Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 III 144



113 III 144

33. Auszug aus dem Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 3.
November 1987 i.S. Z.I. AG (Rekurs) Regeste

    Arrest; Einlieferung eines verpfändeten Eigentümerschuldbriefes
(Art. 98 Abs. 4 SchKG und Art. 13 VZG).

    Wird das Grundstück selbst arrestiert und ist ein auf dem Grundstück
lastender Eigentümerpfandtitel bereits zu seinem vollen Nennwert verpfändet
worden, so kann der Zweck einer amtlichen Verwahrung des Titels nicht
mehr erreicht werden; eine allfällige Weiterbegebung des Titels vermindert
das Arrestsubstrat nicht. Der Drittgewahrsamsinhaber hat den betreffenden
Titel daher nicht einzuliefern.

Sachverhalt

    A.- Auf Begehren von Z. wies der Einzelrichter im summarischen
Verfahren am Bezirksgericht Zürich am 1. September 1986 das Betreibungsamt
Zürich 2 an, die Miteigentumsanteile von L. an der Liegenschaft X. sowie
den 50prozentigen Eigentumsanteil von L. am Inhaberschuldbrief lautend über
Fr. 2'150'000.--, zur Zeit in Gewahrsam der Z.I. AG, mit Arrest zu belegen.

    Mit Verfügung vom 5. September 1986 forderte das Betreibungsamt
Zürich 2 den Verwaltungsrat der Z.I. AG auf, den Inhaberschuldbrief
unter gleichzeitiger Angabe der Rechte der Z.I. AG umgehend zur amtlichen
Verwahrung einzuliefern, es sei denn, die Z.I. AG behaupte Eigentum an
diesem Titel, was ebenfalls sofort mitzuteilen sei.

    B.- Gegen diese Verfügung erhob u.a. die Z.I. AG Beschwerde. Mit
Beschluss vom 30. Januar 1987 wies das Bezirksgericht Zürich als untere
kantonale Aufsichtsbehörde die Beschwerde ab.

    Den dagegen erhobenen Rekurs wies das Obergericht des Kantons Zürich
als obere kantonale Aufsichtsbehörde mit Beschluss vom 29. Juli 1987 ab.

    C.- Gegen diesen Beschluss wendet sich die Z.I. AG mit Rekurs
gemäss Art. 19 SchKG an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des
Bundesgerichts.

Auszug aus den Erwägungen:

                      Aus den Erwägungen:

Erwägung 4

    4.- Mit Verfügung vom 5. September 1986 hat das Betreibungsamt
den Inhaberschuldbrief von der Drittgewahrsamsinhaberin zur amtlichen
Verwahrung einverlangt, sofern daran nicht Eigentum geltend gemacht
werde. Umstritten ist, ob diese Verfügung zur Einlieferung des
Inhaberschuldbriefes rechtmässig ist.

    a) Die Rekurrentin macht am fraglichen Inhaberschuldbrief, der dem
Arrestschuldner als Eigentümerschuldbrief gehört, ein Faustpfandrecht
geltend.

    Die kantonale Aufsichtsbehörde hat festgestellt, das Faustpfandrecht
der Rekurrentin sei nicht umstritten. Vor der unteren kantonalen
Aufsichtsbehörde hat der Arrestgläubiger das Faustpfandrecht
der Rekurrentin in der Tat nicht bestritten. Vor der kantonalen
Aufsichtsbehörde hat er hingegen ausdrücklich geltend gemacht, die
Rekurrentin habe den Inhaberschuldbrief bösgläubig zu Pfand genommen. Damit
hat er klarerweise den Bestand des Faustpfandrechts in Frage gestellt. Ob
die kantonale Aufsichtsbehörde diese neuen Gesichtspunkte berücksichtigen
musste, ist eine Frage des kantonalen Prozessrechts. Dessen Anwendung
kann vom Bundesgericht nur im Verfahren der staatsrechtlichen Beschwerde
auf Willkür hin überprüft werden.

    Ein offensichtliches Versehen im Sinne von Art. 63 Abs. 2 in Verbindung
mit Art. 81 OG liegt unter diesen Umständen nicht vor. Im folgenden
ist daher entgegen den Ausführungen des Rekursgegners davon auszugehen,
dass das Faustpfandrecht der Rekurrentin im vorliegenden Verfahren nicht
bestritten ist.

    b) Der Arrest vollzieht sich nach den Vorschriften von Art. 91 bis 109
SchKG (Art. 275 SchKG). Gemäss Art. 98 Abs. 1 SchKG werden Inhaberpapiere
vom Betreibungsamt in Verwahrung genommen. Art. 98 Abs. 4 SchKG erlaubt
dem Betreibungsamt die Verwahrung auch dann, wenn sich die Gegenstände
infolge eines Pfandrechtes im Besitze eines Dritten befinden. Eine solche
Verwahrung setzt indessen voraus, dass die betreffenden Gegenstände
gepfändet, bzw. arrestiert sind. Dies trifft hier nicht zu.

    Ausnahmsweise ist die Verwahrung der im Besitze des Schuldners
befindlichen, nicht gepfändeten oder arrestierten Eigentümertitel in
analoger Anwendung von Art. 98 Abs. 1 SchKG gleichwohl gerechtfertigt,
sofern die Pfändung des Inhaberschuldbriefes ausgeschlossen ist, weil das
belastete Grundstück selbst gepfändet ist (BGE 91 III 76 f.). Daraus folgt
jedoch nicht ohne weiteres, dass die nicht gepfändeten oder arrestierten
Eigentümerpfandtitel in analoger Anwendung von Art. 98 Abs. 4 SchKG auch
zur Verwahrung einverlangt werden können, wenn sich diese im Gewahrsam
eines Dritten befinden.

    Eine mit Art. 98 SchKG verwandte Vorschrift findet sich in der
Verordnung über die Zwangsverwertung von Grundstücken. Gemäss Art. 13 VZG
sind Eigentümerpfandtitel, die sich im Besitze des Schuldners befinden
und nicht gepfändet werden, vom Betreibungsamt für die Dauer der Pfändung
des Grundstücks in Verwahrung zu nehmen. Ob gestützt auf diese Bestimmung
auch ein nicht gepfändetes (bzw. nicht arrestiertes) Inhaberpapier, das
sich bei einem Dritten befindet und von diesem zu Eigentum beansprucht
wird, einverlangt werden könne, hat das Bundesgericht in BGE 104 III 18
f. in einer nicht entscheiderheblichen Erwägung offengelassen. Aufgrund
einer Interessenabwägung ist die amtliche Verwahrung für den Dritten aber
als nicht zumutbar erachtet worden. Im Unterschied zu jenem Fall besitzt
die Drittgewahrsamsinhaberin den Inhaberschuldbrief vorliegend nicht zu
Eigentum, sondern als Faustpfand.

    c) Auszugehen ist vom Zweck der Sicherungsvorkehr. Die amtliche
Verwahrung der in der Hand des Schuldners befindlichen Eigentümerpfandtitel
gemäss Art. 98 Abs. 1 SchKG und Art. 13 VZG soll verhindern, dass eine
bisher nur virtuelle Belastung des Grundstücks durch eine Begebung
des Titels, sei es zu Eigentum oder zu Faustpfand, wirksam und der
Pfändungsgläubiger dadurch geschädigt wird (BGE 104 III 18; 91 III 76).

    Dieser Zweck kann hier nicht mehr erreicht werden. Die Begründung
von Drittmannsrechten am Eigentümertitel, die verhindert werden sollte,
ist mit der Errichtung des Faustpfandes bereits erfolgt. Eine allfällige
Weiterbegebung des Titels vermindert das Arrestsubstrat nicht. Der
Inhaberschuldbrief ist bereits zu seinem vollen Nennwert verpfändet, so
dass eine Weiterverpfändung des Titels die Haftung des Grundstücks für die
durch den Titel beurkundete Schuld nicht erhöht. Das gleiche gilt für eine
(seitens der Pfandgläubigerin unberechtigte) Weitergabe zu Eigentum. Die
ursprünglich nur formelle Existenz der durch den Eigentümertitel
verurkundeten Forderung ist bereits durch die Verpfändung des Titels
zu einem wirklichen Rechtsanspruch geworden (BGE 93 II 86; 68 II 87; 63
II 230; JÄGGI, Zürcher Kommentar, N 1 und 19 zu Art. 967 OR; ZOBL, Die
Rechtsstellung des Fahrnispfandgläubigers an einem Eigentümer-Wertpapier,
insbesondere im Konkurs des Verpfänders, in: ZBGR 61/1980, S. 131, 134
f., mit weiteren Hinweisen). An der Forderung und der dadurch bewirkten
Belastung des Grundstücks würde sich daher durch eine Weiterbegebung
des Titels zu Eigentum materiellrechtlich nichts mehr ändern. Im Falle
der Verwertung des Grundpfandes, die sich im Anschluss an das angehobene
Arrestverfahren auf Betreibung des Arrestgläubigers ergeben könnte, wäre
der Faustpfandgläubiger zudem ohnehin berechtigt, die im Schuldbrief
verurkundeten Rechte bis zur Höhe der Faustpfandforderung wie ein
Grundpfandgläubiger geltend zu machen (ZOBL, Probleme bei der Verpfändung
von Eigentümerschuldbriefen, in: ZBGR 59/1978, S. 214). Nachdem die
Faustpfandforderung im vorliegenden Fall gleich hoch ist wie die durch
den Inhaberschuldbrief verurkundete Forderung, würde sich also bezüglich
des Arrestsubstrats nichts ändern, wenn bei der Verwertung statt eines
Faustpfandgläubigers ein Grundpfandgläubiger zu berücksichtigen ist,
der den Inhaberschuldbrief allenfalls gutgläubig zu Eigentum erworben hat.

    Aus diesen Gründen zielen die Ausführungen des Arrestgläubigers über
das angeblich dringende Verwahrungsbedürfnis ins Leere.

    d) Es ergibt sich somit, dass die Aufforderung an die
Drittgewahrsamsinhaberin zur Einlieferung des ihr verpfändeten
Inhaberschuldbriefes nicht zulässig ist. Die angefochtene Verfügung des
Betreibungsamtes Zürich und der sie schützende Entscheid der kantonalen
Aufsichtsbehörde sind daher antragsgemäss aufzuheben.