Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 V 97



112 V 97

17. Urteil vom 2. Mai 1986 i.S. S. gegen Ausgleichskasse des Kantons
Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich Regeste

    Art. 104, 105, 132 OG: Überprüfungsbefugnis des Eidg.
Versicherungsgerichts im Beschwerdeverfahren betreffend Rückforderung von
Versicherungsleistungen und betreffend Erlass der Rückerstattung (Erw. 1b).

    Art. 47 Abs. 1 AHVG, Art. 76 und 78 AHVV, Art. 77 und 88bis Abs. 2
lit. b IVV: Rückerstattung einer zu Unrecht bezogenen Invalidenrente.

    - Sowohl der bevormundete Versicherte als auch sein Vormund sind
meldepflichtig, wenn das Mündel eine Erwerbstätigkeit aufnimmt (Erw. 2a).

    - Der Vormund ist nicht rückerstattungspflichtig (Erw. 2b).

    - Bei der Prüfung der Meldepflichtverletzung hat sich der Versicherte
das Verhalten seines Vormunds anrechnen zu lassen (Erw. 3b).

    Art. 47 Abs. 1 AHVG: Erlass der Rückerstattung.

    - Eine leichte Meldepflichtverletzung schliesst die Annahme des guten
Glaubens nicht aus (Erw. 2c).

    - Der Versicherte hat sich den guten oder bösen Glauben des Vormunds
anrechnen zu lassen; hingegen ist die Frage der grossen Härte einzig in
der Person und nach den Verhältnissen des Versicherten zu prüfen (Erw. 3c).

Sachverhalt

    A.- Der am 8. Juni 1918 geborene Karl S. leidet an einem krankhaften
Sammeltrieb und andern psychischen Beeinträchtigungen, weshalb er unter
Vormundschaft steht. Sein Vormund ist Amtsvormund X. Bis zum Erreichen
des 65. Altersjahres hatte der Versicherte eine ganze Invalidenrente
bezogen. Im Zusammenhang mit der Abklärung der Altersrentenberechtigung
ab 1. Juli 1983 kam der Verwaltung zur Kenntnis, dass er seit Mitte Juni
1981 als Hauswart in einem Hotel eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte,
was ihr weder vom Vormund noch vom Versicherten mitgeteilt worden war. Die
Ausgleichskasse des Kantons Zürich setzte daraufhin die bisherige ganze
Invalidenrente rückwirkend ab anfangs Oktober 1981 auf eine halbe Rente
herab und forderte unter Annahme einer Meldepflichtverletzung die in
der Zeit vom 1. Oktober 1981 bis 30. Juni 1983 zuviel ausgerichteten
Betreffnisse von insgesamt Fr. 9'732.-- zurück (Verfügung vom 20. Juli
1983).

    B.- Gegen diese an ihn gerichtete Rückforderungsverfügung wandte
Amtsvormund X mit Eingabe vom 22. Juli 1983 an die Ausgleichskasse ein,
es sei seinem "Schutzbefohlenen die Rückerstattungspflicht des zu Unrecht
bezogenen Betrages zu erlassen" bzw. es sei "auf die Rückforderung des zu
Unrecht bezogenen Betrages von Fr. 9'732.-- zu verzichten". Ferner reichte
der "Schweizerische Beobachter" (nachfolgend: der Beobachter) namens des
Karl S. am 18. August 1983 der Ausgleichskasse ein Wiedererwägungsgesuch
ein, das ebenfalls den Antrag enthielt, es sei auf die Rückforderung
des Betrages von Fr. 9'732.-- zu verzichten; verneinendenfalls sei die
Eingabe an die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich zur Behandlung
als Beschwerde weiterzuleiten.

    Die Ausgleichskasse lehnte am 17. Oktober 1983 verfügungsweise
"das Erlassgesuch" ab und verpflichtete Amtsvormund X, "den Betrag von
Fr. 9'732.-- zurückzuerstatten". Beschwerdeweise beantragte der Amtsvormund
am 25. Oktober 1983 die Aufhebung auch dieser Kassenverfügung, ebenso am
7. November 1983 der durch den Beobachter vertretene Karl S.

    Die AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich gelangte zur
Auffassung, dass seitens des Amtsvormundes eine Meldepflichtverletzung
vorliege, weshalb die verfügte Rückforderung der zuviel ausgerichteten
Rentenbetreffnisse von Fr. 9'732.-- in Ordnung gehe; die Erlassgesuche
seien unbegründet, weil bei einer rückwirkenden Rentenherabsetzung
zufolge einer Meldepflichtverletzung die eine der kumulativ erforderlichen
Erlassvoraussetzungen, die Gutgläubigkeit, von vornherein verneint werden
müsse. Mit Entscheid vom 5. Dezember 1984 wies die Rekurskommission die
Beschwerden ab, soweit sie darauf eintrat.

    C.- Karl S., vertreten durch Amtsvormund X, lässt durch den Beobachter
Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit den Anträgen:

    "1. Das angefochtene Urteil sei aufzuheben.

    2. Die Rückforderung von IV-Renten, die in der Zeit vom 1. Oktober

    1981 bis 30. Juni 1983 zugunsten von Karl S. an dessen Vormund bezahlt
   wurden, sei aufzuheben."

    Die Ausgleichskasse und das Bundesamt für Sozialversicherung (BSV)
beantragen die Abweisung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Zu prüfen ist zunächst, was den Streitgegenstand des vorliegenden
Verfahrens abgibt und nach welcher Kognition sich dieser Streitgegenstand
beurteilt.

    a) Streitgegenstand im System der nachträglichen
Verwaltungsrechtspflege ist das Rechtsverhältnis, welches - im Rahmen des
durch die Verfügung bestimmten Anfechtungsgegenstandes - den aufgrund
der Beschwerdebegehren effektiv angefochtenen Verfügungsgegenstand
bildet. Nach dieser Begriffsumschreibung sind Anfechtungsgegenstand und
Streitgegenstand identisch, wenn die Verwaltungsverfügung insgesamt
angefochten wird. Bezieht sich demgegenüber die Beschwerde nur auf
einen Teil des durch die Verfügung bestimmten Rechtsverhältnisses,
gehören die nicht beanstandeten Teilaspekte des verfügungsweise
festgelegten Rechtsverhältnisses zwar wohl zum Anfechtungs-, nicht aber
zum Streitgegenstand.

    In der Verwaltungsverfügung festgelegte - somit Teil des
Anfechtungsgegenstandes bildende -, aber aufgrund der Beschwerdebegehren
nicht mehr streitige - somit nicht zum Streitgegenstand zählende -
Fragen prüft der Richter nur, wenn die nicht beanstandeten Punkte in
engem Sachzusammenhang mit dem Streitgegenstand stehen (BGE 110 V 51
Erw. 3c mit Hinweisen).

    Objekt des vorinstanzlichen Entscheides und damit Anfechtungsgegenstand
sind einerseits die bestätigten Rückforderungsverfügungen vom 20. Juli
sowie 17. Oktober 1983 und anderseits die Abweisung der beschwerdeweise
wiederholten Erlassgesuche. Da mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde die
vollumfängliche Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheides beantragt wird,
gehören vorliegend sowohl die Rückerstattungspflicht als auch der Erlass
zum Streitgegenstand. Daher sind beide Punkte einer Beurteilung in diesem
Prozess zugänglich.

    b) Die Kognition des Eidg. Versicherungsgerichts ist unterschiedlich,
je nachdem ob es um Versicherungsleistungen oder anderes geht. Unter
Versicherungsleistungen im Sinne des Art. 132 OG sind Leistungen zu
verstehen, über deren Rechtmässigkeit bei Eintritt des Versicherungsfalles
befunden wird (BGE 106 V 98 Erw. 3, 98 V 131). Darunter fällt nach
ständiger Rechtsprechung auch die Rückforderung von Versicherungsleistungen
(z.B. Invalidenrenten), nicht jedoch der Erlass einer solchen
Rückerstattungsschuld (BGE 110 V 27 Erw. 3, 98 V 275 Erw. 2; vgl. auch 102
V 245; ZAK 1983 S. 507 Erw. 1). Sind im gleichen Verfahren beide Punkte zu
prüfen, so gilt grundsätzlich für die Rückerstattungspflicht die erweiterte
Kognition nach Art. 132 OG, wogegen für die Erlassfrage Art. 104 lit. a und
Art. 105 Abs. 2 OG zu beachten sind (BGE 98 V 276 Erw. 3). Hinsichtlich
des Erlasses kann demnach mit der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nur die
Verletzung von Bundesrecht einschliesslich Überschreitung oder Missbrauch
des Ermessens gerügt werden (Art. 104 lit. a OG); die vorinstanzliche
Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts kann nur gerügt werden,
wenn sie offensichtlich unrichtig oder unvollständig ist oder unter
Verletzung wesentlicher Verfahrensbestimmungen erfolgte (Art. 104
lit. b in Verbindung mit Art. 105 Abs. 2 OG). Im Beschwerdeverfahren um
die Rückforderung von Versicherungsleistungen erstreckt sich dagegen
die Überprüfungsbefugnis des Eidg. Versicherungsgerichts auch auf die
Angemessenheit der angefochtenen Verfügung; das Gericht ist dabei nicht
an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts
gebunden und kann insbesondere über die Begehren der Parteien zu deren
Gunsten oder Ungunsten hinausgehen (Art. 132 OG).

Erwägung 2

    2.- a) Eine rückwirkende Aufhebung oder Berichtigung einer
Invalidenrente (ex tunc) und damit verbunden die Rückerstattung der zu
Unrecht bezogenen Rentenbetreffnisse (Art. 49 IVG in Verbindung mit Art.
47 AHVG) greifen dann Platz, wenn der Tatbestand des Art. 88bis Abs. 2
lit. b IVV erfüllt ist. Danach erfolgt die revisionsweise Herabsetzung
oder Aufhebung einer Invalidenrente rückwirkend vom Eintritt der für den
Anspruch erheblichen Änderung an, wenn die unrichtige Ausrichtung einer
Leistung darauf zurückzuführen ist, dass der Bezüger sie unrechtmässig
erwirkt hat oder der ihm gemäss Art. 77 IVV zumutbaren Meldepflicht
nicht nachgekommen ist. Gemäss Abs. 1 dieser Verordnungsbestimmung
haben der Berechtigte oder sein gesetzlicher Vertreter sowie Behörden
und Dritte, denen die Leistung zukommt, jede für den Leistungsanspruch
wesentliche Änderung, namentlich eine solche des Gesundheitszustandes,
der Arbeits- oder Erwerbsfähigkeit, der persönlichen und gegebenenfalls
der wirtschaftlichen Verhältnisse des Versicherten unverzüglich der
Ausgleichskasse anzuzeigen. Im Falle einer Bevormundung trifft die
Meldepflicht daher den Versicherten und seinen Vormund, der kraft Gesetz
der Vertreter seines Mündels ist (Art. 367 Abs. 1 ZGB).

    Für den Tatbestand der Meldepflichtverletzung ist ein schuldhaftes
Fehlverhalten erforderlich, wobei nach ständiger Rechtsprechung bereits
eine leichte Fahrlässigkeit genügt (BGE 110 V 180 Erw. 3c mit Hinweisen).

    Da der Tatbestand der Meldepflichtverletzung den Vorwurf eines
fehlerhaften Verhaltens umschliesst, ist erforderlich, dass der
Meldepflichtige urteilsfähig ist, wie dies auch für die zivilrechtliche
Haftung aus unerlaubter Handlung gilt (Art. 19 Abs. 3 ZGB). Die
Urteilsfähigkeit ist im Sozialversicherungsrecht in bezug auf die in
Frage stehende konkrete Handlung und unter Würdigung der bei ihrer
Vornahme herrschenden objektiven und subjektiven Verhältnisse zu prüfen
(BGE 108 V 126 Erw. 4). Fehlt die Urteilsfähigkeit, kann der Versicherte
für sein Verhalten nicht verantwortlich gemacht werden, so dass sich in
einem solchen Fall die Annahme einer schuldhaften Meldepflichtverletzung
verbietet.

    b) Von der eben dargelegten Meldepflicht ist die Rückerstattungspflicht
zu unterscheiden. Denn nicht jeder im Sinne von Art. 77 Abs. 1 IVV
Meldepflichtige ist auch der Rückerstattungspflicht unterworfen. Die Frage,
wer im Falle einer Meldepflichtverletzung die unrechtmässig ausgerichteten
Leistungen zurückzuerstatten hat, stellt sich namentlich im Falle eines
bevormundeten Versicherten.

    Auszugehen ist vom Grundsatz, dass das Familienrecht und daher auch das
Vormundschaftsrecht eine Ordnung darstellt, die von der Sozialversicherung
vorausgesetzt wird und dieser daher grundsätzlich vorgeht (BGE
102 V 37 mit Hinweisen). Wird die einem bevormundeten Versicherten
zustehende Invalidenrente dem Vormund ausbezahlt, so hat dieser zwar
hinsichtlich ihrer Verwendung die Vorschriften des Vormundschaftsrechtes
zu beachten (vgl. z.B. Art. 401 Abs. 1 und Art. 413 ZGB); doch bleibt
die Invalidenrente trotz der Vormundschaft Teil des Mündelvermögens
(Art. 367 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 398 ff. ZGB), weswegen
eine allfällige Rückerstattung aus diesem zu erfolgen hat. An dieser
vormundschaftsrechtlichen Ordnung hat das Sozialversicherungsrecht nichts
geändert. Denn Art. 78 AHVV (anwendbar im Gebiet der Invalidenversicherung
kraft Art. 85 Abs. 3 IVV) erklärt im Falle einer Drittauszahlung
nur die in Art. 76 Abs. 1 AHVV erwähnten Personen oder Behörden als
rückerstattungspflichtig, nicht jedoch den Vormund, welcher in Art. 76
Abs. 2 AHVV erwähnt wird. Zwar hat das Eidg. Versicherungsgericht im
Urteil Bürgergemeinde der Stadt Luzern vom 22. Februar 1984 (BGE 110 V 10)
festgehalten, dass nicht nur die in Art. 76 Abs. 1 AHVV bezeichneten
Drittpersonen oder Behörden, die dem Rentenberechtigten gegenüber
gesetzlich oder sittlich unterstützungspflichtig sind oder ihn dauernd
fürsorgerisch betreuen, der Rückerstattungspflicht unterliegen; darüber
hinaus seien auch jene Drittempfänger, welchen praxisgemäss die Leistungen
ausbezahlt werden, ohne dass die Voraussetzungen des Art. 76 AHVV erfüllt
sind, rückerstattungspflichtig; dies treffe auf vom Berechtigten selber
bezeichnete Drittempfänger zu, welche die Leistungen nicht nur als Inkasso-
oder Zahlstelle entgegennehmen (BGE 110 V 14 Erw. 2b). Diese Feststellung
bezog sich jedoch nicht auf den Vormund. Das Eidg. Versicherungsgericht
hat denn auch im unveröffentlichten Urteil Genoud vom 6. Dezember 1983
festgehalten, dass weder der Amtsvormund noch die Vormundschaftsbehörde
als gesetzliche Vertreter des Mündels zur Rückerstattung verpflichtet
sind. Dementsprechend hat das BSV mit dem Nachtrag 4 (in Kraft seit
1. Januar 1985) zur Wegleitung über die Renten Rz. 1174 verordnungskonform
neu gefasst, indem der Verweis auf den in der Verordnungsbestimmung nicht
erwähnten Abs. 2 des Art. 76 AHVV fallengelassen wurde (ebenso nunmehr
Rz. 1371 der ab anfangs 1986 gültigen Rentenwegleitung).

    c) Hat sich ein Meldepflichtiger eine Verletzung dieser Obliegenheit
zuschulden kommen lassen und ist ihm daraus kraft des Gesetzes die
Pflicht zur Rückerstattung der unrechtmässig ausgerichteten Leistungen
erwachsen, so stellt sich als nächstes die Frage, ob ihm der Erlass der
Rückzahlungsschuld gewährt werden kann. Hiefür ist der im Bereich der
Invalidenversicherung laut Art. 49 IVG sinngemäss anwendbare Art. 47 AHVG
massgeblich, wonach bei gutem Glauben und gleichzeitigem Vorliegen einer
grossen Härte von der Rückforderung der unrechtmässig bezogenen Renten
oder Hilflosenentschädigungen abgesehen werden kann. Hiegegen schlägt
die auf ZAK 1981 S. 94 gegründete Auffassung der Vorinstanz nicht durch,
dass bei einer rückwirkenden Rentenrevision zufolge Meldepflichtverletzung
der Erlass schon gestützt auf Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV mangels guten
Glaubens zu verweigern sei. Denn zum einen vermag Art. 88bis Abs. 2
lit. b IVV als Verordnungsnorm dem formellgesetzlichen Erlassanspruch
des Art. 47 Abs. 1 AHVG nicht zu derogieren. Zum andern gehen die
Erwägungen in ZAK 1981 S. 94 davon aus, dass die Meldepflichtverletzung,
welche die Rückerstattungspflicht bewirkt, auf arglistiges oder
zumindest grobfahrlässiges Fehlverhalten zurückzuführen ist. Das
Eidg. Versicherungsgericht hat denn auch in ständiger Rechtsprechung bei
der Beurteilung des guten Glaubens am Erfordernis eines arglistigen oder
zumindest grobfehlerhaften Verhaltens festgehalten (Nachweise in BGE 110 V
180 Erw. 3c). Daraus erhellt, dass der gute Glaube als Erlassvoraussetzung
von vornherein entfällt, wenn der Rückerstattungstatbestand (Melde- oder
Auskunftspflichtverletzung) durch ein arglistiges oder grobfahrlässiges
Verhalten herbeigeführt wurde. Anderseits kann sich der Versicherte auf den
guten Glauben berufen, wenn seine fehlerhafte Handlung oder Unterlassung
nur eine leichte Verletzung der Melde- oder Auskunftspflicht darstellt (BGE
110 V 180 Erw. 3c in fine). Dies hat das Eidg. Versicherungsgericht in
zwei neuesten Entscheidungen im Bereich der AHV (Urteil Schreiber vom
4. November 1985) und der Invalidenversicherung (Urteil Broillet vom
10. Dezember 1985) bestätigt.

Erwägung 3

    3.- a) Die Ausgleichskasse hat die Rückerstattung des Betrages
von Fr. 9'732.-- sowohl in der Verfügung vom 20. Juli 1983 als auch in
jener vom 17. Oktober 1983 zu Lasten des Amtsvormundes verfügt. Entgegen
den Vorbringen der Ausgleichskasse in ihrer Vernehmlassung ist dieses
Vorgehen nach dem in Erw. 2b Gesagten unzutreffend, weshalb die gegen
den Amtsvormund verfügte Rückerstattung aufzuheben ist.

    b) Zu prüfen ist im weitern die Rückerstattungspflicht des
Beschwerdeführers. Diese ist zu bejahen, sofern er oder sein
Vormund sich eine Meldepflichtverletzung haben zuschulden kommen
lassen. Als Bevormundeter muss sich der Beschwerdeführer das
Verhalten seines gesetzlichen Vertreters anrechnen lassen, wie das
Eidg. Versicherungsgericht im bereits erwähnten Urteil Genoud vom
6. Dezember 1983 in bezug auf die Erlassvoraussetzung des guten Glaubens
festgestellt hat; die Zurechenbarkeit des Verhaltens des gesetzlichen
Vertreters gilt aber selbstverständlich auch für die Belange der
Meldepflichterfüllung. Welche Konsequenzen sich aus einem etwaigen
fehlerhaften Verhalten des Vormundes im Verhältnis zu seinem Mündel
ergeben, kann nicht Gegenstand dieses Sozialversicherungsprozesses sein,
sondern wäre nach den Bestimmungen des Vormundschaftsrechtes in einem
allfälligen Verantwortlichkeitsverfahren zu beantworten (Art. 426 ff.,
Art. 430 Abs. 1 ZGB).

    Aus den Akten geht hervor, dass der Beschwerdeführer in psychischer
Hinsicht schwer beeinträchtigt und deswegen nicht in der Lage ist,
seine Angelegenheiten selber zu besorgen. Nebst seinem Vormund müssen
sich auch andere Amtsstellen seit Jahren immer wieder mit ihm befassen,
weil er durch seine Lebensweise sich und andere in Gefahr bringt. Das
ständige Eingehen untragbarer finanzieller Verpflichtungen im Zusammenhang
mit der Miete von Lagerräumlichkeiten, welche er für die Aufbewahrung
seines Sammelgutes benützt, zeigt deutlich, dass ihm die im alltäglichen
Geschäftsleben erforderliche vernünftige Einsicht abgeht. Daher kann
er mangels Urteilsfähigkeit nicht dafür verantwortlich gemacht werden,
dass er die Aufnahme seiner Erwerbstätigkeit Mitte Juni 1981 in einem
Hotel nicht meldete.

    Was die Wahrnehmung der Meldepflicht durch den Amtsvormund anbelangt,
so ist dessen Versicherung glaubwürdig, dass er von der am 15. Juni 1981
durch den Beschwerdeführer aufgenommenen Erwerbstätigkeit nichts gewusst
habe. Diese Unkenntnis wird durch den am 26. Oktober 1981, somit in einem
Zeitpunkt verfassten Rechenschaftsbericht des Vormundes bestätigt, als sich
die Frage einer möglichen Rückerstattungspflicht noch gar nicht gestellt
hatte. Indessen wäre es dem Amtsvormund bei gezielter Befragung sicherlich
möglich gewesen, die Erwerbstätigkeit seines Mündels in Erfahrung zu
bringen. Denn aus den eingereichten Unterlagen geht hervor, dass der
Beschwerdeführer die Auskunft über seine persönlichen Verhältnisse nicht
schlechtweg verweigerte, wie z.B. die Abklärung durch den Ombudsmann im
Zusammenhang mit der bewohnten Kellerräumlichkeit zeigt. Auf der andern
Seite ist es verständlich, dass der Amtsvormund seine Aufmerksamkeit
vorwiegend auf die drängendsten Probleme bezüglich der verschiedenen
gemieteten Wohnungen, Lagerräumlichkeiten etc. richtete, und nicht auf
die Frage einer Erwerbstätigkeit, über die der Beschwerdeführer ihn nicht
von sich aus unterrichtete. Bei dieser Sachlage kann dem Amtsvormund zwar
keine grobe Pflichtwidrigkeit vorgeworfen werden; ganz schuldlos ist er
aber nicht, weil er doch nicht alles Zumutbare unternahm, um über eine
mögliche Erwerbstätigkeit seines Mündels informiert zu sein. Daher ist
der Tatbestand der Meldepflichtverletzung in der Person des Amtsvormundes
erfüllt. Dieses Verhalten seines gesetzlichen Vertreters muss sich der
Beschwerdeführer anrechnen lassen, weshalb er (nicht der Vormund) zur
Rückerstattung des Betrages von Fr. 9'732.-- verpflichtet ist.

    c) Was den Erlass dieser Rückerstattungsschuld anbelangt, so
kann der gute Glaube des Beschwerdeführers zufolge der auch in diesem
Zusammenhang massgeblichen fehlenden Urteilsfähigkeit nicht verneint
werden. Aber auch der Amtsvormund kann sich auf den guten Glauben
berufen, weil seine Pflichtwidrigkeit, wie dargelegt, nur eine leichte
Fahrlässigkeit darstellt. Somit bleibt die Frage zu prüfen, ob die
Rückzahlung der Betreffnisse von Fr. 9'732.-- eine grosse Härte im Sinne
der Rechtsprechung (BGE 108 V 58) darstellt, wobei diese Frage sich in
bezug auf den Beschwerdeführer selber stellt und nach dessen Verhältnissen
(nicht denen des Vormundes) zu beantworten ist. Darüber geben die Akten
keinen hinreichenden Aufschluss, weshalb die Sache zur Prüfung dieser
Erlassvoraussetzung an die Verwaltung zurückzuweisen ist.

Entscheid:

       Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    Die Verwaltungsgerichtsbeschwerde wird in dem Sinne teilweise
gutgeheissen, dass der Entscheid der AHV-Rekurskommission des Kantons
Zürich vom 5. Dezember 1984 sowie die Kassenverfügungen vom 20. Juli und
17. Oktober 1983 aufgehoben werden und die Sache an die Ausgleichskasse
des Kantons Zürich zurückgewiesen wird, damit diese, nach Prüfung
der Erlassvoraussetzung der grossen Härte, über das Erlassgesuch des
Beschwerdeführers neu verfüge.