Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 97



113 Ib 97

18. Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 9. April 1987 i.S.
Wachtl gegen Kino-Betriebs AG und Verwaltungsgericht des Kantons Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Umwandlung eines Betriebes der Filmvorführung. Bundesgesetz über das
Filmwesen vom 28. September 1962 (FiG; SR 443.1).

    1. Die Umgestaltung eines herkömmlichen Kinos in ein Triplex-Kino
unterliegt der Bewilligungspflicht nach Art. 18 Abs. 1 FiG (E. 1a).

    2. Beschwerdelegitimation der Konkurrenten (E. 1b).

    3. Art. 27ter Abs. 1 lit. b BV, wonach die Handels- und Gewerbefreiheit
zurückzustehen hat, wenn allgemeine kultur- und staatspolitische Interessen
dies rechtfertigen, kann nicht verfassungsrechtliche Grundlage für eine
eigentliche Bedürfnisklausel bilden (E. 2).

    4. Die Eröffnung oder Umwandlung eines Betriebes der Filmvorführung
ist auch bei genügendem oder übersetztem Sitzplatzangebot nicht
grundsätzlich nur dann zu bewilligen, wenn durch die beabsichtigte
Tätigkeit die kulturelle Qualität des Kinos allgemein gehoben wird;
der Zweck von Art. 18 Abs. 2 FiG besteht einzig darin, ein Absinken des
Niveaus der programmierten Filme zu verhindern. Die Bewilligung kann
daher - auch im Falle der Konkurrenzierung bestehender Betriebe - nur
verweigert werden, wenn nach den konkreten Umständen zu erwarten ist,
die Qualität der Programmierung werde tatsächlich abnehmen (E. 5b).
Präzisierung der Rechtsprechung.

Sachverhalt

    A.- Mit Verfügung vom 12. November 1985 bewilligte die Polizeidirektion
des Kantons Bern der Kino-Betriebs AG die Umgestaltung des Kinos Jura in
Bern in ein Triplex-Kino. Das Projekt sieht vor, unter dem bestehenden
Kinosaal (461 Plätze) zwei weitere Vorführsäle (178 Plätze und zwei
Rollstuhl-Plätze bzw. 108 Plätze) zu erstellen. Mit der Bewilligung wurde
die Auflage verbunden, das Kino Splendid (427 Plätze) spätestens sechs
Monate nach Inbetriebnahme des neuen Triplex-Kinos zu schliessen.

    Eine gegen diese Bewilligung von Wilhelm Heinrich Wachtl und Wilhelm
Paul Wachtl erhobene Beschwerde wies der Regierungsrat des Kantons
Bern mit Entscheid vom 30. April 1986 ab. Die dagegen eingereichte
Verwaltungsgerichtsbeschwerde wurde durch das Verwaltungsgericht des
Kantons Bern mit Urteil vom 11. August 1986 abgewiesen.

    Mit rechtzeitiger Verwaltungsgerichtsbeschwerde vom 14./15. Oktober
1986 stellen Wilhelm Heinrich und Wilhelm Paul Wachtl folgende
Rechtsbegehren:

    "Das Urteil des Verwaltungsgerichtes des Kantons Bern vom 11. August

    1986 sei aufzuheben.

    Das Gesuch der Kino-Betriebs AG um Erteilung einer Bewilligung für
   ein TRIPLEX-KINO im heutigen Cinéma JURA am Bankgässchen 6, 3011

    Bern sei auf Grund von Art. 18 des Bundesgesetzes über das

    Filmwesen vom 28.9.1962 abzuweisen oder

    eventuell

    an die Polizeidirektion
   des Kantons Bern zurückzuweisen, damit diese prüfe, ob trotz
   überbesetztem

    Berner Kinopark, Herr Roland Probst die Kinos JURA 1 und JURA 2 und
   darüber hinaus ein 108-plätziges Studiokino derart programmieren könne,
   dass die Vorteile kultureller Natur dieses Projektes den Nachteilen
   gegenüber, die aus der Vermehrung der Vorführung mittelmässiger Filme
   und dem Unabhängigkeitsverlust der Theaterleiter in Bern entstehen,
   überwiegen. Die aufgelaufenen Kosten von Fr. 9'880.-- seien den

    Beschwerdeführern ganz oder teilweise zurückzuerstatten."

    Zur Begründung machen die Beschwerdeführer im wesentlichen geltend,
aufgrund der demographischen Entwicklung der Stadt Bern sowie des
ausgewiesenen Rückganges der Besucherzahlen sei davon auszugehen, dass in
Bern ein Überangebot an Kinos bestehe. Das Projekt der Kino-Betriebs AG
könne daher nur bewilligt werden, wenn davon besondere Vorteile kultureller
Natur zu erwarten seien. Diese Voraussetzung sei im vorliegenden Fall
nicht gegeben; daran ändere auch der Umstand nichts, dass die zwei
neuen Vorführsäle an die Stelle des Kinos Splendid träten und damit eine
Verminderung des Sitzplatzangebotes zur Folge hätten, da eine erheblich
grössere Platzverminderung nötig wäre, um die Berner Kinoszene wieder
ins Gleichgewicht zu bringen.

    Das Verwaltungsgericht und der Regierungsrat des Kantons Bern sowie
die Kino-Betriebs AG beantragen in ihren Vernehmlassungen, die Beschwerde
abzuweisen.

    Das Eidgenössische Departement des Innern stellt in seiner
Vernehmlassung keinen ausdrücklichen Antrag, steht der Beschwerde aber
ablehnend gegenüber.

    Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab aus folgenden

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- a) Der angefochtene Entscheid des Verwaltungsgerichts des
Kantons Bern ist ein letztinstanzlicher kantonaler Entscheid über ein
Gesuch um Erteilung einer Bewilligung zur Umwandlung eines Betriebes
der Filmvorführung, der nach Art. 20 Abs. 2 des Bundesgesetzes über
das Filmwesen (Filmgesetz) vom 28. September 1962 (FiG; SR 443.1) der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht unterliegt.

    b) Art. 20 Abs. 2 FiG hatte vor der Revision vom 20. Dezember 1968
des Bundesgesetzes über die Organisation der Bundesrechtspflege vom
16. Dezember 1943 - soweit hier von Bedeutung - folgenden Wortlaut:

    "Entscheide der letztinstanzlichen kantonalen Behörden können durch
   die Betroffenen an die Eidgenössische Filmrekurskommission (Art. 17)
   weitergezogen werden. ..."

    Als Betroffene im Sinne dieser Bestimmung galten unter anderen
auch die Konkurrenten des Gesuchstellers (vgl. dazu TH. KERN, Die
Bewilligungspflicht für Betriebe der Filmvorführung, in SJZ 59 (1963)
S. 36).

    Die Aktivlegitimation der Konkurrenten ist auch nach der OG-Revision
vom 20. Dezember 1968 zu bejahen: Aus der Botschaft des Bundesrates vom
24. September 1965 über den Ausbau der Verwaltungsgerichtsbarkeit im
Bunde ergibt sich lediglich, dass die Filmrekurskommission aufgehoben
und deren Funktion dem Bundesgericht übertragen werde (BBl 1965 II
1329); dass darüber hinaus die Beschwerdelegitimation der Konkurrenten
aufgehoben werden sollte, ergibt sich nicht aus den Materialien. Für die
Beschwerdelegitimation, die sich gemäss dem heutigen Wortlaut von Art. 20
Abs. 2 FiG nach den Bestimmungen über die Verwaltungsgerichtsbeschwerde
richtet, ist daher ohne Einschränkung Art. 103 lit. a OG massgebend,
wonach zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde berechtigt ist, wer durch die
angefochtene Verfügung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an
deren Aufhebung oder Änderung hat. Analog der Beschwerdelegitimation des
Kontingentsinhabers gegen Kontingentsbewerber (vgl. BGE 100 Ib 424,
97 I 297 E. 1c) muss das Beschwerderecht auch dem Konkurrenten eines
zu eröffnenden oder umzuwandelnden Kinobetriebes zuerkannt werden. Die
Beschwerdeführer sind als Eigentümer der Kinos Bubenberg, Capitol 1
und Capitol 2 in Bern Konkurrenten der Kino-Betriebs AG und damit zur
Beschwerde berechtigt.

    Da auch die übrigen formellen Erfordernisse erfüllt sind, ist auf
die Beschwerde einzutreten.

    c) Das Bundesgericht kann den angefochtenen Entscheid nicht nur
auf eine Verletzung von Bundesrecht, einschliesslich Überschreitung und
Missbrauch des Ermessens (Art. 104 lit. a OG), sondern auch auf seine
Angemessenheit überprüfen (Art. 20 Abs. 2 FiG). Dabei ist allerdings
zu beachten, dass der Vorinstanz bei der Anwendung des unbestimmten
Gesetzesbegriffes der "allgemeinen kultur- und staatspolitischen
Interessen" ein gewisser Beurteilungsspielraum zusteht; das Bundesgericht
übt in solchen Fällen trotz umfassender Prüfungsbefugnis Zurückhaltung,
wenn es, wie hier, um die Beurteilung von örtlichen Verhältnissen und
Gegebenheiten geht, die die kantonalen Behörden besser kennen als das
Bundesgericht.

    d) Als Vorinstanz hat ein kantonales Gericht entschieden, an dessen
Sachverhaltsfeststellung das Bundesgericht gebunden ist, da diese
weder offensichtlich unrichtig oder unvollständig noch unter Verletzung
wesentlicher Verfahrensvorschriften zustande gekommen ist (vgl. Art. 105
Abs. 2 OG).

Erwägung 2

    2.- Nach Art. 27ter Abs. 1 lit. b BV ist der Bund befugt,

    "die Filmeinfuhr, den Filmverleih sowie die Eröffnung und Umwandlung
   von Betrieben der Filmvorführung zu regeln; der Bund kann hierbei
   nötigenfalls von der Handels- und Gewerbefreiheit abweichen, wenn
   allgemeine kultur- oder staatspolitische Interessen dies rechtfertigen."

    Zu dieser Bestimmung hat der Bundesrat in seiner Botschaft vom
24. Februar 1956 an die Bundesversammlung über die Ergänzung der
Bundesverfassung durch einen Art. 27ter betreffend das Filmwesen
(BBl 1956 I 457 ff.) betont, dass es darum gehe, die Selbständigkeit
und finanzielle Unabhängigkeit des schweizerischen Kinogewerbes
zu erhalten und ausländischen politischen, ideologischen oder
kommerziellen Beeinflussungs- und Beherrschungstendenzen entgegenwirken
zu können, da auch die Lichtspieltheater "im Kampfdispositiv des modernen
Propagandakrieges" existierten (S. 500 f.). Filmeinfuhrbeschränkung und die
Möglichkeit der Einführung einer gewissen Kontrolle über Neueröffnungen
und grundlegende Umwandlungen von Lichtspielunternehmungen hätten dem
kulturellen und politischen Landesinteresse, nicht aber Sonderinteressen
einer Wirtschaftsgruppe zu dienen. Gewisse Reflexwirkungen dieser
Schutzmassnahmen auf die Filmwirtschaft seien zwar zu erwarten; dies
dürfe indessen nicht zur Annahme verleiten, dass es sich im Grunde "um
nichts anderes als um einen Schutz gewerbepolitischer Natur" handle, denn
einer solchen Annahme stünden die Wirtschaftsartikel der Bundesverfassung,
insbesondere Art. 31bis, entgegen (S. 502).

    Daraus erhellt, dass auf Verfassungsstufe die Handels- und
Gewerbefreiheit auch auf dem Gebiet des Filmwesens gewährleistet
ist. Einschränkungen sind nur ausnahmsweise zulässig, nämlich dann, wenn
allgemeine kultur- oder staatspolitische Interessen dies rechtfertigen
(BGE 100 Ib 377 E. 3a). Art. 27ter BV kann damit insbesondere unter
keinen Umständen verfassungsrechtliche Grundlage für eine eigentliche
Bedürfnisklausel bilden, wie dies etwa bei Art. 31ter BV für den Bereich
des Gastwirtschaftsgewerbes der Fall ist.

Erwägung 3

    3.- a) Auf Art. 27ter BV stützt sich das Filmgesetz, dessen im
vorliegenden Fall massgeblicher Art. 18 lautet:

    "Bewilligungspflicht

    1 Zur Eröffnung und zur Umwandlung von Betrieben der Filmvorführung
   bedarf es einer Bewilligung; als Umwandlung gilt insbesondere der
   Wechsel des Inhabers und jede Änderung der massgeblichen Beteiligung
   am Kapital solcher Betriebe.

    2 Gesuche um Erteilung einer Bewilligung sind unter dem Gesichtspunkt
   der allgemeinen kultur- und staatspolitischen Interessen zu entscheiden.

    Die Konkurrenzierung bestehender Betriebe darf für die Ablehnung eines

    Bewilligungsgesuches nicht ausschliesslich massgebend sein. Vorbehalten
   bleibt die Polizeigesetzgebung der Kantone.

    3 Die Bewilligungsbehörden haben darauf zu achten, dass im örtlichen

    Bereich keine Monopole entstehen, die den öffentlichen Interessen
   zuwiderlaufen."

    b) Die Botschaft des Bundesrates zum Gesetzesentwurf hält allgemein
fest, es sei Aufgabe des Bundes zu verhindern, dass die Programmierung
der schweizerischen Kinos - insbesondere durch Aufkauf derselben - durch
das Ausland, das heisst totalitäre Staaten und von diesen abhängige
Organisationen, beeinflusst werden könne. Dem damit vorgegebenen Ziel
der Erhaltung eines vom Ausland unabhängigen einheimischen Filmgewerbes
dienten die vorgeschlagenen Massnahmen in erster Linie.

    Eine Gefährdung der nationalen Interessen wurde aber auch in einem
schrankenlosen, in einen Existenzkampf ausartenden Wettbewerb unter den
Betrieben der Filmwirtschaft gesehen, der fast zwangsläufig zu einer
"Programmierung nach unten" führe, indem sich die durch die Konkurrenz
bedrohten Betriebe mit billigen, an die niederen Instinkte appellierenden
Filmen über Wasser zu halten suchten. Dieser Konkurrenzkampf dürfe nicht
dermassen entarten, dass er auf Kosten des Niveaus der programmierten
Filme und damit letztlich auf Kosten der öffentlichen Moral ausgetragen
werde; dies sei den kulturpolitischen Interessen abträglich (BBl 1961 II
1029). Zu Art. 18 FiG wird zusätzlich erwähnt, dass auch das allgemeine
Interesse und insbesondere das Wohl der Jugend zu berücksichtigen seien
(BBl 1961 II 1057).

    c) Der zweite Satz von Art. 18 Abs. 2 FiG, wonach die Konkurrenzierung
bestehender Betriebe für die Ablehnung eines Bewilligungsgesuches nicht
ausschliesslich massgebend sein dürfe, war im Entwurf des Bundesrates nicht
enthalten und wurde erst auf Vorschlag der nationalrätlichen Kommission in
den parlamentarischen Beratungen eingefügt; dies aufgrund der Forderung
einiger Parlamentarier, die wirtschaftlichen Interessen bestehender
Kinobetriebe müssten im Bewilligungsverfahren mindestens mitberücksichtigt
werden können (Sten.Bull. NR 1962 S. 431 ff.; W. BIRCHMEIER, Kommentar
zum Eidgenössischen Filmgesetz, Zürich 1964, S. 114-116; TH. KERN, Die
Bewilligungspflicht für Betriebe der Filmvorführung, SJZ 59 (1963) S. 34).
Mit grosser Mehrheit abgelehnt wurde im Nationalrat dagegen ein Antrag,
wonach bei der Beurteilung von Bewilligungsgesuchen der Konkurrenzschutz
überhaupt nicht berücksichtigt werden dürfe (Sten.Bull. NR 1962 S. 431 f.).

Erwägung 4

    4.- a) Die Eidgenössische Filmrekurskommission, die mit Inkrafttreten
des Filmgesetzes zunächst letztinstanzlich für die Beurteilung der
Beschwerden zuständig war, hat in ihrer Praxis zu Art. 18 FiG festgehalten,
dass die kultur- und staatspolitischen Gründe nicht mit Gründen der
Staatssicherheit oder der öffentlichen Moral gleichzusetzen seien,
denn soweit die Staatssicherheit betroffen sei oder die Vorführung
unsittlicher Filme verhindert werden solle, genügten die üblichen
polizeilichen Massnahmen. Die Verschärfung der Konkurrenz im Filmwesen
solle nur dann zu einer Abweisung eines entsprechenden Gesuches führen,
wenn kulturell oder staatspolitisch unerwünschte Folgen offensichtlich zu
befürchten seien; das heisst, wenn zu erwarten sei, der Konkurrenzkampf
verschärfe sich wegen der neuen Betriebe dermassen, dass er sich
schliesslich negativ auf die Programmierung der Kinotheater auswirke,
indem das Niveau der Filmprogramme absinke (ZBl 66 (1965) S. 502 f.;
vgl. dazu auch W. BIRCHMEIER, aaO S. 113).

    b) Das seit der OG-Revision vom 20. Dezember 1968
für die letztinstanzliche Beurteilung der betreffenden
Verwaltungsgerichtsbeschwerden zuständige Bundesgericht hatte sich bisher
wenig mit Art. 18 FiG zu befassen. In seinem Entscheid vom 8. Dezember
1978 i.S. M.R. hat es unter Hinweis auf BGE 100 Ib 379 in Auslegung
von Art. 18 Abs. 2 FiG festgehalten, dass die Eröffnung eines neuen
Vorführungsbetriebes an einem Ort, wo die Zahl der Kinoplätze als übersetzt
betrachtet werden müsse, in der Regel nicht zu bewilligen sei; denn eine
Vermehrung der Kinoplätze ziehe erfahrungsgemäss eine Verminderung der
durchschnittlichen Qualität der Filme nach sich; eine Bewilligung komme
höchstens in Frage, wenn die konkreten Umstände die Annahme erlaubten,
die vom Gesuchsteller beabsichtigte Tätigkeit führe zu einem Kino von
höherer kultureller Qualität. Diese Rechtsprechung ist zu präzisieren.

Erwägung 5

    5.- a) Der in Art. 18 Abs. 2 FiG verwendete Begriff der "allgemeinen
kultur- und staatspolitischen Interessen" ist rechtlich (wenn überhaupt)
nur sehr schwer zu fassen; er unterliegt zudem einem steten Wandel.
Den staatspolitischen Interessen kommt im Bereich des Filmwesens - anders
als vor und während des Zweiten Weltkrieges (geistige Landesverteidigung)
oder zur Zeit des Kalten Krieges (in welcher der Filmartikel der
Bundesverfassung und das Filmgesetz entstanden) - heute kaum noch Bedeutung
zu. Dies ist in erster Linie auf die vor allem durch die weite Verbreitung
des Fernsehens bewirkte zunehmende Bedeutungslosigkeit des Kinos als
allgemeine Informationsquelle (Beispiel: Verschwinden der Schweizerischen
Filmwochenschau) zurückzuführen. Im Vordergrund stehen heute bei den
Gründen, die allenfalls einer Bewilligungs-Erteilung entgegenstehen
könnten, eindeutig die kulturpolitischen Interessen.

    b) Dem Bewilligungs-Kriterium der allgemeinen staats- und
kulturpolitischen Interessen kommt aufgrund der verfassungsrechtlichen
Grundordnung (Vorrangstellung der Handels- und Gewerbefreiheit)
in erster Linie negative Wirkung zu. Die Eröffnung oder Umwandlung
eines Betriebes der Filmvorführung ist demnach (bei genügendem oder
übersetztem Sitzplatzangebot) - entgegen der zu allgemeinen Formulierung
in BGE 100 Ib 378 f. E. 3b - nicht grundsätzlich nur dann zu bewilligen,
wenn durch die beabsichtigte Tätigkeit die kulturelle Qualität des Kinos
allgemein gehoben wird. Der Zweck von Art. 18 Abs. 2 FiG besteht einzig
darin, ein Absinken des Niveaus der programmierten Filme zu verhindern;
die Bewilligung kann daher nur dann verweigert werden, wenn nach den
konkreten Umständen zu erwarten ist, die Qualität der Programmierung werde
tatsächlich abnehmen. Die zu erwartende Qualitätseinbusse muss darüber
hinaus die öffentlichen Interessen in einem solchen Mass gefährden, dass
sich auch unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismässigkeit ein Eingriff
in die Handels- und Gewerbefreiheit rechtfertigt.

    c) Die Konkurrenzierung bestehender Kino-Betriebe darf nach Art. 18
Abs. 2 FiG bei der Prüfung der Voraussetzungen einer Bewilligungs-Erteilung
mitberücksichtigt werden, nicht aber für den Entscheid ausschliesslich
massgebend sein; das heisst, dass die Konkurrenzverhältnisse bei der
Prüfung der Bewilligungs-Gesuche nicht als selbständiges Kriterium,
sondern nur sofern und soweit herangezogen werden dürfen, als sie
sich auf die allgemeinen staats- und kulturpolitischen Interessen
nachteilig auswirken könnten. Dies folgt aus der Überlegung, dass "der
schrankenlose, in einen Existenzkampf ausartende Wettbewerb unter den
Vorführungsbetrieben auch die nationalen Interessen gefährden, zu einer
Programmierung nach unten führen würde" (W. BIRCHMEIER, aaO S. 114 f.). Die
mögliche Mitberücksichtigung darf indessen nicht zu einer Erstarrung und
damit zu einer blossen Verteidigung erworbener Positionen führen; auch
im Filmgewerbe ist Konkurrenz grundsätzlich erwünscht, da sie durchaus
zur Leistungsverbesserung, zur Modernisierung der Betriebe und zu einer
Programmierung nach oben führen kann (ZBl 67 (1966) S. 106 f.).

    d) Über solche allgemeinen Grundsätze hinaus gilt es, bei der
Umgestaltung bestehender Filmvorführungsbetriebe in Mehrfachkinos
diesem besonderen Kino-Typ Rechnung zu tragen. Die neue Betriebsform
ermöglicht eine Senkung der Betriebskosten pro Leinwand, indem bei
gleicher Grundfläche, aber kleineren Sälen mit dem gleichen Personal
das Filmangebot (mehr Vorführbetriebe) erhöht werden kann. Auch kann die
Abspielzeit der Filme erstreckt werden, indem nach einer gewissen Zeit
in einem grösseren Saal ein Film in einem kleineren Saal weitergezeigt
werden kann. Insbesondere bietet aber erst diese neue Form des Kinos
die Möglichkeit, neben rein kommerziell ausgerichteten Filmen auch
anspruchsvolle Werke ins Programm aufzunehmen, die ein kleines Publikum
ansprechen und daher schon aus betriebswirtschaftlichen Gründen in einem
grossen Saal gar nie zur Vorführung gelangen könnten.

Erwägung 6

    6.- Zu weit geht im Lichte dieser Ausführungen das Verwaltungsgericht
mit seiner im angefochtenen Entscheid geäusserten Auffassung, wonach heute
"eine Betriebsbewilligung für ein (neues) Kino nur dann zu verweigern ist,
wenn einer Neueröffnung kultur- und staatspolitische Interessen insoweit
entgegenstehen, als im neuen Saal (ständig) Filme zur Aufführung gelangen
würden, von denen eine Gefahr für unseren demokratischen Rechtsstaat
ausgehen würde und/oder die mit unserem Kulturverständnis schlechterdings
nicht vereinbar sind" (E. 2b). Diese Auffassung läuft Gefahr, die kultur-
und staatspolitischen Interessen mit der Staatssicherheit und anderen
Polizeigütern gleichzusetzen; auch betrachtet sie - isoliert - nur
den neuen Betrieb und lässt mögliche Auswirkungen auf bestehende Kinos
völlig ausser acht. Trotzdem besteht für das Bundesgericht kein Anlass,
das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, da dieses im Ergebnis
nicht nur vertretbar, sondern auch angemessen ist.

Erwägung 7

    7.- a) Die Umgestaltung des Cinéma Jura in ein Triplex-Kino hat zufolge
der gleichzeitigen Auflage der Schliessung des Kinos Splendid nicht nur
keine Erhöhung, sondern sogar eine Verminderung des in der Stadt Bern
bestehenden Kino-Sitzplatzangebotes zur Folge. Das Sitzplatzangebot, mit
dem sich das Verwaltungsgericht eingehend auseinandersetzt, spielt heute
jedoch eine eher untergeordnete Rolle; dieser Gesichtspunkt kommt nach
dem Gesagten lediglich dann noch zum Tragen, wenn durch die Eröffnung
oder Umwandlung ein allfälliges Überangebot von Sitzplätzen geschaffen
und dieses wiederum mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einer Verminderung
der durchschnittlichen Qualität des Filmangebotes führen würde.

    b) Vor allem bei Grosskinos besteht eine Unterbelegung der Säle;
die Betriebsform des Grosskinos ist heute weitgehend überholt und
aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum noch rentabel. Hier kann das
Mehrfachkino mit seinen Möglichkeiten (siehe E. 5d), wie sie auch das
Verwaltungsgericht des Kantons Bern in seiner bisherigen Praxis treffend
aufgezeigt hat (vgl. BVR 1981, S. 235; BVR 1984, S. 383), korrigierend
eingreifen. Aus diesen Gründen kann - in Präzisierung des in BGE 100 Ib
378 f. (E. 3b) aufgestellten (zu allgemeinen) Grundsatzes - auch eine (im
vorliegenden Fall ohnehin nur leichte) Erhöhung der Anzahl Leinwände,
wie sie die geplante Umgestaltung des Cinéma Jura bewirken würde,
in Kauf genommen werden; anders entscheiden hiesse um jeden Preis an
den erstarrten Strukturen des Kinogewerbes festhalten. Letzteres wird
auch vom Eidgenössischen Departement des Innern in seiner Vernehmlassung
als - jede (zurzeit dringend nötige) Innovation ausschliessend - nicht
wünschenswert abgelehnt.

    Eine Erhöhung der Anzahl Leinwände führt zwar zu einer erhöhten
Nachfrage nach Filmen, zieht aber nicht ohne weiteres ein Ausweichen auf
Filme minderer Qualität nach sich, da das Angebot an Filmen gehobener
oder mittlerer Qualität genügend gross ist: Das Film-Einfuhrkontingent -
das gegenwärtig bei weitem nicht ausgeschöpft wird - könnte im Bedarfsfall
ohne weiteres erhöht werden, um einer steigenden Nachfrage zu begegnen. Im
übrigen haben die bisher beispielsweise in Basel mit Mehrfachkinos
gesammelten Erfahrungen gezeigt, dass sich seit deren Einführung die
Filmqualität erhöht hat, indem dort nun auch ein Studiofilm-Angebot für
ein kleines interessiertes Publikum ohne allzu grosse wirtschaftliche
Risiken gezeigt werden kann.

    c) Unbestreitbar ist dem Kinogewerbe durch das Fernsehen und neue
Formen der Filmauswertung (Pay-TV, Video) grosse Konkurrenz erwachsen,
die für den Rückgang der Besucherzahlen der Kinos mitverantwortlich
ist. Gerade diese Entwicklung zwingt, die bestehende Struktur des
traditionellen Filmtheaters grundsätzlich zu überdenken. Eine Chance,
der erwähnten Konkurrenz von aussen wirksam zu begegnen, scheint
das Mehrfachkino zu bieten. Zumindest vorläufig besteht deshalb -
insbesondere unter Berücksichtigung des den kantonalen Instanzen
bezüglich der Würdigung der örtlichen Verhältnisse im konkreten Fall
zustehenden Beurteilungsspielraumes - kein Grund, hier richterlich
einzugreifen. Sollten sich später wider Erwarten negative Auswirkungen
von Mehrfachkinos zeigen, so bleibt die Möglichkeit, die erforderlichen
Korrekturen bei der Beurteilung künftiger Gesuche anzubringen.

    d) Dass die Umgestaltung des Cinéma Jura in einen Triplex-Betrieb die
Konkurrenz unter den Kinounternehmungen der Stadt Bern verschärft, ist zwar
möglich, bedeutet aber noch kein Hindernis für eine Betriebsbewilligung. So
räumen im vorliegenden Fall sogar die Beschwerdeführer ein, "dass unter
Umständen trotz Überbesetzung der Berner Kinoszene die Bewilligung eines
Kleinkinos in Übereinstimmung mit den kultur- und staatspolitischen
Interessen liegen könnte. ... Es besteht die Möglichkeit, dass Herr
Roland Probst" (Bewilligungsnehmer und Vertreter der Kino-Betriebs AG)
"dank seiner Stellung im internationalen Studiokinoverband unabhängige
Verleiher dazu bewegen kann, für sein neues Studiokino Filme einzuführen,
die sie sonst nicht einführen würden. In diesem Fall würde das Projekt
der Kinotheater AG zu keiner Verschärfung der Nachfrage nach Filmen
führen, würde den Filmmarkt nicht austrocknen, sondern beleben. Die damit
verbundene Förderung der Vielfältigkeit des Programmangebotes der Kinos
würde in Übereinstimmung mit den kultur- und staatspolitischen Interessen
liegen." Dass dem im vorliegenden Fall nicht so sei, wird seitens der
Beschwerdeführer nicht dargelegt. Es sind auch keine Anhaltspunkte
ersichtlich, die zwingend auf irgendwelche negative Auswirkungen einer
möglichen vermehrten Konkurrenz unter den Kinobetrieben der Stadt Bern
schliessen liessen.