Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 333



113 Ib 333

53. Auszug aus dem Urteil der II. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16.
Oktober 1987 i.S. S. gegen Eidgenössisches Volkswirtschaftsdepartement
und Bundesamt für Landwirtschaft (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Bewilligung für Umbau eines Schweinestalles; teilweise Umstellung
von Mast auf Zucht. Abgabe für zuviel gehaltene Tiere. Art. 19a lit.
a, 19d Abs. 1 und Abs. 4 LWG; Art. 4 Abs. 1 und 5 Abs. 3-5 sowie Art. 12
Abs. 1 lit. a und Abs. 2 StallbauVO.

    Die Umstellung von Mast auf Zucht bei Schweinen stellt für sich
allein keine Aufstockung des Tierbestandes i.S. von Art. 5 Abs. 3
lit. a StallbauVO dar (E. 3c). Eine Aufstockung läge gemäss Art. 5
Abs. 4 StallbauVO dann vor, wenn die neu gehaltenen Tiere vor dem Umbau
nicht tiergerecht hätten gehalten werden können (E. 3d). Dies haben die
Vorinstanzen noch nicht abgeklärt.

    Die gemäss Art. 12 Abs. 1 lit. a StallbauVO für in einem nicht
bewilligten Stall gehaltene Tiere zu erhebende Abgabe ist eine
Lenkungsabgabe und keine Busse mit Strafcharakter. Sie ist daher erst zu
erheben, wenn feststeht, für wie viele Tiere nach dem Umbau die Bewilligung
erteilt werden konnte. Die Abgabe ist nur gerechtfertigt für die Anzahl
Tiere, um die die zu bewilligende Anzahl übertroffen worden ist (E. 4).

Sachverhalt

    A.- S. erwarb im Mai 1980 einen Schweinestall, in dem er vorerst
750 Mastschweine hielt. In der Folge entschloss er sich, den Bestand an
Mastschweinen herabzusetzen und dafür einen Zuchtstall für Mutterschweine
einzurichten. Für die nötigen, 1983 abgeschlossenen Umbauten holte er
keine Bewilligung ein, da er eine solche angesichts der Tatsache, dass
keine äussere Veränderung der Gebäulichkeiten notwendig war, als nicht
erforderlich erachtete.

    Anlässlich einer Kontrolle, die das Bundesamt für Landwirtschaft
am 6. Februar 1985 auf dem Betrieb von S. durchführte, wurden die
erwähnten baulichen und betrieblichen Änderungen festgestellt. Es
wurden 40 Mutterschweine gezählt. Das Bundesamt auferlegte S. für
30 Mutterschweine (bei Berücksichtigung der Freigrenze von 10 Tieren)
eine Abgabe von je Fr. 500.--, also von Fr. 15'000.--. Es wies auch ein
nachträgliches Gesuch um Bewilligung der Umbauten ab. Das Eidgenössische
Volkswirtschaftsdepartement wies dagegen erhobene Beschwerden ab. Es
wertete den Übergang von der Haltung von Mastschweinen zur Haltung von
Mutterschweinen als Erhöhung des Tierbestandes.

    Gegen den Departementsentscheid erhob S. am 21. April 1986
Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Anlässlich einer ersten Sitzung der II.
öffentlichrechtlichen Abteilung vom 31. Oktober 1986 wurden weitere
Abklärungsmassnahmen beschlossen. Am 18. Mai 1987 fand bei den Stallungen
des Beschwerdeführers ein Augenschein statt.

    Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut und weist die Sache zu
neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an das Bundesamt für Landwirtschaft
zurück.

Auszug aus den Erwägungen:

                         Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- Zur Lenkung der Fleisch- und Eierproduktion kann der Bundesrat die
Erstellung neuer sowie den Umbau und die Erweiterung bestehender Ställe für
bestimmte Tierarten der Bewilligungspflicht unterstellen (Art. 19d Abs. 1
des Landwirtschaftsgesetzes vom 3. Oktober 1951 in der Fassung vom 27.
Juni 1979; LwG, SR 910.1). Gemäss Art. 19d Abs. 4 LwG werden Stallbauten
ohne Erweiterung des Tierbestandes bewilligt, sofern die Höchstzahl, zu
deren Festlegung der Bundesrat gemäss Art. 19a lit. a LwG ermächtigt ist,
nicht überschritten wird.

    Gestützt auf diese gesetzlichen Bestimmungen hält Art. 5 Abs. 3
der Verordnung über die Bewilligung von Stallbauten (Stallbauverordnung)
vom 26. August 1981 (SR 916.016) fest, dass ein Umbau bewilligt wird, wenn
derselbe u.a. mit keiner Aufstockung des bisher auf dem Betrieb gehaltenen
Tierbestandes verbunden ist (lit. a) und wenn überdies der höchstzulässige
Gesamtbestand an Tieren nicht überschritten wird (lit. b). Nach Art. 4
Abs. 1 Stallbauverordnung betragen die höchstzulässigen Tierbestände
für die hier in Frage stehenden Tierkategorien 150 Mutterschweine
(lit. c) bzw. 1000 Mastschweine ab 30 kg Lebendgewicht (lit. e). In
Art. 4 Abs. 2 wird der Grundsatz aufgestellt, dass die Höchstbestände
gemäss Art. 4 Abs. 1 nicht kumuliert werden dürfen; werden auf einem
Betrieb mehrere Tierkategorien gehalten, so wird für jede derselben
ermittelt, wieviele Prozente der vorhandene Bestand gemessen am zulässigen
Maximalbestand gemäss Art. 4 Abs. 1 lit. a - l ausmacht, und die Summe
dieser Prozentwerte darf 100 Prozent nicht überschreiten. Im weiteren hält
Art. 5 Stallbauverordnung fest, dass als bisher auf dem Betrieb gehaltener
Tierbestand die Anzahl Tiere gilt, die zur Zeit der Gesuchstellung
tiergerecht im Sinne der Tierschutzverordnung (TSchV) vom 27. Mai 1981
(SR 455.1) gehalten werden kann (Abs. 4). Ein Tierbestand gilt nicht mehr
als gehalten, wenn die Haltung von Tieren der betreffenden Kategorie seit
einem Jahr oder länger eingestellt war (Abs. 5).

Erwägung 3

    3.- a) Der Beschwerdeführer hat seinen Bestand von ursprünglich
750 Mastschweinen, die einem Bestand von 75 Prozent des höchstzulässigen
Bestandes von 1000 Mastschweinen (Art. 4 Abs. 1 lit. g Stallbauverordnung)
entsprachen, auf 380 Stück (oder 38 Prozent des höchstzulässigen Bestandes)
reduziert. Gleichzeitig hat er durch die vorgenommenen Umbauten Platz für
55 Mutterschweine geschaffen; diese 55 Tiere entsprechen 36,7 Prozent des
höchstzulässigen Bestandes von 150 Mutterschweinen (Art. 4 Abs. 1 lit. c).

    Zusammen machen damit die beiden auf seinem Betrieb gehaltenen
Tierkategorien 74,7 Prozent der an sich zulässigen Maximalauslastung
(im Sinne von Art. 4 Abs. 2 Stallbauverordnung) aus. Seiner Ansicht nach
resultiert aus der teilweisen Umstellung von Mast- auf Mutterschweine damit
keine Erhöhung des Tierbestandes. Da zudem der Gesamtbestand weniger
als 100 Prozent (im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der Verordnung) ausmacht,
sind nach Ansicht des Beschwerdeführers die Voraussetzungen gemäss Art. 5
Abs. 3 Stallbauverordnung erfüllt, weshalb der Umbau zu bewilligen sei.

    Dieser Argumentation hält das Departement lediglich entgegen,
dass ein Wechsel von der Mast- auf die Zuchtschweinehaltung "unter
wirtschaftslenkenden Gesichtspunkten" einer Vergrösserung bzw. einer
Aufstockung des Tierbestandes gleichkomme, und dass eine andere
Betrachtungsweise das vom Gesetzgeber dem Bundesrat in die Hand gegebene
Instrumentarium zur Produktionslenkung (Art. 19a-19f i.V.m. Art. 18 LwG)
weitgehend unwirksam machen würde. Es bezieht sich dabei ausdrücklich
auf die Stellungnahme des Bundesamts für Landwirtschaft, welches - wie
es auch in seiner Vernehmlassung ausführt - der Reduktion der Plätze
für Mutterschweine (bzw. der Verhinderung der Entstehung neuer Plätze
für solche Tiere) grösste Priorität im Bemühen um eine Verringerung der
Überproduktion an Schweinefleisch beimisst.

    b) Die Verweigerung der Umbaubewilligung stellt einen Eingriff in
die Handels- und Gewerbefreiheit dar. Es trifft zu, dass im Bereiche der
Landwirtschaft dieses Grundrecht zahlreichen Einschränkungen unterworfen
ist, die sich ihrerseits auf die Verfassung stützen (Art. 31bis Abs. 3
lit. b BV) und vor allem im Landwirtschaftsgesetz und den dazugehörenden
Ausführungsbestimmungen vorgesehen sind. Voraussetzung für einen
Grundrechtseingriff ist jedoch auch im Landwirtschaftsrecht, dass eine
genügende gesetzliche Grundlage dafür vorliegt. Die Bewilligung für den
vom Beschwerdeführer vorgenommenen Umbau kann daher nur dann verweigert
werden, wenn dies in der Stallbauverordnung vorgesehen ist, die sich
ihrerseits auf die Art. 19a, 19b, 19d, 19f und 117 LwG stützt.

    Dass für den in Frage stehenden Umbau eine Bewilligungspflicht besteht,
ist nicht umstritten. Da zudem der Gesamthöchstbestand gemäss Art. 4
Abs. 1 und 2 Stallbauverordnung offensichtlich nicht überschritten ist
und auch die Bewilligungen gemäss Art. 5 Abs. 3 lit. c Stallbauverordnung
hier nicht zur Diskussion stehen, stellt sich nur die Frage, ob mit dem
Umbau eine Aufstockung des bisher auf dem Betrieb gehaltenen Tierbestandes
verbunden ist (Art. 5 Abs. 3 lit. a Stallbauverordnung).

    c) Art. 4 Abs. 2 Stallbauverordnung, auf den sich Art. 5 Abs. 3 der
Verordnung bezieht, lässt darauf schliessen, dass der Verordnungsgeber
eine gewisse Austauschbarkeit der verschiedenen Tierkategorien durchaus
vorgesehen hat. Schranken stellte er dagegen auf, soweit der Umbau
eines Stalles zur Erhöhung des Tierbestandes führen würde. Der Umbau
darf nicht zur Folge haben, dass mehr Tiere gehalten werden, als dies
vor der Durchführung der baulichen Massnahme tiergerecht im Sinne der
Tierschutzverordnung möglich war (Art. 5 Abs. 4 Stallbauverordnung). Dieser
Bestimmung sind keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen, dass der
Wechsel der Tierkategorie, jedenfalls innerhalb der gleichen Tierart,
einer Vergrösserung des Tierbestandes gleichzusetzen wäre, die die
Verweigerung der Bewilligung erlaubte. Das Bundesgericht hat bereits
in einem Urteil vom 10. April 1981 (i.S. Weibel) festgehalten, eine
solche Gleichsetzung rechtfertige sich aus den vom Bundesamt für
Landwirtschaft angeführten strukturpolitischen Gründen nicht. Eine
Schranke hinsichtlich des Kategorienwechsels könnte sich allenfalls -
aber nicht zwingend - aus Art. 5 Abs. 5 ergeben, wo festgehalten ist,
dass ein Tierbestand nicht mehr als bisher gehalten gilt, wenn die
Haltung von Tieren der betreffenden Kategorie seit einem Jahr oder
länger eingestellt war. Im Vordergrund steht die zeitliche Beschränkung
der Besitzstandsgarantie; innerhalb dieser ist ein Tierwechsel schon
durch die Bestimmung in Abs. 4 eingeschränkt, wo auf die tiergerechte
Haltungsmöglichkeit - im alten Stall - verwiesen wird (vgl. unten
E. d). Da Art. 4 Abs. 1 lit. c - g nicht weniger als 5 Schweinekategorien
anführt, die z.T. notwendigerweise nebeneinander gehalten werden müssen,
z.T. auch ohne Umbauten ausgewechselt werden können, könnte sich ein aus
Abs. 5 abgeleitetes Auswechslungsverbot jedenfalls nur auf die Tierart
Schweine als Ganzes beziehen. Der Beschwerdeführer hat aber von Beginn an
ununterbrochen Schweine gehalten, so dass für ihn die Besitzstandsgarantie
auch hinsichtlich von Mutterschweinen zum Tragen kommt.

    Die vom Bundesamt und vom Departement angeführten strukturpolitischen
Notwendigkeiten mögen allenfalls eine Änderung der Stallbauverordnung
rechtfertigen, ersetzen jedoch keineswegs die gesetzliche Grundlage (im
materiellen Sinne) für ein Verbot (oder eine Erschwerung) des Wechsels
von der Mast- auf die Zuchtschweinehaltung, soweit daraus eine Erhöhung
des Gesamtbestandes an gehaltenen Tieren im Sinne von Art. 4 Abs. 2
Stallbauverordnung nicht resultiert. Eine solche Grundlage findet sich
in der geltenden Stallbauverordnung nicht. Es ist daher festzustellen,
dass dem Beschwerdeführer die nachträgliche Bewilligung der vorgenommenen
Umbauten nicht allein darum verweigert werden durfte, weil die Umstellung
von Mast- auf Zuchtschweinehaltung als solche einer Vergrösserung des
Tierbestandes gleichkomme und die Voraussetzungen gemäss Art. 5 Abs. 3
lit. a Stallbauverordnung damit nicht mehr gegeben seien. Damit ist jedoch
nicht gesagt, dass die vorgenommenen Umbauten auch unter allen übrigen
denkbaren Gesichtspunkten nachträglich bewilligt werden müssten.

    d) Wie sich aus dem Protokoll des Augenscheins vom 18. Mai 1987 ergibt,
bestehen hinsichtlich der Haltung der Mutterschweine und teilweise auch
der Mastschweine in tierschützerischer Beziehung im Falle der Stallungen
des Beschwerdeführers Bedenken. Da die Stallbauverordnung in Art. 5
Abs. 4 (und letztlich auch in Art. 4 Abs. 1, wo im Zusammenhang mit dem
Höchstbestand auf Art. 5 und damit auch dessen Abs. 4 Bezug genommen wird)
auf die Bestimmungen der Tierschutzverordnung verweist, kann der vom
Beschwerdeführer vorgenommene Umbau nachträglich nur bewilligt werden,
wenn die darin gehaltenen Tiere (schon vor dem Umbau, also auch ohne
Berücksichtigung der Remise; vgl. Art. 5 Abs. 4 Stallbautenverordnung),
tiergerecht hätten gehalten werden können. Anlässlich des Augenscheins
zeigten sich in diesem Zusammenhang sehr komplexe Fragen.

    Da in dieser Hinsicht noch nähere Abklärungen vorzunehmen sind, die
besser von der sachnäheren Instanz zu treffen sind, rechtfertigt es sich,
die Sache hinsichtlich der Bewilligungsfrage im Sinne von Art. 114 Abs. 2
OG an das Bundesamt für Landwirtschaft zurückzuweisen.

Erwägung 4

    4.- Gemäss dem sich auf Art. 19a lit. a LwG stützenden Art.  12 Abs. 1
lit. a Stallbauverordnung erhebt das Bundesamt für Landwirtschaft
eine Abgabe, wenn Tiere in einem Stall gehalten werden, für den die
erforderliche Bewilligung nicht erteilt wurde.

    Für den vom Beschwerdeführer vorgenommenen bewilligungspflichtigen
Umbau wurde keine Bewilligung eingeholt. Es stellt sich somit die Frage,
ob nicht schon darum die erhobene Abgabe von Fr. 15'000.-- - unabhängig
von einer späteren Bewilligungserteilung - gerechtfertigt ist.

    Art. 19f LwG und Art. 12 Abs. 2 Stallbauverordnung bestimmen, dass
die Abgaben für in nicht bewilligten Stallbauten gehaltene Tiere so
anzusetzen sind, dass die Haltung nicht bewilligter Tiere unwirtschaftlich
wird. Die Betriebe sollen davon abgehalten werden, Tiere zu halten, für die
keine Bewilligung erteilt wurde (Bericht der Nationalratskommission vom
7. September 1978 zur Änderung des LwG, BBl 1977 I 1318 ff., 1349). Als
Grundlage für die Festlegung der Abgabe könnte das Betriebseinkommen
dienen, das je zuviel gehaltenes Tier erzielt werden kann (1350).

    Die Abgabe von Fr. 500.-- pro Mutterschwein ist damit eindeutig
Lenkungsabgabe und nicht eine Abgabe mit Bussencharakter als Strafe
für eine nicht eingeholte Bewilligung. Von ihrer Höhe her wäre sie als
Strafe unverhältnismässig. Die Abgabe kann somit nicht bestimmt werden,
solange nicht feststeht, wieviele Tiere nach dem Umbau bewilligt werden
könnten. Somit ist der angefochtene Entscheid des Departements auch
hinsichtlich der Abgabe von Fr. 15'000.-- aufzuheben. Das Bundesamt
für Landwirtschaft wird darüber neu verfügen, wenn aufgrund der
Bewilligungsverfügung feststeht, für wieviele überzählige Tiere eine
Abgabe zu entrichten ist.