Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 303



113 II 303

56. Auszug aus dem Urteil der I. Zivilabteilung vom 1. September 1987 i.S.
Konsortium K. gegen W. (Berufung) Regeste

    Art. 18 Abs. 1 BMM. Bei der Mitteilung vertraglich vorgesehener
Mietzinsanpassungen eines auf feste Dauer abgeschlossenen Mietvertrags
gelangt die Zehntagesfrist nicht zur Anwendung (E. 2a).

Sachverhalt

    A.- W. (nachfolgend stets als Mieter bezeichnet) war seit 1.
April 1972 aufgrund zweier Mietverträge Mieter von zwei Wohnungen
in Zürich, die im Laufe der Mietdauer in das Eigentum der Mitglieder
des Konsortiums K. (nachstehend durchwegs als Vermieter bezeichnet)
übergingen. Beide Mietverträge waren frühestens auf den 30. September
1982 und hernach auf Ende März, Ende Juni und Ende September unter
Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist kündbar. Weiter sahen die
Mietverträge unter anderem eine Anpassung des monatlichen Anfangsmietzinses
von Fr. 3'920.-- netto bei Änderungen des Hypothekarzinsfusses vor, und
zwar auf Monatsende unter Einhaltung einer dreimonatigen Mitteilungsfrist.

    B.- Auf Rekurs des Mieters gegen ein auf Feststellungsklage der
Vermieter hin ergangenes Urteil des Mietgerichts des Bezirkes Zürich
stellte das Obergericht des Kantons Zürich am 10. Oktober 1986 die
Missbräuchlichkeit des Mietzinses insoweit fest, als dieser ab 1. Oktober
1984 den monatlichen Betrag von Fr. 4'115.-- übersteige.

    C.- Sowohl die Vermieter als auch der Mieter haben gegen das Urteil
des Obergerichts Berufung eingereicht. Der Mieter beantragt u.a. die
Ungültigerklärung der Mietzinserhöhungen per 1. Oktober 1981 und 1. April
1982. Das Bundesgericht weist die Berufung ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- c) Der Mieter begründet die verlangte Ungültigerklärung der
beiden Mietzinserhöhungen damit, dass die entsprechenden Mitteilungen
der Vermieter in Missachtung von Art. 18 Abs. 1 BMM weniger als zehn Tage
vor Beginn der Kündigungsfrist ergangen seien.

    Nach der genannten Bestimmung hat die Mitteilung der Erhöhung
mindestens zehn Tage vor Beginn der Kündigungsfrist zu erfolgen, wenn
der Vermieter "den im Mietvertrag vereinbarten Mietzins zu erhöhen"
beabsichtigt. Diese Bestimmung soll es dem Mieter ermöglichen, durch
Kündigung des Mietverhältnisses einer vertraglich nicht vereinbarten
Mietzinserhöhung auszuweichen (BGE 107 II 194). Wird jedoch wie im
vorliegenden Fall ein Mietvertrag auf feste Zeit abgeschlossen, kann
der Mieter der bevorstehenden Mietzinserhöhung nicht durch ordentliche
Kündigung entgehen; in der Anpassungsklausel ist denn auch nicht
von einer dreimonatigen Kündigungs-, sondern von einer dreimonatigen
Mitteilungsfrist die Rede (RENÉ MÜLLER, Der Bundesbeschluss über Massnahmen
gegen Missbräuche im Mietwesen, Diss. Zürich 1976, S. 112 f.). Damit
entfällt der Schutz aus der zehntägigen Zusatzfrist. Hinzu kommt,
dass eine Anpassungsklausel den Vermieter nicht zu einer Abweichung
vom bisherigen Vertrag, sondern nur zu einer Erhöhung des Mietzinses im
Umfang der getroffenen Abmachungen berechtigt, deren Tragweite dem Mieter
jedenfalls im vorliegenden Fall bereits bei Vertragsschluss weitgehend
hat bekannt sein müssen, weshalb es sich nicht rechtfertigt, diesem die
gleichen Abwehrmöglichkeiten einzuräumen wie bei Abweichungen vom Vertrag,
zumal auch der aufgrund einer Anpassungsklausel geänderte Mietzins als
missbräuchlich angefochten werden kann (BGE 108 II 323 E. 2a). Dringt der
Mieter damit durch, so bleibt es beim ursprünglichen Zins, unterliegt er,
so ist es ihm zuzumuten, den damit als vertragskonform ausgewiesenen Zins
zu bezahlen. Soweit sich Literatur und Judikatur mit dieser Frage befasst
haben, scheint hierüber wenigstens im Ergebnis Einigkeit zu bestehen
(GMÜR/PREROST, Mietrecht für die Praxis, 3. Auflage, S. 99 f. Ziff. 2.2.1.;
FÉDÉRATION ROMANDE DES LOCATAIRES, Guide du locataire, S. 123 Ziff. 2.1.3.;
RAISSIG/SCHWANDER, Massnahmen gegen Missbräuche im Mietwesen, 4. Auflage,
S. 94 lit. ccc; BARBEY, L'arrêté fédéral instituant des mesures contre les
abus dans le secteur locatif, S. 107 Ziff. 6; Urteile der Genfer Chambre
des Baux et Loyers vom 10. September 1976, der Genfer Cour de Justice vom
22. Mai 1978 sowie des Obergerichts des Kantons Zürich vom 9. Juli 1984,
publiziert in: Mitteilungen des Bundesamtes für das Wohnungswesen 6/2,
8/3, 18/6, S. 3 ff. und S. 15 f.).

    Es ist demnach nicht bundesrechtswidrig, wenn das Obergericht mit
der ersten Instanz bei vertraglichen Mietzinsanpassungen eines auf feste
Dauer abgeschlossenen Mietvertrags von der Einhaltung der Zehntagesfrist
des Art. 18 Abs. 1 BMM absieht. Im übrigen verkennt der Mieter in
seiner Berufung, dass eine verspätete Erklärung des Vermieters nicht
nichtig wäre, sondern ihre Wirkung auf den nach Gesetz oder Vertrag
nächstoffenen Kündigungstermin entfalten würde (BGE 107 II 194 mit
Hinweisen). Unbehelflich ist schliesslich der vom Mieter erhobene Einwand,
die zehntägige Frist bezwecke auch, dem Mieter bei fester Vertragsdauer
den Rücktritt gemäss Art. 269 OR zu ermöglichen. Diese Bestimmung setzt
nicht voraus, dass die Kündigung auf einen bestimmten Kündigungstermin
hin erfolgt.