen seine beiden Miterbinnen mit folgendem Rechtsbegehren:

    "Es sei das landwirtschaftliche Gewerbe der Erbengemeinschaft Ernst

    Kuster-Ludwig (dieser gestorben am 22.2.1984) (vor allem umfassend die

    Liegenschaften St. Fiden Parz. Nr. 1939, Parz. Nr. 1943 (Wald

    Martinstobel), Parz. Nr. 1951 (Schachenwald) und Parz. Nr. 185/187
(Wald

    Untereggen) sowie Ökonomiegebäude mit Remisen und Wohnhaus) dem Kläger
   gemäss Art. 620 ZGB zum Ertragswert auf Anrechnung ungeteilt
   zuzuweisen."

    Während Charlotte Kuster-Ludwig das Begehren ihres Sohnes anerkannte,
widersetzte sich Charlotte Halter-Kuster (im folgenden Beklagte genannt)
der Klage. Diese wurde in der Folge beim Bezirksgericht St. Gallen
anhängig gemacht.

    Mit Urteil vom 10. Januar 1986 hiess das Bezirksgericht St. Gallen
(3. Abteilung) die Klage gut. Eine von der Beklagten hiegegen erhobene
Berufung wurde von der I. Zivilkammer des Kantonsgerichts St. Gallen mit
Urteil vom 15. Dezember 1986 abgewiesen.

    Gegen den kantonsgerichtlichen Entscheid hat die Beklagte Berufung
an das Bundesgericht erhoben mit den Anträgen, jener sei aufzuheben und
die Klage auf Integralzuweisung der Nachlassliegenschaft "Oberschachen"
sei abzuweisen.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Prozessparteien sind sich darin einig, dass das
landwirtschaftliche Gewerbe "Oberschachen" grundsätzlich gemäss Art. 620
ZGB zum Ertragswert auf Anrechnung dem Kläger zugewiesen werden
soll. Umstritten ist hingegen, ob die Zuweisung auch jene nördliche
Teilfläche des Heimwesens zu umfassen habe, die nicht wie das übrige
Land samt Wohn- und Ökonomiegebäuden in der Landwirtschafts-, sondern in
der Industriezone der Stadt St. Gallen liegt. Während der Kläger auch
diesen Teil der Parzelle Nr. 1939 beansprucht, verlangt die Beklagte,
dass diese Fläche von rund zwei Hektaren von der Integralzuweisung
ausgenommen werde. Einigkeit herrscht zwischen den Parteien darüber,
dass sämtliche subjektiven und - die fragliche Teilfläche ausgenommen -
auch die objektiven Voraussetzungen von Art. 620 Abs. 1 ZGB erfüllt sind.

Erwägung 3

    3.- Das Kantonsgericht ist der Auffassung, für eine Qualifikation
des strittigen Teils der Parzelle Nr. 1939 von rund zwei Hektaren als
Bauland spreche einzig, dass diese Fläche rechtskräftig der Industriezone
der Stadt St. Gallen zugewiesen sei und dass der für das fragliche
Land erzielbare Preis den Ertragswert bei weitem übersteige. Aus
der Sicht der übrigen Kriterien stelle die strittige Fläche dagegen
landwirtschaftlichen Boden dar. Die Vorinstanz weist darauf hin, dass
es sich bei den rund zwei Hektaren um besten Boden handle und sie zum
Kernland des Betriebes gehörten. Der fragliche Parzellenteil sei mit
der Hauptparzelle fast schicksalshaft verbunden, weshalb eine gesonderte
Behandlung nicht ohne ernsthafte Auswirkungen auf den ganzen Hof bleiben
könne. Zwar bewirtschafte der Kläger derzeit rund zwanzig Hektaren
Pachtland, doch könne dieses wegen der stets möglichen Fluktuationen
dem Eigenland nicht gleichgesetzt werden. Es diene der agrarpolitisch
erwünschten Stabilisierung eines Betriebs, wenn der Kernbestand an
Eigenland erhalten bleibe.

    Im Zusammenhang mit der mutmasslichen künftigen Verwendung des
eingezonten Parzellenteils weist die Vorinstanz zunächst auf die
Entschlossenheit des Klägers und seines Sohnes Martin zur weiteren
landwirtschaftlichen Nutzung des fraglichen Landes hin. Ferner hält sie
dafür, es bestehe eine nicht unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass dieses
als Fruchtfolgefläche in die Richtplanung aufgenommen werde, was sich auf
die Nutzungsplanung auswirken dürfte. Ob der strittige Parzellenteil
in der Bauzone verbleiben werde, erscheine als durchaus unsicher;
der gegenwärtigen Zoneneinteilung komme keine entscheidende Bedeutung
zu; die Zukunftsprognose weise gerade nicht auf den Baulandcharakter
der Teilparzelle hin. Schliesslich erwog das Kantonsgericht, der Hof
"Oberschachen" liege an der Peripherie eines grossen zusammenhängenden
Landwirtschaftsgebietes; auch wenn der eingezonte Teil im Norden,
Osten und Westen an überbautes Gebiet angrenze, befinde er sich in einer
ausgesprochenen Zonen-Randlage, weshalb seine landwirtschaftliche Prägung
nicht als störend empfunden werde ...

Erwägung 5

    5.- Unter Hinweis auf einen (in der amtlichen Sammlung nicht
veröffentlichten) Entscheid des Bundesgerichts vom 23. Juli 1975
(wiedergegeben bei NEUKOMM/CZETTLER, Das bäuerliche Erbrecht, 5. Auflage,
S. 295 ff.) beanstandet die Beklagte sodann die kantonsgerichtliche
Feststellung, das in der Industriezone gelegene Land stelle das "Kernstück"
des Hofes "Oberschachen" dar, und sie macht darüber hinaus geltend,
dass dies ohnehin unerheblich sei; im erwähnten Entscheid habe das
Bundesgericht dem objektiven Wert des Baulandes die entscheidende Rolle
vor der Tatsache zuerkannt, dass über die zentrale Parzelle zu befinden
gewesen sei, deren Abtrennung angeblich dem ganzen Grundstückkomplex die
Eigenschaft als landwirtschaftliches Grundstück nehme.

    Das Kantonsgericht scheint tatsächlich die Meinung zu vertreten,
dass neben der Prognose über die mutmassliche Verwendung des Landes in
den nächsten Jahren die Notwendigkeit seiner Erhaltung für den Betrieb
ein gewichtiges Entscheidungskriterium darstelle. Diese Auffassung lässt
sich mit dem Gesetz nicht vereinbaren. Art. 617 Abs. 2 ZGB unterscheidet
zwischen den landwirtschaftlichen und den "anderen" Grundstücken. Die
gleiche Unterscheidung gilt auch aus der Sicht des Art. 620 ZGB. Eine
im Zeitpunkt des Zuweisungsentscheids noch landwirtschaftlich genutzte
Liegenschaft ist dann zu den "anderen" Grundstücken zu rechnen, d.h. von
der Integralzuweisung auszunehmen, wenn sie sofort überbaut werden
kann bzw. wenn die bestimmte Erwartung besteht, dass sie sich in naher
Zukunft zu anderen als landwirtschaftlichen Zwecken wird verwenden
lassen (vgl. BGE 113 II 138 E. 5a; 83 II 113 f.; ESCHER, N. 20 zu
Art. 620 ZGB; TUOR/PICENONI, N. 5 zu Art. 620 ZGB; PIOTET, Erbrecht, in:
Schweizerisches Privatrecht, Band IV/2, S. 942 f.). Solche Grundstücke
sind dem - Sonderrecht darstellenden - bäuerlichen Erbrecht generell
nicht unterstellt, und Überlegungen zur Existenzfähigkeit bzw.

    Rentabilität des Heimwesens sind in diesem Zusammenhang deshalb
unbeachtlich.

Erwägung 6

    6.- Sodann hält das Kantonsgericht auch auf Grund einer Würdigung der
Lage und der mutmasslichen künftigen Nutzung der strittigen Fläche von
zwei Hektaren dafür, diese sei von der Integralzuweisung des Heimwesens zum
Ertragswert an den Kläger nicht auszunehmen. Nach Ansicht der Vorinstanz,
die namentlich auf das Interesse an der Erhaltung von Kulturland und
die entsprechende Gesetzgebung verweist, besteht eine nicht unerhebliche
Wahrscheinlichkeit, dass der fragliche Grundstückteil, der zur Zeit in der
Industriezone liegt, als Fruchtfolgefläche in die Richtplanung aufgenommen
werde, was sich voraussichtlich auf die Nutzungsplanung auswirken werde.

    a) Das Bundesgericht hat in jüngster Zeit verschiedentlich
festgehalten, dass die Zuweisung, die ein landwirtschaftlich genutztes
Grundstück in der Zonenordnung erfahre, ein wesentliches Kriterium
zur Beurteilung seiner künftigen Verwendung darstelle (vgl. BGE 113
II 136 ff. E. 5a, wo es ebenfalls darum gegangen war, ob einzelne
Grundstückflächen von der Integralzuweisung eines landwirtschaftlichen
Heimwesens auszunehmen seien). Es wurde dort darauf hingewiesen, dass
der Änderung bzw. Neufestlegung der Nutzung durch Planungsmassnahmen
besonders dann gewisses Gewicht zukomme, wenn sie auf dem am 1. Januar
1980 in Kraft getretenen Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG; SR 700)
beruhen würden. Die Zoneneinteilung neurechtlicher Nutzungspläne bleibe
regelmässig über viele Jahre hinweg gültig. Zwar seien die kantonalen
Richtpläne, welche die Raumplanung in den Grundzügen festlegten und
wegweisend für die kommunale Nutzungsplanung seien, gemäss Art. 9 Abs. 3
RPG in der Regel alle zehn Jahre einer gesamthaften Überprüfung zu
unterziehen, doch sei Voraussetzung hiefür, dass sich die Verhältnisse
erheblich geändert hätten oder dass gewichtige Gründe tatsächlicher
oder rechtlicher Natur für eine Anpassung gegeben seien. Im erwähnten
Entscheid hat das Bundesgericht weiter festgehalten, dass hinsichtlich
eingezonter, jedoch noch landwirtschaftlich genutzter Grundstücke im
allgemeinen angenommen werden dürfe, dass sie unter dem Einfluss des
erhöhten Nachfragedrucks, aber auch der sich ebenfalls am Nutzungsplan
orientierenden Erschliessung bzw. Infrastrukturanpassung innerhalb einer
fünfzehnjährigen Zeitspanne (vgl. Art. 15 RPG) für die Landwirtschaft
verloren gingen. Landwirtschaft werde auf solchen Flächen gewissermassen
nur noch auf Zusehen hin betrieben. Bei der Beurteilung der Frage, ob
einem Grundstück im Sinne von Art. 620 ZGB landwirtschaftlichen Charakter
beizumessen sei, das heisst, ob gesagt werden könne, es bestehe für die
absehbare Zukunft keine bestimmte Erwartung für eine Überbauung, würden
vom Raumplanungsrecht geprägte Nutzungspläne deshalb ein gewichtiges
Indiz bilden.

    Die Ausscheidung eines Grundstücks im Zonenplan ist für den
Zuweisungsrichter freilich nicht absolut verbindlich. Dieser hat anhand der
konkreten Gegebenheiten vielmehr für die einzelnen Grundstücke zu prüfen,
ob sich nicht allenfalls eine vom Plan abweichende Prognose aufdränge. Zu
denken ist namentlich etwa an die voraussichtliche Nachfrage für den
strittigen Teil des landwirtschaftlichen Heimwesens, die ihrerseits von
der vorhandenen Infrastruktur (Erschliessung, Quartierplan usw.) abhängt,
sowie an planerische Massnahmen die seit dem Inkrafttreten der geltenden
Nutzungsordnung in die Wege geleitet wurden. Unerheblich sind dagegen
subjektive Faktoren, so etwa der Gebrauch, den der Ansprecher des
landwirtschaftlichen Gewerbes vom fraglichen Grundstück machen würde,
sollte er es zum Ertragswert zugewiesen erhalten.

    b) Das Kantonsgericht hält fest, die strittige Fläche von zwei
Hektaren befinde sich seit 1978 rechtskräftig in der Industriezone. (Dem
von der Vorinstanz angeführten Beschluss des Stadtrates St. Gallen über
das Begehren des Erblassers vom 12. Januar 1980 betreffend Zonenänderung
lässt sich entnehmen, dass der erwähnte Teil der Parzelle Nr. 1939 bereits
im Jahre 1963 in den "Gewerbe- und Industriezonenplan Martinsbruggstrasse"
(Teilzonenplan) aufgenommen worden war.) Nach dem gleichen stadträtlichen
Entscheid wurde der genannte Teilzonenplan am 9. April 1980 aufgehoben. Am
1. November 1980 trat dann ein umfassender Zonenplan für das ganze
Stadtgebiet in Kraft, wonach das hier in Frage stehende Gebiet der
Industriezone zugewiesen ist. Ob dieser Plan nach den Grundsätzen des nicht
ganz ein Jahr zuvor in Kraft getretenen Raumplanungsgesetzes erarbeitet
wurde, geht aus dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich hervor. Das
Kantonsgericht scheint davon auszugehen, stellt es doch unter Berufung
auf Art. 21 Abs. 2 RPG fest, dass der Zonenplan in absehbarer Zeit neu
werde überprüft werden müssen, zumal die gegenwärtige Einzonung schon
seit acht Jahren in Kraft stehe.

    c) Das Kantonsgericht führt weiter aus, die strittige Landfläche grenze
im Norden an die Martinsbruggstrasse und befinde sich in der Nähe der
Autobahnausfahrt St. Gallen-Neudorf. Die unmittelbare Umgebung im Norden,
Westen und Osten sei weitgehend überbaut und entsprechend erschlossen.
Ob für den strittigen Parzellenteil als Bauland eine konkrete Nachfrage
besteht, ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht ausdrücklich. Die
Vorinstanz hält jedoch fest, dass für die fragliche Fläche ein Preis
erzielt werden könnte, der den Ertragswert bei weitem übersteige. Sie
verweist in diesem Zusammenhang auf einen Entwurf zu einem Kaufvertrag,
wonach die Politische Gemeinde St. Gallen vor einigen Jahren dem Erblasser
für die Hälfte des strittigen Parzellenteils (10 000 m2) eine Million
Franken, d.h. 100 Franken je m2, angeboten hatte. Angesichts der Person
der damaligen Interessentin darf angenommen werden, dass es sich dabei
keineswegs um einen Spekulationspreis gehandelt hatte. Mittelbar ergibt
sich die Nachfrage für Bauland im fraglichen Gebiet auch aus dem bereits
erwähnten Entscheid des Stadtrates, der festgestellt hatte, in der Stadt
St. Gallen bestehe ein erheblicher Bedarf an Bauland für Industrie-
und Gewerbebetriebe; die im Zonenplan für diesen Zweck bestimmte Fläche
sollte deshalb nicht ohne Not verkleinert werden. Der Kläger stellt denn
auch selbst nicht in Abrede, dass das Land in kurzer Zeit verkauft werden
könnte; er hat einzig den von der Beklagten als erzielbar betrachteten
Quadratmeterpreis in Zweifel gezogen.

    d) Nach Auffassung des Kantonsgerichts steht einer Qualifizierung
des fraglichen Bodens als Bauland unter anderem entgegen, dass er
erschliessungsmässig nicht baureif sei. Es hat sich dabei von Art. 19
Abs. 1 RPG leiten lassen, wonach Land erschlossen ist, wenn die für die
betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt besteht und die erforderlichen
Wasser-, Energie- sowie Abwasserleitungen so nahe heranführen, dass
ein Anschluss ohne erheblichen Aufwand möglich ist. Die Beklagte
wendet ein, die vorinstanzlichen Erwägungen seien mit den Begriffen
der "anderen Grundstücke" im Sinne von Art. 617 Abs. 2 ZGB und des
"landwirtschaftlichen Gewerbes" gemäss Art. 620 Abs. 1 ZGB nicht zu
vereinbaren. Sie macht damit sinngemäss geltend, das Kantonsgericht sei von
einem unzutreffenden Begriff der Baureife ausgegangen, d.h. habe verkannt,
was an Erschliessung gegeben sein müsse, um im Sinne der Rechtsprechung
die bestimmte Erwartung zu begründen, dass das Land in absehbarer Zukunft
überbaut werde. Entgegen der Ansicht des Klägers betrifft die beklagtische
Rüge damit eine Rechtsfrage, so dass hier darauf einzutreten ist.

    Das Kantonsgericht stellt in der Tat zu hohe Anforderungen an die
Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um ein Grundstück von der
Integralzuweisung zum Ertragswert auszunehmen. Die Umschreibung der
Erschliessung in Art. 19 Abs. 1 RPG ist in Verbindung mit Art. 22
RPG zu sehen, wonach Bauten und Anlagen nur mit einer behördlichen
Bewilligung errichtet oder geändert werden dürfen (Abs. 1) und für die
Erteilung dieser Bewilligung verlangt wird, dass das Land erschlossen
ist (Abs. 2 lit. b). Die genannten Gesetzesbestimmungen befassen sich
somit mit den Bedingungen, die in einem konkreten Fall für die Erteilung
der Baubewilligung erfüllt sein müssen. Die Feinerschliessung eines
Grundstücks wird indessen regelmässig erst im Hinblick auf ein bestimmtes
Bauvorhaben geplant und verwirklicht, und es stünde nicht in Einklang
mit der gefestigten Rechtsprechung, ein Grundstück stets nur dann von der
Integralzuweisung auszunehmen, wenn es diesen Grad der Erschliessung im
Zeitpunkt des Zuweisungsentscheids bereits aufweist, mit andern Worten ein
bewilligungsfähiges Bauprojekt besteht. Aus der Sicht der Infrastruktur
eines Grundstücks kann von einer bestimmten Erwartung, dieses werde in
näherer Zukunft überbaut werden, vielmehr schon dann gesprochen werden,
wenn es soweit erschlossen ist, dass die notwendige Resterschliessung
sich innert nützlicher Frist verwirklichen lässt. Diese Voraussetzung ist
angesichts der Lage der hier strittigen Landfläche und der unmittelbaren
Umgebung, die bereits weitgehend überbaut ist, erfüllt. Die Vorinstanz
führt wohl aus, dass insbesondere zufolge der ungünstigen Geländeform die
strassenmässige Erschliessung noch keineswegs gewährleistet sei. Daraus
ergibt sich jedoch nur, dass bei der Erstellung einer privaten Stichstrasse
als Verbindung zwischen der öffentlichen Strasse und den zu erstellenden
Gebäuden gewisse topographisch bedingte Schwierigkeiten zu überwinden
sein würden, nicht aber, dass eine Zufahrt innert nützlicher Frist
nicht angelegt werden könnte oder geradezu ausgeschlossen wäre. Letzteres
anzunehmen, hiesse übrigens, den in Kraft stehenden Zonenplan hinsichtlich
der strittigen Grundstückfläche (die der Industriezone zugewiesen ist)
als unbrauchbar zu betrachten. Derart schwerwiegende Planungsmängel sind
auf Grund des angefochtenen Entscheids jedoch nicht erstellt.

    e) Bei der Begründung seiner Auffassung hat das Kantonsgericht
grosses Gewicht auf einen raumplanerischen Gesichtspunkt allgemeiner Art
gelegt. Es weist auf die am 1. Mai 1986 in Kraft getretene Verordnung über
die Raumplanung (RPV; SR 700.1) hin, wonach die Behörden des Bundes und
der Kantone raumplanerische Massnahmen zur Sicherstellung hinreichender
Fruchtfolgeflächen zu treffen hätten. Im Zuge der Vorarbeiten für den
kantonalen Gesamtplan habe das Baudepartement des Kantons St. Gallen
bereits solche Flächen ermittelt; darunter falle auch der strittige
Parzellenteil des Hofes "Oberschachen" und seine Umgebung. Auch wenn
diesem Plan als blosser Arbeitsunterlage keine direkten Rechtswirkungen
zukämen, gehe daraus dennoch die Eignung der fraglichen Fläche für
die ackerbauliche Nutzung hervor. Unter Hinweis auf den Umstand, dass
geeignete Fruchtfolgeflächen in der Schweiz und insbesondere auch im Kanton
St. Gallen knapp seien, hält die Vorinstanz fest, es bestehe eine nicht
unerhebliche Wahrscheinlichkeit, dass auch der strittige Grundstückteil
als Fruchtfolgefläche in die Richtplanung aufgenommen werde, was sich in
der Folge auf die Nutzungsplanung auswirken dürfte. Obschon denkbar sei,
dass die Stadt St. Gallen - aus ihrerseits legitimen Erwägungen - den
fraglichen Boden werde in der Industriezone belassen wollen, erscheine
es insbesondere angesichts des Mangels an Fruchtfolgeflächen und der
Eignung des strittigen Parzellenteils als durchaus unsicher, ob dieser in
der Bauzone (Industriezone) verbleiben werde, zumal der Kläger und sein
Sohn ihn weiterhin landwirtschaftlich nutzen würden. Der gegenwärtigen
Zoneneinteilung komme unter diesen Umständen keine entscheidende Bedeutung
zu; die Zukunftsprognose weise gerade nicht darauf hin, dass es sich um
Bauland handle.

    Dass der Kläger auch die strittige Fläche von zwei Hektaren weiterhin
landwirtschaftlich nutzen würde, ist einzig unter dem Gesichtspunkt der
subjektiven Voraussetzungen für eine Integralzuweisung von Bedeutung,
nicht aber im Zusammenhang mit der Frage, ob der Boden als Bauland zu
betrachten sei. Die Ausführungen des Kantonsgerichts sind aber auch sonst
nicht geeignet, die eingezonten zwei Hektaren der Parzelle Nr. 1939 als
landwirtschaftliches Grundstück erscheinen zu lassen. Aus den von der
Vorinstanz festgehaltenen Tatsachen ergibt sich einzig, dass die erwähnte
Fläche im Zuge der Sicherstellung von Fruchtfolgeflächen (vgl. Art. 15
RPV) in die Landwirtschaftszone umgezont werden könnte. Dass ein
entsprechendes Verfahren bereits hängig wäre oder unmittelbar bevorstünde,
stellt das Kantonsgericht indessen nicht fest. Den Plan des kantonalen
Baudepartements, auf den sich die Vorinstanz hauptsächlich stützt,
bezeichnet diese selbst als blosse Arbeitsunterlage, die im Rahmen
der Vorarbeiten für den kantonalen Gesamtplan erstellt worden sei und
der keine direkten Rechtswirkungen zukämen. Es folgt aus dem erwähnten
Plan auch keineswegs zwingend, dass der für den Kanton St. Gallen im
bundesrätlichen Sachplan (vgl. Art. 14 RPV) dereinst festgelegte Anteil
am gesamtschweizerischen Mindestumfang an Fruchtfolgeflächen nur durch
eine Inanspruchnahme des im städtischen Plan erfassten eingezonten
und noch nicht überbauten Gebiets sichergestellt werden könnte. Bei
der endgültigen Festlegung der einzelnen Fruchtfolgeflächen werden die
zuständigen Instanzen unter anderem auch dem Umstand Rechnung zu tragen
haben, dass allgemein für die Stadt St. Gallen offenbar ein erheblicher
Bedarf an Bauland für Industrie- und Gewerbebetriebe besteht (vgl. den
oben in Erw. 6b angeführten Entscheid des Stadtrates) und dass die hier
in Frage stehende Landfläche weitgehend von Bauten umgeben ist.

    Die Erwägungen des Kantonsgerichts betreffend die Ausscheidung
und Sicherstellung von Fruchtfolgeflächen sind nach dem Gesagten nicht
geeignet, die auf Grund der gegenwärtigen Einzonung und der weiteren
lagemässigen Verhältnisse sich aufdrängende Prognose entscheidend
zu beeinflussen. Eine Gesamtwürdigung der zur Zeit gegebenen Umstände
lässt entgegen der Auffassung der Vorinstanz auf die bestimmte Erwartung
schliessen, dass die strittigen zwei heute in der Industriezone gelegenen
Hektaren der Parzelle Nr. 1939 in absehbarer Zukunft als Bauland genutzt
werden. Dass eine weitere landwirtschaftliche Nutzung des Parzellenteils
nicht als stossend empfunden würde, wie die Vorinstanz ausführt, vermag
am Gesagten nichts zu ändern. Die Berufung ist mithin gutzuheissen und die
Klage insoweit abzuweisen, als der in der Industriezone gelegene Teil der
Parzelle Nr. 1939 von der ungeteilten Zuweisung des landwirtschaftlichen
Heimwesens "Oberschachen" an den Kläger auszunehmen ist.