Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IB 314



113 Ib 314

50. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 10.
Dezember 1987 i.S. X. gegen Baudirektion und Verwaltungsgericht des
Kantons Zug (Verwaltungsgerichtsbeschwerde) Regeste

    Raumplanung; Ausnahmebewilligung.

    1. Art. 22 RPG; Bewilligungspflicht für eine Beton-Aufbereitungsanlage.

    Zu den nach Art. 22 RPG bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen
gehört auch eine nicht fest im Boden verankerte Beton-Aufbereitunganlage,
wenn sie jeweils über längere Zeit am selben Ort aufgestellt ist (E. 2).

    2. Art. 24 Abs. 2 RPG; Wiederaufbau.

    Bei einem Wiederaufbau muss nach Art. 24 Abs. 2 RPG die neue Baute dem
alten Bauwerk in Grösse und Nutzungsart ungefähr entsprechen. Sie darf
deshalb höchstens eine teilweise Änderung miteinschliessen, wobei die
Identität der Bauten in den wesentlichen Zügen gewahrt bleiben muss (E. 3).

Sachverhalt

    A.- X. ist Eigentümer der Liegenschaft Hintermatt in der Gemeinde
Unterägeri, die im übrigen Gemeindegebiet liegt. Er betreibt dort den
Werkhof seines Bauunternehmens. Im November 1983 wurde festgestellt, dass
auf dem Werkhofareal eine neue Beton-Aufbereitungsanlage errichtet worden
ist. Der Gemeinderat erachtete diese Anlage als bewilligungspflichtig
und veranlasste bei der Baudirektion des Kantons Zug eine Abklärung
für die nachträgliche Bewilligung dieser Baute. In ihrer Verfügung vom
29. November 1985 verweigerte die Baudirektion die Bewilligung, da die
Voraussetzungen von Art. 24 RPG nicht erfüllt seien.

    X. erhob gegen diese Verfügung Beschwerde beim Verwaltungsgericht des
Kantons Zug. Er machte geltend, die Anlage sei nicht bewilligungspflichtig;
allenfalls müsse sie aufgrund von Art. 24 Abs. 2 RPG bewilligt werden.

    Das Verwaltungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom
13. Mai 1987 ab. Es stellte fest, die Beton-Aufbereitungsanlage sei
bewilligungspflichtig. Die Bewilligung könne indessen nicht erteilt werden,
da die Voraussetzungen von Art. 24 RPG nicht erfüllt seien.

    Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichtes hat X.
Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht eingereicht, die teilweise
gutgeheissen wurde.

Auszug aus den Erwägungen:

                  Auszug aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Die Beschwerde richtet sich vorab gegen die Anordnung der
Beseitigung der Beton-Aufbereitungsanlage. Der Beschwerdeführer macht
geltend, das Verwaltungsgericht habe die Errichtung dieser Anlage zu
Unrecht der Bewilligungspflicht nach Art. 24 RPG unterstellt. Es handle
sich nicht um eine industriell betriebene und einmalig an einem festen
Standort aufgestellte Anlage. Ihr Zweck bestehe darin, je nach Bedürfnis
auf einzelnen Grossbaustellen benützt zu werden. Sofern dies nicht nötig
oder möglich sei, werde sie auf das Werkhofareal zurückgenommen. Dort
werde sie zur besseren Wartung aufgestellt und zeitweise auch benützt,
da ständig kleinere Mengen Beton benötigt würden.

    b) Art. 22 RPG regelt die Bewilligungspflicht für Bauten und
Anlagen. Aus dieser Bestimmung lassen sich die nach Bundesrecht
bewilligungspflichtigen Bauten und Anlagen ableiten, deren Umfang
kantonales Recht nicht unterschreiten darf. Danach sind Bauten und
Anlagen mindestens jene künstlich geschaffenen und auf Dauer angelegten
Einrichtungen, die in bestimmter fester Beziehung zum Erdboden stehen und
geeignet sind, die Vorstellung über die Nutzungsordnung zu beeinflussen,
sei es, dass sie den Raum äusserlich erheblich verändern, die Erschliessung
belasten oder die Umwelt beeinträchtigen. Dazu gehören auch Fahrnisbauten,
welche über nicht unerhebliche Zeiträume ortsfest verwendet werden
(EJPD/BRP, Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, N. 6 und
7 zu Art. 22 RPG).

    c) Gestützt auf diese gesetzliche Ordnung ist die
Beton-Aufbereitungsanlage bewilligungspflichtig. Sie ist zwar nicht fest
im Boden verankert, sondern auf Betonsockeln mit Schrauben festgemacht
und innert weniger Stunden demontierbar. Am Augenschein wurde
ausgeführt, dass die Anlage seit 1983 ununterbrochen auf dem Werkplatz
aufgestellt sei. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erscheint
deshalb die Annahme einer Bewilligungspflicht weder willkürlich noch
rechtsungleich. Er übersieht, dass zwischen der Benützung einer Anlage
auf einer Grossbaustelle und deren Installation auf einem im übrigen
Gemeindegebiet liegenden Werkplatz zur Betonherstellung für verschiedene
kleinere Baustellen erhebliche tatsächliche Unterschiede bestehen. Daher
ist die fehlende Bewilligungspflicht für das Aufstellen solcher Anlagen
auf Grossbaustellen nicht als Rechtsungleichheit zu betrachten (BGE 111
Ia 91 E. 3a, 110 Ia 13 f., 107 Ia 228 E. 3). Dass irgendwo im Kanton
Zug eine analoge Anlage auf einem Werkhof im übrigen Gemeindegebiet ohne
Bewilligung stehe, legt der Beschwerdeführer im übrigen nicht dar.

Erwägung 3

    3.- Gemäss Art. 22 Abs. 2 lit. a RPG setzt eine gewöhnliche oder
ordentliche Baubewilligung voraus, dass die Bauten und Anlagen dem Zweck
der Nutzungszone entsprechen. Trifft dies - wie im vorliegenden Fall
unbestritten feststeht - für Bauten ausserhalb der Bauzonen nicht zu,
so ist eine Ausnahmebewilligung nach Art. 24 RPG notwendig. Zu prüfen
ist zunächst, ob das Bauvorhaben unter Art. 24 Abs. 1 oder Abs. 2 RPG
fällt. Kann es nicht einem der privilegierten Tatbestände von Art. 24
Abs. 2 RPG zugeordnet werden, so ist es wie ein Neubau gemäss Art. 24
Abs. 1 RPG zu behandeln. Nach der Vorschrift von Art. 24 Abs. 2 RPG
kann das kantonale Recht gestatten, Bauten und Anlagen zu erneuern,
teilweise zu ändern oder wieder aufzubauen, wenn dies mit den wichtigen
Anliegen der Raumplanung vereinbar ist. Erneuerung, teilweise Änderung
und Wiederaufbau sind bundesrechtliche Begriffe. Das kantonale Recht
kann diese nicht im Sinne einer Erweiterung näher definieren. Es kann
nur bestimmen, ob und allenfalls inwieweit bauliche Massnahmen innerhalb
des bundesrechtlich begrenzten Rahmens im Sinne von Art. 24 Abs. 2 RPG
bewilligt werden dürfen (BGE 112 Ib 95 f. mit Hinweisen). Der Kanton
Zug hat von dieser Ermächtigung in Form von § 2bis der Verordnung über
die vorläufige Einführung des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom
21. Oktober 1980 Gebrauch gemacht, wobei diese Ausführungsvorschriften
im wesentlichen die Aussage von Art. 24 Abs. 2 RPG wiederholt.

    a) Die zur Diskussion stehende Beton-Aufbereitungsanlage soll die
alte, defekte Anlage ersetzen. Diese war, wenn sie nicht auf Baustellen
benötigt wurde, auf dem Werkplatz installiert und diente dort der
Produktion von Beton. Da sie abgebrochen werden soll, scheidet im
vorliegenden Fall eine blosse Erneuerung aus (vgl. dazu BGE 107 Ib 240
E. b). Es fragt sich daher, ob ein Wiederaufbau, eventuell verbunden mit
einer Erweiterung vorliegt. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung
muss die Wiederaufbaute dem alten Bauwerk in Grösse und Nutzungsart
ungefähr entsprechen. Sie darf deshalb höchstens eine teilweise Änderung
miteinschliessen (ZBl 85/1984 S. 79). Eine geringfügige Erweiterung gilt
als teilweise Änderung. Es darf sich jedoch gemessen an der bestehenden
Baute nur um eine Änderung von untergeordneter Bedeutung handeln, welche
die Identität der Baute in den wesentlichen Zügen wahrt (BGE 112 Ib 97).

    Wie am Augenschein festgestellt werden konnte, weist die neue Anlage
gegenüber der alten eine etwas höhere Kapazität auf (500 l gegenüber 375
l). Sie ist gegenwärtig wegen des aufgebauten Silos rund 13 m hoch. Eine
andere Anordnung des Silos nahm der Beschwerdeführer nicht vor, da ihm
jede Änderung der Anlage untersagt worden war. Wie er aber dazu ausführt,
lässt sich der Silo ohne weiteres hinter der übrigen Anlage anbringen
und mit dieser durch eine sogenannte "Schnecke" verbinden. Dadurch wird
die Anlage nur noch ca. 6-7 m hoch, somit ungefähr gleich hoch wie die
am Augenschein ebenfalls besichtigte alte Beton-Aufbereitungsanlage. Die
erwähnte leichte Erhöhung der Kapazität kann noch als von untergeordneter
Bedeutung eingestuft werden. Die neue Anlage entspricht daher von der
Grösse und der Nutzungsart her ungefähr der alten, wobei eine geringfügige
Erweiterung vorgenommen wurde, ohne dass dadurch die Identität der
Anlage in unzulässiger Weise verändert worden wäre. Es liegt daher ein
Wiederaufbau mit einer teilweisen Änderung im Sinne von Art. 24 Abs.
2 RPG vor.