Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 57



113 Ib 57

10. Urteil des Kassationshofes vom 16. Januar 1987 i.S. B. gegen
Rekurskommission für Massnahmen gegenüber Fahrzeugführern des Kantons Bern
(Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Art. 34 Abs. 1 VZV i.V.m. Art. 3 Abs. 1 VZV.

    Der in Art. 34 Abs. 1 VZV verwendete Begriff "Motorfahrzeugkategorie"
umfasst die in Art. 3 Abs. 1 VZV aufgezählten Ausweiskategorien. Der
Führerausweisentzug für Personenwagen hat u. a. auch den Entzug des
Ausweises für landwirtschaftliche Motorfahrzeuge (Kat. G) zur Folge.

Auszug aus den Erwägungen:

             Das Bundesgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Unbestritten ist, dass die Vorinstanz zu Recht einen schweren
Fall im Sinne von Art. 16 Abs. 3 lit. a SVG annahm und richtigerweise
in Anwendung von Art. 17 Abs. 1 lit. c SVG einen Führerausweisentzug von
sechs Monaten anordnete. Der Beschwerdeführer rügt einzig eine Verletzung
von Art. 34 VZV. Er macht geltend, die Vorinstanz verkenne, dass die
Fahrzeuge der Kat. G nicht unter den Begriff "alle Motorfahrzeuge"
gemäss Art. 34 Abs. 1 VZV fallen; die Kategorie landwirtschaftlicher
Motorfahrzeuge unterscheide sich hinsichtlich der Anforderungen an den
Erwerb des Führerausweises deutlich von den übrigen Ausweiskategorien
in Art. 3 Abs. 1 VZV; die gesetzliche Ausgestaltung des Führerausweises
für die Kat. G sei vergleichbar mit derjenigen für Motorfahrradfahrer;
die für die Motorfahrräder getroffene spezielle Regelung (Art. 36 f. VZV)
müsse deshalb auch für landwirtschaftliche Fahrzeuge gelten; dass der
Entzug des Führerausweises für die Kat. A-F nicht automatisch auch den
Entzug des Ausweises für landwirtschaftliche Fahrzeuge nach sich ziehen
dürfe, ergebe sich im übrigen aus den besonders schwerwiegenden Folgen,
welche einem Berufsverbot gleichkämen; da ein solches für einen Landwirt
wesentlich einschneidender sei als für andere auf den Ausweis angewiesene
Fahrzeugführer, müsse auch aus diesem Grunde angenommen werden, der
Verordnungsgeber habe die Ausweise für landwirtschaftliche Fahrzeuge
versehentlich nicht von der Regel in Art. 34 Abs. 1 VZV ausgenommen.

Erwägung 2

    2.- Der Wortlaut von Art. 34 Abs. 1 VZV ist klar; danach hat der
Entzug des Führerausweises für eine bestimmte Kategorie den Entzug des
Ausweises für alle Motorfahrzeugkategorien zur Folge (Ausnahmen bestehen
nur bei Führerausweisentzügen aus medizinischen oder gewerbepolizeilichen
Gründen). Was unter dem Begriff Motorfahrzeugkategorien zu verstehen ist,
ergibt sich aus Art. 3 Abs. 1 VZV; dort sind als letzte Kategorie (Kat. G)
die landwirtschaftlichen Motorfahrzeuge angeführt.

    Der Entstehungsgeschichte ist nichts dafür zu entnehmen, dass der
Verordnungsgeber die Fahrzeuge der Kat. G versehentlich nicht von der
Vorschrift in Art. 34 Abs. 1 VZV ausgenommen hätte. Art. 28 des vor
Inkrafttreten der Verkehrszulassungsverordnung vom 27.10.1976 geltenden
Bundesratsbeschlusses über administrative Ausführungsbestimmungen
zum Strassenverkehrsgesetz machte keinen Unterschied zwischen den
Motorfahrzeugen und Motorfahrrädern; mit der Verfügung eines Fahrverbots
war stets der Entzug eines allfälligen Führerausweises und das Verbot
zum Führen aller Fahrzeugkategorien verbunden (vgl. BGE 104 Ib 89
ff.). Wohl hat der Gesetzgeber in der gleichen Verordnung sowohl für
die Motorfahrradlenker als auch für die (über 18 Jahre alten) Führer von
landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen den Erwerb eines Führerausweises neu
eingeführt (vgl. Art. 23 Abs. 1 und 2 BRB, Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 18
Abs. 2 VZV, Art. 27 VZV); er hat indessen nur die Motorfahrradführer
von der bisher allgemein gültigen Regel des obligatorisch für alle
Fahrzeugkategorien geltenden Ausweisentzugs ausgenommen, was gegen die vom
Beschwerdeführer vertretene Auffassung spricht. Gegen die Annahme eines
gesetzgeberischen Versehens lässt sich zudem anführen, dass nicht nur der
Entzug, sondern auch der Erwerb des Ausweises für Motorfahrradführer in
speziellen, unter separaten Überschriften zusammengefassten Bestimmungen
geregelt ist (vgl. Art. 27-29, 36-37 VZV), während für den Erwerb
der Führerausweise der Kat. G im Prinzip die allgemeinen, für alle
Motorfahrzeugkategorien (Art. 3 Abs. 1 VZV) gemeinsamen Vorschriften
Geltung haben (Ausnahmeregelungen finden sich meist im Anschluss an die
allgemeinen Regeln; siehe u.a. Art. 5, Art. 14 i.V.m. Art. 4, Art. 18,
Art. 20 VZV).

Erwägung 3

    3.- Die Argumentation des Beschwerdeführers geht aber auch aus
andern Gründen fehl. Seine Kritik an der vorinstanzlichen Erwägung,
wonach die von landwirtschaftlichen Motorfahrzeugen ausgehende Gefährdung
eine unterschiedliche Behandlung der Lenker von Fahrzeugen der Kat. G
und von Motorfahrrädern rechtfertige, ist unbegründet. Sie verkennt
insbesondere, dass nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung der wegen
Verkehrsregelverletzungen angeordnete Warnungsentzug der Besserung
des Führers bzw. der Bekämpfung von Rückfällen und der Sicherung des
Strassenverkehrs dient (BGE 109 Ib 140/141, 104 Ib 102 E. d). Mit Blick
auf diesen Zweck des Führerausweisentzugs erscheint eine Gleichstellung
der landwirtschaftlichen Motorfahrzeuge mit denjenigen der Kat. A-F
naheliegend; gegen eine Privilegierung der Lenker von Fahrzeugen
der Kat. G gegenüber andern Motorfahrzeugführern spricht, dass das
Gefährdungspotential landwirtschaftlicher Motorfahrzeuge in vielen Fällen
nicht wesentlich geringer als dasjenige anderer Motorfahrzeuge ist.

    Schliesslich lässt sich die Ansicht des Beschwerdeführers auch
nicht mit dem Hinweis begründen, der Landwirt sei von einem auf alle
Fahrzeugkategorien ausgedehnten Führerausweisentzug stärker betroffen als
andere auf die Benutzung eines Motorfahrzeugs angewiesene Fahrzeugführer;
diese völlig unbelegte Behauptung ist - wie ein Vergleich mit der
Betroffenheit anderer Motorfahrzeugführer (z.B. mit selbständigen
Berufschauffeuren, Fahrschullehrern) zeigt - offensichtlich unzutreffend.

    Die Vorinstanz hat somit zu Recht Art. 34 Abs. 1 VZV auf die Kategorie
landwirtschaftlicher Motorfahrzeuge angewandt. Die Beschwerde ist demnach
als unbegründet abzuweisen.