Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 393



113 Ib 393

61. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
Dezember 1987 i.S. K. und Mitbeteiligte gegen S. AG und Verwaltungsgericht
des Kantons Aargau (Verwaltungsgerichts- und staatsrechtliche Beschwerde)
Regeste

    Betriebseinschränkungen zur Vermeidung unnötiger Immissionen; Art. 11
Abs. 2 und 3, Art. 12 Abs. 2 und Art. 16 Abs. 1 USG.

    Wird ein Baubewilligungs- oder ein Entscheid über Lärmschutzmassnahmen
beim Bundesgericht wegen Verletzung des Bundesgesetzes über den
Umweltschutz und des kantonalen Baurechts angefochten, so sind sowohl
Verwaltungsgerichts- als auch staatsrechtliche Beschwerde zu erheben
(E. 1).

    Betriebseinschränkungen zur Vermeidung unnötiger Immissionen können
gegenüber bestehenden ortsfesten Anlagen direkt gestützt auf Art. 16
Abs. 1, Art. 11 Abs. 2 und 3 sowie Art. 12 Abs. 2 USG verfügt werden
(E. 3).

    Prüfung der im einzelnen angeordneten Massnahmen (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Firma S. AG betreibt an der Aeschstrasse bzw. am Blumenweg in
Wohlen (AG) eine Mosterei, eine Tafelgetränkeproduktion sowie einen Handel
mit selber hergestellten Getränken und mit Fremdprodukten, unter anderem
auch mit Wein. Zum Betrieb, der gemäss Zonenplan der Gemeinde Wohlen in
der Wohnzone W2, erste Etappe, liegt, gehört eine Flaschenreinigungs-
und -abfüllanlage. Auf dem Abstellplatz neben dem Betriebsgebäude, wo
5000-10000 Harasse lagern, sind ständig drei bis vier Personen damit
beschäftigt, Harasse und leere Flaschen zu sortieren.

    Am 14. Oktober 1982 stellten K. und weitere Nachbarn beim Gemeinderat
Wohlen das Begehren, die Firma S. AG sei zu verpflichten, die von ihrem
Betrieb ausgehenden Immissionen auf das zulässige Mass zu reduzieren und
zwar insbesondere dadurch, dass sie das Harassenlager und den gesamten
damit zusammenhängenden Warenumschlag aus der Wohnzone entferne. Am
27. Juni 1983 erliess der Gemeinderat Wohlen den folgenden Beschluss:

    "1. Die S. AG hat das offene Harassenlager auf Parzelle 1673 per
31. März

    1984 aufzuheben und von diesem Tag an jegliche Werktätigkeit im
Freien zu
   unterlassen.

    2. Der freiwerdende Platz ist dauernd freizuhalten. Jede Nutzung wäre
   bewilligungspflichtig.

    3. In der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 07.00 Uhr, samstags ab 12.00 Uhr
   und sonntags dürfen auf den Parzellen 1673 und 4091 keine Lastwagen
   (Motorwagen über 3,5 t Gesamtgewicht) parkiert werden. Ebenso dürfen
   während dieser Zeit keine Lastwagen zu- oder wegfahren.

    4. Für sämtlichen Fahrzeugverkehr ist um das Betriebsgebäude eine
   zwangsweise Einbahnregelung einzurichten, so dass auch Ortsunkundige
   nur über die Aeschstrasse zu- und wegfahren können, und zwar mit Zufahrt
   auf der südöstlichen Gebäudeseite und Wegfahrt auf der nordwestlichen.

    5. Während des Betriebes der Flaschenreinigungs- und -abfüllanlage
sowie
   überhaupt bei lärmenden Verrichtungen sind Fenster und Türen des

    Betriebsgebäudes geschlossen zu halten, und zwar mit sofortiger
Wirkung."

    Im Zusammenhang mit den Streitigkeiten über die Rechtmässigkeit der
von der S. AG ausgeübten Tätigkeiten führte der Gemeinderat Wohlen in
der Folge ein nachträgliches Bau- und Zweckänderungsbewilligungsverfahren
durch und erteilte mit Entscheid vom 22. April 1985 den Einrichtungen im
Betriebsgebäude, insbesondere der Flaschenabfüllanlage, seine Genehmigung.

    Gegen den Beschluss des Gemeinderates vom 27. Juni 1983
reichte die Firma S. AG zunächst beim Baudepartement und hierauf
beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau Beschwerde ein. Das
Verwaltungsgericht hiess am 22. Oktober 1986 die Beschwerde teilweise
gut und ordnete folgendes an:

    "1. ...

    a) Die S. AG wird verpflichtet, folgende Betriebsteile auf ihren

    Parzellen Nrn. 1673 und 3609 aufzuheben:

    aa) Das Leergut-Harassenlager, soweit es nicht im Rahmen der

    Eigenproduktion als Pufferlager benötigt wird (maximal 2400 Harasse).

    bb) Die Standplätze für Nutzfahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht, mit
   folgenden Ausnahmen:

    - Während der Mostereisaison (1. September bis 30. November) maximal 3

    Fahrzeuge.

    - Während der übrigen Saison maximal 2 Fahrzeuge.

    Bezüglich der Zu- und Wegfahrten gilt lit. b hienach.

    b) Es ist der S. AG untersagt, in der Zeit zwischen 19.00 Uhr und 07.00

    Uhr sowie samstags ab 12.00 Uhr und sonntags Nutzfahrzeuge über 3,5 t

    Gesamtgewicht auf die Parzellen Nrn. 1673 und 3609 zu- und davon
wegfahren
   zu lassen.

    c) Es ist der S. AG untersagt, auf den Parzellen Nrn. 1673 und 3609
   irgendwelches Leergut zu sortieren. Die Anlieferung von Harassen mit

    Leergut ist ausschliesslich in sortiertem Zustand zulässig. Die
Lagerung
   dieser Harasse hat, soweit der Platz innerhalb des Betriebsgebäudes
   dazu nicht ausreicht, ausschliesslich auf der Südostseite des Gebäudes
   sowie auf dem nordöstlichen Teil des "Vorplatzes" zu erfolgen. Der Platz
   südwestlich des Betriebsgebäudes darf dafür nicht mehr verwendet werden.

    d) Der S. AG sind auf den Parzellen Nrn. 1673 und 3609 ausserdem noch
   folgende Tätigkeiten im Freien erlaubt:

    aa) Bedienung der Obstsilos in der Mostereisaison (1. September bis 30.

    November), soweit diese Silos rechtskräftig bewilligt sind.

    bb) Umlad und Abführung von Mostobst.

    cc) Abführung des Obstsaftes, der Eigenprodukte und der Trockentrester.

    dd) Betrieb der Lastwagenwaage sowie Vornahme von Mostobstwägungen.

    2. Die Auflagen gemäss Ziffer 1 hievor sind innert Jahresfrist ab

    Rechtskraft dieses Entscheides zu erfüllen.

    3. Die Regelung gemäss Ziffer 1 hievor trägt provisorischen Charakter.

    Sie gilt vorderhand bis zum 31. Dezember 1989. Auf diesen Zeitpunkt
hin hat
   der Gemeinderat Wohlen, allenfalls nach Durchführung entsprechender

    Lärmmessungen bei der S. AG, in einer anfechtbaren Verfügung darüber zu
   entscheiden, ob die erwähnte Regelung in ein Definitivum überführt
   werden kann oder ob weitere geeignete Immissionsschutzmassnahmen
   anzuordnen sind.

    4. Mit dem Vollzug wird der Gemeinderat Wohlen beauftragt.

    ..."

    Gegen den Entscheid des Aargauer Verwaltungsgerichtes haben K. und
die Mitbeteiligten sowohl Verwaltungsgerichts- wie auch staatsrechtliche
Beschwerde eingereicht. Das Bundesgericht weist die beiden Beschwerden
in den Hauptpunkten ab.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 1

    1.- Die Beschwerdeführer haben gegen den Entscheid des Aargauer
Verwaltungsgerichtes sowohl Verwaltungsgerichts- wie auch staatsrechtliche
Beschwerde eingereicht. Ob diese Rechtsmittel zulässig seien, hat das
Bundesgericht von Amtes wegen zu prüfen (vgl. BGE 112 V 83 E. 1, 108 Ib
74 E. 1b, 106 Ia 152).

    a) Das angefochtene Urteil ist einerseits in Anwendung des kantonalen
Baugesetzes vom 2. Februar 1971 (BauG) erlassen worden und stützt sich
andererseits auf die Vorschriften des Bundesgesetzes über den Umweltschutz
vom 7. Oktober 1983 (USG). Diese bundesrechtlichen Bestimmungen dienen
nicht nur als Auslegungshilfe für das kantonale Recht, ihnen kommt vielmehr
- wie noch zu zeigen sein wird (vgl. E. 3) - selbständige Bedeutung zu. Der
angefochtene Entscheid ist im übrigen von der letzten kantonalen Instanz
ausgegangen und kann kantonalrechtlich nur noch mit ausserordentlichen
Rechtsmitteln in Frage gestellt werden.

    b) Gemäss Art. 97 OG in Verbindung mit Art. 5 VwVG kann die
Verwaltungsgerichtsbeschwerde gegen Verfügungen gerichtet werden, die
sich auf öffentliches Recht des Bundes stützen oder hätten stützen sollen
(BGE 112 Ib 165 E. 1, 237 E. 2a), sofern diese von den in Art. 98 OG
genannten Vorinstanzen erlassen worden sind, keiner der in Art. 99-101
OG oder in der Spezialgesetzgebung vorgesehenen Ausschlussgründe
gegeben ist und die Missachtung von Bundesrecht gerügt wird (Art. 104
lit. a OG). Dies gilt auch für Verfügungen, die sowohl auf kantonalem
bzw. kommunalem wie auch auf Bundesrecht beruhen, falls und soweit
die Verletzung von unmittelbar anwendbarem Bundesrecht in Frage steht
(BGE 112 Ib 237 ff., 108 Ib 74 ff., 105 Ib 107 E. 1b und c; s. auch
BGE 112 Ib 321, 359). Der Entscheid des Aargauer Verwaltungsgerichtes
ist demnach, soweit er sich auf das Umweltschutzgesetz stützt und
dessen Anwendung bzw. Missachtung beanstandet worden ist, zu Recht
mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angefochten worden, verweist doch das
Umweltschutzgesetz selbst auf die allgemeinen Rechtsmittelbestimmungen des
OG und des VwVG (Art. 54 Abs. 1 USG) und liegt keiner der Ausnahmefälle
nach Art. 99-101 OG vor; insbesondere geht es hier schon deshalb
nicht um eine Bau- oder Betriebsbewilligung für technische Anlagen im
Sinne von Art. 99 lit. e OG, weil das Verwaltungsgericht nicht über das
technische Genügen der Betriebsanlagen der Beschwerdegegnerin befunden
hat (vgl. BGE 104 Ib 124 f., 103 Ib 153 E. 2). An der Zulässigkeit der
Verwaltungsgerichtsbeschwerde änderte auch nichts, wenn der angefochtene
Entscheid im Rahmen eines Bau- oder Zweckänderungsbewilligungsverfahren
selbst ergangen wäre, obwohl die raumplanerischen Entscheide - ausgenommen
die Entscheide über Entschädigungen als Folge von Eigentumsbeschränkungen
und über Bewilligungen im Sinne von Art. 24 des Bundesgesetzes über die
Raumplanung (RPG) - nach ausdrücklicher Vorschrift von Art. 34 Abs. 3
RPG der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung durch das Bundesgericht
entzogen und nur mit staatsrechtlicher Beschwerde anfechtbar sind. Wenn
der Gesetzgeber auf dem Gebiete des Umweltschutzes wie in anderen in das
Baubewilligungsverfahren hineinspielenden Bereichen des Bundesrechts
(Gewässerschutz-, Forstpolizei-, Natur- und Heimatschutzgesetz,
Bundesgesetz über bauliche Massnahmen im Zivilschutz usw.), den betroffenen
Privaten, dem Gemeinwesen und teilweise auch gesamtschweizerischen
Organisationen ein ordentliches Rechtsmittel auf Bundesebene zur
Verfügung gestellt hat, so sollte die volle Rechts- und allenfalls auch
Ermessenskontrolle stets stattfinden und nicht davon abhängen, ob das
fragliche Gesetz in einem Verfahren nach Art. 5 oder 24 RPG, nach den
anderen Bestimmungen des Raumplanungsgesetzes oder in einem nicht vom
Raumplanungsgesetz geregelten Verfahren zur Anwendung komme. Die Vorschrift
von Art. 34 RPG, die eine Ausnahme zur allgemeinen bundesrechtlichen
Rechtsmittelordnung schafft, kann daher dem Grundsatze nach nur für die
richterliche Überprüfung der Auslegung und Anwendung der raumplanerischen
kantonal- und bundesrechtlichen Normen selbst, dagegen nicht für andere,
unmittelbar anwendbare Bundesrechtsbestimmungen gelten. Die bereits in
BGE 113 Ib 384 E. 4c aufgeworfene Frage des Verhältnisses von Art. 34
RPG zu Art. 54 f. USG ist in diesem Sinne zu beantworten.

    c) Der angefochtene Entscheid stützt sich wie erwähnt nicht
nur auf Bundesrecht, sondern gleichzeitig auf kantonales Baurecht,
insbesondere auf die Bestimmungen über die Bestandesgarantie und die
Baubewilligung. Insoweit ist gemäss Art. 34 RPG in Verbindung mit
Art. 84 lit. a OG die staatsrechtliche Beschwerde wegen Verletzung
verfassungsmässiger Rechte gegeben. ...

    d) Die von den Beschwerdeführern eingereichten Rechtsmittel sind
somit beide zulässig. In der Tat ist hier von einer Verzweigung
des Rechtsmittelweges auszugehen: Soweit die Streitsache dem
Bundesverwaltungsrecht untersteht, sind Bundesrechtsverletzungen -
mit der erwähnten Ausnahme hinsichtlich des Raumplanungsrechtes - mit
Verwaltungsgerichtsbeschwerde geltend zu machen; insofern dagegen die
Anwendung kantonalen Rechts beanstandet wird, muss staatsrechtliche
Beschwerde erhoben und kann die Verletzung verfassungsmässiger Rechte
gerügt werden (vgl. BGE 105 Ib 108 f., 222 f. E. 2a). Im vorliegenden Fall
sind zwei getrennte Rechtsschriften eingereicht worden, doch hätten die
beiden Beschwerden auch in einer einzigen Eingabe erhoben werden können
(BGE 105 Ib 223 E. 2a, 100 Ia 280 E. 1b).

Erwägung 3

    3.- Das Verwaltungsgericht ist im angefochtenen Urteil von § 135 BauG
ausgegangen, wonach bereits vorhandene Bauten für Industrie und Gewerbe,
die nicht in einer für sie bestimmten Zone liegen, weiterbestehen
und angemessen erweitert werden dürfen, wenn ihre unvermeidlichen
Einwirkungen auf die Nachbarschaft nicht übermässig sind. Nach
Auffassung des Verwaltungsgerichtes ergibt sich die Bedeutung der in
dieser Vorschrift enthaltenen Emissionsschranke heute in erster Linie
aus dem am 1. Januar 1985 in Kraft getretenen Umweltschutzgesetz. Wenn
in § 135 BauG von "unvermeidlichen" Einwirkungen die Rede sei, so heisse
dies nunmehr, dass die Emissionen so weit zu begrenzen seien, als dies
technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar sei (Art. 11
Abs. 2 USG). Vorbehalten blieben die besonderen Vorschriften über die
Sanierungen, namentlich über die Erleichterungen im Einzelfall (Art. 16
ff. und insbesondere Art. 17 USG), die indessen hier keine Rolle spielten.

    Diese Ausführungen erwecken den Eindruck, dem Bundesrecht komme
lediglich die Rolle einer blossen Auslegungshilfe des kantonalen Rechts
zu und es sei nicht selbständig anwendbar. Dem ist aber nicht so. Wie
das Bundesgericht schon verschiedentlich festgestellt hat, sind das
Bundesgesetz über den Umweltschutz und nun auch die auf den 1. April
1987 in Kraft getretene Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986
(LSV) mit Rücksicht auf die öffentlichen Interessen, die diese Normen
wahren, auf alle Verfahren, die im Zeitpunkt ihres Inkrafttretens
noch nicht abgeschlossen sind, grundsätzlich unmittelbar anwendbar
(BGE 113 Ib 62 f., 382 E. 4a, 112 Ib 42, 306 E. 12, 441 E. 7e). Soweit
sich der materielle Gehalt der kantonalrechtlichen Vorschriften über
den Umweltschutz mit dem Bundesrecht deckt oder weniger weit geht als
dieses, verliert das kantonale Recht seine selbständige Bedeutung; es
behält sie dort, wo es die bundesrechtlichen Bestimmungen ergänzt oder -
soweit erlaubt (vgl. Art. 65 Abs. 2 USG) - verschärft (HAEFELIN/HALLER,
Schweizerisches Bundesstaatsrecht, S. 112; Entscheid des Obergerichtes
des Kantons Schaffhausen vom 17. Dezember 1985, publ. in ZBl 88/1987
S. 87 f., Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Zürich
vom 28. Februar 1986, publ. in Baurechtsentscheide Kanton Zürich
1986 Nr. 34 S. 9). Nun hat das Aargauer Verwaltungsgericht hier
in Anwendung von § 135 BauG und Art. 11 Abs. 2 USG gegenüber der
Beschwerdegegnerin verfügt, welche Emissionsquellen auszuschalten
und inwieweit die verbleibenden Emissionen einzuschränken seien,
während es die Überprüfung der Frage, welche Immissionen auf die
Nachbarliegenschaften einwirkten und ob diese noch zu dulden seien,
auf einen späteren Zeitpunkt verschob. Emissionsbeschränkungen, wie sie
hier das Verwaltungsgericht festgesetzt hat, hätte dieses aber allein
schon gestützt auf Bundesrecht erlassen können. Nach Art. 16 Abs. 1 USG
müssen Anlagen, die den Vorschriften des Umweltschutzgesetzes nicht
genügen, saniert werden. Zu diesen Vorschriften zählt auch Art. 11
Abs. 2 und 3 USG, wonach Emissionen im Rahmen der Vorsorge unabhängig
von der bestehenden Umweltbelastung so weit zu begrenzen sind, als
dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist
(Abs. 2). Wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter
Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig
werden, sind die Emissionsbegrenzungen zu verschärfen (Abs. 3). Solche
Begrenzungen werden gemäss Art. 12 Abs. 2 USG durch Verordnungen oder,
soweit diese nichts vorsehen, durch unmittelbar auf das Umweltschutzgesetz
abgestützte Verfügungen vorgeschrieben. Da von der Betriebsanlage der
Beschwerdegegnerin unbestrittenermassen mehr Emissionen ausgingen, als
nach Art. 11 USG zugelassen werden kann, konnte das Verwaltungsgericht
die Betriebseinschränkungen gestützt auf die genannten bundesrechtlichen
Vorschriften anordnen. Daran ändert nichts, dass hier noch nicht bekannt
ist, ob die Immissionsgrenzwerte überschritten werden, und Art. 13 der
heute ebenfalls anwendbaren Lärmschutz-Verordnung die Sanierungspflicht nur
für jene bestehenden ortsfesten Anlagen vorsieht, welche wesentlich zur
Überschreitung der Immissionsgrenzwerte beitragen. Wie bereits erwähnt,
können nach Art. 12 Abs. 2 USG Emissionsbegrenzungen durch unmittelbar
auf das Umweltschutzgesetz abgestützte Verfügungen erlassen werden
und sind nach der Vorschrift von Art. 12 Abs. 2 USG, die im Sinne des
Zweckartikels 1 des Gesetzes der Vorsorge dient, Schutzmassnahmen nicht
erst zu ergreifen, wenn die Umweltbelastung schädlich oder lästig wird,
sondern müssen schon sämtliche unnötigen Emissionen vermieden werden
(vgl. Kommentar zum Umweltschutzgesetz, N. 15 zu Art. 11, N. 1 zu Art. 16).

Erwägung 6

    6.- a) Die Beschwerdeführer gehen auch in ihrer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde davon aus, Standplätze, Harassenlager und
Werktätigkeit im Freien seien für die Parzellen Nrn. 1673 und 3609 nie
rechtskräftig bewilligt worden. Dass das Verwaltungsgericht die Parzelle
Nr. 3609 zu Unrecht mit ins Verfahren einbezogen hat, wurde bereits unter
E. 4 ausgeführt. Im Zusammenhang mit der Prüfung der staatsrechtlichen
Beschwerde hat sich sodann ergeben, dass das Verwaltungsgericht ohne
Verfassungsverletzung annehmen durfte, Fahrzeugstandplätze, Harassenlager
und Werktätigkeit im Freien hätten, soweit betriebsnotwendig, als durch
die bereinigende Baubewilligung des Gemeinderates Wohlen vom 22. April
1985 bewilligt zu gelten.

    Für das Abstellen von Lastwagen enthält Ziffer 3 des das vorliegende
Verfahren auslösenden Beschlusses des Gemeinderates Wohlen vom 27. Juni
1983 eine ausdrückliche Regelung. Danach dürfen in der Zeit zwischen 19.00
Uhr und 07.00 Uhr, samstags ab 12.00 Uhr und sonntags auf den Parzellen
Nrn. 1673 und 4091 keine Lastwagen (Motorwagen über 3,5 t Gesamtgewicht)
parkiert werden. Ebenso dürfen während dieser Zeit keine Lastwagen zu- und
wegfahren. Das Verwaltungsgericht hat die zeitliche Regelung für erlaubte
Zu- und Wegfahrten übernommen. Es hat zudem lediglich die Parkiererlaubnis
für zwei Fahrzeuge, bzw. während der Mostereisaison für drei Fahrzeuge,
dahingehend erweitert, dass diese auch zwischen 19.00 Uhr und 07.00 Uhr,
also während 24 Stunden am Tag auf dem Betriebsareal stehengelassen werden
dürfen. Gleichzeitig hat es die gemeinderätliche Anordnung aber verschärft,
indem ausser den speziell aufgeführten Ausnahmen keine Nutzfahrzeuge über
3,5 t Gesamtgewicht mehr auf dem Betriebsareal stationiert werden dürfen.

    b) Die Beschwerdeführer machen sodann geltend, die von der Vorinstanz
zugelassenen zwei bzw. drei Standplätze für Nutzfahrzeuge über 3,5 t
Gesamtgewicht bewirkten Immissionen, die in einer reinen Wohnzone mit dem
Immissionsgrad I (nicht störend) nicht hingenommen werden müssten. Die
Beschwerdegegnerin sei auf die Standplätze nicht angewiesen. Sie könne
die Lastwagen problemlos in der Gewerbezone "Rigacker" stationieren. Von
dort aus könnten sie zum alten Betriebsgebäude gefahren und auf der dafür
vorgesehenen Rampe be- und entladen werden. Die durch die Vorinstanz
ausgesprochene Bewilligung der genannten Standplätze verletze Art. 11
Abs. 2 USG. Dasselbe gelte für das Leergut-Harassenlager von maximal
2400 Harassen sowie die unter Ziffer 1 lit. d bewilligten Tätigkeiten im
Freien. Der Beschwerdegegnerin stünden genügend Leerräume innerhalb des
Betriebsgebäudes zur Verfügung und zudem würden im neuen Betriebsgebäude
"Rigacker" neue Lagermöglichkeiten geschaffen.

    Wie vorn unter E. 3 dargelegt, sind im vorliegenden Fall die Artikel
16 Abs. 1, 11 Abs. 1 und 2 und 12 USG anwendbar. Nach Art. 11 Abs. 1 USG
werden Luftverunreinigungen, Lärm, Erschütterungen und Strahlen durch
Massnahmen bei der Quelle begrenzt (Emissionsbegrenzungen). Dabei sind
die Emissionen unabhängig von der bestehenden Umweltbelastung so weit zu
begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich
tragbar ist. Nach Art. 12 Abs. 1 lit. c USG können die Emissionen unter
anderem auch durch den Erlass von Betriebsvorschriften eingeschränkt
werden. Genau das hat aber die Vorinstanz mit ihren Anordnungen betreffend
die Lastwagen-Standplätze, das Harassenlager und die Tätigkeit auf
dem Betriebsareal der Beschwerdegegnerin getan. Dass die endgültige
Ermittlung der Aussenlärmsituation auf später verschoben worden ist,
läuft entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ebenfalls nicht auf
eine Verletzung des Umweltschutzgesetzes hinaus. Vor dem Abschluss der
Umorganisation des Betriebes der Beschwerdegegnerin können die in Zukunft
zu erwartenden Immissionen nicht mit hinreichender Sicherheit bestimmt
werden. Auch ist nicht abschätzbar, wie sich die bereits angeordneten
Emissionsbegrenzungen auswirken werden. Das Verwaltungsgericht durfte sich
deshalb in seinem Entscheid unter dem Vorbehalt, dass die verbleibenden
Immissionen nach einer Übergangsfrist neu ermittelt würden, mit einer
provisorischen Regelung begnügen, die - wie sich im folgenden (E. 6c)
zeigt - noch etwas zu verschärfen ist.

    c) Im angefochtenen Urteil wird das heutige Lager von 5000-10000
Harassen und der Betrieb darum herum als für die Nachbarn klarerweise
unzumutbar bezeichnet und dessen Umfang auf maximal 2400 Harasse
beschränkt. Zudem wird der S. AG untersagt, auf der Parzelle Nr. 1673
irgendwelches Leergut zu sortieren. Die Lagerung der Harasse habe,
soweit der Platz innerhalb des Betriebsgebäudes hiefür nicht ausreiche,
ausschliesslich auf der Südostseite des Gebäudes sowie auf dem
nordwestlichen Teil des "Vorplatzes" zu erfolgen. Das Eidgenössische
Departement des Innern wirft in diesem Zusammenhang die Frage auf,
ob nicht auch der Harassenumschlag gleich wie die Fahrzeugbewegungen
auf die normalen Betriebszeiten beschränkt werden sollte. Diese
Frage erscheint berechtigt. Eine entsprechende Emissionsbeschränkung
erfüllt die Voraussetzungen von Art. 11 Abs. 2 USG und ist daher vom
Bundesgericht anzuordnen. Das gleiche gilt auch für das Be- und Entladen
der Lastwagen. Auch in diesem Punkte ist das angefochtene Urteil in dem
Sinne etwas zu verschärfen, als das Be- und Entladen der Lastwagen nur
während gewissen Zeiten zulässig ist. Die von den Beschwerdeführern
geforderten weiteren Beschränkungen, insbesondere auch hinsichtlich
der Werktätigkeit im Freien, wären dagegen zur Zeit unter den gegebenen
Umständen unverhältnismässig.