Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IA 444



113 Ia 444

66. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 16.
Dezember 1987 i.S. Oert AG gegen Einwohnergemeinde Engelberg und
Regierungsrat des Kantons Obwalden (staatsrechtliche Beschwerde) Regeste

    Art. 22ter BV; Zonenplanänderung (Art. 15 RPG); Art. 113 Abs.  3 BV.

    Die Umzonung von Land vom Baugebiet in das Übrige Gemeindegebiet
belegt dieses mit einer öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung (E. 3).

    Art. 15 RPG bildet für die Umzonung eine hinreichende gesetzliche
Grundlage und bestimmt die Interessenabwägung (Art. 113 Abs. 3 BV). Gemäss
dieser Norm umfassen Bauzonen Land, das sich für die Überbauung eignet
und das zudem weitgehend überbaut ist oder voraussichtlich innert 15
Jahren benötigt und erschlossen wird. Auslegung und Anwendung dieser
Kriterien auf den vorliegenden Fall im Rahmen der Interessenabwägung,
insbesondere die "weitgehende Überbauung" (E. 4).

    Vertrauensschutz und Eigentumsgarantie (E. 5).

    Art. 4 BV, Rechtsgleichheit und Bauzonierung gestützt auf Art. 15 RPG.

    Aus der Rechtsgleichheit lässt sich grundsätzlich kein Anspruch auf
bundesrechtswidrige Planung ableiten (E. 6).

Sachverhalt

    A.- Die Oert AG ist Eigentümerin einer in "Hinterörtigen", im Westen
des Siedlungsgebietes der Gemeinde Engelberg liegenden Landfläche. Die
entsprechenden Grundstücke waren gemäss Zonenplan der Gemeinde Engelberg
vom 19. Mai 1974 (aZP) mit Baureglement vom 5. November 1974 (aBauR) der
Hangzone H zugewiesen, in der Wohn- und Geschäftshäuser, Hotels, Gast-
und Unterhaltungsstätten sowie öffentliche Bauten und Anlagen erlaubt waren
(Art. 14 in Verbindung mit Art. 13 aBauR).

    Die Einwohnergemeinde Engelberg ist seit 1981 mit einer Revision
der Ortsplanung befasst. Am 29. Mai 1981 erliess der Gemeinderat eine
Bausperre von 18 Monaten; nachdem diese abgelaufen war, verfügte der
Regierungsrat des Kantons Obwalden am 19. Oktober 1982 eine Planungszone
gemäss Art. 27 des BG über die Raumplanung vom 22. Juni 1979 (RPG), deren
Dauer bis Mitte Mai 1986 beschränkt war. Vom 22. März bis zum 10. April
1984 legte der Gemeinderat den am 8. Februar 1984 beschlossenen und vom
Kanton vorgeprüften Entwurf einer neuen Ortsplanung öffentlich auf. Danach
sollten die Parzellen der Oert AG neu dem Übrigen Gemeindegebiet
zugeteilt werden. Die gegen diese Umzonung eingereichte Einsprache wies
der Gemeinderat ab. Ebenso befand der Regierungsrat im Beschwerdeverfahren
mit Entscheid vom 17. März 1986.

    Die Oert AG reichte eine staatsrechtliche Beschwerde ein. Sie macht
eine Verletzung von Art. 4 BV (Willkürverbot) sowie von Art. 22ter BV
geltend und beantragt im wesentlichen, der Entscheid des Regierungsrates
vom 17. März 1986 sei aufzuheben.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Bei Inkrafttreten des Bundesgesetzes über die Raumplanung vom
22. Juni 1979 (RPG) am 1. Januar 1980 verfügte die Gemeinde Engelberg
zwar über eine rechtsgültige Zonenplanung. Diese entsprach aber den
bundesrechtlichen Anforderungen (vorab Art. 15 RPG) nicht. Deshalb war die
Gemeinde verpflichtet, ihre Nutzungsplanung unverzüglich zu überprüfen und
- falls notwendig - den neuen Anforderungen des Bundesrechts anzupassen
(Art. 35 Abs. 1 lit. b RPG).

    b) In teilweiser Erfüllung dieses Auftrages führte die Gemeinde
Engelberg eine auf das Baugebiet beschränkte, insoweit aber umfassende
Ortsplanung durch. Vorgesehen ist, wenn die kantonalen Planungs- und
Rechtsgrundlagen, namentlich der kantonale Richtplan, vorliegen, die
Planung in einer zweiten Phase auf das Nichtbaugebiet auszudehnen.

    Die jetzt unternommene Ortsplanung verfolgt in Übereinstimmung mit
dem eidgenössischen Recht vor allem folgende, für den vorliegenden Fall
wesentliche Ziele: Die rasante bauliche Entwicklung der letzten Jahre,
insbesondere verursacht durch den Zweitwohnungsbau, ist zu bremsen; die
Wohnraumbeschaffung für die einheimische Bevölkerung soll gefördert werden;
schliesslich ist auch das Baureglement den raumplanerischen Bedürfnissen
anzupassen, und jenes hat diese umfassend rechtlich abzusichern. Die
Verwirklichung dieser Ziele bedingt namentlich eine Redimensionierung der
Bauzonen. Freilich müssen genügend Flächen von gemeindeeigenem Land in
der Bauzone als Baulandangebot für die einheimische Bevölkerung belassen
werden. Zudem sind mit Hilfe von Grünzonen Bereiche für Erholungs- und
Freizeitanlagen sowie Aussichtslagen frei zu halten. Schliesslich müssen
die durch Lawinen und Rutschungen gefährdeten Zonen bezeichnet werden.

    c) (Berechnung der bundesrechtskonformen Bauzonengrösse.) Zur
Verwirklichung der Reduktionsziele stellte die Gemeinde eine Reihe
von Kriterien auf, anhand derer sie über den Verbleib in der Bauzone
entschied, nämlich den Grundsatz, keine Neueinzonungen vorzunehmen, dann
den Stand der Überbauung und der Erschliessung, die Lage zum Zentrum,
die Anliegen der Landwirtschaft und des Landschaftsschutzes sowie
die Eigentumsstruktur und - ausdrücklich am Rande - die Möglichkeit
einer Entschädigungspflicht. Gestützt darauf wurden die grösseren,
nicht überbauten, in den Bauzonen liegenden Gebiete einer allgemeinen
Beurteilung unterzogen.

Erwägung 3

    3.- Die Umzonung des der Beschwerdeführerin gehörenden Landes
vom Baugebiet in das Übrige Gemeindegebiet belegt dieses mit einer
öffentlichrechtlichen Eigentumsbeschränkung. Eine solche ist mit der
Verfassung nur vereinbar, wenn sie u. a. auf einer gesetzlichen Grundlage
beruht und im überwiegenden öffentlichen Interesse liegt (BGE 111 Ia 26
f. E. 3a und b, 96 E. 2; je mit Hinweisen).

Erwägung 4

    4.- Die Beschwerdeführerin macht geltend, es bestehe für die Umzonung
keine gesetzliche Grundlage und zudem fehle es an einem überwiegenden
öffentlichen Interesse. Sie bringt vor, das streitige Land dürfe trotz
der Bedarfsgrenze nicht ausgezont werden, weil es sich zur Überbauung
eigne und weitgehend überbaut sei.

    a) Ob die Umzonung von der Bauzone in das Übrige Gemeindegebiet einen
schweren Eingriff in die Eigentumsgarantie darstellt, kann offengelassen
werden. Selbst wenn das Bundesgericht frei prüft, ob dafür eine genügende
gesetzliche Grundlage besteht (BGE 112 Ia 316 E. 3a; 109 Ia 190 E. 2;
je mit Hinweisen), ist die Beschwerde abzuweisen. Zu Recht hat der
Regierungsrat die umstrittene Raumplanungsmassnahme als Anwendungsfall
von Art. 15 RPG beurteilt. Da somit unbestrittenermassen eine Bestimmung
eines Bundesgesetzes massgebend ist, beschränkt sich die Kognition des
Bundesgerichts auf eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung von
Art. 15 RPG auf den konkreten Fall (Art. 113 Abs. 3 BV). Das Erfordernis
der gesetzlichen Grundlage ist offensichtlich erfüllt. Das weitere
Prüfungsprogramm ist nicht mehr Thema der gesetzlichen Grundlage, sondern
der Interessenabwägung (vgl. BGE 102 Ia 114 E. 4; 107 Ib 335 E. 2b). Auch
im Rahmen dieser Beurteilung der Interessen darf Art. 15 RPG als Norm
nicht mehr in Frage gestellt werden, indem z.B. geltend gemacht wird,
sie entspreche keinem überwiegenden öffentlichen Interesse. Zudem muss
auch eine umfassende Interessenabwägung den spezifischen und in diesem
Sinne zwingenden Normgehalt von Art. 15 RPG beachten.

    b) ba) Ob eine Eigentumsbeschränkung im öffentlichen Interesse liegt
und ob dieses das entgegenstehende private Interesse überwiegt, prüft das
Bundesgericht grundsätzlich frei. Es auferlegt sich jedoch Zurückhaltung,
soweit die Beurteilung von einer Würdigung der örtlichen Verhältnisse
abhängt, welche die kantonalen Behörden besser kennen und überblicken
können als das Bundesgericht (BGE 110 Ia 172 E. 7b/aa mit Hinweis). Dies
gilt insbesondere bei der Überprüfung von Zonengrenzen. Das Bundesgericht,
das selbst nicht oberste Planungsinstanz ist, hat den Beurteilungs-
und Ermessensspielraum, welcher den kommunalen und kantonalen Instanzen
hinsichtlich der Grenzziehung zusteht, zu beachten (BGE 107 Ia 38 E. 3c
mit Hinweisen).

    bb) Gemäss Art. 15 RPG umfassen Bauzonen Land, das sich für die
Überbauung eignet und das zudem weitgehend überbaut ist (lit. a) oder
voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt und erschlossen wird (lit. b).

    bc) Diesen Kriterien kann eine verschiedene Funktion zukommen:
Ist der in ihnen normierte Tatbestand im rechtserheblichen Sachverhalt
jedenfalls nicht erfüllt, so kommt die Aufnahme in die Bauzone von
vornherein nicht in Frage. Land, das sich technisch überhaupt nicht
überbauen lässt, kann nie als "geeignet" im Sinne von Art. 15 RPG
anerkannt werden; Land, auf dem weit und breit keine Bauten stehen,
ist keineswegs "weitgehend überbaut" gemäss Art. 15 lit. a RPG. Werden
die Mindestvoraussetzungen nicht erfüllt, so ist schon allein deshalb,
d.h. ohne Beizug und Abwägung weiterer Gesichtspunkte der Ausschluss des
streitigen Landes aus der Bauzone geboten. Die Normativität jener Kriterien
erschöpft sich jedoch nicht in dieser negativen Wirkung. Jenseits dieser
Schwelle tritt ihr Beitrag zu einem umfassenden Entscheidungsprozess
über die Bauzonierung in Erscheinung: Es gibt Land, das mehr oder weniger
geeignet und überbaut ist. Auch die Frage, ob es in den nächsten 15 Jahren
wirklich benötigt wird, kann nicht immer mit einem klaren Ja oder Nein
beantwortet werden. In dieser relativen Rolle sind Eignung, weitgehende
Überbauung und Bedarf Gesichtspunkte in der Abwägung und Abstimmung neben
anderen Bau- und Nichtbau-Interessen (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und 2 und
Art. 3 RPG). Darin gebührt ihnen um so mehr Gewicht, je mehr sie sich -
quantitativ und qualitativ - der konkreten Zielvorstellung für die Nutzung
der in Frage stehenden Bauzone nähern. Im Rahmen dieser Abwägung dürfen
Querverbindungen unter den massgebenden Kriterien hergestellt werden. Es
kann z.B. argumentiert werden, der Charakter als "weitgehende Überbauung"
(Art. 15 lit. a RPG) sei um so eher zu verneinen als die Einzonung (bei
Einhaltung der Anforderungen an eine sachgerechte Zonenabgrenzung) dem
Redimensionierungsziel (Art. 15 lit. b RPG) noch mehr zuwiderliefe.

    bd) Diese Relativierung ist möglich, weil es sich bei den genannten
Kriterien um generelle, planungsbezogene Anforderungen und nicht um
Voraussetzungen für individuelle Bauvorhaben handelt. Sie beziehen
sich auf ganze, als Zonen auszuscheidende Gebiete, nicht auf einzelne
Parzellen. Ihre Perspektive ist mehr allgemein, übergeordnet, mit der
Folge, dass den besonderen Interessen jedes einzelnen der betroffenen
Grundeigentümer nur in ganz beschränktem Umfang Rechnung getragen werden
kann (BGE 89 I 199 E. 3). Diese Unabhängigkeit von den Verhältnissen auf
den einzelnen Parzellen zeigt sich etwa beim Erschliessungserfordernis
(Art. 15 lit. b und Art. 19 Abs. 1 RPG). Innerhalb eines Planungsgebietes
kann ein einziges oder können einige wenige Grundstücke bereits überbaut
und erschlossen sein. Das gibt nur ein und dazu oft ein wenig gewichtiges
Argument für eine Zuteilung zum Baugebiet ab. Es verschafft keinesfalls
einen absoluten, von anderen Gesichtspunkten unabhängigen Anspruch auf
Belassung in einer Bauzone oder auf Umzonung in eine solche (BGE 107 Ia 243
E. 3b mit Hinweis; 105 Ia 233 E. 3c/aa). Gewisse Bedingungen möglicher
Überbaubarkeit der einzelnen Parzelle können ja noch im Nachgang zur
Planung verwirklicht werden, z.B. die Erschliessung (Art. 19 Abs. 2 RPG)
oder die Parzellenform im Rahmen einer Landumlegung (Art. 20 RPG); die
Voraussetzungen für die Erschliessung (Art. 19 Abs. 1 RPG) müssen erst
im Zeitpunkt der Baubewilligung erfüllt sein (Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG).

    c) ca) Grundvoraussetzung für die Einweisung von Land in eine
Bauzone ist seine Eignung (Art. 15 RPG; Botschaft zu einem BG über die
Raumplanung vom 27. Februar 1978, BBl 1978 I 1023). Land ist geeignet,
wenn die Eigenschaften des betreffenden Gebiets den Anforderungen genügen,
die aus der Sicht der dafür vorgesehenen Nutzung zu stellen sind. Es geht
somit einerseits um die Beschaffenheit des Bodens sowie die tatsächliche
Situation (Topographie, Exposition, Klima usw.), also die natürlichen
Gegebenheiten (Art. 1 Abs. 1 Satz 3 RPG). Andererseits sind für die hier in
Frage stehende Wohnnutzung die Ziele und Grundsätze des massgebenden Rechts
zu beachten. Dazu gehört insbesondere das eidgenössische Raumplanungsrecht
(vorab Art. 1 Abs. 2 lit. b, Art. 3 Abs. 3 lit. a und b RPG). Nicht zuletzt
ist auch bei Zonen für privates Bauen den Bedürfnissen der öffentlichen
Infrastruktur Rechnung zu tragen.

    cb) Dass die Eignung gegeben ist, bestreitet die Gemeinde nicht. Der
anderslautenden Argumentation des Regierungsrates kann nicht gefolgt
werden; sie vermischt die Grundvoraussetzungen der baulichen Nutzung mit
der Frage nach dem sinnvollen, wünschbaren Standort dafür.

    d) da) Geeignetes Land ist in die Bauzone aufzunehmen, wenn es
"weitgehend überbaut" ist (Art. 15 lit. a RPG).

    Die Bauzoneneinteilung knüpft am bestehenden Zustand an, d.h. an den
vorhandenen Bauten und deren Nutzungsmöglichkeiten, der bereits erstellten
Infrastruktur, den rechtskräftigen privaten und öffentlichen Planungen,
der bisherigen Bautätigkeit usw. Zu berücksichtigen sind an sich nur
die in die Bauzonen gehörenden Bauten des allgemeinen Siedlungsbaus;
landwirtschaftliche und andere, für die Freilandnutzung bestimmte Bauten
geben in der Regel kein oder nur ein wenig gewichtiges Argument für die
Zuteilung in eine bestimmte Bauzone ab. Rechtserheblich sind ohnehin
nicht einzelne Bauten, sondern eine weitgehende "Überbauung". Dieser
Begriff ist parzellenübergreifend, gebietsbezogen (vgl. E. 4b/bc). Unter
ihm ist im allgemeinen nicht ein einzelnes Haus zu verstehen, sondern
eine effektiv bewohnte und benutzte Häusergruppe von im wesentlichen
nichtlandwirtschaftlichem Charakter. Zum näheren Verständnis kann man
auf den Begriff des "weitgehend überbauten Gebiets" verweisen, welches
das Gesetz zur "vorläufigen Bauzone" erklärt (Art. 36 Abs. 3 RPG;
Erläuterungen zum Bundesgesetz über die Raumplanung, hrsg. vom EJPD,
Bern 1981, NN 27 f. zu Art. 36, S. 392; zum früheren Recht BGE 101 Ib
29 E. 3; analog für das deutsche Recht etwa WERNER ERNST/WERNER HOPPE,
Das öffentliche Bau- und Bodenrecht, Raumplanungsrecht, 2. Auflage,
München 1981, S. 216 f.). Aber nicht jede primär nichtlandwirtschaftliche
Häusergruppe verdient die Aufnahme in eine Bauzone. Erforderlich ist
ausserdem, dass sie die Qualität einer Siedlung besitzt oder zu einer
solchen zu zählen ist. Als Siedlung versteht das Gesetz jene Bereiche, die
für Wohn- und Arbeitsgebiete sowie die zugehörige Infrastruktur bestimmt
sind (Art. 1 Abs. 2 lit. b und Art. 3 Abs. 3 RPG). Eine Häusergruppe kann
bereits bestehen; ausschlaggebend für den Siedlungscharakter sind das
Ausmass, in dem sich Art und Nutzung der Bauten von der Bewirtschaftung
des Umlandes gelöst haben, eine geschlossene Überbauung darstellen, in
der gewachsenen, traditionellen Siedlungsstruktur begründet oder für
die Dezentralisation der Besiedlung bedeutsam sind (vgl. dazu Art. 1
Abs. 2 lit. b, c und d; Art. 3 Abs. 3 RPG). Dazu kommt, wie weit diese
Bauten durch Strassen und Leitungen erschlossen und miteinander oder
den übrigen Bauzonen verbunden sind und inwieweit öffentliche Bauten
und Anlagen vorhanden sind, d.h. eine öffentliche Infrastruktur (Schule,
Einkaufsläden usw.) besteht. Es liegt auf der Hand, dass einer Baugruppe,
welche zumindest in minimaler Weise diesem Siedlungsbegriff entspricht
und damit überhaupt als "weitgehende Überbauung" im Sinne von Art. 15
lit. a RPG anerkannt werden kann, als Gesichtspunkt im Rahmen einer
Gesamtbeurteilung um so mehr Bedeutung zukommt, je mehr sie sich dem durch
Konkretisierung des Gesetzes entwickelten Idealtypus einer "Siedlung"
nähert. Kann einer Häusergruppe überhaupt keine Siedlungsqualität
zugesprochen werden, so ist sie von der Bauzone auszuschliessen, es sei
denn, es bestehe ein hinlänglicher Baulandbedarf (Art. 15 lit. b RPG;
E. 4b).

    Eine einzelne Parzelle, um deren Umzonung es geht, ist
somit als "weitgehend überbaut" zu betrachten, wenn sie einem
Siedlungszusammenhang zuzurechnen ist. Ob sie selber Bauten aufweist, ist
nicht entscheidend. Die "weitgehende Überbauung" umfasst auch Baulücken,
d.h. an die Bauten angrenzende, unüberbaute Flächen von untergeordneter
Bedeutung, die zum Siedlungsbereich gehören.

    Eine Häusergruppe kann als untergeordnete Bauzonenrandbesiedlung zu
einer schon bestehenden Bauzone in einem Siedlungszusammenhang stehen,
namentlich weil sie durch eine im wesentlichen gleich dichte Überbauung
oder durch Strassen oder andere Erschliessungen damit hinlänglich
verbunden ist. Mehrere Gebäude können aber auch für sich allein eine
zusammengehörende Siedlung bilden, die sich wegen der Distanz, allenfalls
auch des Höhenunterschieds, nicht mit der Hauptsiedlung vereinigen
lässt. Dann drängt es sich auf, dafür eine Kleinbauzone auszuscheiden,
eventuell mit restriktiven Bauvorschriften.

    db) Die Rechtslage von Parzellen am Rande einer Bauzone kann
anhand der vorstehenden Überlegungen meist geklärt werden. Dagegen
fällt dem Planungsorgan beim Entscheid darüber, ob eine Kleinbauzone
auszuscheiden sei oder nicht, ein grosser Beurteilungsspielraum
zu. Die Lösung lässt sich vielfach nicht in traditioneller Weise aus
den Bauzonierungsgrundsätzen (Art. 15 lit. a und b RPG) ableiten; es
wäre z.B. verfehlt, bundesrechtliche Mindestgrössen von Kleinbauzonen
zu entwickeln. Die Verhältnisse sind zu komplex und zu verschieden;
die Gesetzesanwendung ist in starkem Masse eine an der jeweiligen
Wirklichkeit orientierte, fallspezifische Konkretisierung. Je weiter
sich dabei ein Spielraum öffnet, desto eher verlangen Sachgerechtigkeit
und Rechtssicherheit, dass sich auch hier die Planung auf Ziele über die
erwünschte Entwicklung des Landes ausrichtet (Art. 1 Abs. 1 Satz 2 RPG)
und einer einheitlichen Vorstellung unterwirft.

    dc) Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass dem bestehenden
baulichen Zustand grosses Gewicht beizumessen ist. Er kann so schwer
wiegen, dass dagegen auch grosse Landschaftsschutzinteressen nicht
aufkommen (vgl. BGE 104 Ia 128 ff.; 103 Ia 257). Dies entspricht
dem Gebot, den Boden haushälterisch zu nutzen (Art. 1 Abs. 1 Satz 1
RPG). Bodenveränderungen durch Bauten sind wenn immer möglich zu vermeiden,
weil sie kaum mehr rückgängig gemacht werden können (Botschaft zu einem BG
über die Raumplanung vom 27. Februar 1978, BBl 1978 I 1012). Baulücken
sind auszufüllen (aaO, BBl 1978 I 1023), statt neue Gebiete den Bauzonen
zuzuteilen. Ebenso sollen Infrastrukturanlagen optimal eingesetzt werden,
und die privaten Interessen an der Konstanz der bisherigen Verhältnisse
sind angemessen zu schützen, d.h. womöglich Lösungen zu suchen, welche
die bisherigen Bauten und ihre Nutzungen rechtmässig erhalten.

    dd) Der Regierungsrat lässt offen, ob die Erschliessung vorhanden
sei; jedenfalls genüge der vorhandene Fussweg nicht. Auch die Gemeinde
bestreitet, dass die fraglichen Parzellen voll erschlossen seien. Die
Beschwerdeführerin dagegen hält das ganze Gebiet für erschlossen. Sie
weist namentlich auf die auf ihre Kosten ausgeführte Zufahrtsstrasse
von 6 m Breite samt den darin enthaltenen Werkleitungen hin, die bis zur
Grenze ihrer ersten Parzelle führt. Dies sei bereits im Zeitpunkt der
Verhängung der Bausperre so gewesen.

    Für den Regierungsrat besteht überhaupt keine weitgehende Überbauung,
weil sich Hinterörtigen gut 2 km vom Dorfzentrum entfernt, am Talausgang,
in stark exponierter Lage befinde und rundum von unüberbautem Übrigen
Gemeindegebiet umgeben sei, das zudem teils zu einem landwirtschaftlichen
Betrieb gehöre. Vorderörtigen sei zwar eingezont, aber durch Übriges
Gemeindegebiet von Hinterörtigen getrennt. Zudem bilde jenes eine
kompakte Siedlung. Die Gemeinde unterstreicht, es sei auch keine Baulücke
gegeben. Vorderörtigen einzuzonen habe Sanierungscharakter gehabt, denn
die sechs Mehrfamilienhäuser hätten zu Beginn der Planungsarbeiten bereits
bestanden. Die Beschwerdeführerin macht dagegen geltend, bis zum Erlass
der Bausperre sei in Örtigen gebaut worden. Es bestünden eine Nachfrage und
ein Bauwille. Die Siedlungsgruppe in Hinterörtigen eigne sich genauso wie
Vorderörtigen für eine Einzonung. Nicht einzuzonen führe zum unvernünftigen
Ergebnis, dass neben überdimensionierten Erschliessungsanlagen Einzelbauten
beziehungslos in der Landschaft stünden, die in ihrer Gesamtheit ein
unharmonisches Erscheinungsbild aufwiesen.

    de) Hinterörtigen besteht aus einer Häusergruppe von einer
Schreinerei, zwei Ställen und fünf Wohnbauten, wovon zwei weder
landwirtschaftlich noch gewerblich bedingt sind. Die Bautätigkeit, auf
welche die Beschwerdeführerin hinweist, bezog sich auf das auch im neuen
Zonenplan dem Baugebiet zugeteilte Gebiet Vorderörtigen; auch dort liegt
sie aber etwa 15 Jahre zurück. Die Erschliessung mit der Strasse müsste
ab der Grenze der Parzelle Nr. 1816 neu erstellt werden. Ebenso sind
Anschlussmöglichkeiten für Kanalisation und Wasser gegeben. Das Gebiet
ist also groberschlossen. Es befindet sich rund 2 km vom Dorfzentrum weg,
am Talausgang, stark talabwärts exponiert und rundum von weitgehend
unüberbautem Land umgeben, das nicht der Bauzone angehört. Gegen
Vorderörtigen hin ist es durch einen natürlichen Geländekamm nicht
unwesentlich abgetrennt.

    Hinterörtigen bildet für sich allein keine Siedlung und ist damit nicht
im Sinne des Gesetzes weitgehend überbaut. Die Häuser haben in erheblichem
Ausmass landwirtschaftlichen Charakter, stehen relativ weit auseinander
und gehören auch von ihrer Tradition her nicht zusammen, wie namentlich
die beiden Ferienhäuser zeigen. Die Erstellung der Strasse und auch die
Feinerschliessung mit Kanalisation und Wasser würden noch einen erheblichen
Aufwand bedeuten. Die Entsorgung des Abwassers ist überhaupt nur möglich,
weil zufällig die Transportleitung vom Trübsee in der Nähe vorbeiführt.

    Ebensowenig besteht ein Siedlungszusammenhang zur Bauzone
Vorderörtigen. Dazwischen erstreckt sich eine schon früher nicht dem
Baugebiet zugeteilte Fläche, die mehr als doppelt so gross ist wie die
Bauzone Vorderörtigen. Zudem erhebt sich dazwischen der bereits erwähnte
Geländekamm.

    e) ea) Geeignetes, nicht weitgehend überbautes Land darf nur eingezont
werden, wenn es voraussichtlich in 15 Jahren benötigt wird (Art. 15 lit. b
RPG). Da unbestrittenermassen das Hauptziel der Ortsplanungsrevision
in der Verkleinerung des Bauzonenareals besteht, ist der Verzicht auf
die Umzonung vom Baugebiet in das Übrige Gemeindegebiet nur zulässig,
wenn die fraglichen Parzellen samt dem zusätzlichen Land, das um einer
sachgerechten und rechtlich haltbaren Abgrenzung willen gleich behandelt
werden müsste, flächenmässig unbedeutend wären.

    eb) Mit Recht wehren sich Regierungsrat und Gemeinde mit Blick auf das
Redimensionierungsziel gegen die Aufnahme des Gebietes Hinterörtigen in
eine Bauzone. Die Grundstücke der Beschwerdeführerin umfassen ca. 37 000
m2. Wie sich am Augenschein zeigte, müsste zudem noch recht viel Umland
einbezogen werden, um die neue Bauzonengrenze sachgerecht zu ziehen. Das
ergäbe ein derart grosses zusätzliches Bauzonenareal, dass andernorts
zusätzlich ausgezont werden müsste.

    f) Zusammenfassend ist festzustellen, dass sich das Land der
Beschwerdeführerin zwar im Sinne von Art. 15 RPG für eine Überbauung
eignet, dass es aber weder weitgehend überbaut ist (lit. a), noch
voraussichtlich innert 15 Jahren benötigt wird (lit. b). Angesichts dieses
klaren Ergebnisses kann dem Einwand der Beschwerdeführerin, sie habe das
Land als Bauland versteuert, keine entscheidende Bedeutung mehr zukommen.

Erwägung 5

    5.- a) Die Beschwerdeführerin sieht sich auch in ihrem Vertrauen
auf den Fortbestand der Bauzone enttäuscht. Sie habe insbesondere
im Vertrauen auf die rechtsgültige Ortsplanung die heute bestehenden
Erschliessungsanlagen erstellt.

    b) Gemäss konstanter Rechtsprechung gibt die Eigentumsgarantie dem
Grundeigentümer keinen Anspruch darauf, dass sein Land dauernd in jener
Zone verbleibt, in die es einmal eingewiesen worden ist. Pläne können und
müssen angepasst werden, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert
haben (Art. 21 Abs. 2 RPG). Einerseits müssen Planung und Wirklichkeit bei
Bedarf wieder in Übereinstimmung gebracht werden. Andererseits kann ein
Zonenplan seinen Zweck nur erfüllen, wenn er eine gewisse Beständigkeit
aufweist. Er ist daher nur aus entsprechend gewichtigen Gründen abzuändern;
je neuer ein Plan ist, um so mehr darf mit seiner Beständigkeit gerechnet
werden, und je einschneidender sich die beabsichtigte Änderung auswirkt,
um so gewichtiger müssen die Gründe sein, die für eine Planänderung
sprechen. Die bei Planungsmassnahmen unter dem Titel der Eigentumsgarantie
vorzunehmende umfassende Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen
ist somit nur vollständig, wenn auch dem Gebot der Rechtssicherheit
gebührend Rechnung getragen wird (BGE 109 Ia 114 E. 3; 102 Ia 333 E. 1;
je mit Hinweisen).

    c) Wie die Ausführungen in E. 4 zeigen, wiegen die Interessen der
Gemeinde Engelberg an einer Umzonung der Parzellen der Beschwerdeführerin
in das Übrige Gemeindegebiet schwer, insbesondere kann das vom
Raumplanungsrecht des Bundes geforderte Ziel der Ausrichtung der
Bauzonen auf einen Bedarf von 15 Jahren nur erreicht werden, wenn die
streitige Fläche nicht dem Baugebiet zugeteilt wird. Zudem kann sie auch
keineswegs als weitgehend überbaut angesehen werden. Der Zonenplan von
1974 ist bereits mehr als 12 Jahre alt, und am 1. Januar 1980 trat das
neue Raumplanungsgesetz des Bundes in Kraft. Spätestens ab diesem Datum
musste die Beschwerdeführerin damit rechnen, dass die Ortsplanung von
Engelberg, um sie den neuen Anforderungen des Bundesrechts anzupassen,
einer Revision unterzogen würde. Der Gemeinderat erliess denn auch am
29. Mai 1981 eine Bausperre, welche vom Regierungsrat am 19. Oktober
1982 verlängert wurde. Bei dieser Rechtslage kann der Tatsache, dass
die Beschwerdeführerin bzw. ihre Rechtsvorgänger die Zufahrt bis zur
ersten Parzelle vor 1980 erstellt haben, keine entscheidende Bedeutung
mehr zukommen. Ohne dass dies im einzelnen abgeklärt werden müsste,
lässt sich zudem vermuten, dass auch in der Zeit von 1974 bis 1980 die
Grundstücke sehr wahrscheinlich kaum ohne weiteres hätten überbaut werden
können. Die Beschwerdeführerin selbst weist darauf hin, dass es bezüglich
der Erschliessung jahrelang Schwierigkeiten gegeben habe.

    Somit vermag auch das Prinzip des Vertrauensschutzes am bisherigen
Ergebnis nichts zu ändern. In der Beschwerde wird nicht geltend gemacht,
es seien in bezug auf den Fortbestand der Rechtslage gemäss Zonenplan
von 1974 irgendwelche Zusicherungen abgegeben worden. Es braucht somit
nicht geprüft zu werden, ob der verfassungsmässige Anspruch auf Treu und
Glauben gemäss Art. 4 BV verletzt worden sei.

Erwägung 6

    6.- Neben der Eigentumsgarantie von Art. 22ter BV ruft die
Beschwerdeführerin auch die Rechtsgleichheit gemäss Art. 4 BV an. Sie hält
dem Regierungsrat entgegen, es sei im Talboden gutes Landwirtschaftsland
neu einer Bauzone zugeteilt worden; es wäre besser gewesen, ihre Parzellen
einzuzonen, da hier eine vernünftige Bewirtschaftung erschwert sei. Zudem
hätte in einem anderen Gebiet der Gemeinde (Grundli) eine bessere
Auszonungsmöglichkeit bestanden.

    Vorerst ist festzustellen, dass sich aus der Rechtsgleichheit
grundsätzlich kein Anspruch auf bundesrechtswidrige Planung ableiten
lässt. Dieses verfassungsmässige Recht kann nur innerhalb einer
bundesrechtskonformen Bauzonierung Wirkung entfalten (Art. 113 Abs. 3 BV),
wobei es vor allem in ausgesprochenen Zweifelsfällen zum mitentscheidenden
Gesichtspunkt werden dürfte, denn wenn die Voraussetzungen von Art. 15
RPG klarerweise erfüllt sind, besteht bereits gestützt auf diese
Bestimmung ein Recht auf Zuteilung des Landes in eine Bauzone; weiterer
Anspruchsgrundlagen bedarf es dazu nicht.

    Vorliegend handelt es sich offensichtlich um keinen Grenzfall, so
dass auch dem Gebot der rechtsgleichen Behandlung keine entscheidende
Bedeutung zukommen kann.

Erwägung 7

    7.- Die Umzonung der Parzellen der Beschwerdeführerin von der
Bauzone in das Übrige Gemeindegebiet verletzt die Verfassung nicht. Die
staatsrechtliche Beschwerde ist abzuweisen.