Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 113 IA 236



113 Ia 236

38. Auszug aus dem Urteil der I. öffentlichrechtlichen Abteilung vom 25.
Februar 1987 i.S. René Borer und Mitbeteiligte gegen Einwohnergemeinde
Schönenbuch und Regierungsrat des Kantons Basel-Landschaft
(staatsrechtliche Beschwerden) Regeste

    Art. 88 OG; Legitimation von Eigentümern benachbarter Liegenschaften
zur Anfechtung von Nutzungsplänen.

    Legitimation im vorliegenden Fall verneint, da die Beschwerdeführer
nicht geltend machen, die Planfestsetzung verletze sie in ihren
verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen, die auch ihrem Schutz
dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten würden oder weil sie
die Nutzung ihrer Liegenschaften beschränke.

Sachverhalt

    A.- Die Einwohnergemeindeversammlung Schönenbuch nahm im Rahmen
ihrer kommunalen Landschaftsplanung am 20. Februar 1984 unter anderem
einen Zonenplan Landschaft sowie ein Zonenreglement Landschaft an. Mit
Beschluss Nr. 2273 vom 1. Oktober 1985 genehmigte der Regierungsrat des
Kantons Basel-Landschaft grundsätzlich diese Planung, machte indessen
von der Genehmigung folgende Ausnahmen:

    "- Zone für Öffentliche Anlagen und Werke "Friedhof" im Bereich der

    Parzelle 39 sowie nordwestlicher Teil der Parzelle 38;

    - Spezialzone für Intensiverholung ausserhalb der bestehenden

    Geländeaufschüttung."

    Gleichzeitig wies er unter anderem die gegen diese Planung erhobenen
Einsprachen von René Borer, Erich Borer sowie Esther und Y.K. Chong-Borer
als unbegründet ab, soweit er darauf eintreten konnte.

    Gegen diesen Entscheid erhoben René Borer, Erich Borer sowie Esther
und Y.K. Chong-Borer mit Eingabe vom 1. November 1985 staatsrechtliche
Beschwerde.

    Mit Beschluss Nr. 969 vom 15. April 1986 befand der Regierungsrat über
ein Wiedererwägungsgesuch der Einwohnergemeinde Schönenbuch. Dabei hob
er unter anderem die eingangs erwähnten Ausnahmen von seiner Genehmigung
vom 1. Oktober 1985 auf und erkannte folgendes zu Recht:

    "1. Die mit Regierungsratsbeschluss Nr. 2273 vom 1. Oktober 1985
   (Ziffer 2 des Dispositives) nicht genehmigten Bestandteile der
   kommunalen

    Landschaftsplanung, nämlich:

    a) Zone für Öffentliche Anlagen und Werke "Friedhof" im Bereich
   der Parzelle 39 sowie nordwestlicher Teil der Parzelle 38;

    b) Spezialzone für Intensiverholung ausserhalb der bestehenden

    Geländeaufschüttung;

    werden im Sinne einer Wiedererwägung genehmigt und damit
   allgemein verbindlich erklärt."

    Mit Eingabe vom 15. Mai 1986 führen René Borer und die Mitbeteiligten
auch gegen diesen Entscheid staatsrechtliche Beschwerde.

    Das Bundesgericht tritt auf die Beschwerden nicht ein.

Auszug aus den Erwägungen:

                     Aus den Erwägungen:

Erwägung 2

    2.- a) Obwohl alle an dem vorliegenden Verfahren beteiligten Parteien
offenbar davon ausgehen, die Beschwerdeführer seien zur Beschwerdeführung
legitimiert, ist diese Frage näher zu untersuchen, da das Bundesgericht
die Legitimation eines Beschwerdeführers frei und von Amtes wegen prüft
(BGE 108 Ia 25 E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch 112 Ia 210 E. 1 mit Hinweis).

    b) Im BGE 112 Ia 90 ff. hat das Bundesgericht die
Legitimationsvoraussetzungen für die Anfechtung von Nutzungsplänen nach
eingehenden Erörterungen neu gefasst. Danach ist zur Anfechtung eines
Nutzungsplanes mit staatsrechtlicher Beschwerde sowohl der Eigentümer
eines vom Plan erfassten Grundstückes befugt als auch der Eigentümer
einer benachbarten Liegenschaft, der geltend macht, die Planfestsetzung
verletze ihn in seinen verfassungsmässigen Rechten, weil dadurch Normen,
die auch seinem Schutze dienten, nicht mehr oder in geänderter Form gelten
würden oder weil sie die Nutzung seiner Liegenschaft beschränke. In beiden
Fällen reicht die Anfechtungsbefugnis nur so weit, als die Auswirkungen
des Planes auf das eigene Grundstück in Frage stehen. Der Nachbar ist
somit nicht befugt, die Verletzung von Bestimmungen zu rügen, die den
Schutz allgemeiner öffentlicher Interessen und nicht speziell auch seinen
Schutz bezwecken (BGE 106 Ia 329 ff. mit Hinweisen). Die Anerkennung
der Rekursberechtigung eines nicht vom Plan erfassten Eigentümers beruht
darauf, dass bei der späteren Anfechtung einer Baubewilligung, die sich
auf den neuen Nutzungsplan stützt, der Plan und die ihn ergänzenden
Bauvorschriften grundsätzlich nicht mehr angefochten werden können (BGE
106 Ia 386 ff. E. 3b und c).

    c) René Borer ist Eigentümer eines Einfamilienhauses an der
Hagenthalerstrasse 104. Erich Borer und die Ehegatten Esther und
Y.K. Chong-Borer besitzen je ein Einfamilienhaus in der Überbauung
"Pfeiffensack". Diese Liegenschaften liegen in der Nachbarschaft der
angefochtenen Zone für öffentliche Anlagen und Werke (Friedhof) sowie
der ebenfalls angefochtenen Spezialzone für Intensiverholung mit der
Zweckbestimmung Spiel und Sport. In den beiden angefochtenen Zonen
gehört den Beschwerdeführern kein Land. Es gelten deshalb für sie die
oben dargelegten Legitimationsgrundsätze für Eigentümer benachbarter
Liegenschaften. Im folgenden sind die Vorbringen der Beschwerdeführer
detailliert daraufhin zu überprüfen, ob sie nach diesen Grundsätzen
zulässig sind.

Erwägung 3

    3.- a) Die Beschwerdeführer erklären zunächst, sie hätten ihre
Grundstücke im Jahre 1981/82 erworben, als das angrenzende Gebiet der
Landwirtschaftszone zugewiesen und mittels einer Aussichtsschutzzone
und einer Grundwasserschutzzone vor zukünftigen Überbauungen gesichert
gewesen sei. Durch die Ausscheidung der Zone für öffentliche Anlagen und
Werke und die Spezialzone für Intensiverholung werde der Aussichtsschutz
beeinträchtigt. Zudem würden Immissionen - wie Verkehrsbelästigung durch
Besucher des Friedhofs und der Tennisanlage, des Spielbetriebes usw. -
auftreten. Sie hätten Anspruch darauf, dass sich die Gemeinde und die
kantonale Genehmigungsbehörde an die Vorschriften des Baugesetzes, der
Verordnung über den Regionalplan Landschaft sowie an das Raumplanungsgesetz
hielten. Die Vorschriften seien nicht eingehalten worden, weshalb die
Beschwerdeführer in ihren verfassungsmässigen Rechten (Eigentumsgarantie,
Rechtssicherheit, Legalitätsprinzip, derogatorische Kraft des Bundesrechts
sowie Willkürverbot) verletzt seien. Mit diesen sehr allgemein gehaltenen
Ausführungen bringen die Beschwerdeführer indessen nicht vor, es seien
durch die angefochtenen Planfestsetzungen Normen mit nachbarschützender
Wirkung aufgehoben oder geändert worden. Auch behaupten sie nicht,
dadurch sei die Nutzung ihrer Liegenschaften beschränkt worden.

    Nach der Praxis des Bundesgerichtes gibt die Eigentumsgarantie dem
Eigentümer keinen unbedingten Anspruch darauf, dass sein Land dauernd
in jener Zone verbleibt, in die es einmal eingewiesen worden ist. Das
gilt auch für den Nachbarn. Die verfassungsmässige Gewährleistung des
Eigentums steht einer nachträglichen Änderung oder Beschränkung der aus
einer bestimmten Zoneneinteilung folgenden Nutzungsmöglichkeiten nicht
entgegen (BGE 109 Ia 114 E. 3 mit Hinweisen). Aus der Eigentumsgarantie
allein können die Beschwerdeführer somit nichts zur Verhinderung der
angefochtenen Planfestsetzungen ableiten.

    b) In bezug auf die Ausscheidung der Zone für öffentliche Anlagen
und Werke erklären die Beschwerdeführer, der bestehende Friedhof reiche
noch bis zum Jahre 2005 aus. Zudem sei in den bis vor der angefochtenen
Zonenordnung geltenden Zonenvorschriften ein Alternativ-Standort am
"Hohen Eichenweg" in Allschwil vorgesehen gewesen und die Gemeinde habe ein
zusätzliches Friedhofareal in der "Kappelmatt" ausgeschieden. Für das heute
vorgesehene Areal "Pfeiffensack", das in der Grundwasserschutzzone liege,
fehle ein hydrogeologisches Gutachten, währenddem ein solches Gutachten
den Standort eines Friedhofs in der "Kappelmatt" als völlig unbedenklich
halte. In diesem Zusammenhang werfen die Beschwerdeführer dem Regierungsrat
vor, er habe seine Pflicht zur Überprüfung der kommunalen Zonenplanänderung
gemäss § 3 Abs. 2 des Baugesetzes des Kantons Basel-Landschaft vom 15. Juni
1967 (BauG) willkürlich unterschritten, obwohl er gemäss Art. 33 Abs. 3 RPG
und § 3 BauG zur vollen Überprüfung verpflichtet sei. Nach § 3 BauG sind
die Gemeinden befugt, im Rahmen dieses Gesetzes eigene Bauvorschriften zu
erlassen. Die Bauvorschriften der Gemeinden bedürfen der Genehmigung des
Regierungsrates. Er überprüft sie auf ihre Rechtmässigkeit. Vorbehalten
bleibt die Ermessenskontrolle aus Gründen der Regionalplanung. Diese
Vorschriften regeln den Rahmen des Aufsichtsrechts des Kantons gegenüber
Gemeinden hinsichtlich des Erlasses kommunaler Bauvorschriften. Sie
sind im allgemeinen öffentlichen Interesse aufgestellt worden und
haben keine nachbarschützenden Wirkungen. Der von den Beschwerdeführern
angerufene Art. 33 Abs. 3 RPG regelt nicht das Genehmigungsverfahren
betreffend kommunale Nutzungspläne, sondern die Kognition im Rahmen des
Rechtsschutzes; insoweit wären die Beschwerdeführer zwar befugt, mit
staatsrechtlicher Beschwerde vorzubringen, der Regierungsrat habe ihre
Einsprachen gegen die Planfestsetzung nicht voll überprüft (vgl. dazu
BGE 109 Ib 121 ff.). Eine entsprechende Rüge erheben sie indessen nicht;
jedenfalls legen sie nicht in einer Art. 90 Abs. 1 lit. b OG genügenden
Form dar, welches ihrer Argumente der Regierungsrat in einer gegen Art. 33
Abs. 3 RPG verstossenden Weise nicht berücksichtigt haben sollte.

    Sodann erklären die Beschwerdeführer, der Regierungsrat habe für die
Ausscheidung der fraglichen Zone den Vorrang des kantonalen Regionalplanes
Landschaft samt dazugehöriger Verordnung vom 23. Oktober 1980 pflichtwidrig
nicht beachtet. Auch zu dieser Rüge sind sie jedoch nach den dargelegten
Grundsätzen in einer staatsrechtlichen Beschwerde nicht legitimiert. Das
gleiche gilt für die Rüge, der Regierungsrat habe Art. 21 Abs. 2 RPG und §
10 Abs. 1 der Verordnung über den Regionalplan sowie Art. 3 RPG verletzt
(BGE 106 Ia 329 ff. mit Hinweisen).