Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 340



113 Ib 340

54. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16.
September 1987 i.S. Wasserverbund Region Bern AG gegen Eidgenössisches
Departement des Innern (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Rodungsbewilligung zur Erstellung eines Grundwasserwerkes in einem
Wald, der sich in einem zum BLN gehörenden Gebiet befindet und der
Auenvegetation im Sinne von Art. 21 NHG darstellt: Interessenabwägung
nach Art. 26 FPolV.

    Bei der Beurteilung eines Rodungsgesuches müssen insbesondere auch die
geplanten Werke und deren Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt des Natur-
und Heimatschutzes (Art. 26 Abs. 4 FPolV) gewürdigt werden.

    Abwägung insbesondere des Interesses an einer Revitalisierung
(Überflutung) des betroffenen BLN-Gebietes gegenüber dem Interesse einer
bedeutenden Region wie Bern an einer hinreichenden Wasserversorgung.

    Rückweisung der Sache an das EDI zur Erteilung der
Rodungsbewilligung unter Vorbehalt von Bedingungen bzw. Auflagen, so
dass das in Frage stehende BLN-Objekt in seiner Gesamtheit höchstens
unerhebliche Beeinträchtigungen erleidet, sowie unter Vorbehalt der
naturschutzrechtlichen Bewilligung gemäss Art. 22 NHG.

Sachverhalt

    A.- Die Wasserverbund Region Bern AG wurde 1974 mit dem Zweck
gegründet, die regionale Wasserversorgung durch den Bau eines neuen
Grundwasserwerkes im Aaretal für die Zukunft sicherzustellen. Das seit 1950
bestehende Aaretalwerk I in Kiesen liefert im Sommer 50% des Wasserbedarfs
der angeschlossenen 11 Gemeinden und sollte dringend überholt werden. Es
soll nunmehr ein Grundwasserwerk Aaretal II errichtet werden. Das Projekt
sieht den Bau von zwei Brunnen und einem Pumpwerk mit einer Kapazität
von 25000 l/min vor. Der Bau des neuen Werkes soll insbesondere zur
Sicherstellung des künftigen Wasserbedarfs der Region, zum Ersatz von
nitrathaltigem Quellwasser durch nitratarmes Grundwasser (Mischung) und
zur Sicherstellung des Wasserbedarfs im Hinblick auf die Sanierung des
Werkes Aaretal I erfolgen. Die Standortfrage wurde auf Grund langjähriger
Untersuchungen in Zusammenarbeit mit dem Wasser- und Energiewirtschaftsamt
und der Forstdirektion des Kantons Bern abgeklärt. Man kam zum Schluss,
einzig in der Au oberhalb von Belp falle Wasser von guter Qualität und
genügender Menge an.

    Der Regierungsrat des Kantons Bern erteilte der Wasserverbund Region
Bern AG am 22. Juni 1983 die erforderliche Konzession zur Entnahme einer
Wassermenge von 25000 l/min. Die Konzessionsdauer beträgt 40 Jahre. Das
Raumplanungsamt des Kantons Bern stellte gleichzeitig die Erteilung der
Bewilligung für das Bauen ausserhalb der Bauzonen gemäss Art. 24 des
Bundesgesetzes über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG) in Aussicht.

    Zur Verwirklichung des Grundwasserwerkes ersuchte die Wasserverbund
Region Bern AG am 10. Mai 1984 im Einvernehmen mit der Burgergemeinde
Belp als Grundeigentümerin um Rodung von 7455 m2 Wald auf der Parzelle
Nr. 87 in der Au, Gemeinde Belp. Von der Rodungsfläche werden 2615 m2 für
die Installation von technischen Anlagen und 4840 m2 für die Einleitung
von Giessen, Tümpeln und Infiltrationsgräben für die Wasseranreicherung
benötigt. Als Ersatz sollen an Ort und Stelle 1455 m2 und in der Gemeinde
Uetendorf 6000 m2 aufgeforstet werden.

    Die Rodung betrifft einen Teil des Auenwaldgebietes in der
Belp-Au. Die Rodungsfläche befindet sich im kantonalen Naturschutzgebiet
"Aarelandschaft Thun-Bern", welches im Bundesinventar der Landschaften
und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN, SR 451.11) als
Objekt Nr. 1314 aufgeführt ist. Angesichts der besonderen Lage
im Auenwaldgebiet liess die Wasserverbund Region Bern AG durch die
Beratungsgemeinschaft für Umweltfragen, Zurich, ein Gutachten "über die
Folgen einer Grundwasserentnahme im Auwald Belp für Forstwirtschaft und
Natur" erstellen (Gutachten Dr. J. Burnand/M. Küper vom 30. September
1981). Gestützt darauf erstellte eine Arbeitsgruppe - Dr. Ch. Haefeli,
Geologe, Dr. K. Grossenbacher, Biologe, und Ch. Küchli, Forstingenieur -
ein Schutzkonzept über die Folgen einer Grundwasserentnahme im Auwald
Belp (Berichte vom 1. Juli und 1. November 1982). Dieses Schutzkonzept
sieht die Reaktivierung der alten Giessenläufe durch Ausbaggerung und die
individuelle Anreicherung des Grundwassers von der Au her durch Anlegen
von Gräben und Becken (Infiltration) vor. Damit sollen die Nachteile der
Grundwasserabsenkung möglichst behoben werden.

    Nach Zusicherung des Regierungsrates, die Ausnahmebewilligung
gemäss dem Regierungsratsbeschluss vom 30. März 1977 betreffend das
Naturschutzgebiet Aarelandschaft Thun-Bern zu erteilen, stellte die
kantonale Forstdirektion dem Eidgenössischen Departement des Innern
(EDI) den Antrag, das Rodungsgesuch sei gutzuheissen. Die Zuständigkeit
lag trotz der geringen Fläche beim EDI, da schon am 7. November 1973
im selben zusammenhängenden Waldstück zur Verstärkung und Erhöhung des
Aaredammes Rodungen von 34863 m2 bewilligt wurden (vgl. Art. 25bis und
Art. 25ter der Verordnung betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über
die Forstpolizei vom 1. Oktober 1965, FPolV; BGE 113 Ib 149 E. 2).

    Das EDI holte zur Abklärung der Interessen des Natur- und
Heimatschutzes (Art. 26 Abs. 4 FPolV) ein Gutachten bei der Eidgenössischen
Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) ein. Diese stellte am 9. Mai
1985 den Antrag, das Rodungsgesuch sei abzuweisen. Gestützt darauf
wurde bei der Bürogemeinschaft für angewandte Ökologie, Zürich, welche
unabhängig vom vorliegenden Projekt im Auftrag des Kantons Bern an
einer praxisorientierten ökologischen Studie der Aarelandschaft Thun-Bern
arbeitet, ein Bericht beigezogen. In diesem Bericht vom November 1985 wurde
festgehalten, das Projekt sei mit einer Revitalisierung (Überflutung) der
Belp-Au unvereinbar, doch würden sich Trinkwassergewinnung und Überflutung
keineswegs ausschliessen; allerdings bestehe gegenwärtig kein Projekt
zur Überflutung des Auenwaldes.

    Mit Entscheid vom 11. Juni 1986 lehnte das EDI das Rodungsgesuch
ab. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, drei der vier
Voraussetzungen für eine Rodungsbewilligung gemäss Art. 26 FPolV seien
zu bejahen, nämlich das Bedürfnis, die relative Standortgebundenheit
und das Fehlen entgegenstehender polizeilicher Gründe. Hingegen sei das
Rodungsgesuch gestützt auf Art. 26 Abs. 4 FPolV, wonach dem Natur-
und Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen sei, abzuweisen. Ein
Rodungseingriff für das vorliegende Projekt, mit der Konsequenz, dass
eine spätere Revitalisierung der sogenannten Hunzigenau verunmöglicht
werde, sei nicht zu verantworten, solange nicht feststehe, dass ein
Nebeneinander von Trinkwassergewinnung und Überflutung möglich sei. Das
Kerngebiet des BLN-Objektes Aarelandschaft Thun-Bern sei das grösste der
gemäss Art. 18 und 21 des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz
vom 1. Juli 1966 (NHG) hochgradig schützenswerten Flussauenobjekte. Die
vom Menschen bloss geringfügig beeinflussten Auenreste müssten unbedingt
erhalten werden, und die von ihm starker veränderten Auenstandorte seien
wenn immer möglich zu verbessern und wieder zu revitalisieren. Zwischen
Thun und Bern würden sich nur zwei Auenstandorte für eine Revitalisierung
eignen, darunter die Belp-Au, wo die Wasserfassungen geplant seien. Eine
Kombination von Überflutung und Trinkwassergewinnung würde allerdings
eine Anpassung des aktuellen Projektes bedingen. Nach Ansicht des EDI
sollte deshalb noch untersucht werden, ob und gegebenenfalls wie das
Projekt angepasst werden könnte, um eine periodische Revitalisierung
der Hunzigenau durch Überflutung zu ermöglichen. Nur wenn es sich zeigen
sollte, dass sich die von der Bürogemeinschaft für angewandte Ökologie
vorgeschlagene Alternative nicht oder nur mit hohen Kosten verwirklichen
liesse, könnte eine Rodung gemäss vorliegendem Projekt in Frage kommen.

    Gegen die Verweigerung der Rodungsbewilligung durch das EDI erhob die
Wasserverbund Region Bern AG am 14. Juli 1986 Verwaltungsgerichtsbeschwerde
an das Bundesgericht. Sie beantragt, die Verfügung des EDI vom 11. Juni
1986 sei aufzuheben, und das Rodungsgesuch vom 10. Mai 1984 sei zu
bewilligen.

    Am 23. Juni 1987 führte eine bundesgerichtliche Delegation einen
Augenschein durch. Anschliessend erfolgten durch umfassende Befragungen
weitere Abklärungen.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 31 Abs. 1 des Bundesgesetzes vom 11. Oktober 1902
betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei (FPolG)
soll das Waldareal der Schweiz nicht vermindert werden. Art. 24 Abs. 1
FPolV führt diesen Grundsatz dahin aus, dass das Waldareal im Hinblick
auf seine Nutz-, Schutz- und Wohlfahrtsaufgaben in seinem Bestand und in
seiner regionalen Verteilung zu erhalten ist. Sollen Rodungen vorgenommen
werden, so bedürfen sie einer Bewilligung. Nach der Bestimmung von Art. 26
Abs. 1 FPolV, die in ständiger Rechtsprechung als gesetzeskonform anerkannt
worden ist (BGE 108 Ib 180 E. Ia mit Hinweisen), darf die Bewilligung nur
erteilt werden, wenn sich hierfür ein gewichtiges, das Interesse an der
Walderhaltung überwiegendes Bedürfnis nachweisen lässt (BGE 108 Ib 268
f. E. 3a), was nur zutrifft, wenn das Werk, wofür die Rodung begehrt wird,
auf den vorgesehenen Standort angewiesen ist; finanzielle Interessen,
wie die möglichst einträgliche Nutzung des Bodens oder die preisgünstige
Beschaffung von Land, gelten nicht als gewichtige Bedürfnisse (Art. 26
Abs. 3 FPolV; BGE 108 Ib 174 E. 5b; 104 Ib 224 E. 3). Das Erfordernis der
Standortgebundenheit ist dabei nicht absolut aufzufassen, besteht doch
fast immer eine gewisse Wahlmöglichkeit; indessen fallen die Gründe der
Wahl eines Standortes bei der Interessenabwägung ins Gewicht (BGE 112 Ib
200 E. 2a mit Hinweisen).

    Der Rodung dürfen sodann keine polizeilichen Gründe entgegenstehen
(Art. 26 Abs. 2 FPolV; BGE 108 Ib 172 E. 4). Auch ist dem Natur- und
Heimatschutz gebührend Rechnung zu tragen (Art. 26 Abs. 4 FPolV; BGE 108
Ib 183 E. 5c).

    Diese Grundsätze gelten ebenfalls für Körperschaften des öffentlichen
Rechts bzw. für öffentliche Werke (BGE vom 18. Februar 1987 i.S. EDI und
SBN c. Ortsgemeinde Haag, E. 2b, in ZBl 88/1987, S. 500, und BGE 113 Ib
152 E. 3b mit weiteren Hinweisen). Dabei kann es in einem Fall wie dem
vorliegenden, in dem an die Stelle der zu rodenden Waldfläche Bauwerke
treten sollen, nicht genügen, die Auswirkungen der Rodung als solcher
auf das Landschaftsbild zu beurteilen, tritt doch die Rodung als solche
praktisch gar nie für sich allein in Erscheinung. Vielmehr müssen von der
zuständigen Bewilligungsbehörde - hier also vom EDI - bei der Beurteilung
eines Rodungsgesuches insbesondere auch die geplanten Werke und deren
Auswirkungen unter dem Gesichtspunkt des Natur- und Heimatschutzes
(Art. 26 Abs. 4 FPolV) gewürdigt werden (BGE 108 Ib 177; 98 Ib 500 E. 8).

    Nur die letztgenannte der vier Voraussetzungen von Art. 26 FPolV ist
vom EDI als nicht gegeben erachtet worden; die Voraussetzungen gemäss
Art. 26 Abs. 1-3 FPolV sind unbestrittenermassen erfüllt. Im Rahmen der
umfassenden Interessenabwägung nach Art. 26 FPolV ist nachfolgend also
einzig zu prüfen, ob das Rodungsgesuch auch dem Natur- und Heimatschutz
gebührend Rechnung trägt, wie dies von Art. 26 Abs. 4 FPolV verlangt wird.

Erwägung 4

    4.- a) Die Beschwerdeführerin rügt zunächst, das EDI habe den
Sachverhalt unrichtig und unvollständig festgestellt. Es habe zu Unrecht
angenommen, das geplante Wasserfassungswerk könne so angepasst werden,
dass es sich mit einer Überflutung (Revitalisierung) des Auenwaldes
Belp vertrage.

    Die am Augenschein getroffenen Abklärungen ergaben, dass ein
vernünftig ausgestaltetes Wasserfassungsnetz in der Belp-Au sich -
entgegen der vom EDI getroffenen Annahme - mit einer Revitalisierung
des gesamten Auengebietes nicht vertragen kann. Eine Öffnung des Dammes
käme grundsätzlich nur auf der Höhe des "Entengülls" in Frage. Gestützt
darauf kam Geologe Dr. Ch. Haefeli zum Schluss, es könnten oberhalb
dieser Stelle noch vier Brunnen (mit den auf den massgebenden Plänen
bezeichneten Standorten R, S, T und U) errichtet werden. Es hat sich
gezeigt, dass nur die Brunnen R und S mit einer maximalen Fördermenge
zwischen 12000 und 16000 l/min unbedenklich sind. Die beiden weiter
südlich liegenden Brunnen T und U kommen jedoch aus verschiedenen
Gründen nicht in Betracht. Weil die Aare im Sommer eine Temperatur
bis ca. 20 Grad erreichen kann, würde das dort - also bei T und U -
gefasste Wasser bis ca. 18 Grad warm, da sich pro 40 m Flussabstand
eine Temperaturabsenkung von erfahrungsgemäss 1 bis 2 Grad ergibt. Das
Schweizerische Lebensmittelbuch, das gemäss Bundesratsbeschluss vom 14.
Dezember 1964 (SR 817.021. 1) Verordnungscharakter hat, bezeichnet jedoch
die Idealtemperatur für Trinkwasser auf 8 bis 12 Grad, keinesfalls sollte
das Trinkwasser bei seiner Fassung eine Temperatur von 15 Grad übersteigen,
weil bei höheren Temperaturen die Gefahr nachträglicher Aufkeimung des
Wassers in erheblichem Ausmass besteht. Da bei den Brunnen R und S im
Sommer eine Temperatur von minimal 15 Grad zu erwarten ist, kann das
Wasser der vier erwähnten Brunnen auch nicht durch Mischung auf eine
tiefere Temperatur gesenkt werden. Kommen die beiden oberen Brunnen aber
somit nicht in Betracht, so kann eine Wasserfassung von 25000 l/min nicht
erreicht werden. Dazu kommt, dass auch die beiden unteren (nördlichen)
Brunnen kaum in Frage kommen. Bei einer Öffnung des Aaredamms beim
"Entengüll" besteht nämlich - wie am Augenschein festgestellt werden
konnte - wegen des im betreffenden Gebiet sehr kleinen Gefälles die Gefahr
einer Rückflutung und damit einer Verschmutzung der Brunnen. Demnach
ist festzustellen, dass eine Revitalisierung - jedenfalls eine solche
des gesamten Auenwaldgebietes - und eine Wasserentnahme von 25000 l/min
sich gegenseitig ausschliessen, zumal die Brunnen infolge des Belpberges
nicht mehr weiter südlich verschoben werden können.

    b) Die Beschwerdeführerin rügt sodann, die Vorinstanz habe bei der
Sachverhaltsfeststellung übersehen, dass kaum kommunale und kantonale
Bewilligungen für eine Dammöffnung zu Revitalisierungszwecken erhältlich
gemacht werden könnten. Das EDI habe auch nicht berücksichtigt, dass eine
Dammöffnung als unabdingbare Voraussetzung für eine Revitalisierung der
Belp-Au eine ganze Anzahl von Objekten gefährden würde. Am Augenschein
wurde in der Tat festgestellt, dass von seiten des Kantons und der
Gemeinden eine starke Abneigung gegen eine Dammöffnung besteht.
Kanton und Gemeinden befürchten, dass bei einer Dammöffnung der
schon mehr als 100 Jahre verfolgte tatkräftige Schutz vor Hochwasser
illusorisch gemacht würde. Gemäss einem schriftlichen Bericht des
Kantonsingenieurs vom 19. Dezember 1986 wäre bei einer uneingeschränkten
Revitalisierung im betreffenden Gebiet auf einer Länge von 6,5 km mit
nicht absehbaren Gefährdungen und Beeinträchtigungen zu rechnen. Die
Richtigkeit dieser Feststellung bestätigte sich am Augenschein. Vor
allem würden die Staatsstrasse Münsingen-Belp, das Restaurant Campagna,
verschiedene landwirtschaftliche Siedlungen beim Weiler "Viehweide"
und allenfalls sogar Teile des Flughafens Belpmoos gefährdet. Die
Gefährdung würde insbesondere auch Land betreffen, welches der Kanton
Bern zur Sicherstellung der Fruchtfolgeflächen benötigt. Wollten die
Gefährdungen auch nur einigermassen in Schranken gehalten werden, müsste
ein neuer Damm weiter westlich mit immensen Kosten errichtet werden. Alle
diese Umstände zeigen, dass aus tatsächlichen und politischen Gründen in
absehbarer Zeit kaum mit einer Dammöffnung zwecks einer Revitalisierung
der Belp-Au gerechnet werden kann.

    c) Die Beschwerdeführerin rügt ferner Art. 6 NHG als verletzt und macht
geltend, diese Bestimmung habe nur die ungeschmälerte Erhaltung, nicht aber
eine Verbesserung des bestehenden Zustandes im Auge. Die Revitalisierung
der Belp-Au durch Dammöffnung sei nun aber nicht nur ungeschmälerte
Erhaltung, handle es sich doch bei dieser Au heute nicht mehr um eine
ursprüngliche Au, sondern bloss noch um einen ausgetrockneten Auenwald.

    Diese Einwendungen sind nicht stichhaltig. Auch wenn die Belp-Au schon
seit einiger Zeit nicht mehr periodisch natürlich überflutet wird, handelt
es sich hier - wie die am Augenschein getroffenen Abklärungen ergaben - um
einen von einzelnen Bachläufen und kleinen Gewässern durchzogenen Wald,
der auf Schotter steht und von dem im Einzugsgebiet des Aarelaufes
befindlichen Grundwasser und damit von dessen Schwankungsbereich
abhängig ist. Entsprechend handelt es sich dabei auch heute noch um
eine eigentliche Auenvegetation. Als solche geniesst sie den Schutz
der Bestimmungen gemäss Art. 18 Abs. 1bis und 1ter sowie Art. 21 NHG
(in der am 1. Januar 1985 mit dem Umweltschutzgesetz - USG - in Kraft
getretenen Fassung des Gesetzes vom 7. Oktober 1983). Dies geht denn
auch aus dem Gutachten der ENHK vom 9. Mai 1985 hervor. Ohnehin ist der
fragliche Wald aber bereits als solcher, ohne Rücksicht auf Zustand,
Wert und Funktion, schützenswert (s. BGE vom 18. Februar 1987 i.S. EDI
und SBN c. Ortsgemeinde Haag, E. 3b, in ZBl 88/1987, S. 501) und nach den
bereits erwähnten massgebenden forstrechtlichen Bestimmungen grundsätzlich
ungeschmälert zu erhalten bzw. grösstmöglich zu schonen. An sich könnte zum
Ausgleich einer Rodung - selbst über Art. 6 NHG (s. hiezu auch nachf. E. 5)
hinausgehend - eine Revitalisierung verlangt werden, wobei hier, zumal ein
auch nur einigermassen konkretes Projekt hiezu fehlt, offenbleiben kann,
in welcher Form und in welchem Ausmass eine solche vorzunehmen wäre; mit
den Bestimmungen gemäss Art. 18 Abs. 1bis und 1ter NHG (in der Fassung
des Gesetzes vom 7. Oktober 1983) wäre jedenfalls eine ausreichende
Rechtsgrundlage dafür vorhanden.

    Allerdings ist festzustellen, dass die Revitalisierungsmöglichkeit
nur eines der verschiedenen Elemente darstellt, die es im Rahmen der
gemäss Art. 26 FPolV vorzunehmenden umfassenden Interessenabwägung zu
beachten gilt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Belp-Au laut den
Studien der Bürogemeinschaft für angewandte Ökologie nicht an erster Stelle
unter den Gebieten steht, die sich für eine Überflutung eignen. Überdies
wird in der erwähnten Studie ausdrücklich darauf hingewiesen, dass
das Gebiet heute verschiedene ebenfalls für den Naturschutz wertvolle
Objekte enthält, die bei einer Überflutung zerstört würden. Somit sprechen
zumindest teilweise auch Grunde des Naturschutzes gegen eine Überflutung
zwecks Revitalisierung der Belp-Au. Hinzu kommt, dass unter den gegebenen
Umständen in einigermassen absehbarer Zeit nicht mit einer Dammöffnung zum
Zwecke einer Revitalisierung des betreffenden Gebietes gerechnet werden
kann, da eine solche - wie erwähnt - sowohl von seiten des Kantons als
auch von seiten der Gemeinden abgelehnt wird und da - wie am Augenschein
deutlich zu Tage getreten ist - heute erst sehr unbestimmte Vorstellungen
einer Revitalisierung bestehen, die sich noch lange nicht zu einem
provisorischen Vorprojekt verdichtet haben. Angesichts der Komplexität
der sich bei einer Revitalisierung stellenden Probleme dürfte es ohne
weiteres 20 Jahre oder sogar noch länger dauern, bis eine projektreife
Vorlage dafür bestehen dürfte. Dabei ist in Betracht zu ziehen, dass der
Beschwerdeführerin keine zeitlich unbefristete Konzession erteilt worden
ist, sondern dass diese auf höchstens 40 Jahre beschränkt ist. Gesetzliche
Bestimmungen zwingen die Beschwerdeführerin ferner dazu, die Kosten der
projektierten Anlage in der Höhe von ca. Fr. 35 Mio. innert 20 Jahren
zu amortisieren. Aus diesen Gründen ist die vom EDI getroffene Annahme,
die Erstellung des Grundlage des Rodungsbegehrens bildenden Wasserwerkes
Aaretal II stehe einer späteren Dammöffnung und Revitalisierung für
alle Zeiten entgegen, nicht richtig. Vielmehr wird bei den gegebenen
Verhältnissen schon der nächsten Generation die Möglichkeit wieder
offenstehen, auch zugunsten einer Revitalisierung entscheiden zu können.

    Demnach erscheint die Erhaltung des fraglichen Waldstückes im
Interesse einer allenfalls in späteren Jahren für das Gebiet der Belp-Au
zu beschliessenden Revitalisierung als nicht derart gewichtig, dass sie
das Interesse einer so bedeutenden Region wie Bern an einer hinreichenden
Wasserversorgung (s. hiezu auch nachf. E. 5) zu überwiegen vermöchte. Die
Rodungsbewilligung einzig mit dem Argument die Revitalisierung des
Gebietes der Belp-Au zu verweigern, wäre bei den gegebenen Verhältnissen,
wie sie soeben geschildert worden sind, und in Anbetracht dessen, dass
die zu rodende Waldfläche mit insgesamt rund 7000 m2 relativ klein ist,
unverhältnismässig.

Erwägung 5

    5.- a) Zu prüfen ist somit nur noch, ob die Auswirkungen der Rodung
bzw. der zu errichtenden Werke vor Art. 26 Abs. 4 FPolV bestehen können.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass sich die zu rodende Fläche
in einem Gebiet befindet, das vom BLN-Inventar erfasst wird. Durch die
Aufnahme eines Objektes von nationaler Bedeutung in dieses Inventar wird
dargetan, dass es in besonderem Masse die ungeschmälerte Erhaltung oder
jedenfalls grösstmögliche Schonung verdient (Art. 6 Abs. 1 NHG). Die
Aufnahme in das Verzeichnis bedeutet allerdings nicht, dass sich am
bestehenden Zustand überhaupt nichts mehr ändern darf, doch soll der
Zustand eines Objektes gesamthaft betrachtet unter dem Gesichtspunkt
des Natur- und Heimatschutzes nicht verschlechtert werden. Allfällige
geringfügige Nachteile einer Veränderung müssen durch anderweitige Vorteile
mindestens ausgeglichen werden (BBl 1965 III 103). Darüber hinaus sind -
wie ausgeführt - nebst den massgebenden forstrechtlichen Vorschriften
die besonderen Schutzbestimmungen gemäss Art. 18 Abs. 1bis und 1ter und
Art. 21 NHG (in der Fassung des Gesetzes vom 7. Oktober 1983) zu beachten,
da es sich bei dem vom Rodungsgesuch betroffenen Wald um Auenvegetation
im Sinne dieser Bestimmungen handelt (oben E. 4c).

    Anderseits dürfen nach der Lehre auch in vom BLN-Inventar erfassten
Gebieten unter besonderen Verhältnissen Rodungsbewilligungen für
Wasserversorgungsanlagen erstellt werden (vgl. ROBERT IMHOLZ, Die
Zuständigkeit des Bundes auf dem Gebiete des Natur- und Heimatschutzes,
Diss. Zürich 1975, S. 68 mit Hinweis).

    b) Im Lichte der vorstehend genannten Grundsätze ist im weiteren
auch das von Dr. J. Burnand und M. Küper von der Beratungsgemeinschaft
für Umweltfragen im September 1981 erstattete Gutachten über die Folgen
einer Grundwasserentnahme in der Belp-Au in die Interessenabwägung für
die Beurteilung des Rodungsgesuches im Sinne von Art. 26 Abs. 4 FPolV
einzubeziehen. Das Gutachten kam zum Schluss, auf einer Fläche von
ca. 7 ha komme es bei einer Wasserentnahme von 13000 l/min zu einer
Grundwasserabsenkung von 0,5 m. Auf dieser Fläche würden mit höchster
Wahrscheinlichkeit die Altbäume früher oder später eingehen. Die Bäume
müssten nämlich zukünftig unabhängig vom Grundwasser leben und hätten nur
eine relativ geringe Zuwachsrate zu verzeichnen. Für Neuanpflanzungen wären
sodann nur wenige Arten wie Föhren und Traubeneichen geeignet. Es komme
somit zu einer Verarmung der Pflanzengesellschaft. Gestützt auf dieses
Ergebnis des Gutachtens vom September 1981 wurde von den Beteiligten
eine "Arbeitsgruppe Schutzkonzept Hunzigenau" eingesetzt, welche aus
drei ausgewiesenen Fachleuten bestand (Dr. K. Grossenbacher, Biologe,
Spezialist für Moore und Amphibienstandorte; Forstingenieur Ch. Küchli,
Spezialist für Pflanzensoziologie; Dr. Ch. Haefeli, Geologe). Diese
Arbeitsgruppe erstattete zwei Berichte, welche vom 1. Juli und vom
1. November 1982 datieren. Sie schlug zur Geringhaltung der Eingriffe
geeignete Schutzmassnahmen vor, so eine Grundwasseranreicherung durch
Erweiterung des "Entengülls" und weiterer Tümpel, durch Öffnen von Gräben
und durch Vornahme von Ausholzungen um kleine Gewässer herum. Ferner schlug
die Arbeitsgruppe die Erstellung Beobachtungsnetzes vor, um jederzeit die
tatsächlichen Auswirkungen auf die Lage des Grundwasserspiegels überprüfen
und mittels geeigneter Massnahmen Korrekturen vornehmen zu können. In der
Folge wurde durch das Geologenbüro Dr. P. Kellerhals/Dr. Ch. Haefeli eine
Optimierung der Standorte der beiden erforderlichen Brunnen vorgenommen,
wodurch - laut einem vom 1. März 1984 datierten Bericht - die negativen
biologischen und forstwirtschaftlichen Folgen wesentlich geringer als
gemäss den früheren Annahmen sein sollten. Es wird nun zu prüfen sein, wie
verhindert werden kann, dass der Grundwasserspiegel bei der vorgesehenen
Entnahmemenge von 25000 l/min (und nicht etwa nur bei der Grundlage des
Gutachtens vom September 1981 bildenden Menge von 13000 l/min) nicht über
ein Mass hinaus absinkt, dessen Überschreitung für den Pflanzenwuchs
im Rahmen der Interessenabwägung nicht mehr angängige Schädigungen zur
Folge hätte. Dieser Mindestgrundwasserspiegel dürfte je nach Jahreszeit
bzw. Vegetationsstand unterschiedlich sein. Für den Fall seines
Unterschreitens wären die Wasserentnahmen aus den beiden projektierten
Brunnen bis zum Wiedererreichen des Mindestgrundwasserspiegels zu
beschränken oder, wenn nötig, sogar zu unterlassen. Es kann allerdings
nicht Aufgabe des Bundesgerichts als Verwaltungsgerichtsbeschwerdeinstanz
sein, die hiezu notwendigen einlässlichen fachlichen Abklärungen zu
tätigen und genaue Bedingungen bzw. Auflagen einer Rodungsbewilligung
festzulegen. Vielmehr ist dies Sache der Bewilligungsbehörde, welcher
die hiefür geeigneten Fachleute zur Verfügung stehen.

    c) In Rahmen einer Interessenabwägung bestehen sodann einige
weitere Gründe, welche einer Verweigerung der Rodungsbewilligung
entgegenstehen. Im Vordergrund steht dabei eine gewisse zeitliche
und sachliche Dringlichkeit des Projektes der Beschwerdeführerin. In
erster Linie ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass im Wasser
des Einzugsbereichs der Beschwerdeführerin die Nitratwerte eindeutig zu
hoch sind und die Grenzwerte teilweise in gesundheitsschädigender Weise
überschreiten. Demgegenüber haben Untersuchungen ergeben, dass das in
der Belp-Au zu fassende Grundwasser nitratarm ist und dass es deshalb
dazu dienen könnte, auf dem Wege der Mischung mit dem übrigen Wasser
den Nitratgehalt entscheidend zu senken. Sodann konnte am Augenschein
festgestellt werden, dass das Wasser im Bereich der Beschwerdeführerin
auch einen zu hohen Atrazingehalt auf weist. Auch diesbezüglich ist die
Beschwerdeführerin zwecks Mischung aus gesundheitspolizeilichen Gründen auf
das Wasser aus der Belp-Au angewiesen. Das Interesse einer so bedeutenden
Region wie Bern an einer hinreichenden Wasserversorgung ist unter den
gegebenen Verhältnissen, wie dargelegt, höherrangig als dasjenige an
der Erhaltung der in Frage stehenden relativ geringen Waldfläche. Bei
Einhaltung der noch festzulegenden Bedingungen bzw. Auflagen werden die
Rodung und die Auswirkungen des vorgesehenen Grundwasserwerkes das vom
Gesuch betroffene BLN-Objekt in seiner Gesamtheit nicht in erheblichem
Ausmass beeinträchtigen.

    d) Der Vollständigkeit halber ist schliesslich festzuhalten,
dass die Beschwerdeführerin sich zu Unrecht auf eine Verletzung von
Art. 20 des Bundesgesetzes vom 8. Oktober 1982 über die wirtschaftliche
Landesversorgung (SR 531) beruft. Daraus kann für den vorliegenden
Fall nichts angeleitet werden, handelt es sich doch bei der erwähnten
Gesetzesbestimmung um eine blosse Kompetenznorm, gemäss welcher der
Bundesrat Vorschriften über die Sicherstellung der Versorgung mit
Trinkwasser in Notzeiten erlassen kann. Dennoch ist im Rahmen der
Interessenabwägung festzuhalten, dass auch die Versorgungssicherheit
des über 200000 Einwohner umfassenden Gebietes mit möglichst nicht
gesundheitsschädigendem Trinkwasser zu berücksichtigen ist. Ferner wie
die Beschwerdeführerin nicht zu Unrecht darauf hin, dass ihr aus dem
Jahre 1950 stammendes Aaretalwerk I sanierungsbedürftig ist, wobei das
in der Belp-Au zu gewinnende Wasser die Sanierungszeit des bestehenden
Werkes überbrücken sollte.

Erwägung 6

    6.- Die vorstehende umfassende Interessenabwägung führt
dazu, dass das EDI die Rodungsbewilligung unter von ihm noch genau
festzulegenden Bedingungen bzw. Auflagen - vor allem mit Bezug auf den
Mindestgrundwasserspiegel - zu erteilen hat. Nebstdem hat es in der
Rodungsbewilligung die durch die zuständige Behörde auszustellende,
allenfalls von zusätzlichen Bedingungen bzw. Auflagen abhängig zu
machende Ausnahmebewilligung gemäss Art. 22 NHG vorzubehalten (s. BGE
112 Ib 431 f.; BGE 113 Ib 152 E. 3b mit weiteren Hinweisen), da es sich
bei der zu rodenden Fläche im Auwald Belp - wie ausgeführt (oben E. 4c)
- um Ufervegetation im Sinne dieser Bestimmung (i.V.m. Art. 18 Abs. 1bis
und 1ter sowie Art. 21 NHG in der Fassung des Gesetzes vom 7. Oktober
1983) handelt.

    Demnach ist die Verfügung des EDI vom 11. Juni 1986 in Gutheissung
der Verwaltungsgerichtsbeschwerde aufzuheben und die Sache zu neuer
Entscheidung im Sinne der vorstehenden Erwägungen an dieses zurückzuweisen.