Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen Bundesgerichts
Collection des arrêts du Tribunal fédéral suisse
Raccolta delle decisioni del Tribunale federale svizzero

BGE 112 V 55



112 V 55

11. Urteil vom 15. Januar 1986 i.S. Scheu gegen Arbeitslosenkasse
des Kantons Zürich und Kantonale Rekurskommission für die
Arbeitslosenversicherung, Zürich Regeste

    Art. 51 ff. AVIG, Art. 74 AVIV: Insolvenzentschädigung.

    - Der AHV-rechtliche Begriff des massgebenden Lohnes gilt
nicht nur für die Bemessung der Arbeitslosen-, Kurzarbeits- und
Schlechtwetterentschädigung, sondern auch für die Insolvenzentschädigung
(Erw. 2a).

    - Die Verordnungsbestimmung, wonach die Kasse Insolvenzentschädigungen
nur ausrichten darf, wenn diese betreibungsrechtlich privilegiert sind,
ist gesetzwidrig (Erw. 2b-e).

    - Frage offen gelassen, ob ein Verwaltungsratsmitglied für die
Entschädigungen aus der spezifischen Verwaltungsratstätigkeit den Schutz
des AVIG geniesst. In casu Anspruch auf Insolvenzentschädigung des
Verwaltungsratspräsidenten bejaht, weil er - wie jeder andere Arbeitnehmer

    - einen Lohn, aber keine spezifische Verwaltungsratsentschädigung
erhalten hat (Erw. 3).

    - Frage offen gelassen, ob der Anspruch auf Insolvenzentschädigung
davon abhängig gemacht werden kann, dass der Leistungsansprecher den
Kollokationsplan angefochten hat. Bevor ein schuldhaftes Verhalten im
Sinne von grober Fahrlässigkeit oder Absicht zu einer Sanktion Anlass
geben kann, muss ein Schaden eingetreten sein (Erw. 4).

Sachverhalt

    A.- Roman Scheu war Verwaltungsratspräsident der Z. AG, über die am
12. Juli 1983 der Konkurs eröffnet wurde. Am 19. August 1983 reichte er
der öffentlichen Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich einen Antrag auf
Insolvenzentschädigung im Sinne von Art. 51 AVIG ein; er gab an, in der
konkursiten Firma als Verkäufer tätig gewesen zu sein, und bezifferte
seinen Monatslohn auf Fr. ... Mit Schreiben vom 26. August 1983 meldete
er die bei der Arbeitslosenkasse geltend gemachte Lohnforderung auch beim
Konkursamt Zürich-Altstetten an.

    Am 22. September 1983 verneinte die Arbeitslosenkasse verfügungsweise
den Anspruch des Roman Scheu auf Insolvenzentschädigung mit der
Begründung, gemäss Art. 3 Verordnung über die Insolvenzentschädigung vom
6. Dezember 1982 (VOI, A5 1982 2225) dürften Insolvenzentschädigungen
nur für betreibungsrechtlich privilegierte Forderungen ausgerichtet
werden. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung seien Forderungen von
Verwaltungsratspräsidenten nicht privilegiert und würden deshalb in der
5. Klasse kolloziert.

    Das Konkursamt seinerseits teilte Roman Scheu mit Verfügung vom
3. November 1983 mit, dass lediglich die vom Arbeitgeber abhängigen und
damit in einer sozial schwachen Stellung befindlichen Arbeitnehmer das
Lohnprivileg der 1. Klasse beanspruchen könnten. Einem Angestellten,
der einen bestimmenden Einfluss auf den Geschäftsgang des konkursiten
Unternehmens habe ausüben können, wie z.B. ein Verwaltungsratsmitglied,
stehe dieses Privileg nicht zu. Deshalb sei die Forderung in der Höhe
von Fr. ... in der 5. Klasse kolloziert worden. Diese konkursamtliche
Verfügung wurde unangefochten rechtskräftig.

    B.- Gegen die Verfügung der Arbeitslosenkasse beschwerte sich Roman
Scheu bei der Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons
Zürich. Diese wies die Beschwerde aus den gleichen Überlegungen, von denen
sich schon die Arbeitslosenkasse hatte leiten lassen, am 6. Januar 1984 ab.

    C.- Roman Scheu führt Verwaltungsgerichtsbeschwerde mit dem Antrag auf
Gewährung der verlangten Insolvenzentschädigung. Die Arbeitslosenkasse
und das Bundesamt für Industrie, Gewerbe und Arbeit (BIGA) verzichten
mit Schreiben vom 1. März bzw. 22. März 1984 auf eine Vernehmlassung
zur Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Am 20. September 1984 hat das BIGA
zu verschiedenen ihm vom Eidg. Versicherungsgericht unterbreiteten
Fragen Stellung genommen. Darauf wird in den rechtlichen Erwägungen
zurückzukommen sein.

Auszug aus den Erwägungen:

      Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung:

Erwägung 1

    1.- Nach Art. 51 AVIG haben beitragspflichtige Arbeitnehmer von
Arbeitgebern, die in der Schweiz der Zwangsvollstreckung unterliegen
oder in der Schweiz Arbeitnehmer beschäftigen, Anspruch auf
Insolvenzentschädigung,

    a) wenn gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen
   in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen oder

    b) wenn sie gegen ihren Arbeitgeber für Lohnforderungen das

    Pfändungsbegehren gestellt haben.

    Gemäss Art. 52 Abs. 1 AVIG deckt die Insolvenzentschädigung
Lohnforderungen für die letzten drei Monate vor der Konkurseröffnung
oder vor dem Pfändungsbegehren, für jeden Monat jedoch nur bis zum
Höchstbetrag für die Beitragsbemessung. Als Lohn gelten auch die
geschuldeten Zulagen. Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, im Konkurs-
und Pfändungsverfahren alles zu unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber
dem Arbeitgeber zu wahren, bis die Kasse ihm mitteilt, dass sie an seiner
Stelle in das Verfahren eingetreten ist. Danach muss er die Kasse bei der
Verfolgung ihres Anspruches in jeder zweckdienlichen Weise unterstützen
(Art. 55 Abs. 1 AVIG).

    Unter dem Randtitel "Ausführungsbestimmungen" hat der Gesetzgeber in
Art. 109 AVIG angeordnet, dass der Bundesrat die Ausführungsbestimmungen
zu erlassen hat. In diesem Sinne hat der Bundesrat - in Ausführung von
Art. 51 AVIG - in Art. 3 VOI, die vom 1. Januar bis 31. Dezember 1983 in
Kraft stand, vorgeschrieben:

    "Die Kasse darf eine Insolvenzentschädigung nur ausrichten, wenn der

    Arbeitnehmer seine Lohnforderung glaubhaft macht. Es muss sich dabei um
   eine betreibungsrechtlich privilegierte Forderung handeln."

    Diese Bestimmung wurde auf den 1. Januar 1984 durch den inhaltlich
gleichlautenden Art. 74 AVIV ersetzt.

Erwägung 2

    2.- Verwaltung und Vorinstanz begründen ihren auf Art. 3 VOI sich
stützenden anspruchsverneinenden Entscheid im wesentlichen damit, dass
die vom Beschwerdeführer im Konkurs der Z. AG geltend gemachte Forderung
wegen seiner Stellung als Verwaltungsratspräsident der konkursiten
Firma betreibungsrechtlich nicht privilegiert gewesen sei. In diesem
Zusammenhang stellt sich vorerst die Frage, ob Art. 3 VOI überhaupt
gesetzeskonform war. Zwar führt die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid
aus: "Der Wortlaut von Art. 3 VOI ist klar und eindeutig. Eine Prüfung
dieser Verordnungsbestimmung auf ihre Gesetzmässigkeit hin - wie der
Rekurrent sinngemäss geltend macht - drängt sich nicht auf."

    Es liegt auf der Hand, dass die Eindeutigkeit einer
Verordnungsbestimmung nicht ausschliesst, dass sie gesetzwidrig sein
könnte. Denn allenfalls ist auch eine Vorschrift eindeutig, die ohne
jeden Zweifel das Gegenteil dessen anordnet, was eine andere Bestimmung
beinhaltet. Die Gesetzmässigkeit der oben zitierten Verordnungsbestimmung
ist daher zu überprüfen.

    a) Art. 3 VOI stellt - wie gesagt - im Sinne von Art. 109 AVIG eine
Ausführungsbestimmung zu Art. 51 AVIG dar. Solche Ausführungsbestimmungen
dürfen nicht über den Rahmen des Gesetzes hinausgehen. Sie haben
keine andere Funktion, als gewisse Gesetzesbestimmungen zu präzisieren,
gegebenenfalls echte Gesetzeslücken zu schliessen und, soweit nötig, das
anwendbare Verfahren festzulegen. Wenn keine ausdrückliche Ermächtigung
dazu vorliegt, dürfen sie keine neuen Regeln enthalten, welche die
Rechte des Bürgers einschränken oder ihm neue Pflichten auferlegen, und
zwar selbst dann nicht, wenn diese Regeln mit dem Zweck des Gesetzes im
Einklang ständen (BGE 108 V 116 und 103 IV 194).

    Nach Art. 51 AVIG besteht ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung
unter den in dieser Bestimmung näher umschriebenen Voraussetzungen für
"Lohnforderungen". Auch in Art. 52 Abs. 1 AVIG betreffend den Umfang
der Insolvenzentschädigung und in Art. 55 Abs. 2 AVIG über die Pflichten
des Versicherten wird der gleiche Ausdruck verwendet, während in Art. 54
Abs. 1 AVIG, der den Übergang der Forderung an die Kasse regelt, von
"Lohnansprüchen" die Rede ist. Indessen sind beide Ausdrücke ihrem Inhalt
nach offensichtlich identisch.

    Eine nähere Umschreibung der Ausdrücke Lohnforderungen
bzw. Lohnansprüche enthält das AVIG im Zusammenhang mit den Regeln über
die Insolvenzentschädigung nicht. Nach seinem Art. 1 Abs. 1 will das
AVIG jedoch den Versicherten einen "angemessenen Ersatz garantieren für
Erwerbsausfälle" wegen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, schlechten Wetters
und Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers. Gemäss Art. 3 Abs. 1 AVIG sind
die Beiträge an die Versicherung "vom massgebenden Lohn im Sinne der
AHV-Gesetzgebung zu entrichten". Das Taggeld beträgt bei Arbeitslosigkeit
einen Prozentsatz des "versicherten Verdienstes" (Art. 22 Abs. 1 AVIG),
worunter "der für die Beitragsbemessung massgebende Lohn (Art. 3)" zu
verstehen ist, allerdings unter Vorbehalt gewisser namentlich aufgeführter
Ausnahmen, wie beispielsweise Entschädigungen für arbeitsbedingte
Inkonvenienzen, Verdienste, die eine Mindestgrenze nicht erreichen
(Art. 23 Abs. 1 AVIG), und Nebenverdienste (Art. 23 Abs. 3 AVIG). Art. 34
AVIG bemisst die Kurzarbeitsentschädigung in Prozenten "des anrechenbaren
Verdienstausfalls" (Abs. 1), wobei "massgebend ist, bis zum Höchstbetrag
für die Beitragsbemessung (Art. 3), der vertraglich vereinbarte Lohn in
der letzten Zahltagsperiode vor Beginn der Kurzarbeit". Auch sind hier
wieder einzelne Ausnahmen vorgesehen (Abs. 2). Für die Bemessung der
Schlechtwetterentschädigung wird auf die bei der Kurzarbeit geltende
Regelung verwiesen (Art. 44 Abs. 1 AVIG).

    Grundlage für die Bemessung der Leistungen bei Arbeitslosigkeit,
Kurzarbeit oder schlechtem Wetter ist also der für die Beitragsbemessung
massgebende Lohn im Sinne der AHV-Gesetzgebung, wenn auch mit gewissen,
einzeln geregelten Ausnahmen. Es stellt sich die Frage, ob hinreichende
Anhaltspunkte dafür bestehen, dass bei der Insolvenzentschädigung nicht vom
AHV-rechtlichen Begriff des massgebenden Lohnes auszugehen wäre, sondern
von demjenigen der "betreibungsrechtlich privilegierten Forderung",
wie das BIGA in seinem Schreiben an das Eidg. Versicherungsgericht
vom 20. September 1984 meint. Dieser Begriff ist nicht nur enger
als der AHV-rechtliche Begriff des massgebenden Lohnes; vielmehr wird
damit eine zusätzliche Anspruchsvoraussetzung aufgestellt, welche die
Anspruchsberechtigung des Versicherten einschränkt.

    b) Das BIGA begründet seine Auffassung, dass diese Einschränkung
beabsichtigt war, anhand der Gesetzesmaterialien, der Gesetzessystematik
und des Zwecks der Insolvenzentschädigung. Der Hinweis insbesondere auf
die Gesetzesmaterialien ist indessen nicht stichhaltig:

    aa) In der Expertenkommission für eine Neukonzeption der
Arbeitslosenversicherung wurde im Zusammenhang mit einem Antrag
Schweingruber darüber diskutiert, ob die durch die Insolvenzentschädigung
abzudeckenden Lohnforderungen denjenigen entsprechen sollten, die gemäss
Art. 219 SchKG privilegiert sind (Protokoll Nr. 13 der Expertenkommission
S. 22 ff.). Der betreffende Antrag Schweingruber wurde jedoch abgelehnt. Im
Anschluss daran wurde die Frage aufgeworfen, "ob der Bundesrat - nachdem
die Kongruenz mit dem SchKG fehlt" - nicht ermächtigt werden sollte, die
massgebenden Nebenbezüge näher zu bezeichnen. Dabei wurde "die Angleichung
des Begriffes Nebenbezüge an die bei der Kurzarbeit getroffene Regelung"
angeregt, die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Verordnungskompetenz
dafür jedoch verneint (Protokoll S. 24 f.). Daraus lässt sich nichts
herauslesen, was die Auffassung des BIGA bestätigen würde, man sei
schon in der Expertenkommission allgemein davon ausgegangen, dass die
Insolvenzentschädigung lediglich die konkursrechtlich privilegierten
Arbeitnehmerforderungen abdecken solle. Wenn über die konkursrechtlich
nicht privilegierten Forderungen in der Expertenkommission nicht gesprochen
wurde, dann wohl deswegen, weil man sich über allfällige Unterschiede
zwischen dem Begriff des massgebenden Lohnes gemäss AHV-Gesetzgebung
und den privilegierten Lohnforderungen gemäss Art. 219 SchKG keine
Rechenschaft gab oder aber weil es als sinnlos erschienen wäre, für die
Insolvenzentschädigung von einem andern Lohnbegriff auszugehen als bei
der Arbeitslosen-, Kurzarbeits- oder Schlechtwetterentschädigung.

    bb) Die Botschaft des Bundesrates vom 2. Juli 1980 zu einem neuen
Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die
Insolvenzentschädigung spricht von den Lohnforderungen der 5. Klasse nicht
ausdrücklich, wohl aber von den privilegierten Lohnforderungen im Konkurs,
indem ausgeführt wird (BBl 1980 III 534):

    "Die Insolvenzentschädigung stellt eine Neuerung in der

    Arbeitslosenversicherung dar. Schon seit Jahren wurden Begehren
gestellt,
   angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung im Rahmen der

    Sozialversicherung eine Regelung zum Schutze der Lohnguthaben der

    Arbeitnehmer zu treffen. ... Tatsächlich schützt auch die
Privilegierung
   von Lohnforderungen im Konkurs (Einteilung in die erste Gläubigerklasse)
   nicht immer vor einem partiellen oder gar totalen Verlust dieser

    Forderungen. Der Verlust der Lohnforderung kann den einzelnen
betroffenen

    Arbeitnehmer in seiner Existenz bedrohen, auch wenn es gesamthaft meist
   nicht um einen übermässig hohen Betrag geht. Um diese Lücke im sozialen

    Schutz zu schliessen, ... wurde nach einer Lösung im Rahmen des
   öffentlichen Arbeitnehmerschutzes gesucht..."

    Diesen Ausführungen kann bloss die Feststellung entnommen werden, dass
die Einreihung in die erste Gläubigerklasse nicht vor Verlust schützt und
der Verlust von Lohnforderungen eine Lücke im sozialen Schutz darstellt,
die geschlossen werden muss. Nicht ausdrücklich erwähnt wurde in diesem
Zusammenhang die Möglichkeit von Verlusten an Lohnforderungen gegenüber dem
nicht der Konkursbetreibung unterliegenden Arbeitgeber, obwohl auch hier
eine Lücke bestand, die durch das AVIG ebenfalls geschlossen wurde. Wenn
aber ein derart wichtiger Punkt im zitierten Botschaftstext nicht erwähnt
wurde, dann kann aus der Nichterwähnung der "Lohnforderungen 5. Klasse"
nichts zu Gunsten der These des BIGA abgeleitet werden.

    Zu Art. 51 des Gesetzesentwurfes betreffend Umfang der
Insolvenzentschädigung hält die Botschaft ferner fest (BBl 1980 III 606):

    "Die Insolvenzentschädigung deckt Lohnansprüche, die sich auf die
   letzten drei Monate vor der Konkurseröffnung oder vor dem

    Pfändungsbegehren beziehen. Die Lohnansprüche, die sich immer auf
   geleistete Arbeit beziehen, werden voll gedeckt. Ein Gleichziehen
   mit dem

    Konkursprivileg, welches unter anderem die Lohnforderungen für sechs

    Monate und auch

    Entschädigungen für vorzeitige Auflösung des Arbeitsverhältnisses
   umfasst, ist hier nicht angezeigt, da die Insolvenzentschädigung
   eigentlich dem System der Arbeitslosenversicherung fremd ist. Sie
   soll sich darauf beschränken, im Konkursfall des Arbeitgebers dem
   Arbeitnehmer den Lebensunterhalt zu garantieren."

    Auch diese Ausführungen ergeben nichts zu Gunsten der Auffassung
des BIGA. Insbesondere kann aus dem Umstand, dass mit Bezug auf
bestimmte Punkte (zeitliche Dauer der durch die Insolvenzentschädigung
gedeckten Lohnforderungen, Ausschluss der Deckung für Ansprüche wegen
vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses) ein "Gleichziehen mit dem
Konkursprivileg" abgelehnt wurde, nicht der Umkehrschluss gezogen werden,
in den übrigen Punkten sei ein Gleichziehen beabsichtigt gewesen. Dieser
Gedanke hätte vielmehr klar zum Ausdruck gebracht werden müssen,
was wohl auch geschehen wäre, wenn eine solche Auffassung bestanden
hätte. Es wäre unverständlich, wenn in einer bundesrätlichen Botschaft ein
begrifflicher Unterschied zwischen dem Lohn als Bemessungsgrundlage für die
Arbeitslosen-, Kurzarbeits- sowie Schlechtwetterentschädigung einerseits
und den durch die Insolvenzentschädigung gedeckten Lohnforderungen
anderseits als offenbar selbstverständlich stillschweigend vorausgesetzt
würde, wie das BIGA sinngemäss geltend macht.

    Schliesslich ist festzuhalten, dass der Botschaft zu den übrigen
Artikeln des Gesetzesentwurfes betreffend die Insolvenzentschädigung auch
nicht andeutungsweise etwas zu Gunsten der vom BIGA vertretenen Auffassung
zu entnehmen ist.

    cc) Nach der Meinung des BIGA ist man bei den Beratungen im
Parlament "wiederum" und "ausschliesslich" von den privilegierten
Forderungen ausgegangen. Dem Protokoll der ständerätlichen Kommission vom
11./12. November 1981 (S. 23 f.) lässt sich indessen bloss entnehmen,
dass - wie in der Expertenkommission und in der Botschaft - über eine
allfällige Verlängerung der Zeitspanne, für welche Lohnforderungen durch
die Insolvenzentschädigung zu decken sind, diskutiert worden ist, wobei
man zur Ablehnung einer Verlängerung auf sechs Monate gelangte.

    Richtig ist zwar, dass im Ständerat ein Vorschlag diskutiert wurde,
Arbeitnehmer vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung auszuschliessen,
wenn sie die Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers absichtlich oder
grobfahrlässig verursacht hätten, und dass dieser Vorschlag im
Differenzbereinigungsverfahren fallengelassen wurde mit dem Hinweis
darauf, es beständen genügend andere rechtliche Mittel und Sanktionen
zur Erreichung dieses Zieles. Die Diskussion belegt indessen nicht, dass
die Meinung bestanden hätte, die Insolvenzentschädigung solle lediglich
konkursrechtlich privilegierte Forderungen decken. Es ist auch nicht
einzusehen, inwiefern aus einem Verzicht auf eine spezielle Sanktion
für zumindest grobfahrlässige Schadenzufügung der Wille abgeleitet
werden könnte, dass auch diejenigen, die sich nichts zuschulden kommen
liessen, vom Leistungsbezug ausgeschlossen werden sollten. Zudem trifft
es nicht zu, dass lediglich leitende Arbeitnehmer (z.B. Geschäftsführer)
die Zahlungsunfähigkeit einer Firma schuldhaft verursachen könnten, wie
das BIGA anzunehmen scheint. Das gleiche Ergebnis kann auch durch ein
fehlbares Verhalten eines untergeordneten Arbeitnehmers herbeigeführt
werden (z.B. Unterschlagung durch einen Buchhalter, Brandstiftung durch
einen Nachtwächter usw.), deren Lohnforderungen wohl auch nach der Meinung
des BIGA gestützt auf Art. 219 SchKG grundsätzlich privilegiert sind.

    Zusammenfassend ergibt sich, dass die Gesetzesmaterialien, auf
welche sich das BIGA beruft, keinen Rückschluss auf eine gesetzgeberische
Absicht zulassen, wonach lediglich privilegierte Lohnforderungen durch
die Insolvenzentschädigung gedeckt sein sollen.

    c) Nach der Meinung des BIGA soll auch die Gesetzessystematik gegen
die Ausrichtung von Insolvenzentschädigungen bei nicht privilegierten
Forderungen sprechen, weil nach Art. 54 AVIG mit der Ausrichtung
der Entschädigung die Lohnansprüche des Versicherten im Ausmass
der bezahlten Entschädigung und der von der Kasse entrichteten
Sozialversicherungsbeiträge samt dem gesetzlichen Konkursprivileg
auf die Kasse übergehen. Art. 54 AVIG bedeutet indessen lediglich,
dass die Arbeitslosenkasse im Umfang der von ihr ausgerichteten
Insolvenzentschädigung voll in die Rechtsstellung des Arbeitnehmers
gegenüber dem Arbeitgeber eintritt. Es wäre nicht einzusehen, weshalb
die Rechtsstellung der Arbeitslosenkasse schlechter sein sollte als
diejenige des Arbeitnehmers, dessen Lohnforderungen sie anstelle des
Arbeitgebers mit gesetzlichem Rückgriffsrecht auf den letzteren bzw. auf
die Konkursmasse befriedigt.

    d) Schliesslich meint das BIGA, die Beschränkung der
Insolvenzentschädigung auf betreibungsrechtlich privilegierte
Lohnforderungen ergebe sich auch aus dem Zweck der Insolvenzentschädigung.

    aa) Namentlich vertritt das BIGA die Meinung, der Schutz des
Arbeitnehmers für ausstehende Lohnforderungen bei Zahlungsunfähigkeit
des Arbeitgebers solle nur "typischen" Arbeitnehmern zustehen; dazu
gehörten Versicherte mit Arbeitgeberfunktionen (z.B. leitende Angestellte,
Direktoren usw.) nicht. Dass leitende Angestellte allenfalls aufgrund ihrer
früheren Stellung nicht gewillt wären, ihre Lohnforderungen "gegenüber
den Forderungen der übrigen Gläubiger in eine privilegierte Klasse zu
kollozieren", ist kaum zutreffend. Aber selbst wenn in Einzelfällen
die Behauptung des BIGA zuträfe, dann spräche dies nicht für den
unterschiedslosen Ausschluss einer ganzen Kategorie von Arbeitnehmern
vom sozialen Schutz durch die Insolvenzentschädigung. Vielmehr wäre
das daraus entstehende Problem wie bei allen andern Arbeitnehmern im
Rahmen von Art. 55 Abs. 2 AVIG zu lösen, wonach der Arbeitnehmer die
Insolvenzentschädigung zurückerstatten muss, "soweit die Lohnforderung
im Konkurs oder in der Pfändung abgewiesen oder aus Gründen nicht gedeckt
wird, die der Arbeitnehmer absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt
hat, ebenso soweit sie vom Arbeitgeber nachträglich erfüllt wird".

    bb) Das BIGA sieht sodann den "ausschliesslichen" Schutz der
privilegierten Lohnforderungen auch durch die betreibungsrechtliche Praxis
ergänzt, welche "das Konkursprivileg für die höchsten Angestellten
eines Betriebes, insbesondere die Direktoren oder Verwaltungsräte
von Aktiengesellschaften" ablehne. Diese Praxis belegt das BIGA mit
einem Urteil des Bezirksgerichts Laufenburg vom 23. Juni 1983 in
Sachen Konkursmasse Firma H. AG, das seinerseits auf einige wenige
ältere Gerichtsentscheide und auf Literatur verweist, die nicht den
gegenwärtigen Stand der Doktrin wiedergibt. Demgegenüber ist auf
BRUNI, Die Stellung des Arbeitnehmers im Konkurs des Arbeitgebers (in:
Basler juristische Mitteilungen 1982, S. 281 ff.) zu verweisen, der die
Schwierigkeiten erwähnt, die sich dann ergeben, wenn geltend gemachte
Lohnansprüche von Verwaltungsräten und von Angestellten zu kollozieren
sind, denen Organqualität zukommt. BRUNI gelangt zum Schluss, in der
Regel sei nicht nur Prokuristen und Handlungsbevollmächtigten, sondern
selbst Direktoren von fallierten Gesellschaften ein Konkursprivileg
1. Klasse zuzugestehen, da diese zumeist dem Weisungsrecht des
Verwaltungsrates unterstehen. Eine zurückhaltende Beurteilung dränge sich
bei Direktoren auf, die gleichzeitig dem Verwaltungsrat angehören, oder
bei Verwaltungsräten selbst. Indessen sei "im Einzelfall die konkrete
wirtschaftliche Stellung der betroffenen Person im Gesamtgefüge der
Gesellschaft zu überprüfen. Eindeutig kein Privileg kann ein Verwaltungsrat
beanspruchen, der zugleich Mehrheitsaktionär der Gesellschaft ist, da
hier kein Unterordnungsverhältnis vorliegt" (S. 296).

    Zu einem im wesentlichen gleichen Schluss gelangt auch BRÖNNIMANN,
Der Arbeitgeber im Konkurs (Diss. Basel 1982, S. 79 ff.; vgl. auch das
in dieser Diss. zitierte Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom
13. Dezember 1977, in: Blätter für Zürcherische Rechtsprechung 77/1978,
Nr. 25, S. 52), der ausführt: "Erledigt das Verwaltungsratsmitglied neben
den eigentlichen statutarischen und gesetzlichen Aufgaben (Art. 721 ff. OR)
untergeordnete Arbeiten, kann der Gegenwert für diese Tätigkeit, weil als
Gegenleistung weisungsgebundener Arbeit geschuldet, privilegiert sein"
(S. 82).

    Die vom BIGA bestrittene Schutzbedürftigkeit leitender Angestellter
beruht nach GROB-ANDERMACHER, Die Rechtslage des Arbeitnehmers bei
Zahlungsunfähigkeit und Konkurs des Arbeitgebers (Diss. Zürich 1982),
auf der Überlegung, dass der leitende Angestellte in gewissen Situationen
sogar schutzbedürftiger sei als ein untergeordneter Arbeitnehmer. Bei
einer Fusionierung, Rationalisierung oder einem Managementwechsel könne
es nämlich gelegentlich vorkommen, dass nur die Kaderstellen neu besetzt
oder wegrationalisiert werden, während untergeordnete Arbeitsplätze davon
unberührt bleiben. Bei Auflösung des Arbeitsverhältnisses hätten leitende
Angestellte Mühe, innert der Kündigungsfrist eine gleichwertige Arbeit zu
finden. Die Chancen würden mit steigendem Lebensalter geringer, vor allem
je gehobener die Position gewesen sei, die sie innegehabt haben. Leitende
Angestellte, die bei einer sich abzeichnenden Krise die entsprechenden
Massnahmen wie Kündigung, Stellensuche und Sicherstellung der Lohnforderung
vorzeitig treffen könnten, seien nicht selten stärker an das Unternehmen
gebunden als die übrigen Arbeitnehmer. In der Praxis werde oft gerade mit
leitenden Angestellten ein längerfristiger Arbeitsvertrag abgeschlossen,
der nur mit Ablauf der Vertragszeit aufgelöst werden könne und nicht durch
Kündigung. Selbst im Falle eines kündbaren Vertrages würden bei Verneinung
eines sozialen Schutzes gerade jene benachteiligt, die sich bis zuletzt
trotz Kündigungsmöglichkeit für das Unternehmen eingesetzt und sich
bemüht haben, einen Konkurs noch abzuwenden, was im Interesse nicht nur
des Arbeitgebers, sondern auch der übrigen Arbeitnehmer liege (S. 57 f.).

    Diese Ausführungen, denen beizupflichten ist, sprechen deutlich
gegen die Auffassung des BIGA, wonach "höchste Angestellte" - anscheinend
wegen offensichtlichen Fehlens eines sozialen Schutzbedürfnisses - durch
den Gesetzgeber vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung ausgeschlossen
worden wären.

    cc) Ferner glaubt das BIGA, Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG betreffend
die Kurzarbeitsentschädigung unterstreiche, "dass der Gesetzgeber den
Versicherungsschutz nur jenen Versicherten gewähren wollte, die in einem
echten Arbeitsverhältnis stehen und Lohneinbussen erleiden müssen". Nach
der zitierten Bestimmung haben keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung
Personen, die in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter, als finanziell
am Betrieb Beteiligte oder als Mitglieder eines obersten betrieblichen
Entscheidungsgremiums die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmen oder
massgeblich beeinflussen können.

    In der bundesrätlichen Botschaft wird zu Art. 30 des Entwurfes
ausgeführt (BBl 1980 III 591 f.):

    "In diesem Zusammenhang sei nochmals ausdrücklich betont, dass der

    Ausschluss vom Bezug sich nur auf Kurzarbeit bezieht und dass somit die
   betreffenden Arbeitnehmer bei Ganzarbeitslosigkeit aufgrund ihrer
   vorgängigen Leistungen gegebenenfalls anspruchsberechtigt sein können."

    Dementsprechend besteht bezüglich der Arbeitslosenentschädigung keine
Ausschlussklausel, die Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG entspräche (vgl. Art. 8
AVIG). Das neue Recht knüpft im wesentlichen an die Regelung an, die
unter der Übergangsordnung gegolten hat. Gemäss Übergangsordnung stand
den betreffenden Versicherten so lange kein Taggeldanspruch gegenüber der
Arbeitslosenversicherung zu, als sie den Eintritt des Versicherungsfalles
selbst massgebend beeinflussen konnten, was zwar bei Kurzarbeit leicht,
bei Ganzarbeitslosigkeit aber nicht ohne weiteres möglich ist (vgl. BGE 105
V 101). Sie hat aber die unter dem alten Recht bestandene Möglichkeit,
die fraglichen Personengruppen auch bei Ganzarbeitslosigkeit von der
Anspruchsberechtigung auszuschliessen, anscheinend aufgegeben.

    Die Situation eines leitenden Arbeitnehmers im Konkurs eines
Arbeitgebers entspricht mit Bezug auf seine Stellung bezüglich einer
Auslösung des Insolvenzrisikos grundsätzlich eher derjenigen des
Ganzarbeitslosen als derjenigen des Kurzarbeiters. Jedenfalls spricht
der Umstand, dass laut Botschaft die in Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG
erwähnten Personen ausdrücklich nur vom Bezug von Kurzarbeitsentschädigung
ausgeschlossen werden, gegen die bundesamtliche Auffassung.

    dd) Schliesslich soll sich die "Sonderstellung der
Insolvenzentschädigung" laut bundesamtlicher Stellungnahme auch daraus
ergeben, dass ihre verfassungsmässige Grundlage nicht - wie für die
Arbeitslosenversicherung - Art. 34novies BV sei, sondern "auch Art. 34ter
Absatz 1 Buchstaben a und e der Bundesverfassung".

    Zum vornherein nicht stichhaltig ist der Hinweis auf lit. e von
Art. 34ter Abs. 1 BV, weil lit. e die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes
betreffend die Arbeitsvermittlung beinhaltet. Damit hat die Frage der
Insolvenzentschädigung nichts zu tun. Die lit. e ist insbesondere die
verfassungsmässige Grundlage für die in Art. 74 AVIG vorgesehenen Beiträge
an besondere Massnahmen auf dem Gebiete der Arbeitsvermittlung (vgl. BBl
1980 III 644).

    Inwiefern lit. a von Art. 34ter Abs. 1 BV, die den Bund als zum Erlass
von Vorschriften über den Schutz der Arbeitnehmer zuständig erklärt,
die Auffassung des BIGA zu untermauern vermag, wird von diesem nicht
näher ausgeführt. Dass leitende Angestellte grundsätzlich nicht unter
den Begriff Arbeitnehmer im Sinne von Art. 34ter Abs. 1 lit. a BV fallen
würden, ist zu verneinen (vgl. HUG, Kommentar zum Arbeitsgesetz, N. 17
f. zu Art. 1 N. 1 und 12 zu Art. 3).

    e) Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Auffassung des BIGA,
aus den Gesetzesmaterialien, der Gesetzessystematik und der Zweckbestimmung
der Insolvenzentschädigung ergebe sich, dass die leitenden Angestellten
vom Anspruch auf Insolvenzentschädigung grundsätzlich ausgeschlossen seien,
nicht gefolgt werden kann. Vielmehr ergibt sich, dass Art. 3 VOI, der die
Insolvenzentschädigung auf betreibungsrechtlich privilegierte Forderungen
beschränkt, nicht gesetzeskonform ist.

    Dass der Gesetzgeber im Zusammenhang mit der Insolvenzentschädigung
den im AVIG sonst grundsätzlich geltenden AHV-rechtlichen Lohnbegriff durch
denjenigen des privilegierten Lohnes nach Art. 219 SchKG ersetzen wollte,
ist nicht nur nicht belegt, sondern völlig unwahrscheinlich. Das geht
schon aus dem Umstand hervor, dass nach der Meinung des BIGA die leitenden
bzw. höchsten Angestellten eines Betriebes vom Privileg des Art. 219
SchKG ausgeschlossen sein sollen, was jedoch - wie bereits dargetan
- weder dem Stand der Lehre noch der Rechtsprechung entspricht. Das
Nebeneinander unterschiedlicher Lohnbegriffe im gleichen Gesetz würde
sodann zu einer Rechtszersplitterung führen, die erfahrungsgemäss der
Rechtssicherheit abträglich wäre. Ausschlaggebend ist jedoch nicht
allein, dass Art. 3 VOI nicht nur eine andere, engere Grundlage für
die Bemessung der Insolvenzentschädigung stipuliert, sondern dass
das Erfordernis der betreibungsrechtlich privilegierten Lohnforderung
eine neue Anspruchsvoraussetzung aufstellt, für welche das Gesetz weder
ausdrücklich noch sinngemäss eine Grundlage enthält, und dass sich auch
keine entsprechende gesetzgeberische Absicht ermitteln lässt.

    Art. 3 VOI und somit auch der inhaltlich gleichlautende Art. 74
AVIV sind daher gesetzwidrig. Ist Art. 3 VOI aber nicht gesetzeskonform,
so hätte der Anspruch des Beschwerdeführers auf Insolvenzentschädigung
nicht aufgrund dieser Verordnungsbestimmung verneint werden dürfen.

Erwägung 3

    3.- Nach Art. 3 Abs. 1 AVIG sind die Beiträge an die
Arbeitslosenversicherung "vom massgebenden Lohn im Sinne der
AHV-Gesetzgebung" zu entrichten. Dazu gehören u.a. auch Tantièmen, feste
Entschädigungen und Sitzungsgelder von Mitgliedern von Verwaltungsräten
juristischer Personen (Art. 7 lit. h AHVV). Man kann sich fragen, ob ein
Verwaltungsratsmitglied jedenfalls bezüglich der diesen Entschädigungen
zugrundeliegenden Tätigkeiten den Schutz des AVIG geniesst. Indessen
kann dies für heute offen bleiben, wie sich aus den folgenden Darlegungen
ergibt.

    Der Beschwerdeführer war Verwaltungsratspräsident der konkursiten
Firma, von der er eine einzige Aktie besass, während die übrigen
299 Aktien mit einem Nennwert von Fr. 1'000.-- sich im Besitze des
Verwaltungsrates X befanden. Zu seiner Stellung im konkursiten Betrieb
hat der Beschwerdeführer gegenüber der Rekurskommission ausgeführt:
Er sei nur deshalb im Verwaltungsrat gewesen, weil es an entsprechenden
Personen gemangelt habe und er mit dem Geschäftsführer befreundet gewesen
sei. In erster Linie sei er aber Angestellter der Firma gewesen und
habe in den vergangenen zwei Jahren kein anderes Einkommen als monatlich
Fr. ... bezogen. Für den Verwaltungsratstitel habe er nie einen Franken
erhalten. Er fühle sich daher auch nicht anders gestellt als jeder
andere Mitarbeiter. Im Gegenteil: um die Kosten tief zu halten, seien
möglichst viele Mitarbeiter entlassen worden, und er selbst habe deren
Arbeit übernommen. In den letzten sechs Monaten habe er den Verkauf
in Zürich allein besorgt, während X den Laden in Schaffhausen betreut
habe. Er, der Beschwerdeführer, habe sechs Tage pro Woche allein -
ohne Aushilfe - im Laden gestanden. Dazu bemerkte die Vorinstanz: Weil
"sich Roman Scheu weitaus mehr als ein gewöhnlicher Angestellter im
Interesse der Firma einsetzte ("in den letzten sechs Monaten allein,
ohne Aushilfe, sechs Tage pro Woche, neuneinhalb Stunden täglich, an
Donnerstagen jeweils zwölf Stunden im Verkaufsladen gestanden"), ist
... davon auszugehen, dass seine Stellung nach innen seiner äusseren und
rechtlichen als Verwaltungsratspräsident mit den entsprechenden Pflichten
und der erforderlichen Verantwortung entsprach".

    Aufgrund der glaubwürdigen Schilderung der tatsächlichen Verhältnisse
durch den Beschwerdeführer ist - abweichend von der Vorinstanz - indessen
vielmehr davon auszugehen, dass dieser nicht in seiner Eigenschaft
als Verwaltungsratspräsident tätig war, sondern wie irgend ein anderer
Arbeitnehmer der betreffenden Firma. Es erscheint auch als glaubhaft,
dass der Monatslohn, den er in seinem Leistungsgesuch gegenüber
der Arbeitslosenkasse auf Fr. ... beziffert, keine Entschädigung
für seine Tätigkeit als Verwaltungsrat enthält. Folglich kann die
grundsätzliche Frage nach dem Versicherungsschutz bezüglich der reinen
Verwaltungsratstätigkeit - wie gesagt - offenbleiben.

Erwägung 4

    4.- Das BIGA weist schliesslich noch darauf hin, dass der Arbeitnehmer
gemäss Art. 55 Abs. 1 AVIG im Konkurs- oder Pfändungsverfahren alles
unternehmen muss, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren.
Insbesondere habe ein Arbeitnehmer, dessen Forderung in der 5. anstatt
in der 1. Klasse kolloziert worden ist, den Kollokationsplan anzufechten,
um die erwähnte Pflicht zu erfüllen.

    Ob und unter welchen Umständen ein Versicherter allenfalls gehalten
ist, den Kollokationsplan anzufechten, um Art. 55 Abs. 1 AVIG zu genügen,
kann ebenfalls offenbleiben. Art. 55 Abs. 2 AVIG sieht lediglich die
Rückerstattung der Insolvenzentschädigung vor, "soweit die Lohnforderung
im Konkurs oder in der Pfändung abgewiesen oder aus Gründen nicht gedeckt
wird, die der Arbeitnehmer absichtlich oder grobfahrlässig herbeigeführt
hat...". Diese Bestimmung, die weder in den vorberatenden parlamentarischen
Kommissionen noch im Plenum der Räte diskutiert wurde, ist jedenfalls
insofern klar, als darin die Leistungsverweigerung im Hinblick auf einen
vom Versicherten der Arbeitslosenkasse absichtlich oder grobfahrlässig
verursachten Schaden nicht erwähnt wird. Das bedeutet bei wörtlicher
Auslegung, dass zuerst ein allfälliger Schaden entstanden sein muss, bevor
ein schuldhaftes Verhalten des Versicherten zu einer Sanktion Anlass geben
kann. Der Grund für eine derartige Lösung dürfte darin liegen, dass die
Arbeitslosenkassen vorerst einmal die Insolvenzentschädigung auszuzahlen
haben, um dem Versicherten die notwendigen Mittel für den Lebensunterhalt
beim Verlust des Arbeitsplatzes zur Verfügung zu stellen (vgl. BBl 1980
III 606). Ein Schaden war im vorliegenden Fall im Zeitpunkt des Erlasses
der angefochtenen Verfügung, der für die richterliche Beurteilung einer
Verwaltungsgerichtsbeschwerde in der Regel massgebend ist (BGE 109 V 179,
107 V 5, 105 V 141 und 154, 104 V 61 und 143), nicht gegeben.

    Demzufolge lässt sich auch aus Art. 55 Abs. 1 AVIG nichts
ableiten, was zur Verneinung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf
Insolvenzentschädigung führen müsste.

Erwägung 5

    5.- Zusammenfassend ist festzustellen, dass dem Beschwerdeführer
grundsätzlich ein Anspruch auf Insolvenzentschädigung zusteht. Deren
Umfang wird von der Arbeitslosenkasse in einer neuen beschwerdefähigen
Verfügung festzusetzen sein.

Entscheid:

       Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht:

    In Gutheissung der Verwaltungsgerichtsbeschwerde werden der Entscheid
der Rekurskommission für die Arbeitslosenversicherung des Kantons Zürich
vom 6. Januar 1984 sowie die Kassenverfügung vom 22. September 1983
aufgehoben. Die Sache wird an die Arbeitslosenkasse des Kantons Zürich
zurückgewiesen, damit diese über den Umfang der dem Beschwerdeführer
zustehenden Insolvenzentschädigung in einer neuen Verfügung befinde.