Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 II 213



113 II 213

39. Auszug aus dem Urteil der II. Zivilabteilung vom 18. Juni 1987 i.S.
Seiler gegen Verein "Aktion für freie Meinungsbildung" (Berufung) Regeste

    Passivlegitimation beim Recht auf Gegendarstellung (Art. 28g Abs. 1
ZGB).

    Bei Inseraten, die als besonderer Meinungsträger gekennzeichnet
sind und regelmässig in einer Vielzahl von Zeitungen erscheinen -
sog. "Zeitung in der Zeitung" -, sind nicht nur die Verleger der
einzelnen Zeitungen gegendarstellungspflichtig, sondern diese Pflicht
trifft auch den entsprechenden Grossinserenten. Der Betroffene kann
das Veröffentlichungsbegehren nach seiner Wahl an den Grossinserenten
und/oder die einzelnen Zeitungsverleger richten, wobei es jedoch in jedem
Publikationsorgan nur zu einer Veröffentlichung kommen kann.

Sachverhalt

    A.- Am 29. Mai 1986 wandte sich Alexander Seiler an den Einzelrichter
im summarischen Verfahren des Bezirkes Hinwil und verlangte, dem Verein
"Aktion für freie Meinungsbildung" sei unter Androhung von Haft oder
Busse gemäss Art. 292 StGB für den Fall der Widerhandlung zu befehlen, in
seinem nächsten Inserat in allen Zeitungen, in denen das Inserat mit dem
Titel "Totalverweigerer" erschienen sei, die folgende Gegendarstellung zu
veröffentlichen, wobei derselbe Schriftgrad wie im beanstandeten Inserat
zu verwenden sei:

    "Im 'Trumpf Buur' - Inserat 18/86 ist mir unter der Überschrift
   'Totalverweigerung' vorgeworfen worden, ich gehöre zu den Führern
   derer, die den waffenlosen Zivilschutzdienst verweigert haben und
   profitiere von unserem Staat, sei aber nicht bereit, den von solchen
   Mitbürgern erwarteten Beitrag an die Gemeinschaft - etwa Hilfe in
   Katastrophenfällen wie den Überschwemmungen im Schwarzenburgerland
   oder dem Deckeneinsturz im

    Hallenbad von Uster - zu leisten. Diese Darstellung ist unrichtig.

    Richtig ist vielmehr, dass ich über meine persönliche

    Kriegs-Zivilschutzverweigerung hinaus keinerlei Führerfunktionen
in einer
   wie auch immer organisierten oder formierten Anti-Zivilschutzbewegung
   ausgeübt habe oder ausübe, und dass ich mich stets ausdrücklich bereit
   erklärt habe, im Rahmen der Vorbereitung von Hilfeleistung bei zivilen

    Katastrophen meiner Zivilschutzdienstpflicht nachzukommen, was
vom Richter
   anerkannt worden ist.
                                                  Alexander J. Seiler."

    B.- Mit Verfügung vom 16. Juni 1986 wies der Einzelrichter das Gesuch
um Gegendarstellung mangels Passivlegitimation des Vereins "Aktion für
freie Meinungsbildung" ab. Dieser sei kein Medienunternehmen im Sinne
von Art. 28g ff. ZGB.

    Hiegegen erhob Alexander Seiler Rekurs an das Obergericht des Kantons
Zürich, der mit Beschluss vom 29. August 1986 abgewiesen wurde, soweit
darauf einzutreten war.

    C.- Gegen diesen Entscheid hat Alexander Seiler Berufung an das
Bundesgericht erhoben. Er beantragt die Aufhebung des Beschlusses des
Obergerichts vom 29. August 1986 sowie der Verfügung des Einzelrichters
vom 16. Juni 1986 und wiederholt das vor den kantonalen Instanzen gestellte
Gesuch auf Anordnung der Gegendarstellung.

    Der Verein "Aktion für freie Meinungsbildung" beantragt die Abweisung
der Berufung.

    Das Bundesgericht heisst die Berufung teilweise gut und weist die
Sache zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Gemäss Art. 28g Abs. 1 ZGB hat Anspruch auf Gegendarstellung,
wer durch Tatsachendarstellungen in periodisch erscheinenden Medien,
insbesondere Presse, Radio und Fernsehen, in seiner Persönlichkeit
unmittelbar betroffen ist.

    Die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen einer Gegendarstellung
bilden nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Umstritten ist einzig, ob
eine Gegendarstellung im Sinne von Art. 28g Abs. 1 ZGB auch gegenüber
dem beklagten Verein verlangt werden kann, der seine Informationen
als Grossinserent jeweils in einer Vielzahl von Zeitungen gleichzeitig
veröffentlichen lässt.

    a) Die Umschreibung der vom Gegendarstellungsrecht betroffenen
Medien ist in den gesetzlichen Bestimmungen allgemein gehalten. Gemäss
Art. 28g Abs. 1 ZGB richtet sich der Gegendarstellungsanspruch gegen
die "periodisch erscheinenden Medien, insbesondere Presse, Radio und
Fernsehen". Diese weite Umschreibung der erfassten Medien wird auch in
den weiteren Gesetzesbestimmungen nicht entscheidend eingegrenzt. In
den Art. 28i, 28l und 28k ZGB ist nur vom "Medienunternehmen" die
Rede. Ebensowenig ermöglicht der französischsprachige Gesetzestext eine
nähere Begriffsklärung. Dieser verwendet gleicherweise wie der deutsche
Wortlaut die Ausdrücke "médias à caractère périodique" (Art. 28g ZGB),
bzw. schlicht "entreprise" (Art. 28i, 28k und 28l ZGB). Demgegenüber wird
in der italienischsprachigen Fassung der Art. 28i, 28k und 28l wesentlich
enger von "impresa responsabile del mezzo di comunicazione" gesprochen,
also vom Unternehmen, das für das Kommunikationsmittel verantwortlich ist.

    Bei der Gesetzesauslegung ist davon auszugehen, dass der
Reformgesetzgeber bewusst darauf verzichtet hat, den Kreis jener,
gegen die ein Anspruch auf Gegendarstellung bestehen kann, genau zu
umschreiben. Die gesetzliche Aufzählung von Presse, Radio und Fernsehen
soll nicht abschliessend sein. Es ist ungewiss, welche neuen Medienformen
neben Presse, Radio und Fernsehen die zukünftige Entwicklung mit sich
bringen wird. Unter gleichen Voraussetzungen soll aber der Anspruch
auf Gegendarstellung gegenüber allen Medien Geltung haben, die
Informationen verbreiten, unabhängig von der Technik der Verbreitung
(Botschaft über die Änderung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches
(Persönlichkeitsschutz: Art. 28 ZGB und 49 OR), BBl 1982, Bd. II, S. 673
sowie S. 645, Anm. 18). Allerdings ist davon auszugehen, dass die hier zu
beurteilende Erscheinung im Pressewesen zur Zeit des Erlasses des Gesetzes
bereits bekannt gewesen ist, der Reformgesetzgeber auf deren Regelung
aber verzichtet hat. Fest steht ferner, dass das Gegendarstellungsrecht
grundsätzlich auch gegen Äusserungen im Werbeteil einer Zeitung ausgeübt
werden kann (Botschaft, aaO S. 674).

    b) Dem Gesetzeswortlaut lässt sich auch deutlich entnehmen, dass
das Gegendarstellungsrecht grundsätzlich nur gegenüber einem bestimmten
Gegendarstellungsverpflichteten bestehen soll. Diese Regelung steht in
einem offenkundigen Gegensatz zum allgemeinen Schutz der Persönlichkeit
gegen widerrechtliche Verletzung. Im Falle der widerrechtlichen Verletzung
kann der Verletzte gemäss Art. 28 Abs. 1 ZGB gegen jeden vorgehen, der an
der Verletzung mitwirkt. Dies gilt auch dann, wenn die Verletzung durch die
Presse oder ein anderes Medienunternehmen erfolgt. In einem solchen Falle
ist es möglich, wahlweise den Autor eines Beitrages im redaktionellen
Teil der Zeitung oder den Autor eines Inserates, den verantwortlichen
Redaktor, den Zeitungsverleger oder unter Umständen jemanden anderen, der
an der Verbreitung der Zeitung beteiligt gewesen ist, ins Recht zu fassen
(vgl. hierzu BGE 106 II 99; 103 II 165 E. 2; Botschaft, aaO S. 656 f.;
DESCHENAUX/STEINAUER, Personnes physiques et tutelle, 2. Aufl. 1986,
Rz. 669 f.; TERCIER, Le nouveau droit de la personnalité, Rz. 856 ff.).
Durch Klagehäufung ist es weiter möglich, dem Urteil eine weitere Wirkung
als nur gegenüber Einzelnen zu verschaffen. Aus dieser Regelung lässt
sich jedoch nichts für das Gegendarstellungsrecht ableiten.

    c) Auszugehen ist vom Zweck des Institutes. Im Unterschied zum
allgemeinen Schutz der Persönlichkeit gemäss Art. 28 Abs. 1 ist das
Gegendarstellungsrecht nicht an den Nachweis einer widerrechtlichen
Verletzung gebunden. Es soll dem Betroffenen ermöglichen, unabhängig
von einem solchen Nachweis und wenn immer möglich ohne Anrufung des
Richters einer Tatsachendarstellung, die ihn in seiner Persönlichkeit
berührt, eine eigene Version entgegenzustellen (Art. 28g Abs. 1 ZGB;
Botschaft, aaO S. 672; HAUSHEER, Verstärkter Persönlichkeitsschutz:
Der Kampf ums Recht an verschiedenen Fronten, in: Festgabe für Henri
Deschenaux, Freiburg 1977, S. 85-87; TERCIER, aaO Rz. 1276-1279; TERCIER,
Erste Erfahrungen mit dem neuen Persönlichkeitsrecht, ZSR NF 106/1987,
1. Halbbd., S. 193). Im Sinne des Rechtsschutzes durch Verfahren soll eine
Art "Waffengleichheit" herbeigeführt werden (REHBINDER, Die Neuordnung des
Gegendarstellungsrechts, in: recht 1985, S. 76). Gemäss Art. 28k Abs. 1 ZGB
ist die Gegendarstellung daher vom Medienunternehmen sobald als möglich
zu veröffentlichen, und zwar so, dass sie den gleichen Personenkreis wie
die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht. Unter Medienunternehmen im
Sinne dieser Bestimmung ist demnach - dem Zweck des Gegendarstellungsrechts
entsprechend - jene Person oder jene Organisationseinheit zu verstehen,
die in der Lage ist, die Gegendarstellung rasch und auf dem gleichen Weg
an den gleichen Personenkreis wie die beanstandete Tatsachendarstellung
heranzutragen.

    Dies ist im Falle der Presse in aller Regel der
Zeitungsverleger. Dieser trägt die Verantwortung für die Publikationen,
verfügt über das Publikationsorgan und kann daher im Normalfall die
Veröffentlichung der Gegendarstellung in einer Form anordnen, welche
die gleiche Wirkung wie die beanstandete Tatsachendarstellung erreicht
(vgl. Botschaft, aaO, S. 676 und 678; BUCHER, Natürliche Personen und
Persönlichkeitsschutz, Rz. 680; TERCIER, Le nouveau droit, Rz. 1382).

    d) Von diesem Normalfall geht der italienische Wortlaut aus, wenn
in den Art. 28i, 28k und 28l ZGB von "impresa responsabile del mezzo di
comunicazione" gesprochen wird (vgl. auch Botschaft, aaO S. 676). Daran hat
sich auch die Lehre für die Umschreibung des gegendarstellungspflichtigen
Unternehmens orientiert. Nach TERCIER (Le nouveau droit, Rz. 1381 f.) ist
dasjenige Unternehmen gegendarstellungspflichtig, das die Verantwortung
für die Verbreitung der Informationen trägt. Diese Verantwortlichkeit
setze das Recht voraus, letztlich über den Inhalt der verbreiteten
Informationen zu entscheiden, nötigenfalls gegen den Willen der daran
beteiligten Personen. Dies sei in der Regel der Verleger. BARRELET (Droit
suisse des mass media, Rz. 667) fasst noch etwas enger zum vornherein
nur den im Impressum angegebenen verantwortlichen Verleger ins Auge.

    Auch die Vorinstanz hat sich von dieser auf den Normalfall
zugeschnittenen Umschreibung des Gegendarstellungsverpflichteten leiten
lassen. Adressat des Gegendarstellungsgesuches sei das Unternehmen, das
für die Veröffentlichung die Verantwortung trage, d.h. das Unternehmen,
das letztlich darüber entscheide, welche Informationen verbreitet
würden. Regelmässig sei dies der Verleger. Nicht massgebend sei dagegen,
wer für den Inhalt der beanstandeten Mitteilung verantwortlich sei,
weshalb der Gegendarstellungsanspruch gegenüber einem Inserenten nicht
geltend gemacht werden könne (zustimmend: BARRELET, aaO, Rz. 667; TERCIER,
Erste Erfahrungen, S. 194).

    e) Die Besonderheit des vorliegenden Falles liegt nun darin, dass der
Beklagte seine Beiträge zur politischen Meinungsbildung - in der Regel -
nicht durch ein eigenes Zeitungsorgan verbreitet. Er bedient sich vielmehr
regelmässiger Inserate, die er in einer grossen Anzahl bestehender
Zeitungen erscheinen lässt. Im Unterschied zu anderen politischen
Inseraten, die z.B. vor Wahlen oder Abstimmungen veröffentlicht werden,
zeichnen sich die Inserate des Beklagten neben ihrem regelmässigen
Erscheinen durch die Kennzeichnung als besonderer Meinungsträger -
"Trumpf Buur" - aus. Nicht zu Unrecht wird in diesem Zusammenhang von der
"Zeitung in der Zeitung" gesprochen. Es liegt "Medienhuckepack" vor. Diese
Verbreitungsform von politischen Stellungnahmen erlaubt den Zugang zu einem
besonders breiten Leserkreis, der mit einem selbständigen Zeitungsorgan
kaum erreicht werden könnte, da auf dem Inserateweg die Leserschaften
verschiedener Zeitungsorgane addiert werden können.

    Gegen Inserenten, die sich in diesem Sinne als besonders
gekennzeichnete Meinungsträger regelmässig an das Publikum wenden, ist
ein Recht auf Gegendarstellung zu bejahen. Nur auf diese Weise kann der
wesentlichen, den Zweck des Gegendarstellungsrechts zum Ausdruck bringenden
Vorschrift von Art. 28k Abs. 1 ZGB Nachachtung verschafft werden, wonach
die Gegendarstellung rasch den gleichen Personenkreis erreichen muss wie
die beanstandete Tatsachenfeststellung. Es ist davon auszugehen, dass
der Betroffene - wenn überhaupt - nur unter erschwerten Bedingungen
alle Publikationsorgane fristgerecht in Erfahrung bringen könnte,
die den beanstandeten Text veröffentlicht haben. Würde Grossinserenten
der vorliegenden Art keine Gegendarstellungspflicht treffen, so wäre
nicht ersichtlich, wie sie nur schon dazu verhalten werden könnten, dem
Betroffenen die fraglichen Publikationsorgane anzugeben. Aufgrund der
kurzen Fristen von Art. 28i Abs. 1 ZGB für das Gegendarstellungsgesuch
müsste der Betroffene damit rechnen, sich wegen Fristablaufs nicht in
allen Publikationsorganen mit seiner eigenen Darstellung der Tatsachen
zur Wehr setzen zu können. Der Betroffene besitzt somit nur dann die
Möglichkeit, sich mit einer Gegendarstellung rasch und umfassend gegen eine
Tatsachendarstellung zu wehren, wenn er Grossinserenten wie den Beklagten
direkt ins Recht fassen kann. Diese Lösung ist für den Betroffenen zudem
einfacher, als wenn er sich mit vielen Einzelverlegern auseinandersetzen
müsste - soweit er sie überhaupt in Erfahrung brächte -, obwohl er diese
gemäss Art. 28l Abs. 2 ZGB am gleichen Gerichtsstand einklagen könnte.

    Eine wirkungsmässig gleiche Verbreitung der Gegendarstellung erfordert
zudem, dass sie wiederum als Inserat unter der bekannten Kennzeichnung des
besonderen Medienträgers erscheint, da die Leserschaften der einzelnen
Teile einer Zeitung durchaus verschieden sein können. So besteht eher
Gewähr, dass die Leserschaft ohne weiteres den Zusammenhang zwischen der
Gegendarstellung und der beanstandeten Tatsachenfeststellung herstellen
kann.

    f) Wird der regelmässige Grossinserent im hier verstandenen
Sinne direkt ins Recht gefasst, so bleibt allerdings zu beachten,
dass dieser in der Regel keine Gewähr für die Veröffentlichung der
Gegendarstellung bieten kann. Dies ist nur dann der Fall, wenn der
Verleger des Presseorgans gegenüber dem Inserenten eine entsprechende
Verpflichtung eingegangen ist. Ansonsten verbleibt dem Verleger die
Möglichkeit, die Veröffentlichung ungeachtet der Tatsache, dass der
Inserent allenfalls sogar gerichtlich zu einer solchen verpflichtet
worden ist, abzulehnen. Gleiches trifft indessen auch für die aufgrund von
Art. 28 ff. ZGB erstrittene Urteilsveröffentlichung zu. Es rechtfertigt
sich nicht, eine rasche und gleich verbreitete Gegendarstellung zur
beanstandeten Tatsachenfeststellung wegen dieser Gefahr auch in jenen
- wohl grossmehrheitlichen - Fällen scheitern zu lassen, in denen der
Verleger gegen die Gegendarstellung nichts einzuwenden oder sich gegenüber
dem Grossinserenten zu deren Veröffentlichung verpflichtet hat.

    Hinzu kommt, dass der Verleger die Veröffentlichung - zumindest
im Werbeteil - häufig ebenfalls nicht garantieren kann. Das trifft
insbesondere zu, wenn der Zeitungs-Verleger die Verfügung über seinen
Anzeigeteil durch einen Pachtvertrag einem Dritten überlassen hat. Im
heutigen Pressewesen kann die Loslösung des Werbeteils sogar soweit
gehen, dass mehrere Verleger ihren Werbeteil an den gleichen Dritten
mit dem Ziel abtreten, in den entsprechenden Zeitungen die gleichen
Inserate erscheinen zu lassen, um einen grösseren Marktanteil zu
erreichen. Es erscheint daher kaum als sinnvoll, den Betroffenen für
eine Gegendarstellung im Inserateteil gezwungenermassen statt an den
Inserenten an den Verleger zu verweisen, der unter Umständen sowenig
direkt über den Anzeigeteil verfügen kann wie dieser. Im Falle der
Verpachtung des Anzeigenteils an einen Dritten kann der Verleger eine
Gegendarstellung im wesentlichen nur unter den gleichen Voraussetzungen
wie der hier in Frage stehende Grossinserent veröffentlichen, nämlich
wenn er mit dem Werbeunternehmen eine Abrede über deren Veröffentlichung
getroffen hat oder indem er selber ein Inserat aufgibt. Wegen dieser
allfälligen Durchsetzungsschwierigkeiten wird aber zu Recht nicht verneint,
dass an den Verleger gleichwohl ein Gegendarstellungsgesuch gerichtet
werden kann. Ebensowenig rechtfertigt sich eine solche Folgerung für den
Inserenten. Im übrigen obliegt es in erster Linie dem Betroffenen, sich
über die allfälligen Durchsetzungsschwierigkeiten Rechenschaft zu geben
und das Vorgehen entsprechend zu wählen. Er soll darüber entscheiden, ob
er anstelle der "Zeitung in der Zeitung" die einzelnen Zeitungsverleger
als Gegendarstellungsverpflichtete angehen will.

    g) Dass es dabei zu einer Überschneidung der Gegendarstellungsverfahren
kommen kann, wenn sich der Betroffene sowohl an den Grossinserenten
als auch an die Verleger der einzelnen Publikationsorgane wendet,
fällt ebenfalls nicht entscheidend ins Gewicht. Es steht zum
vornherein fest, dass es in jedem Publikationsorgan nur zu einer
Gegendarstellung kommen kann. Durch den erfolgreichen Abschluss des einen
Gegendarstellungsverfahrens fällt das andere mangels Rechtsschutzinteresses
dahin. Ein Festhalten am gegenstandslosen Verfahren müsste zudem als
rechtsmissbräuchlich bezeichnet werden (BARRELET, aaO Rz. 654).

    h) Es trifft zu, dass die "Zeitung in der Zeitung" selber wieder
abzugrenzen bleibt. Sie lässt sich jedenfalls nicht mit den Nachrichten-
und Werbeagenturen vergleichen. Eine "Zeitung in der Zeitung" im
hier verstandenen Sinne liegt nur vor, wenn Inserate in einer Zeitung
regelmässig als besonderer Meinungs- oder Informationsträger gekennzeichnet
in Erscheinung treten. Dies trifft auf die in der Zeitung als Hilfsmittel
der Redaktion verwendeten Beiträge von Nachrichtenagenturen, auch
wenn diese als Informationsquelle genannt werden, sowenig zu wie auf
irgendwelche Inserate, bei denen Werbeagenturen beteiligt sind. Ob und
gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen es dennoch denkbar wäre,
Nachrichten- und Werbeagenturen als gegendarstellungsverpflichtete
Medienunternehmen zu betrachten, ist im vorliegenden Verfahren jedoch
nicht zu entscheiden (für Nachrichtenagenturen grundsätzlich bejahend:
BARRELET, aaO Rz. 667).

    i) Zusammenfassend ergibt sich also, dass im Falle von Inseraten,
die regelmässig in einer Vielzahl von Zeitungen als besonderer Meinungs-
oder Informationsträger gekennzeichnet erscheinen, nicht nur die einzelnen
Verleger gegendarstellungspflichtig sind, sondern auch der betreffende
Grossinserent, wobei es indessen in jedem Publikationsorgan nur zu einer
Gegendarstellung kommen kann. Nachdem diese Voraussetzungen im vorliegenden
Fall erfüllt sind, hat die Vorinstanz die Passivlegitimation des beklagten
Vereins zu Unrecht verneint.

Erwägung 3

    3.- Zu prüfen bleibt, ob im vorliegenden Fall überhaupt ein
Gegendarstellungsanspruch besteht. Über das Vorliegen der diesbezüglichen
Voraussetzungen hat die Vorinstanz jedoch noch nicht befunden und auch
keine entsprechenden Sachverhaltsfeststellungen getroffen. Die Sache ist
daher zur Vervollständigung des Sachverhalts und zu neuer Entscheidung
an die Vorinstanz zurückzuweisen (Art. 64 Abs. 1 OG).